aufl bedingter Vollerbe?

  • Die Eheleute schreiben in privatschr. Testament:
    Wir setzen uns gegenseitig als Alleinerben ein.
    Nach dem Letztversterbenden sind unsere Kinder A undB Erben .
    Für den Fall dass der überlebende Ehegatte erneut heiratet, wird er nicht befreiter Vorerbe.

    Wie kann ich das im Erbschein wiedergeben:
    Der Ehegatte soll ja bis zu seiner Verheiratung uneingeschränkter Vollerbe sein; also durch die Eheschließung auflösend bedingter Vollerbe oder doch aufschiebend bedingter Vorerbe mit der Folge der Beschränkung durch die Nacherben?
    (Über Ersatznacherben wird nichts gesagt).

  • Antwort: beides !

    Der Überlebende ist auflösend bedingter Vollerbe;
    die Kinder auflösend bedingte Schlusserben.

    Gleichzeitig ist der Überlebende aufschiebend bedingter Vorerbe;
    die Kinder aufschiebend bedingte Nacherben.

    Bedingungseintritt ist für beide Fälle jeweils die Wiederheirat.
    Die bedingte Vor- und Nacherbschaft wäre daher m.E. im Erbschein wiederzugeben.

    Niemand ist unersetzbar. Die Friedhöfe liegen voll von Leuten, die sich für unersetzbar hielten (H.-J. Watzke). :cool:

    Einmal editiert, zuletzt von Spaltenmuckel (13. August 2013 um 13:17) aus folgendem Grund: ergänzt

  • Nicht ganz.

    Der Ehegatte ist auflösend bedingter Vollerbe und aufschiebend bedingter Vorerbe, während die Kinder aufschiebend bedingte Nacherben und unbedingt bedachte Schlusserben sind.

    Bevor man zur Formulierung des Erbscheinsinhalts schreitet, ist zunächst zu klären, was überhaupt letztwillig angeordnet wurde. Und insoweit scheint mir die Anordnung, dass der überlebende Ehegatte mit seiner Wiederverheiratung nicht befreiter Vorerbe wird, eher dafür zu sprechen, dass zwar die Anordnung der Nacherbfolge als solche durch die Wiederverheiratung bedingt ist, der Nacherbfall aber gleichwohl erst mit dem Ableben des überlebenden Ehegatten eintreten soll.

    Erbscheinsinhalt bei dieser (im Erbscheinsverfahren noch zu klärenden!) Auslegung:

    ... ist beerbt worden von ... (Ehegatte) als Alleinerbe/Alleinerbin.
    Für den Fall der Wiederverheiratung des Alleinerben/der Alleinerbin ist Nacherbfolge angeordnet, die mit dem Ableben der Vorerbin eintritt. Nacherben sind A und B zu gleichen Anteilen.* Ersatznacherben für jeden Nacherben sind jeweils dessen Abkömmlinge zu gleichen Stammanteilen nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge.**

    * Das Anteilsverhältnis der künftigen Nacherben muss nicht zwingend angegeben werden. Nach mancherlei Ansicht ist es nie anzugeben. Ich habe es immer angegeben, weil dadurch - vor allem bei angeordneter Ersatznacherbfolge - die Verteilung nach Stämmen deutlich wird.

    ** Klassischer Fall des § 2069 BGB.

    Über die Nichtbefreiung der Vorerbin braucht man kein Wort zu verlieren, weil die Nichtbefreiung die Regel und die Befreiung die - zu vermerkende - Ausnahme ist.

    Wenn die avisierte Auslegung zutrifft, spielen die gelegentlich geäußerten Zweifel an der Wirksamkeit von Wiederverheiratungsklauseln keine Rolle (hierzu vgl. Palandt/Weidlich § 2269 Rn. 17 m.w.N.).

    Vorsorglich noch folgende Ausführungen aus meiner Abhandlung in notar 2013, 147, 153 f.:

    Anlass zur Kritik gibt auch eine Entscheidung des OLG Celle, nach welcher es in der Regelungskompetenz des Erblassers stehen soll, den überlebenden Ehegatten bei erfolgter Anordnung einer Nacherbfolge für den Fall seiner Wiederverheiratung bis zu diesem Zeitpunkt völlig von den Beschränkungen der Vorerbschaft freizustellen und auf diesemWege entweder –bei bedingter Nacherbfolge – eine verfügungsbeschränkungsfreie Vorerbschaft zu kreieren oder – wenn der Nacherbfall jedenfalls spätestens mit dem Ableben des Vorerben eintreten soll – die Verfügungsbeschränkungen der Vorerbschaft nur für den Zeitraum zwischen der Wiederverheiratung und dem Ableben des Vorerben eingreifen zu lassen.69 Nach zutreffender und absolut herrschender Ansicht verstoßen solche Konstruktionen jedoch gegen den erbrechtlichen Typenzwang, der es verbietet, die verfügungsbeschränkenden Wirkungen einer (auch nur bedingt) angeordneten Nacherbfolge der Disposition des Erblassers zu unterstellen, sodass der überlebende Ehegatte auch bei lediglich bedingter Nacherbfolge bereits ab dem Eintritt des (Vor-)Erbfalls den Beschränkungen der Vorerbschaft unterliegt und es sich bei bedingter Nacherbfolge demzufolge erst bei seinem Ableben rückblickend herausstellt, ob seine etwaigen Verfügungen wirksam waren oder nicht.70 Damit bleibt es in diesen Fällen im Anwendungsbereich des § 35 Abs. 1 S. 2 HS 1 GBO bei der herkömmlichen grundbuchamtlichen Verfahrensweise, wonach in dem nach § 51 GBO von Amts wegen einzutragenden Nacherbenvermerk nicht zu der Frage Stellung zu nehmen ist, ob und ab wann die Verfügungsbeschränkungen der Vorerbschaft greifen. Hiervon gut zu unterscheiden ist jedoch die auch bei der Formulierung des Nacherbenvermerks zu berücksichtigende Frage, ob und gegebenenfalls ab wann und inwieweit der Vorerbe vom Erblasser im gesetzlich zulässigen Umfang von den Beschränkungen der Vorerbschaft befreit wurde (§ 2136 BGB).

    -----------

    69) OLG Celle, Beschl. v. 4.10.2012 – 6 W 180/12, ZEV 2013, 40 m. abl. Anm. Weidlich. Dass diese Entscheidung auch noch in anderer Hinsicht mehr als fragwürdig ist, erhellt daraus, dass der überlebende Ehegatte nach Ansicht des OLG Celle angeblich Vorerbe und Nacherbe zugleich sein kann. Dies ist natürlich ein rechtliches Ding der Unmöglichkeit und die zutreffende Konstruktion besteht demzufolge darin, dass der Ehegatte in Höhe seiner gesetzlichen Erbquote unbedingter Vollerbe und nur für die Restquote bedingte Nacherbfolge angeordnet ist, die im Fall der Wiederverheiratung des Ehegatten bewirkt, dass nur die Kinder Nacherben werden und Ehegatte und Kinder im Ergebnis jeweils in Höhe ihrer gesetzlichen Erbquoten zu Miterben berufen sind.
    70) BGH, Beschl. v. 6.11.1985 – IVa ZB 5/85, BGHZ 96, 198 = Rpfleger 1986, 15 =DNotZ 1986, 541 m. Anm. Zawar; OLG Hamm, Beschl. v. 18.4.2011 – I-15 W 518/10, ZEV 2011, 589; Staudinger/Avenarius, BGB, Bearb. 2013, § 2100 Rn 33; Palandt/Weidlich, BGB, 72. Aufl., § 2269 Rn. 18; Bamberger/Roth/Litzenburger, BGB, 2. Aufl., § 2269 Rn. 35; Weidlich, ZEV 2013, 40; a. A. MüKo/Musielak, BGB, 5. Aufl., § 2269 Rn. 57 ff.;Meier-Kraut, NJW1992, 143.

  • Ist es möglich, dass Du vielleicht in Deinem 2.Satz gemeint hast : auflösend bedingter Vollerbe?

    Ist es nicht so, dass hinsichtlich der Befreiung von Vorerben unter Eheleuten grundsätzlich von der Befreiung auszugehen ist, sodass hier die ausdrücklich angeordnete Nichtbefreiung in den Erbschein gehörte?

  • Ja, da hatte ich mich verschrieben (inzwischen berichtigt).

    Bei angeordneten Nacherbfolgen für den Fall der Wiederheirat des überlebenden Ehegatten ist bei diesbezüglichem Schweigen des Testaments in der Regel im Wege der Auslegung davon auszugehen, dass eine befreite Vorerbschaft gewollt ist. Das ändert aber nichts daran, dass die Nichtbefreiung die Regel ist und die Befreiung als Ausnahme vom Erblasser (ausdrücklich oder im Wege der Auslegung) angeordnet sein muss. Es bleibt also bei dem besagten Regel-/Ausnahmeverhältnis und wenn die letztwillige Verfügung ausdrücklich eine nicht befreite Vorerbschaft vorsieht, dann ist das auch in der hier vorliegenden Konstallation die gesetzliche Regel. Dass es nicht schadet, wenn man - dann deklaratorisch - gleichwohl die Tatsache der Nichtbefreiung im Erbschein vermerkt, ist eine andere Frage.

  • Danke.
    Eine Nachfrage noch:
    Ich gehe davon aus, dass die Nacherbschaft für den Fall der Wiederverheiratung ab dem Tag der Wiederverheiratung gelten soll und mit dem Tod der Vorerbin eintreten soll.

    Gibt Dein Formulierungsvorschlag das ausreichend wieder?
    Ich meine, es muss ausgeschlossen sein, dass die Ehefrau rückwirkend mit ihrer Wiederverheiratung als Vorerbin angesehen wird.

    So ein kleines Testament .....und so sauschwer.

  • Ich verstehe die Frage nicht ganz.

    Aufgrund der Anordnung der bedingten Nacherbfolge unterliegt die überlebende Ehefrau von vorneherein den Beschränkungen der Nacherbschaft bzw. es stellt sich erst bei ihrem Ableben (rückwirkend) heraus, dass sie ihnen (mangels Wiederheirat) nie unterlegen ist. Diese Rechtslage hat nichts damit zu tun, wann der Nacherbfall eintritt oder ob er überhaupt eintritt.

  • Nun, mein Richter schlägt bei der von mir "versemmelten" Antragstellung als Nachbesserung die Formulierung nach der Entscheidung des OLG Celle 6 W 180/12vor: Der Erbl ist von der Ehefrau als alleiniger Vollerbin. Diese Erbfolge endet wenn er heiratet mit dem Tag der Eheschließung. Mit diesem wird er Vorerbe u.s.w.
    Ich werde mir Deine Abhandlungen im Notar 13 besorgen.
    Vielen Dank.

  • Die Entscheidung des OLG Celle widerspricht im hier erörterten Kontext der absolut hM und diese Abweichung wurde noch nicht einmal dezidiert - geschweige denn ausführlich - begründet. Die Entscheidung wird in Übereinstimmung mit der absolut hM deshalb nicht nur von mir (Bestelmeyer notar 2013, 147, 153 f.), sondern auch von Weidlich (ZEV 2013, 41) abgelehnt. Was von der rechtlichen "Qualität" der Entscheidung des OLG Celle zu halten ist, ergibt sich im Übrigen schon daraus, dass der überlebende Ehegatte nach Ansicht des Senats Vorerbe und Nacherbe zugleich sein kann, was aus den von mir genannten und in #3 bereits zitierten Gründen (notar 2013, 147, 153 Fn. 69) natürlich ein rechtliches Ding der Unmöglichkeit ist.

    Wenn der Nachlassrichter meint, kann er den Erbschein natürlich in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des OLG Celle erteilen. Da dieser Erbschein etwas rechtlich Unmögliches verlautbart, ist aber zu prognostizieren, dass das Grundbuchamt den Nacherbenvermerk mit diesem Inhalt nicht eintragen wird, weil an eine rechtlich unmöglichen Erbscheinsinhalt keine Bindung bestehen kann. Zudem geriete der Nachlassrichter in die - erhebliche - Gefahr einer Haftung, weil er dem überlebenden Ehegatten vorgaukelt, dass dieser bis zu seiner Wiederverheiratung völlig frei von den Beschränkungen der Vorerbschaft verfügen könne, obwohl dies entgegen dem falschen Erbscheinsinhalt nicht der Fall ist. Hier drohen sowohl Vermögensschäden zu Lasten des überlebenden Ehegatten als auch zu Lasten seiner künftigen Vertragspartner bei entsprechenden Grundstücksgeschäften, weil alle Beteiligten glauben, die Verfügung sei wirksam, während sie in Wahrheit im Fall der Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten beim Eintritt des Nacherbfalls zugunsten der Nacherben absolut unwirksam wird.

  • Ich stimme Cromwell zu. Die Auffassung des OLG Celle teile ich nicht, denn sie hätte üble Folgen für die Nacherben. Die (auflösend bedingte) Vollerbin könnte bis einen Tag vor ihrer erneuten Hochzeit wirksam über alle Nachlass-Gegenstände verfügen, auch über Grundstücke und sogar im Wege der Schenkung! Erst nach dem "Ja-Wort" träten Verfügungsbeschränkungen zugunsten der Nacherben ein.

    Dies kann der Erblasser i.d.R. nicht gewollt haben. Anzunehmen ist vielmehr, dass er erreichen wollte, dass sein Vermögen "in der Familie" bleibt. Das ist aber nur möglich, wenn die Beschränkungen in der Person der Vorerbin rückwirkend ab dem Tod des Erblassers eintreten.

    Niemand ist unersetzbar. Die Friedhöfe liegen voll von Leuten, die sich für unersetzbar hielten (H.-J. Watzke). :cool:

    2 Mal editiert, zuletzt von Spaltenmuckel (15. August 2013 um 10:00) aus folgendem Grund: ergänzt

  • Es kommt gar nicht darauf an, was der Erblasser diesbezüglich will oder nicht, weil das Gesetz in diesem Punkt nicht disponibel ist (erbrechtlicher Typenzwang). Wenn man das Konstrukt der Nacherbfolge wählt, dann muss man es so wählen, wie es das Gesetz vorsieht. Und danach gibt es eben keine absolute und zeitlich beschränkte Nichtgeltung der betreffenden Verfügungsbeschränkungen, und zwar ganz unabhängig davon, ob die Nacherbfolge unbedingt oder nur bedingt angeordnet ist, weil das Gesetz zwischen beiden Fallgestaltungen nicht differenziert.

    Wenn einem das nicht gefällt, muss man nach anderen Auswegen suchen, sei es, dass man auf die (für die potentiellen Nacherben unsichere) Vermächtnislösung ausweicht, sei es, dass man dem alleinigen Vorerben bestimmte Nachlassgegenstände vorausvermächtnisweise zuwendet (wodurch für diese Nachlassgegenstände keine Nacherbfolge gilt, § 2110 Abs. 2 BGB) oder sei es, dass man die Anordnung der Nacherbfolge nicht nur aufschiebend, sondern auch auflösend bedingt (wie z.B. beim Geschiedenentestament). Hierdurch - jedenfalls in den beiden erstgenannten Fällen - würde dem (potentiellen) Vorerben aber oft eine dingliche Verfügungsfreiheit gegeben, die dem Interesse der (potentiellen) Nacherben widerspricht, die der Erblasser in der Regel vorrangig im Auge hat. Und gerade deswegen wird eben im Ergebnis ganz überwiegend die Anordnung der Nacherbfolge gewählt.

    Ein "Zwischendrin" im Hinblick auf Geltung oder Nichtgeltung der Verfügungsbeschränkungen gibt es nach dem Gesetz nicht.

  • Ich hole den Thread mal aus der Versenkung und beziehe mich auch #5 von cromwell:

    Meine Frage dazu:

    Kann man im Wege der Auslegung des Testaments (Besonderheit hier: altes Höfeerbrecht in Niedersachsen) auch davon ausgehen, dass die aufschiebend bedingte Vorerbin (= auflösend bedingte Vollerbin) bei angeordneter Nacherbschaft im Falle ihres Versterbens ohne eigene Abkömmlinge als aufschiebend bedingte befreite Vorerbin anzusehen ist.
    Gibt es dazu obergerichtliche Entscheidungen?

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