Nicht auf Rücknahme verzichtet

  • Zur Erfüllung einer Verpflichtung aus einer Gesamtgrundschuld wurden 300.000 € hinterlegt. Der Gläubiger verweigerte damals die Annahme (Annahmeverzug) des Geldes. Als Empfangsberechtigte sind zwei Firmen angegeben (eine mit Sitz in Frankreich...).

    In Abschnitt 5 des Hinterlegungsantrages wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Hinterleger vorerst noch nicht auf das Recht der Rücknahme verzichtet und er auf eine gütliche Einigung hofft. Angeblich wäre bereits Klage eingereicht ( im nachhinein stellt sich heraus, dass keine Klage eingereicht war).

    Drei Monate später teilt der Hinterleger mit, dass die Forderungen, die durch die Hinterlegung gesichert werden sollten, erloschen seien und sie beantragen die Herausgabe des hinterlegten Betrages an den Hinterleger.

    Die Empfangsberechtigen wurden gehört. Die empfangsberechtigten Firmen äußerten sich nicht zu der Hinterlegung. Eine Firma wollte aber eine Abschrift der Klage - die in unserem Verfahren als Anlage zum Hinterlegungsantrag beigefügt war.

    Der Hinterleger-Anwalt beruft sich auf § 376 BGB, wonach der Schuldner die hinterlegte Summe zurückverlangen kann, wenn der Gläubiger keine Annahme erklärt und der Schuldner nicht auf das Recht der Rücknahme verzichtet hat.

    M.E. kann ausgezahlt werden. Was meint Ihr?

  • Durch die HL ohne den Verzicht ist der Hinterleger nicht von seiner Schuld frei geworden. Die Gläubiger können also weiterhin Erfüllung verlangen, so dass m.E. nichts dagegen spricht, den Betrag zurück zu zahlen.

    Ulf

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  • Vielen Dank - der Schuldner ist ja der Hinterleger - und Du meinst, er kann das Geld zurückverlangen, da der Gläubiger (=Empfänger) ja noch kein Recht daran erworben hat.

    Könnte ich eine Herausgabe-Anordnung machen und dann eben die Rechtskraft abwarten?

  • Ich meine, dass die ganze HL nicht den Zweck erfüllt, den sie für den HL haben sollte. Ohne Rücknahmeverzicht kann der Gläubiger trotz erfolgter Hinterlegung jederzeit von dem Hinterleger/Schuldner fordern und ggf. die ZV betreiben.

    Wenn also der Gl. auch wenn das Geld noch hinterlegt ist, sich jederzeit an den Schuldner halten kann, ist er m.E. durch die Rückzahlung nicht tangiert, da seine Rechtsposition - bezogen auf die Forderung gegen den Hinterleger - keine Änderung erfährt.

    Ulf

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  • Sorry, da war ich etwas vorschnell.
    Ich hatte nur daran gedacht, dass bei Sicherheitsleistung auch kein Rücknahmeverzicht erfolgt. Aber da gibt es ja den § 233 BGB.
    Also kann hier in diesem Fall, wenn der Gläubiger der Hinterlegungsstelle die Annahme nicht erklärt hat, ausgezahlt werden.:tschuldig

    That Guy: "We are more like Germany, ambitious and misunderstood!"
    Amy: "Look, everyone wants to be like Germany."

  • Immerhin ist der Hinweis sicherlich nicht unwichtig, dass meine Ausführungen natürlich nur den Fall der Hinterlegung nach § 372 BGB betreffen. In anderen Fällen - insbesondere bei hinterlegten Sicherheitsleistungen - gilt das so natürlich nicht.

    Ulf

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  • Hmm, das kommt dabei raus, wenn man anhört, obwohl das verfahrensrechtlich nicht verlangt wird. :(

    Ich würde den Empfangsberechtigten unter Fristsetzung und gegen ZU/EB um Klarstellung bitten, ob der hinterlegte Betrag nun angenommen wird. Andernfalls wäre an den Einzahler zurück zu zahlen. Dazu noch der Hinweis, dass die Freigabe nur dann erforderlich wäre, wenn unter Rücknahmeverzicht hinterlegt worden wäre oder der Betrag angenommen wurde, was derzeit beides nicht gegeben ist.

    Ulf

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  • Wenn ich den Empfangsberechtigten auch noch darauf hinweise, dass er nur die Annahme erklären muss, damit das Geld hinterlegt bleibt - gebe ich Tipps - worauf der Hinterleger evtl. doch noch Schadensersatzansprüche gegen die Hinterlegungsstelle geltend machen kann ....

    Ich habe jetzt mal eine Stellungnahme des Hinterlegers an den Empfänger gesandt mit dem Hinweis, dass wenn Sie sich nicht innerhalt drei Tagen bei mir melden, ich davon ausgehe, dass einer Rückzahlung nichts mehr im Wege steht. Mal gespannt - ob es klappt ...

  • Bei der Hinterlegung zur Befreiung von einer Verbindlichkeit insbesondere bei Annahmeverzug oder bei Ungewissheit über die Person des Gläubigers (§§ 372ff BGB) ist bei der Herausgabe an den Hinterleger (Schuldner) zu unterscheiden:

    1. Wenn dem Schuldner das Recht zur Rücknahme zusteht, er also nicht darauf verzichtet hat:

    Der Schuldner hat grundsätzlich das Recht, die hinterlegte Sache zurückzunehmen (§ 376 Abs. 1 BGB), d.h., die Hinterlegung zu widerrufen. Einem Herausgabeantrag des Schuldners (Hinterlegers) ist deshalb zu entsprechen, ohne dass es einer Bewilligung des Gläubigers bedarf.

    2. Wenn dem Schuldner (Hinterleger) das Recht zur Rücknahme nicht zusteht, weil er darauf verzichtet hat:

    In diesem Fall kann einem Antrag des Hinterlegers (Schuldners) auf Herausgabe grundsätzlich nicht entsprochen werden.

    Die Rücknahme ist nach § 376 Abs. 2 BGB nämlich ausgeschlossen,

    1. wenn der Hinterleger der Hinterlegungsstelle erklärt, dass er auf das Recht der Rücknahme verzichtet. Diese Erklärung muss nicht zwingend zugleich mit dem Annahmeantrag abgegeben, kann also auch nachträglich erklärt werden. Sie ist unwiderruflich. Eine Rücknahmeverzichtserklärung dem Gläubiger gegenüber reicht jedenfalls nicht aus. Das wäre nur eine schuldrechtliche Verpflichtung, das Rücknahmerecht nicht auszuüben.
    2. wenn der Gläubiger der Hinterlegungsstelle die Annahme erklärt (z.B. auch durch Antrag auf Herausgabe. Bei einer Mehrheit von Gläubigern genügt es, wenn einer die Annahme erklärt.
    3. wenn der HL-Stelle ein zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner ergangenes rk. Urteil vorgelegt wird, das die HL für rechtmäßig erklärt.

    Tritt ein Umstand ein, der die Rücknahme ausschließt, dann scheidet damit der Hinterleger (Schuldner) aus dem Hinterlegungsverfahren aus und er ist nicht mehr Beteiligter am Hinterlegungsverfahren (vgl. RGZ 87, 375, 381).

    Einem Antrag des Schuldners auf Herausgabe kann die HL-Stelle dann grundsätzlich nicht oder nur, wenn entweder der/die Gläubiger die Herausgabe an den Schuldner bewilligen, oder wenn dieser durch ein rk. Urteil nachweist, dass er zum Empfang berechtigt ist, entsprechen. Trotz Verzicht des Schuldners auf Rücknahme und trotz Annahmeerklärung des Gläubigers kann ein solches Urteil ergehen, etwa dann, wenn die Schuld, zu deren Erfüllung der Schuldner hinterlegt hat, nicht besteht, oder wenn die HL nicht rechtmäßig ist, weil es an einem Hinterlegungsgrund gefehlt hat (RG JW 1936, 2406; und ausführlich zu allem Bühlow/Mecke, HO, 2. Aufl., Anh. zu § 13 Rn. 1 ff).

  • Hallo.

    Ein Nachlasspfleger hinterlegt vor Jahren einen Geldbetrag für die unbekannten Erben. Die Erbfolge gestaltet sich schwierig, da Auslandsbezug.
    Ein Teil der Miterben wurde zwischenzeitlich ermittelt, Teilerbschein liegt vor.
    Der Nachlasspfleger hat bei der damaligen Hinterlegung nicht auf das Recht auf Rücknahme verzichtet. Er wurde nun wieder als Teilnachlasspfleger bestellt, damit die Erbauseinandersetzung mit den nunmehr teilweise bekannten Erben vorgenommen werden kann.
    Ich habe nun einen Auszahlungsantrag des Nachlasspflegers vorliegen. Die im vorgelegten Teilerbschein festgestellten Erben sind z.T. nachverstorben. Von den nachverstorbenen Erben liegen mir bislang kein Erbnachweise vor.

    Kann ich allein aufgrund der Tatsache, dass der Nlpf. nicht auf das Recht zur Rücknahme verzichtet hat, an diesen auszahlen?

    Vielen Dank im Voraus.

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