Bescheinigung nach Anhang V des Lugano Abkommens

  • Folgender Sachverhalt:

    Der in Deutschland wohnende Beklagte verfügt über Vermögen in der Schweiz. Die Klägervertreter wollen nun aus einem Urteil in das in der Schweiz befindliche Vermögen vollstrecken und beantragen eine Bescheinigung nach Anhang 5 des Lugano-Abkommens.

    Ich habe jetzt im Lugano- Abkommen nachgelesen. Dort heißt es:

    ABSCHNITT 1

    Anerkennung Artikel 33

    (1) Die in einem durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat ergangenen Entscheidungen werden in den anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staaten anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf.
    (2) Bildet die Frage, ob eine Entscheidung anzuerkennen ist, als solche den Gegenstand eines Streites, so kann jede Partei, welche die Anerkennung geltend macht, in dem Verfahren nach den Abschnitten 2 und 3 dieses Titels die Feststellung beantragen, dass die Entscheidung anzuerkennen ist.
    (3) Wird die Anerkennung in einem Rechtsstreit vor dem Gericht eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates, dessen Entscheidung von der Anerkennung abhängt, verlangt, so kann dieses Gericht über die Anerkennung entscheiden.

    ABSCHNITT 2Vollstreckung Artikel 38

    (1) Die in einem durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat ergangenen Entscheidungen, die in diesem Staat vollstreckbar sind, werden in einem anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat vollstreckt, wenn sie dort auf Antrag eines Berechtigten für vollstreckbar erklärt worden sind.
    (2) Im Vereinigten Königreich jedoch wird eine derartige Entscheidung in England und Wales, in Schottland oder in Nordirland vollstreckt, wenn sie auf Antrag eines Berechtigten zur Vollstreckung in dem betreffenden Teil des Vereinigten Königreichs registriert worden ist.


    Ich verstehe das so, dass es zunächst gar kein Verfahren gibt, sondern nur wenn die Tatsache im Streit steht, ob die Entscheidung anzuerkennen ist, eine Bescheinigung beantragt werden muss. ( Art. 33 Abs. 1 und 2).

    Die Vollstreckbarkeitserklärung erfolgt in der Schweiz.

    Die Rechtsanwälte sind der Auffassung dass gem. Art 54 die Bescheinigung erteilt werden muss.


    ABSCHNITT 3

    Gemeinsame Vorschriften Artikel 53

    (1) Die Partei, die die Anerkennung einer Entscheidung geltend macht oder eine Vollstreckbarerklärung beantragt, hat eine Ausfertigung der Entscheidung vorzulegen, die die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt.
    (2) Unbeschadet des Artikels 55 hat die Partei, die eine Vollstreckbarerklärung beantragt, ferner die Bescheinigung nach Artikel 54 vorzulegen.

    Artikel 54

    Das Gericht oder die sonst befugte Stelle des durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates, in dem die Entscheidung ergangen ist, stellt auf Antrag die Bescheinigung unter Verwendung des Formblatts in Anhang V dieses Übereinkommens aus.
    Ich habe irgendwie gedacht, dass dies nur gilt aufgrund der Verweisung in , in Art. 33 Abs. 2, also wenn wie oben geschildert die Anerkennung im Streit steht.

    Welchen Sinn hätte denn Artikel 33, wenn nach Art. 54 es doch ein Verfahren gibt und die Bescheinigung doch erteilt werden muss.

    Bin ich da auf dem Holzweg? Sind wir nun zuständig oder ein Schweizer Gericht.


  • Wenn man in einem anderen Land vollstrecken will, muss der Titel dort vorher anerkannt werden. Um diese Exequaturverfahren zu vereinfachen gibt es verschiedene bi- und multilateralen Übereinkommen. Darüber hinaus gibt es Abkommen, die es ermöglichen, das Exequaturverfahren ganz überflüssig zu machen.

    Das LugÜ II ist eines dieser Übereinkommen, um die Exequatur überflüssig zu machen. Wenn ein Gläubiger einen deutschen Titel in der Schweiz vorlegt, der mit der genannten Bescheinigung versehen ist, braucht daher kein Exequaturverfahren durchgeführt werden (Art 38 Abs. 1).

    Für die Erstellung der Bescheinigung ist natürlich das Gericht zuständig, das den Titel geschaffen hat.

  • Ich versteh es immer noch nicht.

    Ich brauch nach Art. 33 Abs. 1 doch gar keine Bescheinigung über die Anerkennung.

  • Derzeit werden inl. Entscheidungen/inl. Vergleiche noch nicht automatisch in einem anderen Vertragsstaat anerkannt.
    Die Gläubigerpartei muss zunächst ein bes. Zwischenverfahren für die Anerkennung in den anderen Vertragsstaaten (bekannt als "Exequaturverfahren") beantragen.
    Mit anderen Worten:
    Die Vollstreckung aus dem inl. Urteil in der Schweiz ist erst möglich, nachdem das schweizerische Gericht erklärt hat, dass das inländische Urteil in der Schweiz vollstreckbar ist.
    Die Gläubigerpartei benötigt für die Zwangsvollstreckung in der Schweiz folgende Unterlagen:
    (vollstr.) Ausfertigung des inl. Urteils mit Zustellungsvermerk und ggfs. Rechtskraftvermerk,
    eine Bescheinigung des inländischen Gerichts unter Verwendung des Formblatts in Anhang V Lugano II-Übereinkommen (LugÜ II),
    die Vollstreckungsbarerklärung des inländischen Urteils durch das schweizerische Gericht mit Zustellungsbescheinigung.


    Die begehrte Bescheinigung gem. Art. 54 LugÜ II ist zu dem inl. Urteil zu erteilen.
    Für die Erteilung der Bescheinigung gem. Art. 54 LUgÜ II ist der Rechtspfleger oder der/die Mitarbeiter/in in der Serviceeinheit zuständig;
    sie obliegt demjenigen, dem die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels obliegt.
    Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Zwangsvollstreckung wird auf die Internetseiten des
    Amtsgerichts Warendorf Bezug genommen:
    http://www.ag-warendorf.nrw.de/infos/eu/infos/zv/2/index.php
    Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info des Amtsgerichts Warendorf zum Lugano II-Übereinkommen entnommen werden:
    http://www.ag-warendorf.nrw.de/infos/eu/infos/zv/2/lugue-2007.pdf
    Aus der vorgenannten Info ergeben sich insbes. die im Vollstreckbarerklärungsverfahren gegenüber dem schweizerischen Gericht vorzulegenden Unterlagen:
    vollstr. Ausfertigung des inl. Urteils - ggfs. mit Zustellungsbescheinigung und Rechtskraftvermerk -,
    Bescheinigung des inl. Gerichts unter Verwendung des Formblatts gem. Art. 54 (Anhang V) Lugano II-Übereinkommens (LugÜ II).

    2 Mal editiert, zuletzt von rolli (19. November 2016 um 22:14)

  • Hallo zusammen, zur Erteilung der Bescheinigung nach Anh.V LugÜ II habe ich jetzt aus Sicht des Prozessgerichts noch eine Frage:

    Was ist zum entspr. Antrag vorzulegen, damit wir überhaupt die Bescheinigung erteilen dürfen?

    Hab hier nämlich folgenden Fall:
    Festsetzungsbeschluss im vereinfachten Verfahren.
    Zustellung an Vater des Kindes in der Schweiz nicht mehr möglich, da verzogen.
    Ast. hat sich seit Erlass nicht mehr gerührt, obwohl darauf hingewiesen wurde, dass eine Zustellung nicht erfolgte.
    SE hat deshalb die Akte wohl in der Versenkung verschwinden lassen. Vollstreckbare Ausf. wurde deshalb auch nicht erteilt.
    Jugendamt als Beistand will jetzt Bescheinigung nach Anh.V LugÜ II und legt lediglich eine Kopie der dem Ast. übersandten Ausfertigung vor.

    Ich hab jetzt erstmal nachgefragt, ob eine aktuelle Anschrift des Vaters dort bekannt ist. Würde dann die Zustellung an diesen veranlassen, damit die SE die Vollstreckbare mit Zustellvermerk erteilen kann. Erst dann hätte ich mir über die Bescheinigung nach Anh. V Gedanken gemacht.

    Vielen Dank schonmal im Voraus:)

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