Amtswiderspruch bei Briefrecht?

  • Habe großes Problem und brauche dringend Lösungsvorschläge: Im Grundbuch steht eine Eigentümergrundschuld (mit Brief). Die Inhaberin der Grundschuld S. ist verstorben in 2010. Die Eigentümergrundschuld wurde anhand eines Erbscheines auf die 3 Erben berichtigt, jedoch wurde der Brief nicht vorgelegt. Dies ist nun aufgefallen. Ist das ein Fall des Amtswiderspruchs? Die Eintragung ist ja richtig? Lediglich der Vermerk auf dem Brief wurde nicht gemacht. Gemäß § 62 GBO III S.1 muss auch für die Eintragung des Amtswiderspruchs der Brief vorgelegt werden. Da beisst sich doch die Katze in den Schwanz??? Kann man nachträglich auch die Eintragung auf dem Brief vornehmen? Allem Anschein nach ist einer der Erben nicht bereit, den Verbleib des Briefes zu erläutern, so dass keine der beiden Eintragungen vorgenommen werden könnte? Und nun?

  • Schau mal in Demharter 26. Auflage GBO Randnotiz 19 zu § 41 GBO, die ohne Briefvorlage vorgenommene Eintragung ist dennoch wirksam, das Grundbuch würde nur unrichtig werden, wenn die jetzt eingetragenen Gläubiger nicht die Berechtigten sind, das Grundbuchamt ist nicht befugt die nachträgliche Briefvorlage zu erzwingen. Also ich würde hier keinen Amtswiderspruch eintragen.

  • Werd gleich mal nachlesen. Aber die Grundschuld kann doch auch außerhalb des Grundbuchs schon längst abgetreten sein. Dann stimmen ohne Eintragung die Berechtigten auch nicht mit den eingetragenen Gläubigern überein? Dann wäre ja das Grundbuch immer unrichtig?

  • Habe leider nur die 19. A. des Demharter, aber darin steht, dass das GBA die Vorlegung des Briefes nicht erzwingen kann, um GB und Brief in Übereinstimmung zu bringen. Die Wirksamtkeit der Eintragung wird durch die vergessene Vorlage des Briefes nicht berührt. Andererseits habe ich auch ein Argument für die Eintragung eines Amtswiderspruchs gefunden, weiss aber nix damit anzufangen: Bei BriefgrundpfandR ist ein Widerspruch auch gegen den nicht eingetragenen Besitzer des Briefes als Scheingläubiger eintragbar, um Gutglaubenserwerb nach § 1155 BGB zu verhindern... Wenn also schon schon eine Abtretung außerhalb des GB stattfand, dann muss ich gegen diesen Besitzer des Briefes einen Widerspruch eintragen? Ich weiss momentan ja gar nicht, wer den Brief hat oder wo er ist? Und Gutglaubenserwerb ist m.E. hier nicht mgl, da ja die richtige Eintragung im GB ist zum Zeitpunkt 2010. Unterbrechung der Abtretungen ausserhalb des GB durch Erbfolge ist doch unschädlich laut Literatur??

  • Mit dem Erzwingen oder Nichterzwingen der Briefvorlage habe ich jetzt nicht nachgesehen. Aber momentan fehlt es bereits an der zumindest wahrscheinlichen Grundbuchunrichtigkeit, weswegen ein Amtswiderspruch kaum in Frage kommen dürfte. Und da auch "nur" der Wechsel zwischen Erblasser und Erben eingetragen wurde, welch letztere eine etwaige außergrundbuchliche Abtretung ohnehin gegen sich gelten lassen müssten (wenn denn überhaupt abgetreten ist), sehe ich momentan nicht, was Schlimmes passieren kann.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Also habe jetzt noch mit einer anderen Kollegin gesprochen. Die meinte, dass aufgrund der Teilauflassung durch die Eigentümerin auf eine 2. Person im Grundbuch nach Eintragung der Eigentümergrundschuld durch die Eigentümerin eine Fremdgrundschuld entstanden ist (ist mir jetzt erst bewusst geworden). Daher müssen alle Erben angeschrieben werden, zur Vorlage des Briefes, damit sie ihr Gläubigerrecht nachweisen, denn es könnte ja schon ausserhalb des GB Abtretungen stattgefunden haben, wodurch das Grundbuch unrichtig geworden ist (weiss ja das GBA nicht). Auf dem Brief kann dann nachträglich die Erbfolge vermerkt werden, wenn diese tatsächlich noch nicht abgetreten haben an eine Bank. Ich würde jetzt eine kurze Frist auf Briefvorlage setzen, sonst mit Eintragung Amtswiderspruch "drohen". Denn das Grundbuch scheint irgendwie doch unrichtig zu sein, wegen § 1155 BGB (?). Falls der Brief nicht vorgelegt wird, muss nach Ansicht der Kollegin ein Amtswiderspruch eingetragen werden (hoffe, dass die den Brief haben). Falls schon durch die Erben an einen Dritten außerhalb des Grundbuchs abgetreten wurde, dann ist es sowieso ein Amtswiderspruch. Liegt sie damit falsch?

  • Wenn du die Voraussetzungen des § 53 GBO nimmst:

    - Grundbuch ist durch eine Eintragung unrichtig geworden
    - Eintragung erfolgte durch objektive Gesetzesverletzung
    - durch diese Eintragung muss gutgläubiger Erwerb erfolgen können,

    siehst du, dass du für deinen Fall diese Voraussetzungen gar nicht alle bejahen kannst.
    Das Grundbuch ist nur vielleicht unrichtig und gutgläubiger Erwerb der Grundschuld kann sich durch diese Eintragung allein nicht ergeben (zur wirksamen Abtretung müssten die Erben ja den Brief haben). Die Gesetzesverletzung allein führt nicht zu einem Amtswiderspruch!

    Bei einer Briefgrundschuld besteht ja im Übrigen immer das "Risiko", dass das Grundbuch unrichtig ist.

    Unabhängig davon würde ich wohl den Erben noch einmal eine "Aufklärungsverfügung" dahingehend senden, dass die Grundbucheintragung allein nicht zur Gläubigerstellung und damit zur Verfügungsbefugnis über das Recht führt, sondern der Brief als Beweismittel dient. In deren eigenen Interesse sollten sie daher ggf. den Brief zur Berichtigung einreichen. Mehr kannst du im Moment m.E. nicht tun.

    Greif niemals in ein Wespennest - doch wenn du greifst, so greife fest. (W. Busch)

  • Also habe jetzt noch mit einer anderen Kollegin gesprochen. Die meinte, dass aufgrund der Teilauflassung durch die Eigentümerin auf eine 2. Person im Grundbuch nach Eintragung der Eigentümergrundschuld durch die Eigentümerin eine Fremdgrundschuld entstanden ist (ist mir jetzt erst bewusst geworden)...

    Das verstehe ich nicht, wieso soll das den Fall anders machen?
    Gläubigerin ist/war die verstorbene Frau S. -> deren Erben sind doch durch den Erbfall ggf. auch Gläubiger der Grundschuld geworden. Daran ändert sich doch nichts, wenn Frau S. nicht mehr (Allein-)Eigentümerin war.

    Greif niemals in ein Wespennest - doch wenn du greifst, so greife fest. (W. Busch)

  • Verstehe ich auch nicht ... Also, die Kollegin meint, dass zum Zeitpunkt der GB-Berichtigung aufgrund der fehlenden Briefvorlage gar nicht klar war, ob die Erben tatsächlich Inhaber der Grundschuld nach der Verstorbenen waren. Die Erblasserin hätte schon vor Tod die Grundschuld an eine Bank abtreten können. Da ich das nicht weiss, könnte das Grundbuch unrichtig sein. Das heisst es ist aktuell noch gar nicht sicher, ob es unrichtig ist (leuchtet mir jetzt auch ein, aber meiner anderen Kollegin nicht, die würd gleich einen eintragen zur Sicherheit). Daher will ich von den Erben den Brief haben, um nachträglich den Vermerk: im wege der Erbfolge .... ein zutragen. Daher würde ich ja jetzt auch noch nicht einen Amtswiderspruch eintragen, sondern erst, wenn die Erben mir den Brief nicht vorlegen (die Erben in einem Schreiben daraufhinweisen) oder klar wird, dass schon eine Bank die Grundschuld vor GB-Berichtigung erworben hat. Was die Erben nach GB-Berichtigung machen, ist irrelevant, wenn sie tatsächliche Inhaber der Grundschuld waren. Könnte das die Lösung des Falls sein?

  • Die Voraussetzungen für die Eintragung eines Amtswiderspruchs liegen vor.

    a) Das Grundbuchamt hat bei Eintragung der Erbfolge gegen § 42 S. 1 GBO i.V.m. § 41 Abs. 1 S. 1 GBO verstoßen.

    b) Da mangels Briefvorlage nicht feststand, ob der Erblasser noch Rechtsinhaber war und die Erben die Grundschuld demzufolge erworben haben, ist die durch die Eintragung der Erbfolge herbeigeführte Grundbuchunrichtigkeit glaubhaft.

    c) An die Eintragung kann sich ein gutgläubiger Erwerb anschließen, wenn das Recht zu Lebzeiten des Erblassers zwar abgetreten wurde, die Erben aber gleichwohl auf irgendeinem Wege in den Besitz des Briefs gelangen, ohne Rechtsinhaber zu sein.

    Zur amtswegigen Einforderung des Briefs vgl. § 62 Abs. 3 S. 1 GBO i.V.m. § 53 Abs. 2 S. 1 GBO sowie meine diesbezüglichen Ausführungen im Meikel in § 62 Rn. 28, 31.

  • Nun verstehe ich die Welt nicht mehr. Die Grundbuchunrichtigkeit besteht doch darin, da der wahre Inhaber der Eigentümergrundschuld noch nicht feststeht, weil der Brief bei Eintragung der Erben nicht vorgelegt wurde. Soweit so gut. Der Amtswiederspruch müsste doch aber zu gunsten des wahren Berechtigten eingetragen werden, der aber mangels Briefvorlage nicht ermittelt werden kann. Andere Anhaltspunkte habe ich ja nicht. Ist den eine Eintragung zugunsten des vermeintlichen Briefbesitzers überhaupt möglich?

  • Cromwell: zu a) habe im Reichsgericht 1985 gefunden, dass sich § 62 GBO angeblich um eine Ordnungsvorschrift handelt, um GB und Brief in Einklang zu bringen - gut finde ich nun auch etwas abwegig... zu b) Es ist doch noch gar nicht klar, ob die Erblasserin abgetreten hat, da dies ja außerhalb des GB mgl. ist und Unterbrechung durch Erbfolge ist für Abtretungen außerhalb des GB unschädlich, wenn der Erbnachweis in grundbuchmäßiger Form erbracht wird § 35 GBO - Erbschein lag vor. Erbfolge ist daher erstmal richtig. Wenn ich jetzt schon einen Amtswiderspruch eintrage und dann feststelle, dass die Erben doch richtiger Rechtsinhaber sind, dann ist das Grundbuch doch richtig, aber der Amtswiderspruch falsch. Tja und dann??? Daher muss ich doch erstmal den Brief anfordern, um zu sehen, ob die Erben ihn haben. Wenn Sie nicht den Brief haben, muss ich davon ausgehen, dass sie nicht Rechtsinhaber sind und mir auch keine Abtretungserklärung nach Eintragung der Erbfolge vorlegen, muss ich einen Amtswiderspruch eintragen. Wenn sie sich den Brief "bösgläubig" angeeignet haben, dann kann ich das als GBA nicht prüfen, ausser ich erhalte die Information. Das hätten die Erben aber auch schon zum zeitpunkt der Grundbuchberichtigung machen können (mir bösgläubig den Brief vorlegen u sich aufgrund Erbschein eintragen lassen). Dann hätte das GBA auch das GB nicht unrichtig gemacht, weil ihm diese Informationen fehlten

  • nemo: der ansicht bin ich auch, dass wenn ein Amtswiderspruch einzutragen ist, er gg einen Scheinberechtigten eingetragen werden muss, jedoch hier gegen wen, wenn ich nicht weiss, wo der Brief ist. Ist ein allgemeiner Amtswiderspruch überhaupt hier richtig?

  • Ich darf darauf verweisen, dass der Brief nach den genannten Vorschriften bereits für die Eintragung des Amtswiderspruchs erforderlich ist. Das Briefeinforderungsverfahren ist der Eintragung des Widerspruchs somit zeitlich vorgeschaltet. Nach dem Ergebnis dieses Verfahrens ist sodann zu entscheiden, wie im Hinblick auf die Eintragung des Widerspruchs zu verfahren ist. Legen die Erben also den Brief vor, kommt es erst gar nicht zur Eintragung des Widerspruchs, weil dann die Grundbuchunrichtigkeit nicht mehr glaubhaft ist. Können sie den Brief dagegen nicht vorlegen, müssen sie den Briefverlust glaubhaft machen und/oder den gegenwärtigen Besitzer des Briefs benennen. Solange sie dies nicht tun, können sie sich dem grundbuchamtlichen Zwangsverfahren nicht entziehen.

    Im Rahmen des Briefeinforderungsverfahrens wird sich daher klären, wie es sich mit der Rechtsinhaberschaft an der Grundschuld verhält. Dem Grundbuchamt nichts mitteilen zu wollen ist die eine Sache, sich dessen Zwangsmaßnahmen ausgesetzt zu sehen die andere.

    Zu allem Meikel/Bestelmeyer § 62 Rn. 28 und 31 (wie bereits zitiert). Also bitte erst dort nachlesen und dann ggf. weiterdiskutieren, denn anders kommen wir auf keinen grünen Zweig.

  • cromwell, da stimme ich dir uneingeschränkt zu. Dies hat nämlich meine allerallerste Kollegin übersehen, dass für die Eintragung eines Amtswiderspruch ja der Brief auch erforderlich ist. Sie wollte nur einen im GB eintragen... und wenn man den Brief nicht hat dann kann ich ja auch keinen Amtswiderspruch eintragen, oder? Daher der ganze Affenzirkus und deswegen will ich halt auch den Brief zurers und dann sehen, was passiert (wer ihn mir vorlegt). dann kann nämlich auch der Vermerk nachgetragen werden, wenn die Erben den Brief vorlegen, weil ich nur davon ausgehen kann, dass sie Rechtsinhaber sind.

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