Ergänzungspflegschaft für Strafverfahren

  • Nachdem ich nun schon eine Weile gesucht habe, muss ich mein Problem wohl doch einstellen.

    Die hiesige Strafrichterin fragt zunächst mündlich an, ob im Strafverfahren ein Ergänzungspfleger zu bestellen ist.
    Zum Fall: Vater und Sohn (16 J) sollen in einem Verfahren gemeinsam angeklagt werden, weil sie gemeinsamen Diebstahl begangen haben. Der Sohn wird durch beide Elternteile vertreten. Die Eltern sind allerdings getrennt und das Kind lebt bei dem Vater.

    1795 passt nicht. Kommt hier 1796 BGB in Frage? Auf Nachfrage teilte mir die Richterin mit, dass die Klage noch zugestellt werden muss und ggf. dem Minderjährigen ein Pflichtverteidiger gestellt werden soll. Die gesetzlichen Vertreter können außerdem ggf. noch Sachanträge (z.B. Vernehmung von weiteren Zeugen) im Verfahren stellen. Das Urteil muss auch jemandem zugestellt werden und ggf. ist ein RM gegen das Urteil möglich.
    M.E. müsste es reichen, wenn 1796 zu bejahen ist, wenn dem Vater die Vertretungsmacht entzogen wird. Dann würde das Kind durch die KM allein vertreten. Eine Interessenkollision betreffend die KM sehe ich da nicht.
    Die Richterin meinte noch, dass ggf. § 67 JGG noch in Frage käme und sie die Eltern von der Vertretung ausschließen könnte. Sie hat dies aber auch noch nie praktiziert.
    Hat jemand ein Idee, wie man den Fall lösen kann? :gruebel:

  • Hhm..ich hatte nur mal den umgedrehten Fall, dass das KInd im Strafverfahren GEGEN den Vater einen Ergänzungspfleger benötigte.
    Warum du hier einen brauchst, frage ich mich- da ja wohl eine vertretungsberechtigte Mutter da ist?
    LG :confused:

  • Erst hatte die STA beantragt, wegen § 52 StPO einen Ergänzungspfleger zu bestellen. Der Antrag wurde aber zurückgenommen, weil das Kind die nötige Verstandesreife hat.
    Da ja beide Eltern das Kind gemeinsam vertreten, müsste auch beiden die Klage zugestellt werden und beide müssten ggf. Anträge stellen auf Zeugenvernehmung. Aber ob das dem Vater passt, da er ja selbst angeklagt werden soll? Sicher nicht. Wenn dem Vater wegen 1796 die Vertretungsmacht entzogen ist, kann die Mutter allein handeln. Wie gesagt, sehe ich wohl eine Interessenkollision zum Vater, zur Mutter jedoch nicht. Ist das überhaupt möglich, nach § 1796 nur einem Elternteil die Vertretungsmacht zu entziehen? In 1629 II S. 3 steht: "Das F-Gericht kann dem Vater und der Mutter nach 1796 die Vertretung entziehen...", also nur beiden gemeinsam?
    Stehe auf dem Schlauch und mir raucht schon der Kopf.:confused:

  • Ich würde mir die Strafakte mal zukommen lassen und dann das Kind anhören.

    Grundsätzlich sehe ich schon die Gefahr einer Interessenkollission, wenn man zwei oder mehr Täter hat und jeder Straftäter vor Gericht seinen Schuldanteil möglichst gering darstellen möchte, was ja nur zu Lasten des oder der jeweils anderen geht.

    Die Mutter kann grundsätzlich vertreten, doch auch hier ist ein Vertretungsausschluss nach § 1796 BGB zu überlegen: Sind Konstellationen denkbar, dass die Mutter mehr zum Vater oder mehr zum Sohn hält? Wohl ja.

    Daher würde ich mir die Strafakte mal anschauen, worum es da geht. Anschließend würde ich das Kind anhören. Mit 16 kann er sich ja wohl recht gut äußern zur Tatsache, wie es um sein Verhältnis zum Vater bestellt ist. Gibt es da wegen dieser Tat(en) Reibereien, würde ich einen Ergänzungspfleger bestellen.

    Ich hatte hier mal den Fall, dass die alleinsorgeberechtigte 32jährige Mutter und deren 15jährige Tochter wegen des Anzettelns einer nächtlichen Discoschlägerei wegen Körperverletzung angeklagt waren. Da war klar ein Ergänzungspfleger erforderlich, weil es eben darum ging, den eigenen Tatbeitrag möglichst kleinzureden. Aufgrunddessen wurde auch ein § 1666er Verfahren angeleiert - aber das nur am Rande.

    Hier ist zwar der Vater der Mittäter und die Mutter ist mitsorgeberechtigt, aber es ist nicht auszuschließen, dass diese mehr zum Lager des Mannes tendiert. Und eine mögliche Interessenskollission rechtfertigt ja bereits Ergänzungspflegschaft.

  • Die Akte an sich hatte ich schon auf dem Tisch. Da die Mutter in einer ganz anderen Stadt wohnt und das Kind beim Vater, denke ich nicht, dass sie sich auf die Seite des Vaters stellen würde.
    Auf den § 67 JGG waren wir ja auch schon gekommen. Die Richterin hat dies nur nie nicht praktiziert.
    Die Frage war ja auch, ob man egal ob 67 Jgg oder 1796 BGB nur einem Elternteil die Teile entziehen und der andere (Mutter) dann allein vertreten kann.
    Einen Interessenkonflikt der Mutter zumn Kind sehe ich eigentlich nach wie vor nicht außer vielleicht einem persönlichen. Sie wird nicht gutheißen, was der Bengel da mit seinem Vater angestellt hat.
    Im Übrigen muss der Vater auch mit seiner Tochter (fast 18) in einer anderen Sache geklaut haben. Die Sache soll aber erst nach Volljährigkeit der Tochter verhandelt werden.

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