Familiengerichtliche Genehmigung nach schwedischem Recht

  • Ich habe folgenden Fall: Erbengemeinschaft verkauft ein ihr gehörendes Grundstück, eine Miterbin ist eine in Schweden unter Vormundschaft stehende Deutsche. Im KV handelt ein Rechtsanwalt für sie, dessen Erklärungen werden von der schwedischen Vormündin (Bestallungsurkunde mit Wirkungskreis alle Angelegenheiten und Rechtsgeschäfte) genehmigt. Frage: Ist hierfür nach schwedischem Recht eine gerichtliche Genehmigung wie hierzulande erforderlich ?

  • Da sich noch niemand gemeldet hat: Schau doch mal im Staudinger, BGB - Neubearbeitung 2014, Vorbemerkungen zu Art 24 EGBGB: Staatsverträge zu Vormundschaft, Betreuung und Pflegschaft, Autor: Jan von Hein, Rn 12 – 18 und dem dortigen Überblick. Aus der Veröffentlichung unter

    http://www.hcch.net

    soll sich der derzeitige Stand der Staaten ergeben, die dem „Haager Erwachsenenschutzübereinkommen vom 13. 1. 2000 (ErwSÜ)“ beigetreten sind. Unter der Rubrik „Schweden“ (dort sind auch zuständige Behörden genannt) finde ich das Abkommen aber nicht.

    Im Staudinger selbst ist es auch nicht erwähnt (nur Schottland, Deutschland, Frankreich, Schweiz, Finnland, Estland, Tschechischen Republik, Österreich).
    Die Niederlande, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, Polen und Zypern haben das Übereinkommen gezeichnet, aber bisher nicht ratifiziert

    Gilt das Abkommen auch für Schweden, könnte Art. 14 zu beachten sein. S. dazu EGBGB Vorbemerkungen zu Art 24 EGBGB Staatsverträge zu Vormundschaft, Betreuung und Pflegschaft, Autor: Jan von Hein, Staudinger, BGB - Neubearbeitung 2008, Rn 19 – 371 Hervorhebung durch mich):

    „..Erstens gestattet es die Ausweichklausel des Art 13 Abs 2 den Gerichten, vom lex-fori-Prinzip abzugehen, indem sie, wenn der Schutz der Person oder des Vermögens des Betroffenen es erfordert, das Recht eines anderen Staates anwenden oder berücksichtigen dürfen (näher unten Rn 149). Zweitens ordnet Art 14 an, dass bei der Durchführung einer in einem Vertragsstaat getroffenen Schutzmaßnahme in einem anderen Vertragsstaat das Recht des letztgenannten Staates die Bedingungen bestimmt, unter denen sie durchgeführt wird (s unten Rn 154).

    Artikel 14
    Wird eine in einem Vertragsstaat getroffene Maßnahme in einem anderen Vertragsstaat durchgeführt, so bestimmt das Recht dieses anderen Staates die Bedingungen, unter denen sie durchgeführt wird.

    …“ Für die Ausübung der aufgrund einer behördlich angeordneten Schutzmaßnahme entstandenen Vertretungsmacht (zB nach § 1902 BGB) gilt hingegen Art 14 (vgl Bericht Lagarde Nr 93 f), wobei eine nach Art 38 erteilte Bescheinigung zu beachten ist (s unten Rn 329 ff).

    RN 159 Praktische Bedeutung hat Art 14 vor allem für die Frage der Notwendigkeit betreuungsgerichtlicher Genehmigungen (vgl Bericht Lagarde Nr 94; Guttenberger 149 ff). Bedarf der Betreuer zB nach dem Recht des anordnenden Staates für die Veräußerung eines Grundstücks keiner betreuungsgerichtlichen Genehmigung, ist eine solche aber nach dem Recht des Staates der Grundstücksbelegenheit erforderlich, liegt hierin eine “Bedingung“, unter denen die Schutzmaßnahme (die angeordnete Betreuung) durchgeführt wird, sodass gem Art 14 die Genehmigung dem Recht der Grundstücksbelegenheit unterliegt (Bericht Lagarde Nr 94; Guttenberger 149).

    Das wäre dann deutsches Recht.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • So, jetzt habe ich mir das Erwachsenenschutzabkommen noch einmal angeschaut. Hier die aktuelle Liste, s.

    http://www.hcch.net/index_de.php?a…horities&cid=71

    35: Übereinkommen vom 13. Januar 2000 über den internationalen Schutz von Erwachsenen

    Inkrafttreten: 1-I-2009



    Kontaktdetails aller Behörden ausdrucken
    A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z


    Schweden ist also nicht dabei. Falls kein Staatsvertrag existiert dürfte sich dann die Frage, ob eine gerichtliche Genehmigung erforderlich ist, nach schwedischem Recht richten. Dazu führt Jan von Hein im Staudinger, BGB - Neubearbeitung 2014; Art. 24 EGBGB, RN 43 aus (Hervorhebung durch mich):

    "Vertretungsmacht. Das Recht des anordnenden Staates entscheidet darüber, ob eine Vertretung überhaupt zulässig ist und ob staatliche Stellen bei einem Rechtsgeschäft mitwirken bzw es genehmigen müssen (OGH 5. 8. 2009 – 6 Ob 137/09d iFamZ 2009, 380). Im deutschen Recht sind hier die §§ 1793 Abs 1 S 1, 1821, 1822, 1828–1832 sowie für die Betreuung §§ 1902 f, 1908i Abs 1 S 1 BGB iVm den genannten Vorschriften des Vormundschaftsrechts und für die Pflegschaft § 1915 BGB iVm den Vorschriften des Vormundschaftsrechts maßgeblich (Oelkers 246; Kegel/Schurig, IPR 988; MünchKomm/Klinkhardt Rn 25). …“

    Dazu lässt sich vielleicht was in den Google-books oder bei Bergmann-Ferid, Int. Ehe- und Kindschaftsrecht finden....

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Von den neueren Veröffentlichungen könnten diese vielleicht auf Deiner Suche nach schwedischen Genehmigungserfordernissen hilfreich sein (Kurzzitate nach juris):

    a) Andreas Hennig, „Das schwedische Betreuungsrecht“, BtPrax 2000, 194-196

    Der Verfasser behandelt in seinem Beitrag das schwedische Betreuungsrecht und führt einen Rechtsvergleich mit dem deutschen Recht durch. Der Beitrag befasst sich insbesondere mit der Mündigkeit, der Vormundschaft, dem Pfleger und der Betreuung. Der Aufsatz soll dazu dienen, sich durch Vergleich mit einer fremden Rechtsordnung der eigenen Regeln wieder bewusst zu werden und neue Anregungen zu erhalten.

    b) Torstein Frantzen, „Das Erwachsenenschutzrecht in Skandinavien und seine Reform“, BtPrax 2007, 234-238:
    Der Verfasser gibt vorliegend einen rechtsvergleichenden Überblick über die Reformen und Bestrebungen im Bereich des Vormundschaftsrecht und des Rechts der Vorsorgevollmacht in Dänemark, Schweden, Finnland, Norwegen und Island. Nach einer Darstellung der historischen Entwicklung der Gesetzgebung in den skandinavischen Ländern zum Vormundschaftsrecht sowie der Rechtsfolgen einer so genannten zustandsbedingten Geschäftsunfähigkeit geht er im ersten Schwerpunkt auf die zentralen – auch geplanten – Neuerungen des Vormundschaftsrechts in den vorgenannten Ländern und die hierfür ausschlaggebenden Gründe näher ein und erläutert jeweils in Kürze die wesentlichen Regelungen. Im zweiten Beitragsschwerpunkt beschäftigt sich der Verfasser mit den Bestrebungen in Schweden und Norwegen zum Erlass von Regelungen zur Vorsorgevollmacht beziehungsweise mit dem in Finnland insoweit bereits in Kraft getretenem Gesetz. Auch hier werden jeweils im Überblick die wichtigsten Regelungen vorgestellt. Außerdem beleuchtet der Verfasser die Rechtslage zur Vorsorgevollmacht in Dänemark, das weder entsprechende Regelungen vorhält, noch plant.

    c) Unter
    http://www.notisum.se/
    findest Du Links zum:

    Gesetzbuch Internet meistgelesene Buch des Gesetzes und für jedermann frei zugänglich. Enthält aktuelle und ältere schwedische Gesetzgebung und Rechtsprechung
    Zum Gesetzbuch
    Link zum Gesetzbuch

    Oder :
    Rättsnätet ®Rättsnätet ® ist ein Abo-Dienst, der die vollständige rechtliche Informationen von schwedischen und europäischen Rechtsquellen, mit Überwachungsfunktionen enthält.

    Ansonsten s. Rolf Wagner, FamRZ 2013, 1620-1630 :

    Ausländische Entscheidungen, Rechtsgeschäfte und Rechtslagen im Familienrecht aus der Sicht des autonomen deutschen Rechts
    - Eine Neubearbeitung -

    Der Beitrag beinhaltet eine Neubearbeitung des Aufsatzes des Autors in der FamRZ 2006, 744 mit dem Titel "Anerkennung und Wirksamkeit ausländischer familienrechtlicher Rechtsakte im autonomen deutschen Recht". Bereits seinerzeit ist im Ausblick der in der Praxis viel beachteten Abhandlung auf die laufenden Arbeiten am FGG-RG , das als Mantelgesetz ganz überwiegend am 01.09.2009 in Kraft trat, hingewiesen worden. Wichtigster Bestandteil des FGG-RG ist das in dem früheren Beitrag noch nicht berücksichtigte FamFG. Dies wird in der Neubearbeitung nachgeholt. Die damaligen Gedanken werden weiterentwickelt.
    Einleitend wird die praktische Relevanz der Frage hervorgehoben und erläutert, ob aus deutscher Sicht ausländischen gerichtlichen Entscheidungen Bedeutung zukomme und wie mit familienrechtlichen Rechtsgeschäften und Rechtslagen aus dem Ausland in Deutschland zu verfahren sei. Dabei werden u.a. auch die Grundsätze des Günstigkeitsprinzips bei staatsvertraglichen Regelungen angesprochen, dem § 97 FamFG nicht entgegenstehe.

    Dargestellt wird die verfahrensrechtliche Anerkennung und materiell-rechtliche Kontrolle ausländischer familienrechtlicher Rechtsakte. Zur verfahrensrechtlichen Anerkennung werden folgende Themenbereiche näher behandelt: - 1. Anwendbarkeit des § 109 FamFG und Abgrenzung zu § 328 ZPO, 2. Begriff der Entscheidung i.S.v. § 109 FamFG, 3. Anerkennungshindernisse gem. § 109 FamFG, 4. automatische Anerkennung bzw. Anerkennungsverfahren und 5. Wirkungen der verfahrensrechtlichen Anerkennung. Hinsichtlich der materiellrechtlichen Kontrolle wird auf das Verfahren und die Wirkung ausländischer Rechtsgeschäfte und Sachverhalte eingegangen.

    Die Überarbeitung der früheren Abhandlung zeige, dass das Inkrafttreten der §§ 107 ff. FamFG nicht zu einer "Revolution" geführt habe. Für die Rechtspraxis habe das FamFG aber doch maßgebliche Änderungen und Erleichterungen gebracht.

    Ich würde in solchen Fällen allerdings (falls sich aus Bergmann-Ferid oder dem von # 45 zitierten Buch nichts ergibt) wegen des Umstands, dass auch die ausländische Rechtsprechung zu berücksichtigen ist (s. BGH, Urteil vom 14. Januar 2014 - II ZR 192/13

    http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…792&pos=0&anz=1

    und der Haftungsgefahr eine Richtervorlage nach § 5 II RPflG erwägen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    Einmal editiert, zuletzt von Prinz (20. März 2014 um 14:55) aus folgendem Grund: die neuere Abhandlung von Wagner ist in der FamrZ 2013 (s.o.) veröffentlicht + bei juris abrufbar

  • Genau. Und es ist derzeit ein Ersuchen um Auskunft über das schwedische Recht an das schwedische Justizministerium unterwegs.
    Wenn du noch ein bisschen abwartest, dann kann ich dir das Ergebnis mitteilen.
    Unterschied war hier, dass es sich um eine schwedische Staatsangehörige handelt. Mir wurde auch ein Beschluss vorgelegt.

    (Und immer an die Möglichkeit der Richtervorlage denken....!)

  • Vielen Dank für euren zahlreichen Hinweisee, insbesondere von "Prinz"!

    Das Notariat hat zwischenzeitlich unaufgefordert weitere Unterlagen eingereicht, die das Problem zufriedenstellend lösen:

    Zum einen die Genehmigung des "Obervormunds" (Överformyndare) für das vorgenommenen Rechtsgeschäft und die (in deutscher Sprache) Bescheinigung eines schwedischen Notars, dass nach schwedischem Recht für die unter Vormundschaft stehenden Erwachsenen vorgenommenne Rechtsgeschäfte der "Obervormund" eine Genehmigung erteilen muss und dass der die hier vorgelegte Genehmigung von dem namentlich benannten und zuständigem "Obervormund" erklärt wurde.
    Da der schwedische Notar auch derjenige ist, der nach dem "Haager Übereinkommen" eine Apostille erteilen darf und zudem die bescheinigung auf deutsch vorgelegt wurde, ist eine Apostille somit m.E. nicht erforderlich und die notwendigen Voraussetzungen für die Eintragung im Grundbuch sind erfüllt.

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