... verpflichtet aber nicht bestellt ...

  • Offensichtlich gab es eine solche Thematik hier noch nicht (SuFu jedenfalls erfolglos):

    Ein Ergänzungspfleger wurde gemäß § 1789 BGB verpflichtet, erhielt die Bestallungsurkunde und wurde unter Vorlage dieser in seinem Amt tätig. Seine Erklärungen in einer notariellen Urkunde (die Bestallung damit verbunden) wurden später rechtskräftig familiengerichtlich genehmigt.

    Noch später stellte sich heraus, dass er vorher gar nicht durch Beschluss bestellt wurde.
    Aufgrund von Urlaubsvertretung wurde dies vergessen ...

    Rechtsfolgen?

    Ich meine:
    Seine Handlungen sind rechtswirksam.
    Die Verpflichtung ist konstitutiv und mit der Vorlage der gesiegelten Bestallung hat er alle gutgläubig gemacht.
    Ferner könnte es so etwas wie Vertrauensschutz geben.

    Danke fürs Mitdenken!

  • Da sei mir erst mal erlaubt zu fragen, wie diese Panne passieren konnte .
    Vielleicht kannst Du uns den Inhalt der Ergänzungspflegschaftsakte vorstellen.

  • Vielleicht kannst Du uns den Inhalt der Ergänzungspflegschaftsakte vorstellen.

    Die wesentliche Stelle dürfte für das Verständnis reichen:

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    Vor Erlass des Bestellungsbeschlusses hatte ich den vorgesehenen Ergänzungspfleger noch um schriftliche Einverständniserklärung zur Übernahme des Amtes aufgefordert. Er sollte telefonisch auch schon einen Verpflichtungstermin vereinbaren.

    Die Serviceeinheit hatte ich um Vorbereitung der Verpflichtungs-/Bestallungsunterlagen gebeten (Protokoll/Bestallung/Merkblätter/Leseabschriften).

    Nach Eingang der Einverständniserklärung wollte ich den Beschluss erlassen und das Weitere veranlassen.

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    Dann wurde ich drei Wochen von einem Kollegen vertreten.

    Ihm wurde die Akte mit der Einverständniserklärung und den Verpflichtungs-/Bestallungsunterlagen vorgelegt.
    Er machte aber keinen Beschluss, sondern verpflichtete lediglich.

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    Der Rest war Überwachung der Tätigkeit des Pflegers.

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    Auch mir ist erst jetzt aufgefallen, dass ein Beschluss nie ergangen war.

    Aber das ist für die Beantwortung der Eingangsfrage sicher alles ohne Bedeutung ...

  • Wüsste jetzt nicht, ob es darauf ankommt.


    In einem Beschluss nach § 1796 BGB könnte man evtl. die Anordnung der Pflegschaft erblicken. Es fehlte dann "nur" die Benennung des Pflegers, welche aber dann durch die Verpflichtung vielleicht als mit abgedeckt angesehen werden könnte.

    Sind natürlich alles nur sehr wackelige Hilfskrücken.

    Ich tendiere auch eher zur Ansicht, dass letztlich keine wirksame Pflegerbestellung vorliegt und somit auch das Handeln des Pflegers - entgegen des Rechtsscheins - unwirksam ist.

    Dann hilft nur, alles zurück auf Anfang:
    - Beschluss zur Bestellung
    - Verpflichtung
    - Neuvornahme Rechtsgeschäft
    - Erteilung famg. Genehmigung.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Die Bestallung genießt keinen guten Glauben.

    Man könnte argumentieren, dass in der Verpflichtung nach § 1789 BGB zugleich die erforderliche Anordnung der Pflegschaft und die Bestellung des Pflegers (das sind zwei verschiedene Rechtsakte!) liegt. Dies wird aber wohl daran scheitern, dass die betreffenden Beschlüsse dem gesetzlichen Vertreter nicht zugegangen sind und daher nicht wirksam geworden sein können.

  • [...] Ausführungen im Palandt zur "fehlerhaften" Vormundschaft nach § 1774 BGB [...]

    Der Hinweis auf §§ 1915 Abs. 1 S. 1, 1774 BGB ist prima.

    Die Literatur ist hierzu aber wohl auch nicht einheitlich, s. z.B. MüKo BGB, 6. Aufl 2012, § 1915 Rn 10, § 1774 Rn 3 m.w.N.:

    "[...]Entsprechend § 1774 S. 1[...]"

    "Nach hM bedarf die Anordnung der Vormundschaft keines förmlichen Beschlusses des FamG; es soll ein Tätigwerden des Gerichts nach außen genügen, das auf der Bejahung eines Vormundschaftsgrunds [...] basiert (zB Einleitung des Auswahlverfahrens nach § 1779). Diese Auffassung entspricht nicht hinreichend rechtsstaatlichen Bedürfnissen. Da durch die Anordnung der Vormundschaft die Rechtsstellung des Fürsorgebedürftigen bereits betroffen ist (vgl. nur § 1846), setzt die Anordnung grundsätzlich einen förmlichen Beschluss voraus. Dieser ist den Beteiligten bekanntzumachen (§ 41 FamFG), und zwar nach Maßgabe der §§ 164, 60 FamFG auch dem Mündel persönlich."

  • Jo !
    Das mit der Uneinheitlichkeit der Rspr. kann ich unterschreiben.
    Soweit ich mich an die Palandt- Fundstelle erinnern kann , spricht der auch nur von fehlerhafter Vormundschaft bei gravierenden (materiellrechtlich ) geschossenen Böcken wie z.B. die Anordnung einer Vormundschaft über einen Volljährigen etc.

    Es ist wohl zweifelhaft , ob lediglich verfahrensrechtliche Mängel wie die unterlassene Bekanntgabe einer Pflegschaftsanordnung nach § 41 FamFG solche Mängel begründen können.
    Es kommt also m.E. ganz darauf an , ob man die lediglich erfolgte Verpflichtung materiellrechtlich ausreichen lässt oder nicht.

  • [...] Ausführungen im Palandt zur "fehlerhaften" Vormundschaft nach § 1774 BGB [...]

    Der Hinweis auf §§ 1915 Abs. 1 S. 1, 1774 BGB ist prima.

    Die Literatur ist hierzu aber wohl auch nicht einheitlich, s. z.B. MüKo BGB, 6. Aufl 2012, § 1915 Rn 10, § 1774 Rn 3 m.w.N.:

    "[...]Entsprechend § 1774 S. 1[...]"

    "Nach hM bedarf die Anordnung der Vormundschaft keines förmlichen Beschlusses des FamG; es soll ein Tätigwerden des Gerichts nach außen genügen, das auf der Bejahung eines Vormundschaftsgrunds [...] basiert (zB Einleitung des Auswahlverfahrens nach § 1779). Diese Auffassung entspricht nicht hinreichend rechtsstaatlichen Bedürfnissen. Da durch die Anordnung der Vormundschaft die Rechtsstellung des Fürsorgebedürftigen bereits betroffen ist (vgl. nur § 1846), setzt die Anordnung grundsätzlich einen förmlichen Beschluss voraus. Dieser ist den Beteiligten bekanntzumachen (§ 41 FamFG), und zwar nach Maßgabe der §§ 164, 60 FamFG auch dem Mündel persönlich."

    Das habe ich auch schon immer so gesehen (dass es eines förmlichen Anordnungsbeschlusses bedarf). Aus diesem Grunde habe ich hier hinsichtlich der EDV-Programme auch mächtig Druck gemacht, dass ein solcher Beschluss mit aufgenommen wird, den es hier ursprünglich auch nicht gab, als die Vormundschaften noch beim Vorm-Gericht waren. Dort hatte man damals auch nie einen Beschluss gemacht, sondern lediglich eine Niederschrift, in der nur von der Auwahl des Vormundes die Rede war.
    Im "ForumStar" gibt es nun mittlerweile den Anordnungsbeschluss, mit dem auch der Vormund ausgewählt/bestellt wird.
    Gegen was sollte ein 16-jähriges Mündel auch Beschwerde einreichen, wenn es gar keinen Beschluss mit Auswahl des Vormundes inclusive einer RM-Belehrung gäbe?

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