Tod eines von mehreren Vorerben

  • Hallo,
    ich habe als Grundbuchrechtspflegerin mit rudimentären Nachlaßkenntnissen folgendes Problem:
    Im Grundbuch eingetragen sind die Eheleute K. und H.in Erbengemeinschaft. Nacherbfolge ist angeordnet, laut zugrundeliegendem Erbvertrag wie folgt: " Jeder von uns bestimmt einseitig für den Fall, daß er der Überlebende ist, zu Vorerben des gesamten Nachlaßes: a) unsere Pflegetochter K. b) deren Ehemann H. zu je 1/2 Anteil und zu Nacherben die leiblichen Kinder unserer Pflegetochter K zu gleichen Teilen. Die Nacherbfolge soll beim Tode der Vorerben bzw. bei der Wiederverheiratung des etwa überlebenden Ehemannes H. eintreten." Der Nacherbenvermerk wurde im Grundbuch entsprechend eingetragen mit dem Zusatz:" Zur Zeit sind Nacherben : a,b,c,d, ( vier angebliche Kinder der Vorerbin K). Jahre später wird dieser Nacherbenvermerk gelöscht aufgrund der Bewilligung der genannten 4 Nacherben. Wieder Jahre später stirbt K. Sie wird beerbt von Ehemann H. als Alleinerbe. Das Grundbuch wird daraufhin berichtigt, daß die 4 genannten Nacherben nunmehr Erben nach den historischen Eigentümern = Erblassern geworden sind aufgrund der angeordneten Vor- undNacherbschaft. Das ist m.M. nach falsch, da laut Erbvertrag der Nacherbfall erst mit Tod des letzten Vorerben eintreten sollte. Und jetzt meine Frage : Stirbt ein Vorerbe von mehreren und tritt der Nacherbfall nicht ein, vererbt sich sein Vorerbenrecht auf seine Erben, hier Ehemann K , Erbschein liegt vor.§ 2100 BGB ?? Ist K. nunmehr als Alleineigentümer im Grundbuch einzutragen , wie nunmehr im Wege der Berichtigung von allen Buchberechtigten, also den vier benannten Kindern und K beantragt? Ich meine ja, würde aber auch wieder einen Nacherbenvermerk eintragen, da die vier genannten Kinder lediglich vom Vater benannt waren und für eventuell mögliche weitere Kinder der K damals kein Pfleger bei der Löschung des Nacherbenvermerks mitgewirkt hat. Ich hoffe, ich habe es nicht zu kompliziert dargestellt und bin für jede Hilfe dankbar

  • Du hast den Sachverhalt leider etwas wirr dargestellt, da Du ohne Absätze einfach so drauf los geschrieben hast.

    Zunächst eine Nachfrage:

    Du schreibst einerseits, dass K verstorben ist, andererseits fragst Du, ob Du jetzt K als Alleineigentümer eintragen kannst. Geht es bei dem nunmehr einzutragenden Eigentümer nicht um H, also den Ehemann der verstorbenen K?

  • Okay, Entschuldigung.,
    es soll jetzt natürlich der überlebende Ehemann H als Alleineigentümer eingetragen werden.
    Grundlage ist der Erbschein nach der Vorerbin K, die ihn als Alleinerben ausweist.
    Gem. Palandt 72. Auflage. Anm. 10 zu § 2100 BGB geht das Vorerbenrecht eines von mehreren Vorerben auf dessen Erben über, wenn der Nacherbfall erst mit Tod des letzten Vorerben eintritt.
    Das würde bedeuten, H ist Vorerbe aufgrund ursprünglicher Einsetzung durch die Erblasser und aufgrund des ererbten Vorerbenrechts seiner verstorbenen Frau K.
    Die Nacherbfolge tritt ein mit seinem Tod oder seiner Wiederverheiratung.
    Nacherben sind die leiblichen Kinder der K.
    Die damalige Löschung des Nacherbenvermerks nur aufgrund der Bewilligung der namentlich aufgeführten Kinder halte ich für falsch.
    Unangenehm ist, dass zwischenzeitlich die Teilungsversteigerung auf Antrag eines Gläubigers eines der Kinder läuft.
    Ich hoffe, ich habe ich mich jetzt klarer ausgedrückt?

  • Zunächst war es schon einmal falsch, den Nacherbenvermerk auf Bewilligung der "derzeitigen" Nacherben zu löschen, weil der Personenkreis der namentlich nicht benannten Nacherben ("leibliche Kinder") erst im Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls feststeht und die Nacherben daher i.S. des § 1913 BGB unbekannt sind (so hat es übrigens bei der Eintragung des Nacherbenvermerks auch das Grundbuchamt gesehen, denn ansonsten hätte es nicht - zutreffend - von "derzeitigen" Nacherben gesprochen). Unabhängig von der Frage, ob ein Nacherbenvermerk überhaupt auf Bewilligung der Nacherben "isoliert" gelöscht werden kann - was ich bekanntlich verneine, weil es zur Unrichtigkeit des Grundbuchs führt -, hätte die Löschungsbewilligung im vorliegenden Fall somit von einem nach § 1913 BGB zu bestellenden Pfleger erklärt werden müssen und diese Erklärung hätte nach § 1822 Nr. 13 BGB konsequenterweise auch der (damals: vormundschafts-)gerichtlichen Genehmigung bedurft.

    Alles Weitere hängt nunmehr davon ab, wie der vorliegende Erbvertrag auszulegen ist, der auslegungsbedürftig ist, obwohl er es - als notarielle Urkunde - nicht sein sollte.

    1. Auslegung des Erbvertrags

    Es gibt zwei Möglichkeiten:

    Möglichkeit 1:

    Es sind zwei Nacherbfolgen angeordnet, für jeden Erbteil von K und H eine eigene, die jeweils mit dem Ableben des jeweiligen Vorerben (und bei H ggf. auch bereits mit dessen Wiederheirat) eintreten soll. Dies hätte zur Konsequenz, dass der Nacherbfall im Hinblick auf den Erbteil von K mit deren Ableben eingetreten ist und dieser Erbteil daher auf die Nacherben übergegangen ist, während dem überlebenden H sein Erbteil nach wie vor als Vorerbe verbleibt.

    Einzutragen wären daher

    a) die vier Nacherben anstelle von K für deren Erbteil nach dem ursprünglichen Erblasser, und

    b) ein Amtswiderspruch gegen die erfolgte Löschung des Nacherbenvermerks, soweit sich die Löschung auf den Erbteil des Vorerben H bezieht, da kein nach § 1913 BGB zu bestellender Pfleger gehandelt hatte.

    Die erfolgte Löschung des Nacherbenvermerks in Bezug auf den Erbteil von K ist daher - sozusagen nachträglich - in Ordnung, weil sich herausgestellt hat, dass die vier "derzeitigen" Nacherben, welche die Löschung des Vermerks seinerzeit bewilligt haben, mit dem erfolgten Eintritt des Nacherbfalls auch tatsächlich Nacherben geworden sind, weil sich nach dem Sachverhalt in der Zwischenzeit keine Veränderung im Personenkreis der Nacherben ergeben hat.

    Möglichkeit 2:

    Der in Betracht kommenden zweite Möglichkeit, die von der Fragestellerin bevorzugt wird, liegt eine völlig andere rechtliche Konstruktion zugrunde als die Fragestellerin annimmt. Wenn einer von mehreren Vorerben (hier: K und H) verstirbt, der Nacherbfall aber mit dem Ableben des ersten Vorerben (K) gleichwohl nicht eintreten soll, sondern erst später, wenn auch der überlebende zweite Vorerbe (H) verstirbt (oder hier: sich wiederverheiratet), so ist dies nur in der Weise möglich, dass Nacherbe des erstversterbenden Vorerben (K) zunächst der zweite Vorerbe (H) ist, sodass H beide Erbteile (seinen eigenen und den von K) nach dem Versterben des ersten Vorerben (K) zwar als Vorerbe hält, sein eigener Erbteil später aber auf Nacherben und der Erbteil von K später auf Nachnacherben übergeht (gestaffelte Nacherbfolge).

    Mit einer anderen rechtlichen Konstruktion lässt sich dieses Ergebnis nicht erreichen, weil während der zeitlichen Vakanz zwischen dem Ableben des ersten und des zweiten Vorerben ansonsten niemand Erbe des Erblassers für den Erbteil des erstversterbenden Vorerben (K) wäre. Mit der "Vererblichkeit des Rechts des Vorerben" hat das Ganze also überhaupt nichts zu tun, weil der Vorerbe im Hinblick auf den Nachlass des ursprünglichen Erblassers selbst überhaupt nichts zu vererben hat. Dies wird in der Kommentierung von Palandt/Weidlich (§ 2100 Rn. 1, 10) verkannt, weil auf diesem Wege eine nicht vom Erblasser bestimmte Person Vorerbe würde und zudem der Fall eintreten könnte, dass völlig "fremde" Personen in den Genuss der Vorerbenstellung kommen (Erben des Vorerben können ja Hinz und Kunz sein). Im Ergebnis kann dies aber dahinstehen, weil diese Lösung nach Weidlich (§ 2100 Rn. 10) nur "im Zweifel" gilt, im vorliegenden Fall der Wille des Erblassers aber eindeutig dahin geht, dass der Überlebende von beiden Vollerben bis zum Eintritt des "endgültigen" Nacherbfalls in den alleinigen Genuss der Erbschaft kommen soll. Selbst wenn man die Ansicht von Weidlich für zutreffend hielte, würde sie daher aus diesem Grund jedenfalls für die vorliegende Fallgestaltung nicht zum Zuge kommen.

    Einzutragen wären daher:

    a) H als Alleineigentümer aufgrund des eingetretenen (ersten) Nacherbfalls im Hinblick auf den Erbteil der verstorbenen Vorerbin K.
    b) ein Nacherbenvermerk im Hinblick auf diesen Erbteil der verstorbenen Vorerbin K, weil H insoweit ebenfalls nur (weiterer) Vorerbe ist.
    c) ein Amtswiderspruch im Hinblick auf die erfolgte Löschung des Nacherbenvermerks in Bezug auf den eigenen Erbteil des H, da bei der Löschung kein nach § 1913 BGB zu bestellender Pfleger gehandelt hatte.

    Natürlich kann man b) und c) auch zusammenfassen, indem man nunmehr einen Nacherbenvermerk einträgt, der sowohl die Nacherbfolge für den eigenen Erbteil des H als auch die Nachnacherbfolge nach dem Erbteil der verstorbenen Vorerbin K zum Ausdruck bringt. Beide Vermerke sind im Hinblick auf den Personenkreis der - im Rechtssinne unbekannten - Nacherben und den Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls identisch (Wiederverheiratung oder Ableben des H). Streng genommen ist das aber nicht in Ordnung, weil man den zu Unrecht gelöschten Nacherbenvermerk im Hinblick auf den Erbteil der verstorbenen Vorerbin K auf diese Weise von Amts wegen wieder einträgt, obwohl § 22 GBO für diese Grundbuchberichtigung einen Antrag vorsieht.

    2. Erbfolgenachweis nach § 35 GBO

    Eine ganz andere Frage ist, ob man bereits beim Erbfall des ursprünglichen Erblassers einen Erbschein hätte verlangen sollen, weil die Nacherbenregelungen des notariellen Erbvertrags offenbar unklar sind und daher objektiv sowohl für Möglichkeit 1 als auch für Möglichkeit 2 sprechen können. Insbesondere wurde im Hinblick auf Möglichkeit 2 nicht - wie man es vom Inhalt einer notariellen Urkunde erwarten sollte - exakt danach differenziert, dass für den erstversterbenden Vorerben sowohl eine Nacherbfolge als auch eine Nachnacherbfolge und für den überlebenden Vorerben lediglich eine (einzige) Nacherbfolge angeordnet ist. Ob der Erbvertrag Aufschluss im Hinblick auf befreite oder nicht befreite Vorerbschaften gibt, lässt sich dem mitgeteilten Sachverhalt bislang nicht entnehmen.

    3. Problematik der Teilungsversteigerung

    Falls Möglichkeit 2 zum Zuge kommt, läuft die auf Antrag eines Gläubigers eines der Nacherben angeordnete Teilungsversteigerung ins Leere, weil der Nacherbfall noch gar nicht eingetreten ist. Hier kann allenfalls das Nacherbenanwartschaftsrecht des betreffenden Nacherben gepfändet werden. Dieses Pfändungspfandrecht gewährt aber nicht mehr Rechte als der Nacherbe selbst hat, der aber noch gar nicht erbengemeinschaftseigentumsrechtlich am Grundbesitz beteiligt ist. Und eine "Auseinandersetzung" zwischen den Nacherben vor dem Eintritt des Nacherbfalls gibt es nicht, und selbst wenn es sie gäbe, könnte sie sich derzeit nicht auf den Nachlassgrundbesitz beziehen. Es steht daher zu vermuten, dass die Teilungsversteigerung demzufolge überhaupt nicht hätte angeordnet werden dürfen, weil dafür jede rechtliche Grundlage fehlt.

  • zu #2:

    ...damit wird auch klar, warum nur "wenige" eine "Idee" hatten....Danke Cromwell!

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

    Einmal editiert, zuletzt von TL (23. September 2013 um 08:21)

  • Neuer Fall:

    Die Oma hat in einem privatschriftlichen Testament ihre Tochter und den Schwiegersohn zu Vorerben eingesetzt und für den Fall, dass beide Vorerben versterben, den Enkel zum Nacherben. Ein entsprechender Vorerbschein ist erteilt worden und die Grundbuchberichtigung erfolgt.

    Nun ist die Tochter als eine der Vorerben verstorben. Ich gehe davon aus, dass jetzt der Vorerbschein gemäß § 2361 BGB einzuziehen und ein neuer Vorerbschein zu erteilen ist. Dieser kann dann zur Berichtigung des Grundbuchs vorgelegt werden. Ich habe der Nachlassabteilung eine entsprechende Mitteilung gemacht, worauf mir die Nachlassrichterin sagt, dass sie von Amts wegen den Vorerbschein nicht einziehen will. Dies würde sie erst tun, wenn der Nacherbfall eingetreten ist. Hat jemand einen solchen Fall schon einmal gehabt oder eine Idee, wie man da jetzt weiter machen soll?

  • Der Erbschein ist in jedem Fall von Amts wegen einzuziehen, und zwar unabhängig davon, ob er ursprünglich richtig oder bereits von Anfang an falsch war.

    Wenn der Nachlass erst auf den Nacherben übergehen soll, wenn beide Vorerben verstorben sind, dann lässt sich dies nur auf dem Wege erreichen, dass der überlebende Vorerbe für den Erbteil des erstversterbenden Vorerben der erste Nacherbe (und weiterer Vorerbe) und mit dem Ableben des zweiten Vorerben dann Nachnacherbfolge für den Erbteil des erstverstorbenen Vorerben eintritt, so dass sich das Alleineigentum des Endwerbers aus einer Nachnacherbschaft für den Erbteil des erstverstorbenen Vorerben und einer Nacherbschaft für den Erbteil des überlebenden Vorerben zusammensetzt.

    Ich bezweifle, dass dies der Erbschein ordnungsgemäß zum Ausdruck bringt, und wenn er es nicht tut, war er ohnehin von Anfang an falsch (und der Nacherbenvermerk im Grundbuch natürlich auch).

    Aber auch für den (hier wohl nicht vorliegenden) Fall, dass der Erbteil des erstverstorbenen Vorerben mit dessen Ableben sofort auf den Nacherben übergehen soll (dann: zwei "einfache" Nacherbfolgen für jeden der beiden Erbteile zugunsten desselben Nacherben), wird der Erbschein, der dies ordnungsgemäß zum Ausdruck bringt, mit dem Ableben des ersten Vorerben unrichtig, weil die erste Nacherbfolge eingetreten ist und ab diesem Zeitpunkt der überlebende Vorerbe und der Nacherbe eine Erbengemeinschaft bilden.

    Der springende Punkt ist, dass es sich für jeden Erbteil jeweils um eine eigene Nacherbfolge handelt und es ist manchmal schier zum verzweifeln, dass die Nachlassgerichte dies nicht erkennen und dass die Grundbuchämter die betreffenden falschen Erbscheine dann auch noch in Form des Nacherbenvermerks brav abmalen.

  • Danke für die Antwort.

    Die gestaffelte Nacherbfolge ist weder im Erbschein noch im Nacherbenvermerk angegeben. Ich würde es auch für bedenklich halten, wenn der im Grundbuch eingetragene Nacherbenvermerk vom Inhalt des Erbscheins abweichen würde. Schließlich ist der Erbschein die Entscheidung des Nachlassgerichts und dieses ist dafür ausschließlich zuständig. Dem Grundbuchamt steht es nicht zu, die Entscheidung des Nachlassgerichts zu ändern oder zu erweitern. Auch ein "Vetorecht" hat das GBA nicht. Von daher hätte ich den Nacherbenvermerk ebenfalls so eingetragen. Wenn ich einen inhaltlichen Fehler im Erbschein entdecken würde, dann würde ich das Nachlassgericht natürlich darauf aufmerksam machen, mehr aber auch nicht.
    Immerhin gibt der Nacherbenvermerk die Verfügungsbeschränkung und die Person des durch die Verfügungsbeschränkung geschützten Nacherben zutreffend wider. Die Gefahr eines Regresses ist daher gebannt.

    Ich werde nächste Woche noch einmal mit der Nachlassrichterin sprechen. Die Unrichtigkeit des ursprünglichen Vorerbscheins nach Versterben eines Vorerben liegt ja auch eigentlich auf der Hand.

  • Es ist klar, dass man als Grundbuchamt nur im Sinne einer Anregung zur Einziehung des Erbscheins tätig werden kann. Dies gilt umso mehr, wenn der Erbschein - wie hier - offensichtlich unrichtig ist, weil er nicht zwischen Nachnacherbfolge für Erbteil 1 und Nacherbfolge für Erbteil 2 differenziert, sondern den Eindruck einer - rechtlich überhaupt nicht möglichen - einheitlichen Nacherbfolge für beide Erbteile erweckt. Und wenn im Erbschein - ohne diese gebotene Differenzierung - tatsächlich steht, dass der Nacherbfall nach dem Ableben beider (!) Vorerben eintritt, dann ist er zweifelsfrei offensichtlich unrichtig, weil es die betreffende rechtliche Konstruktion nicht geben kann und diejenige, die es geben könnte, im Erbschein nicht verlautbart ist.

    Mit anderen Worten: Erbscheine sollten tunlichst richtig sein und die auf ihnen beruhenden Nacherbenvermerke natürlich auch. Und wenn der Erbschein im vorliegenden Fall tatsächlich das Beschriebene verlautbart, dann hätte man auch als Grundbuchamt merken können (müssen), dass er unrichtig ist. Dann wäre er auf entsprechende Anregung eingezogen und neu erteilt worden und der im Grundbuch eingetragene Nacherbenvermerk wäre von Anfang an richtig gewesen, während er nunmehr genauso falsch wie der einzuziehende und bereits ursprünglich falsche Erbschein ist.

    Man wird die nach dem Ableben des ersten Vorerben vorzunehmende Grundbuchberichtigung zweckmäßigerweise zum Anlass nehmen, den für den zweiten Vorerben "übrig bleibenden" Restvermerk neu und zutreffend zu fassen.

  • Hallo zusammen!

    Ich hänge mich hier auch mal ran. Mein Fall ist ähnlich, wie der von DietmarG:

    Mutter setzt ihre beiden Töchter zu Vorerbinnen ein. Nacherbin nach dem Tode der zuletzt versterbenden Vorerbin ist eine Enkelin.
    Der Erbschein gibt dies auch so wieder:

    Frau E ist beerbt worden von Tochter 1 und Tochter 2 als Vorerben zu je 1/2 Anteil.

    Nacherbin ist Enkelin E.

    Die Erbschaft tritt ein mit dem Tod der zuletzt versterbenden Vorerbin. Nach dem Tod der zuerst versterbenden Vorerbin bleibt die Überlebende alleinige Vorerbin.

    Der Nacherbenvermerk ist auch genau so eingetragen.

    Gehe ich jetzt richtig davon aus, dass ich auch in meinem Fall trotzdem einen neuen Erbschein brauche und der obige eingezogen werden müsste? :gruebel:

    Lieben Dank
    Lori

  • Zwar ein wenig holprig formuliert, aber zumindest ist der Erbschein richtig.

    Wenn Du uns jetzt noch mitteilst, wer denn nun verstorben ist ...;) - ich vermute, der erste Vorerbe und der zweite lebt noch.

    Und richtig: Auch hier muss der Erbschein natürlich eingezogen werden. Im neuen steht dann die noch lebende Vorerbin als alleinige Vorerbin, und zwar als Vorerbin für einen 1/2-Erbteil und aufgrund des Eintritts des Nacherbfalls ... als Nacherbin und weitere Vorerbin für den anderen 1/2-Erbteil - muss auch genauso formuliert werden. Die Enkelin ist dann Nacherben für den 1/2-Erbteil der Vorerbin und Nachnacherbin für den anderen 1/2-Erbteil - muss auch genauso formuliert werden.

    Nebenbei könnte man auch noch darüber nachdenken, ob anstelle der Enkelin nicht deren Abkömmlinge Ersatznacherben und Ersatznachnacherben sind.

  • Folgendes notarielles Testament ist gegeben.. Ich setzte meine beiden Söhne W und M zu Vorerben zu gleichen Teilen ein. Nacherben sind meine Enkelkinder zu gleichen Teilen. Das wars leider. Frage: Wann tritt der Nacherbfall ein? Ist es richtig, dass der Nacherbfall nur beim Versterben des zweiten Vorerben eintreten kann, weil erst mt seinem Tod der Kreis der Enkelkinder feststeht? Der zweite Vorerbe könnte ja bis zu seinem Tode noch Kinder zeugen oder adoptieren. Würde der Nacherbfall schon beim Versterben des ersten Vorerben an die dann lebenden Enkelkinder "teilweise" eintreten, könnten Enkelkinder die nach dem Tode des ersten Vorerben geboren werden nicht mehr zu gleichen Teilen erben. Eine Vererbung nach Stämmen ist nicht ersichtlich oder gewollt, denke ich. Und lezte Frage: Was passiert mit dem Vorerbanteil des ersten Vorerben nach seinem Tode? Geht der auch erst an seinen Bruder als quasi "erster Nacherbe"? Das Testament gibt leider nicht mehr her.

  • Es gibt folgende Möglichkeiten:

    1. Es soll zunächst der überlebende Vorerbe alleiniger Nacherbe und gleichzeitig weiterer Vorerbe für den Erbteil des erstversterbenden Vorerben werden, so dass dann alle von beiden Vorerben abstammenen Kinder beim Ableben des überlebenden Vorerben (und ersten Nacherben) zu gleichen Anteilen weitere Nacherben (Nachnacherben) für den Erbteil des erstversterbenden Vorerben und gleichzeitig Nacherben für den Erbteil des überlebenden Vorerben werden.

    2. Es soll zunächst der überlebende Vorerbe alleiniger Nacherbe und gleichzeitig weiterer Vorerbe für den Erbteil des erstversterbenden Vorerben werden, jedoch in der Weise, dass die vom einen Vorerben abstammenden Abkömmlinge nach dem Ableben beider Vorerben insgesamt einen 1/4-Erbanteil nach Stämmen und die vom anderen Vorerben abstammenden Abkömmlinge ebenfalls einen 1/4-Erbanteil nach Stämmen (als Nachnacherben im Hinblick auf den Erbteil des erstversterbenden Vorerben) und die vom einen Vorerben abstammenden Abkömmlinge insgesamt einen 1/4-Erbanteil nach Stämmen und die vom anderen Vorerben abstammenden Abkömmlinge einen 1/4-Erbanteil nach Stämmen (als Nacherben im Hinblick auf den Erbteil des überlebenden Vorerben) erhalten. Der Unterschied zu Möglichkeit 1 besteht hier darin, dass die Enkel zwar ebenfalls erst nach dem Ableben beider Vorerben in den Genuss des Nachlasses kommen, aber im Gegensatz zu Möglichkeit 1 die Hälfteteilung zwischen beiden Kinderstämmen gewahrt bleibt.

    3. Beim Ableben des erstversterbenden Vorerben werden alle in diesem Zeitpunkt vorhandenen Abkömmlinge beider Vorerben Nacherben für den Erbteil des erstversterbenden Vorerben und beim Ableben des überlebenden Vorerben werden alle in diesem Zeitpunkt vorhanenen Abkömmlinge beider Vorerben Nacherben für den Erbteil des überlebenden Vorerben.

    4. Modifizierung von Lösung 3 entsprechend der Modifizierung nach Lösung 2: Die Kinder der jeweiligen Vorerben erben den Erbteil des jeweiligen Vorerben beim Ableben des jeweiligen Vorerben nach Stämmen, so dass die Hälfteteilung zwischen den beiden Kinderstämmen gewahrt bleibt.

    5. Es sollte(n) Nacherbfolge(n) nach Stämmen angeordnet sein, so dass die Kinder des Vorerben B bei dessen Ableben Nacherben für dessen Erbteil und die Kindes des Vorerben M bei dessen Ableben Nacherben für dessen Erbteil werden.

    Ich würde hier zu Möglichkeit 5 tendieren, weil es regelmäßig dem Erblasserwillen entsprechen dürfte, die Stämme gleichmäßig und nicht die Angehörigen beider Stämme nach Köpfen zu bedenken (was gegen die Möglichkeiten 1 und 3 spricht). Gegen die Möglichkeiten 2 und 4, die ebenso wie Möglichkeit 5 eine Hälfteteilung nach Stämmen vorsehen, kann durchaus eingewendet werden, dass es nicht ohne weiteres plausibel ist, weshalb die Kinder des einen Vorerben mit dem Erwerb des betreffenden Erbteils zuwarten sollen. Noch klarer werden die Dinge, wenn man sich unter der den Lösungen 2, 4 und 5 gleichermaßen innewohnenden Prämisse der Hälfteteilung des Nachlasses nach Stämmen die Erbfolge betrachtet, die eingetreten wäre, wenn einer der Vorerben vor dem Erblasser verstorben wäre. In diesem Fall hätten die betreffenden Enkel nach dem Erblasserwillen den für den vorverstorbenen Vorerben vorgesehenen Erbteil wohl sofort als diesbezügliche Ersatzerben erhalten und nicht der andere Vorerbe Alleinerbe (und einziger Vorerbe) werden sollen. Diese Erwägung führt dann aber nahezu zwangsläufig zu Möglichkeit 5.

    Dass es sich hier um ein notarielles Katastrophentestament handelt, bedarf wohl keiner Begründung.

  • Ich würde auch zu der von Cromwell ausgeführten Möglichkeit 5 tendieren.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Der Notar hat aber beurkundet " Nacherben sind meine Enkelkinder zu gleichen Teilen" was halt dafür spricht, dass er alle Enkelkinder gleichbehandeln wollte, egal von welchem seiner Kinder sie stammen und egal wie viele Enkelkinder von einem Kind vorhanden sind. Der Erblasser wollte offensichtlich eine Gleichbehandlung seiner Enkelkinder, zumindest hat dies der Notar so beurkundet. Ich sehe hier keinen Weg über die "Stämme".

  • Vielen Dank für die Antworten. Mir stellt sich folgende Frage: Der Wortlaut des Testamentes gibt eine Vererbung nach Stämmen nicht wieder. Dies müsste man im Wege der ergänzenden Testamentsauslegung erst einmal so auslegen. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, wie man es hätte formulieren müssen, wenn man wirklich z. B. alle seine Abkömmlinge zu gleichen Teilen bedenken will, um allen gerecht zu werden? Läuft man hier nicht Gefahr, etwas in das Tesatament hineinzudeuten, was es eigentlich nicht hergibt? Ist evt der Wortlaut höher zu werten, da es ein, wenn auch schlechtes, notarielles Testament ist? Letztendlich erben die Nacherben bekanntlich vom Erblasser und nicht vom Vorerben. Wenn der Erblasser nun verfügt, dass seine Enkelkinder Nacherben zu gleichen Teilen sein sollen, liest es sich für mich zunächst eher so, dass eine Vererbung nach Stämmen expliziet nicht gewollt ist. Auch, wenn in vielen anderen Fällen nach Stämmen vererbt wird, gibt es für mich keinen Automatismus in diese Richtung. Letztendlich fehlt mir auch ein einziger winziger Hinweis, der zu einer Vererbung nach Stämmen führen kann. Für mich liest es sich eher so, als ob der Erblasser alle seine Abkömmlinge zu gleichen Teilen bedenken möchte. Mehr nicht. Falls eine Vererbung nach Stämmen ausscheidet, ist dann nicht auch Möglichkeit 3 quasi unmöglich, weil sie dazu führen kann, dass nicht mehr alle Enkelkinder zu gleichen Teilen erben könnten. Der Kreis der Enkelkinder kann sich im Zeitraum nach dem Tode des ersten Vorerben noch deutlich ändern. Alle Enkel welche nach dem Tode des ersten Vorerben geboren werden, könnten nicht mehr an den Anteilen des ersten Vorerben partizipieren, da diese bereits zum Todeszeitpunkt des ersten Vorerben, an die dann lebenden Enkel bereits unentziehbar vergeben wurden. Deshalb denke ich, dass der Nacherbfall zwingend erst mit dem Versterben des zweiten Vorerben eintreten kann. Mir ist auch nicht klar, ob dann der einzige Weg der ist, dass der überlebende Vorerbe zwangsläufig der erste Nacherbe des verstorbenen Vorerben ist oder ob es noch weitere Möglichkeiten gibt. Kann quasi die "Vorerbenstellung" des ersten Vorerben evt weitervererbt werden? Oder können die Nacherben so eine Art Ersatzvorerbe sein? Aber was ist, wenn sich der jeweilige Kreis ändert? Was mein ihr?

    2 Mal editiert, zuletzt von Erbspezi (20. Juli 2017 um 12:06)

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!