§ 41 Abs. 3 FamFG, immer Bestellung eines Verfahrensergänzungspflegers?

  • Hallo,

    mein Kind ist an einer Erbengemeinschaft vertreten, welche ein Grundstück verkauft. Der Vater vertritt das unter 14 Jahre alte Kind allein. Er ist nicht an der Erbengemeinschaft beteiligt. Kann ich von der Bestellung eines Ergänzungspflegers zur Ausübung der Verfahrensrechte des Kindes verzichten? Die Kommentierung zur § 41 FamFG (Keidel, 17. Auflage) hält nur im Einzelfall die Bestellung eines Ergänzungspflegers für notwendig, wenn das Interesse des Kindes in erheblichem Gegensatz zu dem Interesse des Elternteils steht.Vielmehr sei eine Abwägung aller Umstände zu machen. Deshalb ist auch nach dem auf die Umsetzung der Entscheidung des BVerfH vom 18.01.2000 gerichteten Normzweck des § 41 Abs. 3 FamFG gerechtfertigt, beim Fehlen der Voraussetzungen die Vermittlung des rechtlichen Gehörs durch den gesetzlichen Vertreter ausreichen lassen.

    Bestellt ihr immer einen Ergänzungspfleger bei nicht verfahrensfähigen Minderjährigen?

  • Jo !:daumenrau
    Um mal mit Frau Merkel zu sprechen :
    Die regelmäßige Bestellung eines Verfahrenserg.pflegers ist m.E. - jedenfalls für das Handeln von Eltern - alternativlos.
    Auf den Thread zum Prüfungsschema von Ulf wird verwiesen.

    Was ich bei mancher obergerichtlichen Rechtsprechung weiter nicht nachvollziehen kann , ist , dass nur aus dem Grund des
    § 41 III FamFG ein Pfleger ( immer ! ) notwendig sei und nicht auch bereits für das Verfahren vor Erlass des Genehmigungsbeschlusses .
    Schließliich muss auch für notw. Anhörungen der erwähnten Rechtsprechung des BVerfG Genüge getan werden.
    Mit Einführung des FamFG ist die Entscheidung m.E. nicht vollständig untergegangen.

  • Ich bestelle diesen Ergänzungspfleger für das Verfahren immer, wenn das Kind unter 14 Jahre alt ist und eine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich ist.

    Die Auswahl/Bestellung erfolgt so früh wie möglich im Verfahren - soweit möglich, zugleich mit der Auswahl/Bestellung der übrigen Ergänzungspfleger. Wirkungskreis ist die Vertretung im Verfahren (insbesondere Anhörung, Entgegennahme der familiengerichtlichen Genehmigung und Entscheidung über die Einlegung von Rechtsmitteln). Es ergibt keinen Sinn, diesen Ergänzungspfleger einerseits über die Einlegung von oder den Verzicht auf Rechtsmittel(n) gegen die familiengerichtliche Genehmigung entscheiden zu lassen und andererseits ihn erst zu einem Zeitpunkt hinzuzuziehen, da man im Verfahren nichts mehr ändern kann.

    Hierzu füge ich an, dass hier Ergänzungspfleger oft auch ausgewählt und bestellt werden, bevor der Vertrag abgeschlossen ist.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Wie Steinkauz und Andreas! M.E. ist auch im Ausgangsfall ein Verfahrensergänzungspfleger notwendig.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ich bleibe bei meiner (Minder-)Meinung und würde im Ausgangsfall keinen Ergänzungspfleger bestellen, sofern ich keinen Interessengegensatz erkennen kann.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • In der Rechtsprechung mag dies zwar die absolute Mindermeinung sein, in der Praxis wird ein sehr erheblicher Teil der Rechtspfleger dies so handhaben wie du, manche machen es eher unbewusst oder aus Bequemlichkeit, du machst es halt bewusst und zeigst dabei Standhaftigkeit. Ich habe mich mittlerweile vor mehr als 2 Jahren auf die Seite der Befürworter des EPflegers geschlagen, vertrat vorher aber auch mal deine Meinung. Für viele ist es eben nicht nachvollziehbar, wieso gemeinsam Sorgeberechtigte gar keine Genehmigung brauchen und im Falle nur eines Sorgeberechtigten dann nicht mal die Genehmigung des Rechtspflegers ausreicht, sondern das Gericht, welches von Amts wegen Ermittlungen durchzuführen hat, sich nochmal einer Kontrolle durch eine weitere Person aussetzen lassen muss. Ich habe das jetzt mal am Beispiel der Erbausschlagung versucht darzulegen.

    Wenn wir Familienrechtspfleger uns irgendwo mal treffen, werbe ich dann auch immer für die Pfleger-Variante. Aber selbst Dozenten von Fachhochschulen geben insoweit kein klares Statement ab (eher eine Rumeierei auf die Frage mit einer Tendenz zum EPfleger, aber kein ganz klares Bekenntnis). Es wird dann eben u.U. für die Anwärter etwas schwierig ....

  • Ich gebe zur Vereinfachung gleich mal meine als Autotext abgespeicherte Begründung aus meinem Bestellungsbeschluss wieder:

    "Im Verfahren auf familiengerichtliche Genehmigung eines Rechtsgeschäfts ist die Bestellung eines Ergänzungspflegers nach § 1909 BGB erforderlich, wenn das minderjährige Kind noch nicht 14 Jahre alt ist.

    Ein Kind sollte persönlich angehört werden, wenn dies nach Art der Angelegenheit angezeigt ist, § 159 Abs. 1, 2 FamFG. Zudem ist ein Beschluss, der die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts zum Inhalt hat, auch demjenigen bekannt zu geben, für den das Rechtsgeschäft genehmigt wird, § 41 Abs. 3 FamFG. Der Betroffene verfügt sodann über ein Rechtsmittelrecht, welches er nur selbst ausüben kann, wenn er bereits 14 Jahre alt ist, § 60 FamFG. Für alle anderen Kinder sind die genannten Rechte von seinem gesetzlichen Vertreter auszuüben, § 9 Abs. 2 FamFG.
    Von der gesetzlichen Vertretung ist ein Elternteil oder Vormund aber ausgeschossen,
    wenn es um die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts geht, welches dieser selbst vorgenommen und dessen Genehmigung er selbst beantragt hat, KG, Beschluss vom
    04.03.2010, Az. 17 UF 5/10, Rpfleger 2010, 422 m. Anm. Zorn = FamRZ 2010, 1171 = NJW-RR 2010, 1087 = RNotZ 2010, 463 m. Anm. Kölmel; OLG Köln Beschluss vom 10.08.2010, Az. 4 UF 127/10; OLG Hamm, Beschluss vom 15.09.2010, Az. 15 W 111/10 (hier: Verfahrenspfleger bei Nachlasspflegschaft); OLG Celle, Beschluss vom 4.5.2011, 10 UF 78/11 („Für die Entgegennahme des Beschlusses, mit dem die Erbausschlagung vom Familiengericht genehmigt wird, ist grundsätzlich ein Ergänzungspfleger zu bestellen, da - unabhängig vom Vorliegen eines erheblichen Interessengegensatzes im Sinne von §§ 1629 Abs. 2 S. 3, 1796 Abs. 2 BGB - die Eltern bzw. der allein sorgeberechtigte Elternteil gemäß § 41 Abs. 3 FamFG verhindert sind.“); OLG Oldenburg, Beschluss vom 26.11.2009, Az. 14 UF 49/09, Rpfleger 2010, 213 = FamRZ 2010, 660 = NJW 2010, 1888; OLG Celle, 14.09.2012, 10 UF 56/12.
    "

  • Habe gerade ein Genehmigungsverfahren für einen 15-Jährigen vorliegen. Die Rechtslage ist schwierig, weil zu klären ist, ob Lebensversicherungssummen in den Nachlass fallen und davon die Genehmigungsfähigkeit abhängt. Ich würde gern einen Ergänzungspfleger zur Vertretung im Verfahren bestellen, obwohl das Kind über 14 Jahre alt ist. Wie ist die Rechtslage?

    3 Mal editiert, zuletzt von SteBa (28. August 2013 um 11:34)

  • Zunächst einmal nimmt der Ergänzungspfleger die Vertretung im Verfahren wahr und kann daher die eigene Prüfung der Gemehmigungsfähigkeit nicht vollständig ersetzen.
    Was ist denn bei den Lebensversicherungen so schwierig ?
    Entweder gibts ein Bezugsrecht für einen Begünstigten außerhalb des Nachlasses oder nicht .
    Lässt sich das durch Rückfrage bei den Gesellschaften nicht ermitteln ?

  • Tja, das ist gerade juristisches Neuland für mich:

    Angeblich kann die Erbengemeinschaft die Bezugsberechtigung für die Lebensversicherungen solange widerrufen, bis die Versicherungssumme ausgezahlt ist. Dann fallen die Versicherungssummen in den Nachlass...

    ...hab ich gehört!

  • Wasn dassn für Versicherungsvertrag ?
    Hats ja noch nie gegeben.

    Hörensagen hilft hier nicht.
    Amtsermittlung ( ggf. über die Gesellschaft direkt ) muss weiter betrieben werden.
    Muss ja auch feststehen, ob die Beträge bereits ausbezahlt sind oder nicht und ob das ( nachzuweisende ! ) Widerrufsrecht auch "gezogen" wird.
    Als Erbengemeinschaft wär man jedenfalls schön blöde , wenn mans nicht täte, solange man könnte.

  • Hallo,

    mein Kind ist an einer Erbengemeinschaft vertreten, welche ein Grundstück verkauft. Der Vater vertritt das unter 14 Jahre alte Kind allein. Er ist nicht an der Erbengemeinschaft beteiligt. Kann ich von der Bestellung eines Ergänzungspflegers zur Ausübung der Verfahrensrechte des Kindes verzichten? Die Kommentierung zur § 41 FamFG (Keidel, 17. Auflage) hält nur im Einzelfall die Bestellung eines Ergänzungspflegers für notwendig, wenn das Interesse des Kindes in erheblichem Gegensatz zu dem Interesse des Elternteils steht.Vielmehr sei eine Abwägung aller Umstände zu machen. Deshalb ist auch nach dem auf die Umsetzung der Entscheidung des BVerfH vom 18.01.2000 gerichteten Normzweck des § 41 Abs. 3 FamFG gerechtfertigt, beim Fehlen der Voraussetzungen die Vermittlung des rechtlichen Gehörs durch den gesetzlichen Vertreter ausreichen lassen.

    Bestellt ihr immer einen Ergänzungspfleger bei nicht verfahrensfähigen Minderjährigen?


    Im Hinblick auf die inzwischen ergangene Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 12. Februar 2014 – XII ZB 592/12) würde mich eure aktuelle Handhabung für solche Konstellationen interessieren.

    Generelle Bestellung eines Ergänzungspflegers oder nur bedarfsweise, z. B. je nach Bedeutung des Vertrages, oder nie, wenn kein Interessenkonflikt des vertretenden Elternteils ersichtlich? :gruebel:

  • Ich bestelle bei unter 14-jährigen immer einen Verfahrensergänzungspfleger -außer in Genehmigungsverfahren zur Erbausschlagung gemäß BGH-, da mir nicht einleuchtet, warum ein über 14-jähriger angehört werden muss und eigenes Beschwerderecht hat, auch wenn die Eltern handeln, ein unter 14-jähriger jedoch weder das eine noch das andere. Der darf doch nicht schlechter gestellt sein, nur weil er jünger ist. Außerdem will ich wegen § 41 III FamFG auf der sicheren Seite hinsichtlich der Rechtskraft sein.

    Aktuell habe ich allerdings gerade die Schwierigkeit nachträglich eine Grundschuldbestellung genehmigen zu müssen, bei dem die Grundstücksveräußerung durch einen Kollegen ohne Verfahrensergänzungspfleger erfolgt ist. Wenn ich jetzt das -für den Minderjährigen (5 Jahre alt) nach Auffassung der Beteiligten unbedeutende- Genehmigungsverfahren durch Verfahrensergänzungspflegschaft verzögere/aufplustere, stoße ich natürlich auf Unverständnis und will auch den Kollegen in nichts reinreiten...

  • Ich bestelle immer, auch bei Erbausschlagungen. Ich habe immer noch nicht verstanden, wie ich dann, wenn ich bei einem Entzugsgrund nach § 1796 BGB angekommen bin, überhaupt noch an eine familiengerichtliche Genehmigung denken kann. Ich habe ferner noch nicht nachvollziehen können, wie sich diese leichtere Handhabung mit der Ansicht des BVerfG verträgt, wonach das rechtliche Gehör nicht durch den vermittelt werden kann, der bereits die Erklärung abgegeben hat.

    Wenn ein Kollege das anders sieht, mag es so sein. Ich erkläre es auch Parteien so, dass man da durchaus verschiedener Ansicht sein mag. Der eine ist eben vom BGH überzeugt, der andere ist es nicht. Wenn das Verfahren beim Kollegen ist, ist das ja schön für die Leute (bleibt zu hoffen, dass es schön bleibt). Wenn es anschließend bei mir landet, haben sie eben Pech gehabt, wenn sie es durchaus so sehen wollen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Hallo,
    ich häng mich hier mal ran, bedarf es bei derVerfahrensergänzungspfleger-Bestellung genau wie bei der des „normalen“Ergänzungspflegers zwangsläufig einer Verpflichtung?

    LG

  • Der Begriff des "Verfahrensergänzungspflegers" ist ein Widerspruch in sich.

    Entweder es wird im Rechtssinne ein Ergänzungspfleger bestellt (dann Verpflichtung) oder es wird ein Verfahrenspfleger bestellt (dann keine Verpflichtung).

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