nochmal bagatellforderungsabwehr selbstzahlervergleich

  • fall:

    nachträgliche berh beantragt.
    es geht um abwehr einer forderung i.h.v. 12,95 €. antrag unterschrieben nach dem 01.08.13 (15 € eigenanteil).

    in meiner zwischenverfügung weise ich darauf hin, dass der antrag zurückzuweisen sein dürfte (mutwillen/selbstzahlervergleich).

    antwort ra:
    selbstzahlervergleich hinkt, da der ast. nicht rede- und schreibgewandt sei. und der ra verweist auf BVerfG 1 BvR 319-321/09.

    ich kann diese entscheidung aber nirgends finden!? kann mir da einer helfen?

    aber mal abgesehen vom BVerfG kann ich hier doch keine berh bewilligen, oder?

    be water my friend

    Ich kann nicht ständig die SuFu nutzen- ich muss auch mal was arbeiten :akten

  • Was hat die Tatsache, dass der Antragsteller nicht rede- und schreibgewandt ist, mit der Frage der Mutwilligkeit zu tun?

    Ein verständiger Selbstzahler würde sicherlich nicht zum Anwalt gehen, und dort mglw. mehrere hundert Euro bezahlen, um eine Forderung von 12,95 Euro abzuwehren. Dass auch dieser Nicht-Voll-Selbstzahler nicht verständig handelt, sieht man im Übrigen doch schon daran, dass er 15 Euro zahlt, um 12,95 Euro abzuwehren.

    P.S.@Loffio: Ich möchte Dich nochmals ganz freundlich bitten, in Zukunft mal die Großschreibtaste zu benutzen, da es SEHR anstrengend ist, diesem Nur-Kleingeschreibe zu folgen. Auch wenn es Dich vielleicht nicht interessiert, aber ich bin ansonsten 'raus.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

    Einmal editiert, zuletzt von Noatalba (25. September 2013 um 09:25)

  • Noatalba: Kann ich deine Privatanschrift haben? Ich würde dir gerne mal eine Rechnung über 12,95 Euro zukommen lassen. :D

    Ich hatte mal einen Steuerpflichtigen, der ist wegen 0,57 Euro (Anrechnung avoir fiscal) zum Finanzgericht gezogen - aus "Prinzip".

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Noatalba: Kann ich deine Privatanschrift haben? Ich würde dir gerne mal eine Rechnung über 12,95 Euro zukommen lassen. :D

    Kannst mir gerne eine Rechnung schicken. Dann kommt der immer wieder gern gesehene Standardbrief zurück: "Die Forderung wird bestritten. Eine Zahlung wird nicht erfolgen. Einem etwaigen Mahn-/Klageverfahren wird hier gelassen entgegengesehen."

    Zitat

    Ich hatte mal einen Steuerpflichtigen, der ist wegen 0,57 Euro zum Finanzgericht gezogen - aus "Prinzip".

    Und genau DAS sind in meinen Augen die UNVERSTÄNDIGEN Selbstzahler = Prinzipienreiter.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Was die BVerfG-Entscheidungen mit der Sache zu tun haben sollen, erschließt sich mir nicht ansatzweise...

    Stimme daher - wie in letzter Zeit unheimlich oft - Noatalba zu. Ergänzen möchte ich nur "Beratungshilfe ist keine Lebenshilfe" ;)

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Ich würde hier auch keine BerH bewilligen, Schreibgewandtheit fällt unter Lebenshilfe und der Betrag ist auch nicht derart hoch das der verständige Otto Normalverbraucher deswegen zum RA gehen würde. Falls der RA vorliegend auch die 15,- Euro verlangt legt rein rechnerisch der Antragssteller sogar noch drauf.

  • Nur aus der Erinnerung heraus meine ich, dass die Sache mit den Bagatellforderungen doch wenigstens streitig gewesen ist. Ich glaube da haben wir an anderer Stelle auch schon mal drüber diskutiert.

    Die herrschende Forenmeinung ist, wie ich das sehe, dann aber wohl doch die Ablehnung in dem Fall. Würd ich übrigens auch so machen.

  • Hallo,

    erster Gedanke: Ist 12,95 Euro wirklich schon ein "Bagatellbetrag", nur weil er unter dem Eigenanteil bleibt?

    Zitat


    Ein verständiger Selbstzahler würde sicherlich nicht zum Anwalt gehen, und dort mglw. mehrere hundert Euro bezahlen, um eine Forderung von 12,95 Euro abzuwehren. Dass auch dieser Nicht-Voll-Selbstzahler nicht verständig handelt, sieht man im Übrigen doch schon daran, dass er 15 Euro zahlt, um 12,95 Euro abzuwehren.

    Diesen Schluss darf man m.E. nicht ziehen. Man muss differenzieren, ob es sich um die Geltendmachung oder die Abwehr einer Bagatellforderung geht: Handelt es sich um die Geltendmachung, kann man die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren als Nebenforderung (ggfs. auch isoliert nach Zahlung des Bagatellbetrages) einklagen, da es sich um einen Verzugsschaden handelt.
    Geht es dagegen um die Forderungsabwehr wird man die Rechtsanwaltsgebühren - im Rahmen einer Widerklage gegen die Geltendmachung des Anspruchs, einer negativen Feststellungsklage oder aber einer isolierten Klage über die Rechtsanwaltsgebühren - nur dann geltend machen können, wenn eine Sonderverbindung vorliegt.

    Gruß
    Peter

  • Diesen Schluss darf man m.E. nicht ziehen. Man muss differenzieren, ob es sich um die Geltendmachung oder die Abwehr einer Bagatellforderung geht

    Ich mache da keinen Unterschied, schließlich muss man immer noch das Kostenrisiko sehen. Auch wenn ich u. U. bei Geltendmachung einer Forderung die RA-Kosten als Nebenforderung geltend machen kann, bleibt immer noch die Möglichkeit, dass ich hinterher darauf sitzen bleibe.
    Und ein verständiger Selbstzahler würde sich das drei Mal überlegen, bevor er in die Vollen geht.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

    2 Mal editiert, zuletzt von Noatalba (27. September 2013 um 08:09)

  • Zitat

    Ich mache da keinen Unterschied, schließlich muss man immer noch das Kostenrisiko sehen. Auch wenn ich u. U. bei Geltendmachung einer Forderung die RA-Kosten als Nebenforderung geltend machen kann, bleibt immer noch die Möglichkeit, dass ich hinterher darauf sitzen bleibe.
    Und ein verständiger Selbstzahler würde sich das drei Mal überlegen, bevor er in die Vollen geht.

    Sehe ich anders.

    Es ist nicht mutwillig, Kleinstforderungen zu verfolgen, wenn man daneben noch Kostenerstattungsansprüche bzgl. der RA Kosten gegen den Gegner hat. Das machen auch verständige, wirtschaftlich denkende (auch juristische) Personen, wenn sie sich sicher sind, im Zweifel einen Prozess gewinnen zu können.

    Ansonsten könnte sich der Gegner denken, Bagatellansprüche von "armen" Personen gar nicht erfüllen zu müssen, da diese sie gar nicht mittels anwaltlicher Hilfe und damit wirksam verfolgen können.

    Um zuverlässig über die Bewilligung entscheiden zu können müssten wir eigentlich eine Prognose anstellen, ob die Partei den Anspruch auch gerichtlich durchsetzen wird können. Das können wir als "Halbjuristen" bekanntlich nicht.

    Also muss man im Zweifel eben Beratungshilfe bewilligen.

    Gruß
    Peter

  • Also muss man im Zweifel eben Beratungshilfe bewilligen.

    Nö, müssen muss ich nix - und bin hier zumindest bislang auch gehalten worden (was natürlich auch keinen Anspruch auf Gemeingültigkeit erheben kann).

    Wenn ich einmal fragen darf: Wo genau liegt deine Grenze zur Bagatellforderung? Wenn diese fließend ist: Welche Kriterien legst du zur Bestimmung der Bagatellgrenze zu Grunde?

    Gruß
    Peter

  • Wenn ich einmal fragen darf: Wo genau liegt deine Grenze zur Bagatellforderung? Wenn diese fließend ist: Welche Kriterien legst du zur Bestimmung der Bagatellgrenze zu Grunde?

    Hiesige Linie: Forderungen unterhalb der Selbstbeteiligung von 15,00 Euro sind eindeutig "Bagatellforderungen" (blödes Wort), für die keine Beratungshilfe bewilligt wird.
    In allen anderen Fällen kommt es auf den konkreten Sachverhalt an.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Dem schließe ich mich an. Kein verständiger Bürger würde wegen 12 Euro einen Rechtsanwalt beauftragen, den er dann zunächst einmal selbst zu bezahlen hätte. Wer das ernsthaft behauptet, dem würde ich eben nicht zu den verständigen Bürgern zählen ...

  • Hallo,

    das Problem der "Mutwilligkeit" ist ja nicht beratungshilfespezifisch sondern auch bei der Bewilligung von PKH zu berücksichtigen (§ 114 ZPO). Auch hier wird das Problem von Bagatellforderungen diskutiert - aber stets nur in Verbindung mit zweifelhaften Erfolgsaussichten (vgl. z.B. Musielak/Fischer § 114 Rn. 44; LG Ulm NJW-RR 1990, 637). Dem Antragsteller anwaltliche Beratung/Vertretung bei einer einer "sicheren" Forderung zu verweigern halte ich für verfehlt, auch wenn es sich "nur" um 10,00 Euro handelt (bei einem ALG II Empfänger immerhin fast ein ganzes Tageseinkommen).

    Gruß
    Peter

  • Aber wir haben bei der Bewilligung eben nicht zu prüfen, ob die Forderung "sicher", "unsicher" oder "mit hoher Wahrscheinlichkeit Blödsinn" ist. Auch eine uns "sicher" erscheinende Forderung kann absolut unsicher sein (sogar im Forum schon erlebt ;) ).

    Die Frage ist: Würde ein verständiger, wirtschaftlich denkender Selbstzahler für genau diese Forderungshöhe einen Rechtsanwalt in Kenntnis des bestehenden Kostenrisikos beauftragen?
    Und da haben Noatalba und Kimi das Wesentliche schon unlängst zu geschrieben.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Dem schließe ich mich an. Kein verständiger Bürger würde wegen 12 Euro einen Rechtsanwalt beauftragen, den er dann zunächst einmal selbst zu bezahlen hätte. Wer das ernsthaft behauptet, dem würde ich eben nicht zu den verständigen Bürgern zählen ...

    ich hatte tatsächlich mal ein Mandat, in dem es ums Prinzip...äh, pardon, um Gewährleistungsansprüche aus einem exxy-Kauf ging; Kaufpreis waren exakt 12,00 €.....

  • Zitat

    Die Frage ist: Würde ein verständiger, wirtschaftlich denkender Selbstzahler für genau diese Forderungshöhe einen Rechtsanwalt in Kenntnis des bestehenden Kostenrisikos beauftragen?

    Ein verständiger, wirtschaftlich denkender Selbstzahler würde aber die Geltendmachung nicht alleine von der Forderungshöhe abhängigmachen sondern eben auch von dem Grad des bestehenden Kostenrisikos.

    Interessant, was dazu das AG Halle (Saale) im Beschluss vom 28.03.2012, 103 II 6366/11 ausgeführt hat:

    "Unerheblich ist es, dass letztlich nur ein Schadensersatzanspruch im Bagatellbereich (40,00 € nebst Kostenpauschale von 25,00 €) geltend gemacht wurde. Zwar würden, wenn die Antragstellerin ihre Anwaltskosten selbst zahlen müsste, Anwaltskosten entstehen, die den eigentlichen Schadensbetrag übersteigen. Allerdings greift die Rechtsprechung des Gerichts, dass von Mutwillen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 BerHG auszugehen ist, wenn für einen Selbstzahler selbst im Falle seines Erfolges seine Anwaltskosten höher wären als sein finanzieller Erfolg, weil in einem solchen Fall eine vernünftige Person, die ihre Anwaltskosten selbst tragen muss, keinen Rechtsanwalt beauftragen würde (Beschluss des Gerichts vom 22. August 2011, Az. 103 II 1513/11, veröffentlicht bei juris), nicht. Diese Rechtsprechung bezieht sich wiederum auf die Abwehr einer unberechtigten Forderung, während bei der Geltendmachung einer berechtigten Forderung der Anspruchssteller seine Anwaltskosten unter Umständen als weitere Schadensposition (etwa als Verzugsschaden gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB oder wie im vorliegenden Fall als Rechtsverfolgungskosten gemäß § 249 BGB) geltend machen kann. Dass im Einzelfall, etwa bei einer nach Grund und Höhe unstrittigen Bagatellforderung, Rechtsverfolgungskosten möglicherweise kein nach § 249 BGB erstattungsfähiger Schaden sind und eine entsprechende Rechtsverfolgung auch möglicherweise gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 BerHG bzw. § 114 Satz 1 ZPO mutwillig wäre, steht auf einem anderen Blatt."

    Demgegenüber bejaht das AG Halle (Saale) im Beschluss vom 22.08.2011 - 103 II 1513/11 Mutwilligkeit bei Abwehr einer Bagatellforderung. Klar, denn da hat der Beratungshilfesuchende ja keine materiell-rechtlichen Erstattungsansprüche über die Anwaltskosten (es sei denn, es liegt eine Sonderverbindung vor, was nicht ersichtlich ist).

    Gruß
    Peter

  • Dem schließe ich mich an. Kein verständiger Bürger würde wegen 12 Euro einen Rechtsanwalt beauftragen, den er dann zunächst einmal selbst zu bezahlen hätte. Wer das ernsthaft behauptet, dem würde ich eben nicht zu den verständigen Bürgern zählen ...

    ich hatte tatsächlich mal ein Mandat, in dem es ums Prinzip...äh, pardon, um Gewährleistungsansprüche aus einem exxy-Kauf ging; Kaufpreis waren exakt 12,00 €.....


    Ich hoffe, dem hast Du dann gesagt, dass die Titulierung seines (vorgeblichen) Anspruchs grundsätzlich kein Problem sei, eine Klage eingereicht werden könne, er dann vorab aber erstmal GK-Vorschuss zahlen müsse und er nach Abschluss des Verfahrens aber zunächst für Deine Gebühren hafte, er dann aber möglicherweise diese Kosten vom Gegner erstattet verlangen könne, aber die Beibringung dann später im Rahmen einer Zwangsvollstreckung erfolgen und er da auch möglicherweise weitere Kosten verauslegen müsse ... Falls ja, viel Spass ....

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