Titelumschreibung § 33 SGB II

  • Wir ringen hier mit dem Job-Center schon seit einiger Zeit darum, wie die Zahlungen an den Unterhaltsberechtigten nachzuweisen sind.

    Bekanntermaßen hat das Job-Center kein Siegel, legt uns daher diese unterschriebenen Zahlungslisten vor.

    Wir haben natürlich als Zahlungsnachweis neben dem SGB II-Bescheid auch gesiegelte Auszahlungsbescheinigungen der ausführenden Kasse verlangt, bekommen allerdings vom Job-Center die Auskunft, das könnten sie nicht vorlegen.
    Offenbar ist das Kassenwesen dort wie bei uns organisiert, es werden nur Auszahlungsanweisungen erstellt und die ausführende Kasse ist jwd.

    Da wir mit dem ewigen Hin- und Hergeschreibe auch nicht recht weiterkommen, versuchen wir eine Lösung zu finden.
    Unsere Frage jetzt insbesondere an die niedersächsischen Kollegen: Wie lösen eure Job-Center das Problem des Nachweises?

    Die meisten Probleme lösen sich von selbst - man darf sie nur nicht dabei stören.

  • Bin zwar nicht aus Niedersachsen, aber für mich ist die Sache klar:

    Gem. § 727 Abs. 1 ZPO ist die Rechtsnachfolge durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachzuweisen. Behörden können sich gem. § 415 Abs. 1 ZPO öffentliche Urkunden selber erstellen, dazu müssen diese jedoch Datum, Namen und Dienstbezeichnung der beurkundenden Person und ein Dienstsiegel aufweisen. (Wo letzteres steht, habe ich leider gerade nicht parat :oops:). Kein Siegel = keine öffentliche Urkunde = keine Rechtsnachfolgeklausel

    Dies habe ich auch einem auswärtigen Jobcenter mitgeteilt, das vor kurzem einen Antrag ohne Siegel stellte, mit der Begründung, bekanntermaßen hätte das JC kein Siegel, daher würde man den normalen Stempel verwenden (haha, den hätte ich mir auch selber basteln können). Auf meine o. g. Einwände kam eine Forderungsaufstellung mit Siegel der Stadt, das habe ich dann geschluckt.

    Ich würde einen Antrag ohne Siegel mit obiger Begründung einfach mal zurückweisen, dann bekommt man eine obergerichtliche Entscheidung und das Hin und Her hat dann hoffentlich ein Ende.

  • Knittel, Beurkundungen im Kindschaftsrecht, 7. Auflage (2013), Bundesanzeiger Verlag:

    "... Werden der Urkundsperson ungesiegelte Leistungsaufstellungen des Jobcenters vorgelegt, muss sie die Titelumschreibung ablehnen ..."

  • Ein bekanntes Problem der ARGEn. Die ausführende Kasse hat aber ein Dienstsiegel. Da muss das Jobcenter die Aufstellung halt zur Kasse nach Nürnberg schicken.

  • Hänge mich mal dran.

    Aufstellung des JC, Siegel des Landkreises zur Auszahlung etc. vorhanden, aber

    OLG Hamm, II-12 UF 4/11

    "... Die Rechtsnachfolge gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 SGB II setzt neben dem Bezug von öffentlichen Leistungen auch voraus, dass das Kind mit demjenigen, an den bei rechtzeitiger Leistung des Schuldners keine oder geringere Leistungen erbracht worden wären, in einer Haushaltsgemeinschaft zusammen lebt.Das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft zwischen dem Kind und seiner Mutter ist nicht offenkundig und von der Beschwerdeführerin nicht durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen worden. Die Beschwerdeführerin schließt das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaften aus dem üblichen Geschehensablauf für ein zwei- / dreijähriges Kind. Ein Urkundennachweis ist durch die Rückschlüsse der Beschwerdeführerin nicht erbracht.
    6 Auch die Aufstellung der gewährten Leistungen beinhaltet nicht den Nachweis einer Haushaltsgemeinschaft. Durch die Aufstellung wird der Umfang der Leistungsgewährung nachgewiesen, nicht aber deren Rechtmäßigkeit. Ein impliziter Nachweis aller Anspruchsvoraussetzungen und damit der Rechtmäßigkeit kann allein der Tatsache der Leistungsgewährung nicht entnommen werden."

    Dieses Argument habe ich sonst nicht finden können, ich wüsste auch keinen Nachweis, d.h. grstl. Zurückweisung. Kennt ihr evtl. dazu weit. Entscheidungen?

    Bei OLG Hamm, II-11 WF 95/14 wird darauf gar nicht (mehr) eingegangen.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Schiebe mal. Was haltet ihr von der Entscheidung des OLG Hamm? Ist die Haushaltsgemeinschaft nachzuweisen und ggf. wie?


    Da ja vor der Titelumschreibung der Schuldner in der Regel nach § 730 ZPO gehört wird, kann er ja den Einwand vortragen, zB. dass das Kind in seinem Haushalt oder im Haushalt anderer Personen lebt.

    Dann könnte der Urkundsbeamte das Jobcenter auffordern, eine entsprechende Bestätigung des gesetzlichen Vertreters des Unterhaltgläubigers vorzulegen.

    Einen generellen Nachweis zu fordern, halte ich nicht für notwendig.

  • Gibt es zu vorstehenden Punkten etwas neues ? Ich habe einen Antrag des Jobcenters auf TeilUmschreibung einer Klausel, die noch auf das Kind lautet, auf das Jobcenter.
    Wie ist derneue Gläubiger genau zu bezeichnen ? Jobcenter X ?
    Wo steht, dass dieUnterhaltsansprüche auf das Jobcenter übergehen ?

    Die Leistungsaufstellung desJobcenters ist nicht gesiegelt, da das Jobcenter kein Dienst-Siegel hat.
    Was ist zur Leistungsaufstellungnoch erforderlich, damit sie zur Klauselumschreibung verwendet werden kann ?
    Wer muss die Leistungsaufstellungunterschreiben ? Landkreis ?

    Wie lösen eure Job-Center das Problem desNachweises?

  • Meine letzte Titelumschreibung (Trennungsunterhalt auf Jobcenter) erfolgte aufgrund einer gesiegelten Aufstellung des Jobcenters, verbunden mit der hierauf enthaltenen Erklärung, dass bei rechtzeitiger Zahlung des Titelschuldners geringere Leistungen nach dem SGB II gewährt worden wären. Auf die Haushaltsgemeinschaft kam es wegen der Art der Titelforderung nicht an.

    Ich habe allerdings noch einen Fall mit einer Klausel wegen Kindesunterhalt offen, in dem auch Zahlungen geflossen sein sollen (wie mir das Jugendamt als Vertreter des Kindes mitteilt). Da ist noch alles offen und ich konnte keine Klausel erteilen.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Bei mir gibt's seit gut nem Jahr keine Klauseln für das JC auf Grund der Entscheidung des OLG DD, siehe Rspr.teil, ist seitdem beim BGH anhängig. Bisher waren alle JC mit dem
    Schieben der weiteren Anträge bei mir einverstanden, eine weitere liegt beim OLG, dann wartet man halt dort.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Bei mir gibt's seit gut nem Jahr keine Klauseln für das JC auf Grund der Entscheidung des OLG DD, siehe Rspr.teil, ist seitdem beim BGH anhängig.

    Dito. Ich fand die Entscheidung aus Dresden gut nachvollziehbar.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Wie Frog schon schrieb: Entscheidungen "gelten" nicht, wie Gesetze. Sie sind die Auffassung des Gerichts, das einen konkreten Einzelfall zu entscheiden hatte und entfalten keinen Bindungscharakter.

    Wenn dich die Begründung überzeugt (mich überzeugt sie wegen des Durcheinanderwürfelns von Nachweisen durch öffentliche Urkunde und Offenkundigkeit nicht), kannst du diese als Grundlage deiner Entscheidung machen.
    Wenn nicht, dann nicht.

    Ich weise nur darauf hin, dass es in der Entscheidung um den Fall geht, dass ein zugunsten einer ARGE errichteter Titel auf das Jobcenter umgeschrieben werden sollte.


    Ich (in NRW) beziehe mich auch gerne mal auf Entscheidungen anderer Bundesländer, wenn diese mich überzeugen. Warum auch nicht? Das zugrundeliegende Gesetz gilt i.d.R. bundesweit (hier haben wir natürlich direkt eine Ausnahme durch § 3 SGB II-AG NRW).

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • "Laut einer aktuellen Entscheidung des OberlandesgerichtesDresden vom 08.11.2016 (Az. 20 WF 683/16, in „juris“ veröffentlicht) müssen Siefür die Erteilung der Rechtsnachfolgeklausel gemäß § 727 ZPO i.V.m. § 33 Abs. 2ZPO auch nachweisen, dass der Unterhaltspflichtige durch die Zahlung desKindesunterhalts nicht seinerseits bedürftig im Sinne des SGB II wird, dessenEinkommen und Vermögen also das nach §§ 11 und 12 SGB II zu berücksichtigendeEinkommen und Vermögen übersteigt. Dieser Nachweis ist gemäß § 727 ZPOebenfalls in Form einer öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde zuführen, was praktisch kaum möglich sein dürfte.

    Die bisherige Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichtehierzu, welche eine Versicherung Ihrerseits dahingehend für ausreichenderachtet hat, dass keine Anhaltspunkte für eine Bedürftigkeit desUnterhaltspflichtigen im Sinne des SGB II vorliegen, wurde in der vorgenanntenEntscheidung ausdrücklich abgelehnt.

    Da hier in erster Linie die Rechtsauffassung des dem AmtsgerichtXXX unmittelbar übergeordneten Oberlandesgerichtes Dresden maßgeblich ist,kann dem vorliegenden Antrag Ihrerseits nach § 727 ZPO i.V.m. § 33 Abs. 2 ZPOnur stattgegeben werden, wenn Sie noch in Form einer öffentlichen oderöffentlich beglaubigten Urkunde nachweisen, dass der Unterhaltspflichtige bzw.dessen Bedarfsgemeinschaft durch die Unterhaltszahlungen nicht bedürftig imSinne des SGB II werden. Sollte dies nicht möglich sein, bleibt ihnen nur dieMöglichkeit einer Klage nach § 731 ZPO, in welcher der Freibeweis geführtwerden kann."

    Wir schreiben aktuell keine Klauseln nach § 727 um. Das ist beim BGH anhängig. Mal schauen, wie die das sehen

  • Ich hänge mich hier mal ran:

    Es besteht ein Titel aus 2010. Das Jobcenter beantragt die Umschreibung des Titels als Rechtsnachfolger des Kindes gem. § 33 SGB.

    Zwischenzeitlich wurde ein Vergleich zwischen Kindesvater und Kind geschlossen, aus dem hervorgeht, dass ein Unterhaltsbetrag an das Kind zu zahlen ist und der Titel aus 2010 an den Vater auszuhändigen ist.

    Der übergegangene Betrag ist bei dem vereinbarten Betrag wohl nicht erfasst.

    Ansprüche Dritter sollen unberührt bleiben.

    Der Kindesvater widerspricht der Titelumschreibung und verlangt Herausgabe.

    Den Antrag des Jobcenters auf Titelumschreibung müsste ich doch zurück weisen, oder?

    Müsste das Jobcenter die geleisteten Zahlungen dann einklagen?

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