Notariatsreform in Baden-Württemberg

  • Regt euch ab. ...

    Ist in der jetzigen Situation nicht mehr möglich. Die Nerven liegen blank. Ihr könnt Euch kein Bild machen, wie es hier an der Front des Bezirksnotariats zugeht.

    Jeder, der nach der Wendezeit aus den alten Ländern in die neuen "mit Buschzulage" gekommen ist und natürlich die, die ohnehin vor Ort die tonnenschweren Karren aus den Sümpfen ziehen mussten, werden wohl ein wenig über diese marktschreierhaften Veranschaulichungen schmunzeln können, als ein großer Teil der Kollegenschaft - auch hier im Forum - sehr wohl eine Vorstellung davon hat, was bei euch los ist. Interessanterweise wiederholt sich Geschichte an vielen Stellen einfach wieder, vielleicht in einem anderen Kontext, aber der jeweilige Problemansatz ist jeweils immer der Gleiche. Daher kann ich nur sagen, Kopf hoch, Ärme krämpeln, und mit der Zeit kommt es auch beim letzten Bürger an, dass man nur zwei Hände und einen Kopf hat.

    Wie sollen die Gesamtnamensverzeichnisse bei großen Notariaten ausgedruckt werden ? Diese können bis zu 20.000 Seiten umfassen.

    Ich frage mich, warum es nicht möglich war ein Programm zu schreiben, welches die vorhandenen Dateien automatisch sichert und mit einer entsprechenden Schnittstelle in das neue Verzeichnis bzw. Programm überträgt.

    Weisst Du eigentlich, wie komplex die Reform ist? Die Daten liegen auf den einzelnen Servern der Notariate und sind dort referatsweise gekennzeichnet. Wie soll das eine "entsprechende" Schnittstelle das "in das neue Verzeichnis bzw. Programm" zu einem Stichtag übernehmen? Weißt Du wie komplex allein die ForumStar-Migrationen bei den einzelnen Amtsgerichten waren? Und da wurde Amt für Amt nacheinander eingegliedert...

    Wie lautete der Eingangsbeitrag des Threads nochmal?

    Heute in der Badischen Zeitung, Freiburg:

    Die Reform dauert noch elf Jahre

    Sorry, aber da kann ich TL nur beipflichten, dass sich anhand der mit Sicherheit vorliegenden Komplexität der Sache doch nur zwei Dinge abzeichnen, solch einen Druck-Irrsinn zu initiieren: Zeitmanagement und Sparzwang! Reformen kosten immer Zeit und Geld und sie bedingen auch einander. Und wenn man das nicht hat und auch nicht möchte, kommt sowas bei raus. Ob das jetzt aber wiederum dem Ziel des Geldsparens gerecht wird, wenn jedes Notariat z.B. einen solchen Druckwahnsinn vornimmt? Was passiert dann eigtl mit dem Namensverzeichnis, wird das wiederum händisch in ein System eingeklimpert? :eek:

  • @Macher2:

    Ergo: EDV-Daten auszudrucken um diese dann ggf. wieder händisch in die neue EDV einzugeben ist also nicht "laienhaft" und absolut "angebracht". Wir machen aus Daten Papier, welches dann irgendwann (ggf. zur Archivierung) z.B. einmal wieder abgeschrieben oder gescannt wird...

    Aber:Wir werden sehen, wer oder was hier "laienhaft" oder "unangebracht" sein wird. Danke!

    Ich jedenfalls sehe den eigentlichen und wesentlichen Fehler darin, ein solches Jahrhundertprojekt nicht zeitverzögert und schleichend (z.B. gerichtsbezirkeweise) ablaufen zu lassen sondern alles mehr oder weniger landesweit an einem Stichtag. Dass das nicht gut gehen kann, ist offensichtlich.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
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    2 Mal editiert, zuletzt von TL (17. November 2017 um 16:18)


  • Jeder, der nach der Wendezeit aus den alten Ländern in die neuen "mit Buschzulage" gekommen ist und natürlich die, die ohnehin vor Ort die tonnenschweren Karren aus den Sümpfen ziehen mussten, werden wohl ein wenig über diese marktschreierhaften Veranschaulichungen schmunzeln können, als ein großer Teil der Kollegenschaft - auch hier im Forum - sehr wohl eine Vorstellung davon hat, was bei euch los ist.

    Jeden trifft es natürlich immer am Schlimmsten ;-). Aber in dem Bereich muss man den württ. Bezirksnotaren und Notarvertretern nichts erzählen; wir haben damals v.a. in Sachsen Aufbauhilfe im Rahmen der Schaffung eines funktionierenden Grundbuchsystems geleistet. Ich denke auch nicht, dass die Situation vergleichbar ist. Damals ist doch alles sehr überraschend und kurzfristig passiert und man hat deswegen Unterstützung in Form von Personal etc. und Unterstützung von der Verwaltung, Politik, etc. erhalten (klar auch damals zu wenig, keine Frage).

    Hier wusste man aber spätestens seit Verabschiedung der maßgeblichen Gesetze im Landtag 2010 was auf einen zukommen wird. Und nun wird krampfhaft versucht kurz vor knapp alles zu organisieren und umzusetzen und man merkt, dass es so wie geplant ist, nicht laufen kann und überraschenderweise der 31.12.2017 vor der Tür steht. Unterstützung?? Fehlanzeige. Personalkürzungen noch und nöcher; ab und zu warme Worte und im gleichen Atemzug noch ein weiteres Päckchen obendrauf.

  • ...was in den neuen Ländern - natürlich mit anderen Vorzeichen - m.E. dennoch vergleichbar ist. Als ich in die Justiz eingetreten bin, sollte eigtl die "Aufbauarbeit Ost" längst schon zu einem Fossil herabgestuft worden sein und quasi als Geschichte mit dem "Es war einmal...." beginnen. Als ich aber meinen Dienst in einem kleinen Posemuckelgericht angetreten hatte, musste ich kurzerhand feststellen, dass vielleicht der Besucheransturm nicht mehr der wie in den 90'ern vorhanden war, dagegen aber ein Aktenkonvolut vorfand, der für min. 5 Leute im Grundbuch ausreichend Arbeit bot - dennoch kam keine Verstärkung. Im Gegenteil: Der immer wiederkehrende Versuch, Druck von oben nach unten weiterzugeben, um der verdammten Urkundenzahl wegen zu glänzen, brachte zumindest den kleinen Einblick wie sich die Kollegen nach der Wendezeit auch nur im Ansatz fühlen mussten. Zumal eben nicht nur Grundbuch, Nachlass oder Betreuung sich im Aufbau befand, sondern ein gesamtes Rechtssystem neu aufgebaut werden musste. Auch die weiteren Abteilungen, die zu durchlaufen waren, führten jedenfalls nicht zu dem Eindruck, dass die "Aufbauarbeit Ost" bereits abgeschlossen war.

    Und jetzt haben wird eben im gesamtdeutschen Kontext zumindest die Gemeinsamkeit, dass die "da Oben" alles immer schneller und immer weiter haben wollen, doch der Bedarf hieran gemessen an den stetig wachsenden Anforderungen an eine moderne Justiz nicht einmal im Ansatz gedeckt wird. BaWü mit seiner Reform ist nur ein Beispiel für offensichtliches Führungsversagen, der Eindruck wird sich in einigen Ländern noch mehr bei der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs bishin zur E-Akte weiter verstärken. Auch hier ist das Ausmaß an Veränderung nicht erst seit gestern bekannt und trotzdem fehlt es an einem wirklichen Plan zur Umsetzung.

  • Thanx :daumenrau.
    Möglicherweise heißt die 1. VV LFGG bis 31.12.2017 ab 01.01.2018 auch weiterhin 1. VV LFGG.
    Nur müsste die halt ab Januar erst mal in Kraft sein, nachdem die alte ausläuft.
    Ansonsten bin ich schon mal beruhigt , dass sich an der Mitwirkungspflicht der Gemeinden nichts wesentliches geändert hat, sondern - im Gegenteil - die Fachaufsicht hierüber beim LG /NG liegt.

    Zu was soll die 1. VV LFGG nach dem 31.12.2017 noch gut sein? Es handelt sich doch hier um Sonderbestimmungen für das Notariat.

  • @Macher2:

    Ergo: EDV-Daten auszudrucken um diese dann ggf. wieder händisch in die neue EDV einzugeben ist also nicht "laienhaft" und absolut "angebracht". Wir machen aus Daten Papier, welches dann irgendwann (ggf. zur Archivierung) z.B. einmal wieder abgeschrieben oder gescannt wird...

    Aber:Wir werden sehen, wer oder was hier "laienhaft" oder "unangebracht" sein wird. Danke!

    Ich jedenfalls sehe den eigentlichen und wesentlichen Fehler darin, ein solches Jahrhundertprojekt nicht zeitverzögert und schleichend (z.B. gerichtsbezirkeweise) ablaufen zu lassen sondern alles mehr oder weniger landesweit an einem Stichtag. Dass das nicht gut gehen kann, ist offensichtlich.

    Ich stimme dir zu, dass eine Stichtagsregelung in diesem Bereich der eigentliche und wesentliche Fehler ist.

    Aber was die Ausdrucke betrifft: Die Daten sind auch in Dateiform "wegzuspeichern". Nur sind diese natürlich nicht strukturiert und maschinenlesbar. Aber hierzu grundsätzlich: Es liegen doch z.B. im Nachlassbereich überhaupt nicht "alle Daten" des jeweiligen Amtes in der Fachanwendung elektronisch vor, sondern nur soweit diese Akten von den Referaten elektronisch bearbeitet wurden. Und der Startzeitpunkt ist bei JEDEM Referat anders, je nachdem, wann mit der NOAH-Bearbeitung in dem jeweiligen Bereich überhaupt begonnen wurde. Bei manchen sind das nur wenige Jahre. Um die Papier-Register und Namensverzeichnisse in Papierform kommst man also eh nicht rum. Und angesichts der Tatsache, dass die Mitarbeiter an den künftigen Amtsgerichten von der neuen Fachanwendung noch nicht Ahnung haben, greife ich lieber auf das Papier zurück. Denn da komme ich an die Information ran. Denn blättern kann ich. In forumSTAR kenne ich mich aber noch lange nicht aus...

  • [quote='Sersch','RE: Notariatsreform in Baden-Württemberg']
    (...)).

    Hier wusste man aber spätestens seit Verabschiedung der maßgeblichen Gesetze im Landtag 2010 was auf einen zukommen wird. Und nun wird krampfhaft versucht kurz vor knapp alles zu organisieren und umzusetzen und man merkt, dass es so wie geplant ist, nicht laufen kann und überraschenderweise der 31.12.2017 vor der Tür steht. Unterstützung?? Fehlanzeige. Personalkürzungen noch und nöcher; ab und zu warme Worte und im gleichen Atemzug noch ein weiteres Päckchen obendrauf.

    "Man" wusste es seit 2010 - allerdings hat sich seinerzeit natürlich niemand der Verantwortlichen dieser Sache angenommen. Ausserdem stand zunächst das"Prestigeobjekt Grundbuchamtsreform" jahrelang im Vordergrund. Das hat doch alles verdeckt.

    Die Reform ist so vielschichtig und komplex, dass es einfach nur gut ist, wenn es endlich "vorbei" ist. Und ich bin mir bewusst, dass es am 01.01.2018 noch lange nicht vorbei sein wird, denn die Nachwirkungen werden Monate und Jahre dauern. Aber das interessiert dann keinen der Verantwortlichen mehr, insbesondere nicht die aus den Jahren 2010 ff.


  • Zu was soll die 1. VV LFGG nach dem 31.12.2017 noch gut sein? Es handelt sich doch hier um Sonderbestimmungen für das Notariat.


    Sehe ich nicht so , dass diese VV vollständig entfallen kann z.B. §§ 3 , 10-18 der derzeitigen VV.
    Natürlich wird es wegen der aufgelösten Notariate zum Wegfall von Vorschriften kommen müssen und zu redaktionellen Ergänzungen.
    Aber einen Wegfall in Gänze sehe ich nicht.


  • Zu was soll die 1. VV LFGG nach dem 31.12.2017 noch gut sein? Es handelt sich doch hier um Sonderbestimmungen für das Notariat.


    Sehe ich nicht so , dass diese VV vollständig entfallen kann z.B. §§ 3 , 10-18 der derzeitigen VV.
    Natürlich wird es wegen der aufgelösten Notariate zum Wegfall von Vorschriften kommen müssen und zu redaktionellen Ergänzungen.
    Aber einen Wegfall in Gänze sehe ich nicht.

    Dann gilt wohl die Aktenordnung, insbesondere §§ 27 ff.? Die Aktenordnung wurde bisher von der Spezialvorschrift 1. VVLFGG verdrängt. Das fällt dann zum 01.01.2018 weg.

    Aber gibt es für § 3 der 1. VVLFGG eine Nachfolge-Bestimmung in BW für die Amtsgerichte? Gibt es denn vergleichbares in den anderen Ländern? Oder waren hier die Notariate diesbezüglich unter spezieller Beobachtung :)

    § 3Prüfung von Betreuungs- und Nachlasssachen in besonderen Fällen

    (1) Die Tätigkeit der Notariate als Betreuungs- und Nachlassgerichte ist mindestens alle zwei Jahre in den Fällen besonders zu prüfen, in denen Betreuer, Pfleger, Nachlasspfleger oder Nachlassverwalter ein Vermögen von mehr als 400 000 Euro verwalten oder mitverwalten; das Gleiche gilt, wenn der Wert des verwalteten Vermögens 200 000 Euro übersteigt und hierbei der Wert von darin enthaltenem beweglichem Vermögen (insbesondere von Forderungen) 100 000 Euro übersteigt.

    Bei der Wertberechnung bleiben Grundstücke bis zu einem Wert von 300 000 Euro unberücksichtigt, wenn sie selbst genutzt und Einkünfte aus Vermietung oder Verpachtung nicht erzielt werden. Für die Wertberechnung ist bei Grundstücken der Verkehrswert maßgebend. Verbindlichkeiten bleiben bei der Wertberechnung unberücksichtigt.

    (2) Über Absatz 1 hinaus ist die Tätigkeit der Notariate als Betreuungs- und Nachlassgerichte mindestens alle zwei Jahre in den Fällen besonders zu prüfen, in denen Richter, Beamte oder Angestellte der Justizverwaltung als Betreuer, Pfleger, Nachlasspfleger oder Nachlassverwalter bestellt und hierbei für die Verwaltung eines Vermögens verantwortlich oder mitverantwortlich sind. Das Gleiche gilt, wenn Ehegatten, Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes oder in gerader Linie Verwandte von Richtern, Beamten oder Angestellten an der Behörde, zu der das zuständige Betreuungs- oder Nachlassgericht gehört, eine Tätigkeit nach Satz 1 ausüben, soweit sie nicht als Rechtsanwälte zugelassen sind. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn es sich um Richter, Beamte oder Angestellte der Justizverwaltung handelt, die beurlaubt oder im Ruhestand sind.


    (3) Die Überprüfung obliegt den aufsichtführenden Präsidenten der Landgerichte und Amtsgerichte, denen die Akten unverzüglich vorzulegen sind,

    1. sobald in den Fällen des Absatzes 1 das Vermögensverzeichnis eingegangen ist,
    2. sobald in den Fällen des Absatzes 2 die Bestellung erfolgt ist,
    3. sowie zu den weiteren hierfür bestimmten Terminen.

    § 1 Absatz 4 ist entsprechend anzuwenden.


    (4) Betreuungs- und Nachlasssachen, in denen Betreuer, Pfleger, Nachlasspfleger oder Nachlassverwalter ein Vermögensverzeichnis entgegen der Bestimmungen der §§ 1802, 1908 i und 1915 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) nicht vorlegen, sind unverzüglich den aufsichtführenden Präsidenten der Landgerichte und Amtsgerichte zu melden.

    (5) Über die erfolgte Prüfung und das zur Behebung festgestellter Mängel Veranlasste berichten die aufsichtführenden Präsidenten dem Justizministerium, wenn Schadensersatzansprüche wegen Amtspflichtverletzung zu besorgen sind.

  • Dann gilt wohl die Aktenordnung, insbesondere §§ 27 ff.?

    Ich habe gehört, es soll eine "neue Aktenordnung" geben. Könnte natürlich auch die "alte Aktenordnung" sein. Die Regelungen über die 1. VV LFGG sollen auf jeden Fall wegfallen.

    Also nicht mehr die Akten von unten nach oben ordnen, nicht mehr "einquardranglieren". nicht mehr "badisch heften", sondern alles wie im anderen Bundesgebiet. Einfach alles einheitlich.


  • Aber gibt es für § 3 der 1. VVLFGG eine Nachfolge-Bestimmung in BW für die Amtsgerichte? Gibt es denn vergleichbares in den anderen Ländern? Oder waren hier die Notariate diesbezüglich unter spezieller Beobachtung :)


    Nö - auch die Amtsgerichte im Badischen waren bisher unter "spezieller Beobachtung" gem. dieser VV .
    Schon bereits deshalb kann die 1. VV nicht vollständig entfallen.
    Oder bist Du der Meinung , dass die Justizverwaltung auf ihr "Kontrollrecht" künftig verzichtet ?

  • Nein, ich glaube nicht, dass hier verzichtet wird. Aber dann müsste zumindest bzgl. § 3 1. VVLFGG eine Ersatzbestimmung geschaffen werden, sofern es nicht schon eine entsprechende (allgemeine, übergeordnete) Regelung gibt. Deshalb meine Frage, wie es in den anderen Ländern ausschaut...

  • Bayern: Bekanntmachung des Bayer. Staatsministeriums der Justiz über die Kontrolle der Vermögensverwaltungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (VermVerwKontBek) vom 11.12.2001, Az. 3800 - I - 12230/2001, JMBl. 2002, 19, geändert durch die Bekanntmachung vom 12.09.2006, JMBl. 2006, 182:

    1. Die Präsidenten der Landgerichte (Amtsgerichte) haben die Aufsichtstätigkeit des Vormundschaftsgerichts und des Nachlassgerichts in allen Fällen besonders zu überprüfen, in denen Betreuer, Vormünder, Pfleger, Nachlasspfleger oder Nachlassverwalter für die ordnungsgemäße Verwaltung eines Vermögens von Euro 400.000 und mehr verantwortlich oder mitverantwortlich sind. Maßgebend ist das Vermögen des einzelnen Betreuten, Mündels oder sonstigen Vertretenen, bei Vertretungen mehrerer Betreuter, Mündel usw. in demselben Verfahren durch eine Person die zusammengerechneten Werte der Vermögen. Bei der Wertberechnung des Vermögens bleiben von Betreuten, Mündeln oder sonstigen Vertretenen selbst genutzte Einfamilienhäuser/Eigentumswohnungen außer Betracht.

    2. Für die Wertberechnung ist bei Grundstücken der Verkehrswert, bei Wertpapieren, die einen Kurswert haben, der jeweilige Kurswert, im Übrigen der gemeine Wert (vgl. § 19 Abs. 1 KostO) eines Vermögensgegenstandes maßgebend.

    3. Bei Beteiligung an einer Gemeinschaft oder Gesellschaft ist der Wert des Anteils des Betreuten, Mündels oder sonstigen Vertretenen zu berücksichtigen, bei Beteiligung mehrerer Betreuter, Mündel usw., die durch dieselbe Person vertreten werden, die zusammengerechneten Werte der Anteile. Verbindlichkeiten bleiben bei der Wertberechnung unberücksichtigt.

    4. Sind Richter, Beamte oder Angestellte der Justizverwaltung als Betreuer, Vormünder, Pfleger, Nachlasspfleger oder Nachlassverwalter bestellt und hierbei für die Verwaltung eines Vermögens verantwortlich oder mitverantwortlich, so haben die Präsidenten der Landgerichte (Amtsgerichte) unabhängig vom Wert dieses Vermögens zu prüfen, ob die Tätigkeit der genannten Personen zu wesentlichen Beanstandungen Anlass gibt, insbesondere ob dienstliche Interessen gefährdet werden. Die Überprüfung ist auch vorzunehmen, wenn Ehegatten, in gerader Linie Verwandte oder Verschwägerte von Richtern, Beamten oder Angestellten an dem Gericht, zu dem das zuständige Vormundschafts- oder Nachlassgericht gehört, eine Tätigkeit nach Satz 1 ausüben, soweit sie nicht als Rechtsanwälte zugelassen sind. Die Überprüfung entfällt nicht, wenn der Richter, Beamte oder Ange-stellte der Justizverwaltung beurlaubt ist.

    5. Die Vermögensverwaltungen sind im Zeitraum von einem Jahr bis zu fünf Jahren zu überprüfen. Der Präsident des Landgerichts (Amtsgerichts) bestimmt im Einzelfall den Zeitraum.

    6. Der Präsident des Landgerichts (Amtsgerichts) kann mit der Durchführung der Prüfung auch einen Richter oder Rechtspfleger im Ruhestand, längstens bis zur Vollendung des 68. Lebensjahres, beauf-tragen.

    7. Über das Ergebnis der Prüfungen ist jährlich zu berichten. Dabei ist mitzuteilen, welche wesentlichen Mängel festgestellt worden sind und was zu ihrer Behebung veranlasst wurde. Mit den Berichten sind Übersichten nach dem beigefügten Muster vorzulegen.Die Berichte und Übersichten für ein Kalenderjahr sind dem Staatsministerium der Justiz durch die Präsidenten der Oberlandesgerichte mit einer Zusammenstellung für den jeweiligen Oberlandesgerichtsbezirk bis zum 1. Mai des folgenden Jahres vorzulegen.

    8. Ist in einer einzelnen Vermögensverwaltung über Mängel berichtet worden, die zu einer Haftung des Staates führen könnten, so ist über diese Angelegenheit solange gegebenenfalls auch zu einem anderen als dem in Nr. 6 Abs. 2 bestimmten Termin zu berichten, bis die festgestellten Mängel beseitigt sind. Sind sie bis zum nächsten Berichtstermin (Nr. 6 Abs. 2) behoben worden, so ist dies im Bericht ausdrücklich festzustellen.Gibt in den Fällen der Nr. 4 die Tätigkeit einer der dort genannten Personen zu wesentlichen Beanstan-dungen Anlass oder werden dienstliche Interessen gefährdet, so ist unverzüglich dem Staatsministerium der Justiz zu berichten.

    9. Der nach der Geschäftsverteilung zuständige Richter (Rechtspfleger) hat dafür Sorge zu tragen, dass die zu überprüfenden Akten rechtzeitig zur ersten Überprüfung und zu den für die weiteren Über-prüfungen bestimmten Terminen vorgelegt werden.

    II.


    Diese Bekanntmachung tritt am 1. Januar 2002 in Kraft.Zum gleichen Zeitpunkt tritt die Bekanntmachung über die Kontrolle der Vermögensverwaltungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 19. Dezember 1979 (JMBl 1980 S. 2), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 21. November 1994 (JMBl 1995 S. 2), außer Kraft.

  • Sachsen: VwV Geschäftsprüfung vom 21.12.2001, geändert durch VwV vom 24.11.2005:

    Buchstabe C.
    Besondere Geschäftsprüfungen in Vormundschafts- und Nachlasssachen
    Im Abstand von zwei Jahren prüfen die Präsidenten der Landgerichte und die Präsidenten der Amtsgerichte im Rahmen ihrer Dienstaufsicht die Vormundschaften, Pflegschaften, Betreuungen, Beistandschaften, Nachlasspflegschaften und Nachlass-verwaltungen, bei denen ein Vermögen von mehr als 150 000 EUR verwaltet wird. Bei der Feststellung des Vermögenswertes bleiben Verbindlichkeiten unberücksichtigt. Grundstücke sind mit ihrem Verkehrswert anzusetzen. Ist der Verkehrswert ohne größere Ermittlungen nicht feststellbar, ist je nach den örtlichen Verhältnissen von einem Mehrfachen des Einheitswertes auszugehen.

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