Da sind wir wieder bei der leidigen Auslegerei. Die Lebens- oder Nachlasserfahrung spricht m.E. für die von Cromwell vorgeschlagene Nr. 5. Das bedeutet allerdings nicht, dass es ausgerechnet in diesem Fall nicht doch ganz anders gemeint war. Wahrscheinlich hat sich der Testator keine großen Gedanken gemacht - ansonsten wäre das Testament ausführlicher. Wichtig war halt: Erst Kinder, dann Enkel.
Deshalb wie immer: Ich würde mal die Beteiligten anhören und hoffen, dass diese sich darauf einigen können, wie es denn gemeint war. Und dann würde ich mich dieser Meinung freudig anschließen (natürlich nur soweit das Testament das hergibt... - und da gibt es ja einige Möglichkeiten , s.o.)
Tod eines von mehreren Vorerben
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RichterS4 -
19. September 2013 um 14:49
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Vielen Dank für die Antworten. Mir stellt sich folgende Frage: Der Wortlaut des Testamentes gibt eine Vererbung nach Stämmen nicht wieder.
Das sehe ich anders. Der Erblasser hat zunächst seine Kinder zu gleichen Anteilen (also nach Stämmen!) bedacht und dann hat er verfügt, dass die Enkel zu gleichen Anteilen Nacherben sein sollen. Das kann aber durchaus auch so gemeint sein, dass die die Kinder des Kindes A (nur) an dessen Stelle und die Kinder des Kindes B (nur) an dessen Stelle treten sollen. Denn auch in diesem Fall sind die Enkel innerhalb des Stammes (!) zu gleichen Anteilen bedacht. Objektiv gibt das Testament diese Auslegungsmöglichkeit also durchaus her.
Dies müsste man im Wege der ergänzenden Testamentsauslegung erst einmal so auslegen. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, wie man es hätte formulieren müssen, wenn man wirklich z. B. alle seine Abkömmlinge zu gleichen Teilen bedenken will, um allen gerecht zu werden? Läuft man hier nicht Gefahr, etwas in das Tesatament hineinzudeuten, was es eigentlich nicht hergibt?
Nun ja, das ist eigentlich bei jeder Auslegung der Fall, denn wenn das Testament klar und eindeutig wäre, bräuchte man es ja nicht auszulegen.
Ist evt der Wortlaut höher zu werten, da es ein, wenn auch schlechtes, notarielles Testament ist?
Wenn der Erblasser rechtlicher Laie und der Notar rechtlicher Dilettant war, ist der Wortlaut nicht zwingend das entscheidende Indiz, zumal - siehe oben - der Wortlaut ohnehin mehrere Auslegungsmöglichkeiten hergibt. Das Testament verhält sich ja nicht einmal zur Frage der etwaigen Befreiung der Vorerben - was immer ausdrücklich geregelt sein sollte, auch wenn die gesetzliche Regel die Nichtbefreiung ist.
Letztendlich erben die Nacherben bekanntlich vom Erblasser und nicht vom Vorerben. Wenn der Erblasser nun verfügt, dass seine Enkelkinder Nacherben zu gleichen Teilen sein sollen, liest es sich für mich zunächst eher so, dass eine Vererbung nach Stämmen expliziet nicht gewollt ist. Auch, wenn in vielen anderen Fällen nach Stämmen vererbt wird, gibt es für mich keinen Automatismus in diese Richtung. Letztendlich fehlt mir auch ein einziger winziger Hinweis, der zu einer Vererbung nach Stämmen führen kann.
Diesen nicht einmal "winzigen", sondern durchaus gewichtigen Hinweis hatte ich bereits oben genannt.
Für mich liest es sich eher so, als ob der Erblasser alle seine Abkömmlinge zu gleichen Teilen bedenken möchte. Mehr nicht. Falls eine Vererbung nach Stämmen ausscheidet, ist dann nicht auch Möglichkeit 3 quasi unmöglich, weil sie dazu führen kann, dass nicht mehr alle Enkelkinder zu gleichen Teilen erben könnten. Der Kreis der Enkelkinder kann sich im Zeitraum nach dem Tode des ersten Vorerben noch deutlich ändern. Alle Enkel welche nach dem Tode des ersten Vorerben geboren werden, könnten nicht mehr an den Anteilen des ersten Vorerben partizipieren, da diese bereits zum Todeszeitpunkt des ersten Vorerben, an die dann lebenden Enkel bereits unentziehbar vergeben wurden. Deshalb denke ich, dass der Nacherbfall zwingend erst mit dem Versterben des zweiten Vorerben eintreten kann. Mir ist auch nicht klar, ob dann der einzige Weg der ist, dass der überlebende Vorerbe zwangsläufig der erste Nacherbe des verstorbenen Vorerben ist oder ob es noch weitere Möglichkeiten gibt.
Nein, die Nachnacherbfolge ist hier der einzige Weg, weil es ansonsten für den Erbteil des erstversterbenden Vorerben in der Zeit zwischen seinem Versterben und dem Versterben des überlebenden Vorerben überhaupt keinen Erben gäbe.
Kann quasi die "Vorerbenstellung" des ersten Vorerben evt weitervererbt werden? Oder können die Nacherben so eine Art Ersatzvorerbe sein? Aber was ist, wenn sich der jeweilige Kreis ändert? Was mein ihr?
Bei der Lösung nach Stämmen stellt sich das Problem der Veränderung des Personenkreises in der Zeit zwischen dem Ableben beider Vorerben nicht. An die Stelle des erstversterbenden Vorerben treten seine (dann vorhandenen) Abkömmlinge und an die Stelle des letztversterbenden Vorerben treten dessen (dann vorhandenen) Abkömmlinge.
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Um den Erblasserwillen zu erforschen, könnte es interessant sein, welche Enkel bei Testamentserrichtung vorhanden waren. Ist der Erblasser davon ausgegangen, dass einer der Söhne kinderlos bleiben wird?
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Ihr vergesst, dass es sich um ein notarielles Testament handelt.
Der Notar hat den Willen des Erblassers erforscht und den Willen in eindeutigen Worten niedergeschrieben.
So die Gesetzeslage. Und an dieser müsst ihr die Auslegung zumindest anlegen.
Und wenn davom Notar geschrieben wird 'zu gleichen Teilen' könnt ihr nicht einfach 'nach Stämmen' auslegen, wie man es vielleicht bei einem privatschriftlichen Testament eines Laien getan hätte. Hier Weber ein juristisch gebildeter Notar zwischengeschaltet.
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Ich sagte es schon: Wer als Notar ein solches Testament beurkundet, ist in meinen Augen ein erbrechtlicher Dilettant. Das Ganze sieht mir ohnehin danach aus, als wenn hier ein Anwaltsnotar herumgewütet hätte.
Woraus ich diese geharnischte Schlussfolgerung ziehe? Ganz einfach: Keine Angabe, ob für jeden Erbteil "endgültige" Nacherbfolge eintreten soll oder ob für den Erbteil des erstversterbenden Vorerben zunächst Nacherbfolge zugunsten des überlebenden Vorerben und insoweit dann Nachnacherbfolge eintreten soll. Dazu eine jedenfalls nicht eindeutige und daher auslegungsbedürftige Benennung der Nacherben, die sowohl die Möglichkeit einer Einsetzung nach Köpfen als auch die Möglichkeit einer Einsetzung nach Stämmen offen lässt. Und - natürlich - auch kein Wort zu einer etwaigen Befreiung der Vorerben.
Es wurde schlichtweg nicht erkannt, dass sich jedes in Betracht kommende Ergebnis nur über zwei Nacherbfolgen (für jeden Hälfteerbteil eine eigene!) erreichen lässt und dies ist das Grundübel dieses Testaments, das uns nunmehr darüber rätseln lässt, was denn nun gewollt war. Im Übrigen: "Zu gleichen Anteilen" kann sowohl zu gleichen Stammanteilen als auch zu gleichen Kopfanteilen bedeuten, weil es insoweit eben an einer dezidierten Konkretisierung fehlt.
Und mit Verlaub: Angesichts eines solchen Katastrophentestaments wäre ich mit der These, der Wortlaut sei hier in erster Linie aussagekräftig, doch ein wenig vorsichtig. Und was an dem vorliegenden Testament "eindeutig" sein soll, erschließt sich mir ohnehin nicht.
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Noch einmal zum Thema.....
Was, wenn einer von mehreren Mitvorerben nach dem Erbfall verstirbt, aber der Nacherbfall erst mit dem Versterben des letztlebenden Vorerben eintreten soll?
Gleiches gilt, wenn die Bedingung, die den Nacherbfall auslösen soll noch nicht eingetreten ist.
Treten die Erben des Vorerben in die Rolle des Vorerben ein?
Oder treten die Nacherben in die Rolle des Vorerben als "Ersatzvorerben" bis zum Eintritt des Nacherbfalls ein (§2102) ?
Oder erben die anderen Mitvorerben als weitere erste Nacherben und erst mit dem letztversterbenden Vorerben tritt der eigentliche Nacherbfall erst dann ein?
Gibt es noch weitere oder andere Möglichkeiten?
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