Hilfe! Eilt! Zwangsvollstreckung

  • Ich mache gerade Urlaubsvertretung in Zwangsvollstreckungssachen. Bin leider aus Familie, hab daher wenig Erfahrung mit Zwangsvollstreckungssachen.

    Hier mal der Sachverhalt:

    Teil I)
    Der Ehemann der jetzigen Vollstreckungsschuldnerin war Eigentümer der Immobilie. Er verstarb 2007. Laut seinem Testament wurde sein Sohn aus erster Ehe Erbe (dieser ist nicht Sohn der jetzigen Vollstreckungsschuldnerin), der jetzigen Vollstreckungsschuldnerin wurde per Vermächtnis ein Wohnrecht zugesprochen. Die Erbfolge wurde eingetragen, dann erfolgte die Zwangsversteigerung (gegen den Sohn des Ehemannes). Das Wohnrecht scheint im Grundbuch nicht eingetragen worden zu sein. Laut Zuschlagsbeschluss vom 10.7.2013 blieben jedenfalls keine Rechte als Teil des geringsten Gebotes bestehen. Am 23.8.2013 wurde die Vollstreckungsklausel erteilt. Hieraus vollstreckt der Gläubiger und Ersteher gegen die Schuldnerin auf Herausgabe der Immobilie. Die Gerichtsvollzieherin hat mit Schreiben vom 6.9.2013 den Herausgabetermin nach 885a ZPO auf den 10.10.2013 bestimmt.

    Die Verfahrensbeiständin der Schuldnerin legt nun gegen die Räumungsankündigung der Gerichtsvollzieherin Erinnerung ein und stellt folgende Anträge: Die Zwangsvollstreckung aus dem zum Zuschlagsbeschluss erteilten Vollstreckungsklausel wird für unzulässig erklärt. Weiter: bis zur Entscheidung über die Erinnerung soll die Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung eingestellt, hilfsweise nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werden. Hierzu soll eine einstweilige Anordnung erlassen werden.

    Begründung: Nach der Verfahrensbeiständin fehlen die Voraussetzung für die ZV. Die Vollstreckungsschuldnerin hat hiernach ein schuldrechtliches Recht zum Besitz (wg. des Wohnrechtsvermächtnisses) und erklärt ihre ausdrückliche Weigerung zur Herausgabe. Auch wäre wegen des Richtervorbehalts in Art. 13, I und II GG eine gesonderte Durchsuchungsanordnung wegen die Vollstreckungsschuldnerin erforderlich, weil der Räumungstitel nur vom Rechtspfleger geschaffen wurde und die WEigerung zur Räumung ausdrücklich erklärt wurde. Im Übrigen würde die nach 885 a ZPO neu eingeführte Räumungsmöglichkeit vorliegend keine Anwendung finden.

    Der eigentliche Sachbearbeiter hatte erstmal bei der Gerichtsvollzieherin die Übersendung der Akte angefordert, leider ist die GV bis einschließlich 6.10. im Urlaub.

    Nun die erste Frage: Wie gehe ich weiter vor?

    Aber nun zum zweiten Teil der Geschichte: Mit denselben Beteiligen (Gläubiger, Vollstreckungsschuldnerin, Titel , Sachverhalt wie oben) erhalte ich heute (1.10.) von einem neuen Verfahrensbeistand folgenden Anträge:

    Die Zwangsvollstreckung aus dem obigen Titel (Zuschlagsbeschluss vom 10.7.2013, Klausel vom 23.8.2013, terminierte Räumung 10.10.2013) wird bis 28.2.2014, hilfsweise bis 30.11.2013, eingestellt.
    Hilfsweise wird der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach 766, 732 Abs. 3 ZPO beantragt.

    Begründung: Es war die gemeinsame Wohnung und Lebensmittelpunkt der Vollstreckungsschuldnerin, auch wenn das Haus nur vom Mann erworben wurde. Die Schuldnerin ist 46 geboren und Rentnerin. Im Testament steht, dass das Eigenheim im Familienbesitz bleiben solle und das die Schudnerin per Vermächtnis ein lebenslanges kostenfrei und alleiniges Wohnrecht zugewandt wurde (siehe Sachverhalt Teil 1: das Wohnrecht war wohl nicht eingetragen, laut Zuschlagsbeschluss blieben keine Rechte bestehen. Die Zwangsversteigerung erfolgte gegen den Sohn und Erben des Mannes). Die Vollstreckungsschuldnerin würde dem Ersteher eine angemessene Nutzungsentschädigung zahlen. Die Schuldnerin hat noch keine neue Wohnung.

    Wie gehe ich hier insgesamt am besten vor? Wahrscheinlich fange ich mit der ersten Akte an, aber komme ich ohne die Akte der Gerichtsvollzieherin da weiter? Und bei den zweiten Anträgen: Ist der erste Antrag auf einstweilige Einstellung nicht schon verfristet, da er zwei Wochen vor der Räumung gestellt werden muss (Räumung 10.10., Antrag ist am 1.10. eingegangen)?

    Schon mal danke für Eure Hilfe

  • Ich bin selbst nur Laie, aber bei deinem Fall sind mir ein paar Punkte aufgefallen.

    a) Beim ersten Fall fällt mir ein, dass der Klauselerinnerung Vorrang zu geben ist, da das Vollstreckungsgericht die erteilte Klausel nicht zu prüfen hat (BGH-Entscheidung). Sch.-V. soll also Erinnerung gegen die Klauselerteilung bei dem Versteigerungsgericht einlegen.

    In § 732 Abs. 2 ZPO steht, dass das Gericht, das die Klausel erteilt hat, auch eine einstweilige Anordung erlassen kann.

    Ich würde die Akte freundlicherweise der Zwangsversteigerungsabteilung zukommen lassen ;)

    b) Zum zweiten Fall:
    Mit der 2 Wochenfrist des § 765 a ZPO könnte man sich tatsächlich retten, dann wäre der Antrag als unzulässig zurückzuweisen. In solchen Fällen interessiert die Begründetheit nicht.

    Gibt es denn Anhaltspunkte, wonach der Schuldnerin ausnahmsweise Umstände vorlagen, die erst eine Antragstellung nach Ablauf eingetreten oder bekannt geworden sind? Falls nicht, hat die Schuldnerin kein Glück gehabt.

  • Variante A: Wenn das Wohn(ungs)recht im Grundbuch eingetragen war, ist es augenscheinlich gem. Zuschlagsbeschluss mit Zuschlag erloschen. Damit verliert die Berechtigte auch ihr Besitzrecht, mit der Folge, dass aus dem Zuschlagsbeschluss die Zwangsräumung gegen Sie erfolgen kann.

    Variante B: Wenn das Wohnrecht noch nichtmal im Grundbuch eingetragen war, kann es ihr nicht "besser" ergehen als in Variante A.

    s. § 93 ZVG. (gem. Stöber in Rand-Nr. 2.4 keine gesonderte richterliche Anordnung erforderlich.) iÜ Rand-Nr. 3 hierzu

    Seit wann ist "noch keine neue Wohnung" denn ein Grund?

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

    2 Mal editiert, zuletzt von Araya (1. Oktober 2013 um 14:02) aus folgendem Grund: Absätze waren "weg"

  • Da die Vollstreckungsklausel auf dem Zuschlagsbeschluss von der Zwangsversteigerungsabteilung erteilt wurde, dürfte die Erinnerung mit dem Ziel „Vollstreckung … wird für unzulässig erklärt“ als Klauselerinnerung auszulegen sein. Zuständig ist hierfür das Zwangsversteigerungsgericht, also weg damit!
    Ob die Klausel zu Recht erteilt wurde, brauchst Du als M-Abteilung nicht zu prüfen. In der Summe dürfte das alles aber Quatsch sein.

    Zum zweiten Antrag wurde doch nicht ausdrücklich eine Einstellung wegen einer angeblichen sittenwidrigen Härte über § 765 a ZPO beantragt – oder? Wenn ja, was soll denn diese sittenwidrige Härte sein.
    Der Antrag ist damit m.E. als Erinnerung nach § 766 ZPO auszulegen. Auch der Antrag auf Einstellung über §§ 766, 732 ZPO ist nichts für dich, da die Erinnerung sich gegen die Gerichtsvollziehervollstreckung richtet und zur Entscheidung über die Erinnerung nicht der Rechtspfleger, sondern der Richter berufen ist. Also insofern Vorlage Abteilungsrichter!

    Zum Räumungsanspruch aus dem Zuschlagsbeschluss:
    Der Zuschlag ist gegen alle diejenigen Räumungstitel, die kein Recht zum Besitz haben.
    Maßgeblich ist § 93 ZVG:
    „aus dem Beschlusse, durch welchen der Zuschlag erteilt wird, findet gegen den Besitzer des Grundstücks oder einer mitversteigerten Sache die Zwangsvollstreckung auf Räumung und Herausgabe statt. Die Zwangsvollstreckung soll nicht erfolgen, wenn der Besitzer auf Grund eines Rechtes besitzt, das durch den Zuschlag nicht erloschen ist.“

    Das Recht zum Besitz muss gegenüber dem Ersteher und neuen Eigentümer gelten. Dies wäre z.B. ein gültiger Mietvertrag, der gem. § 566 BGB auch gegenüber dem Ersteher gilt.
    Ein nur im Rahmen eines Vermächtnisses eingeräumtes Wohnrecht hat keine dingliche Wirkung. Nach welchen Vorschriften sollte es gegenüber dem neuen Eigentümer gelten, wenn schon ein im Grundbuch eingetragenes Wohnrecht unter Umständen nach den Vorschriften des ZVG erlischt.

  • Zitat

    Die Zwangsvollstreckung aus dem zum Zuschlagsbeschluss erteilten Vollstreckungsklausel wird für unzulässig erklärt. Weiter: bis zur Entscheidung über die Erinnerung soll die Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung eingestellt, hilfsweise nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werden. Hierzu soll eine einstweilige Anordnung erlassen werden.

    Das soll ja scheinbar ein Rechtsmittel gegen die Räumungsmaßnahme des GV sein (766 ZPO gg. Gerichtsvollzieher -> Richter zuständig)?

    Sofern der 2. Antag einen Antrag auf § 765a ZPO darstellen soll, wäre dieser zu spät (unzulässig).

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