Titelumschreibung § 727 ZPO, § 7 UVG

  • Hallo,

    ich habe folgendes Problem:

    Ich habe einen Antrag des Landes, vertreten durch die Unterhaltsvorschusskasse auf Umschreibung eines Unterhaltstitels auf der Grundlage von § 7 UVG vorliegen, der im Rahmen eines Unterhaltsabänderungsverfahrens durch Vergleichsabschluss durch das Kind erlangt wurde.

    Aus der Akte ergibt sich folgender Zeitablauf:
    1.) Anhängigkeit der Abänderungsklage (Abänderung eines bestehenden Unterhaltstitels auf Null) durch den Kindesvater: September 2008
    2.) Rechtshängigkeit der Abänderungsklage: August 2010 (das VKH Bewilligungsverfahren hat sich ewig hingezogen, deswegen der lange Zeitabstand)
    3.) Vergleichsschluss: Oktober 2010

    Das Land will nun den Titel auch für den Zeitraum September 2008 bis Oktober 2010 umgeschrieben haben.

    Grundsätzlich ist es aber ja so, dass die Unterhaltsforderungen bereits mit Leistung an die Mutter auf das Land übergehen, § 7 Abs. 1 UVG. Der Zeitpunkt des Forderungsübergangs muss aber nach Rechtshängigkeit bzw. wenn keine Rechtshängigkeit vorgelegen hat, zum Zeitpunkt der Titelschaffung vorgelegen haben:

    "In beiden Fällen ist jedoch Voraussetzung für den Erfolg des Begehrens, daß die Rechtsnachfolge nach einem bestimmten Zeitpunkt stattgefunden hat. Ist der Vollstreckungstitel im Klageverfahren erstritten, muß der Wechsel der Anspruchsinhaberschaft nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Anspruchs erfolgt sein. Bei Vollstreckungstiteln, etwa den vollstreckbaren Urkunden nach § 794 Absatz I Nr. 5 ZPO, denen keine Rechtshängigkeit vorausgegangen ist, ist maßgebender Zeitpunkt frühestens der ihrer Errichtung (Zöller-Stöber, ZPO, 17. Aufl., § 727 Rdnr. 19; Wolfsteiner, in: MünchKomm-ZPO, § 727 Rdnr. 7; Deppe=Hilgenberg, AK-ZPO, § 727 Rdnr. 10). Gleiches gilt bei einem gerichtlichen Vergleich jedenfalls dann, wenn der in ihm geregelte vollstreckbare Anspruch nicht Gegenstand des Rechtsstreits war, der durch den Vergleich beendet wurde."
    (BGH NJW 1993, 1396 [1397, 1398])

    Was meint ihr: Wenn der Unterhaltstitel wie hier nicht im Klageverfahren auf Zahlung von Unterhalt sondern im Rahmen eines Unterhaltsabänderungsverfahrens vergleichsweise erlangt wurde: Kann ich dann überhaupt auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit (hier: August 2010) abstellen? Diese bezieht sich ja nur auf das Abänderungsbegehren auf Null, nicht auf die Geltendmachung von Unterhalt (Leistungsbegehren). § 325 Abs. 1 ZPO, auf den diese Rechtsprechung gestützt wird, bringt mir insoweit auch keine Erhellung.

    Oder muss ich hier doch den Zeitpunkt der Titelschaffung zu Grunde legen?
    Zu dieser Frage habe ich leider auch in den Kommentaren nichts gefunden. :mad:

    Gruß
    Peter

    P.S.: Anhaltspunkte dafür, dass die Ansprüche von September 2008 bis Oktober 2010) vom Land an die Kindesmutter zur Geltendmachung im gerichtlichen Verfahren abgetreten und dann an das Land rückabgetreten wurden, habe ich derzeit nicht.

  • Woher stammt denn das Zitat oben? Diese Ansicht ist mir jedenfalls völlig neu. :oops:

    Ich habe bisher immer darauf abgestellt, welche Zeiträume tituliert sind und für welche dieser Zeiträume dann der Übergang nachgewiesen wurde. Auf die Rechtshängigkeit usw. habe ich nie geachtet. Und ich verstehe ehrlich gesagt auch nicht ganz den Sinn dieser Einschränkung.

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Im Gegensatz zu Ulf stelle ich immer auf die Rechtshängigkeit ab. Mal gucken, ob ich eine Fundstelle dazu finde.

    Was mich allerdings, wie Freund der Staatskasse, hier stutzig macht, ist, dass es vorliegend um eine Abänderungsklage des Unterhaltsverpflichteten geht. Das heißt, es war doch vorher schon ein Titel vorhanden. Kann nicht auf diesem die Rechtsnachfolgeklausel erteilt werden? Wie ist denn die Titulierung im Vergleich gefasst? Ist der alte Titel komplett durch den Vergleich ersetzt? Und was für eine Art von Titel war das?


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  • Nachtrag:Habe noch was gefunden aus dem Münchner Kommentar (zu § 727 ZPO):

    Zitat

    [FONT=&quot]Hat eine Rechtsnachfolge unerkannt bereits vor der Rechtshängigkeit stattgefunden, so ist das Urteil sachlich falsch; es kann nicht mehr über § 727 korrigiert werden.[/FONT]

    Dort wird Bezug genommen auf [FONT=&quot]"OLG Köln DAVorm. 1989, 100 m. weit. Nachw. AA zur Rechtsnachfolge auf der Gläubigerseite Wieczorek/Schütze/Paulus Rn. 12, zur Rechtsnachfolge auf der Schuldnerseite aber in Rn. 29 wie hier." Evtl findet man da was, ich habe von hier aus nicht die Möglichkeit, diese Fundstellen abzurufen. [/FONT]


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  • Ich halte es aber für besser, ein sachlich falsches Urteil mit der Krücke des § 727 ZPO zu korrigieren, als es falsch in der Welt zu lassen.

    Ulf

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  • Ich werde mich als Rechtspflegerin davor hüten, richterliche Urteile zu korrigieren. ;)


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  • Ich denke, man kann schon ernsthaft drüber nachdenken, § 727 ZPO zumindest analog für diese Fälle anzuwenden. Es ist m.E. allemal besser, es geht der wahre Gläubiger aus dem Vollstreckungstitel hervor, als dass weiterhin ein mit der wirklichen Rechtslage nicht übereinstimmender Titel in der Welt ist - zumal in aller Regel ja sowohl ausgewiesener und wahrer Gläubiger die Korrektur wünschen und dadurch auch für den Schuldner keine Nachteile zu befürchten sind.

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Hallo,

    Zitat

    Woher stammt denn das Zitat oben? Diese Ansicht ist mir jedenfalls völlig neu. :oops:

    Fundstelle ist BGH NJW 1993, 1396 [1397, 1398].

    Im Übrigen denke ich, dass sich die Aufassung unmittelbar aus § 325 Abs. 1 ZPO ergibt, auf den ja in § 727 ZPO verwiesen wird: "Das rechtskräftige Urteil wirkt für und gegen die Parteien und die Personen, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind [..]"

    Deshalb ist es fast einhellige Meinung, dass § 727 ZPO nur für eine Rechtsnachfolge nach Rechtshängigkeit (bzw, soweit eine solche nicht vorliegt, nach Titelschaffung) Anwendung findet (so auch: KG RPfleger 2009, 251; LAG Düsseldorf JurBüro 1999, 273; Zöller-Stöber § 727 ZPO Rn. 19; MünchKomm-Wolfsteiner § 727 ZPO Rn. 7; BeckOK-Ulrici § 727 ZPO Rn. 19; Musielak-Lackmann § 727 ZPO Rn. 2; Prütting/Gehrlein-Kroppenberg § 727 ZPO Rn. 5; Thomas/Putzo-Seiler § 727 ZPO Rn. 11; a.A. aber zumindest nach dem Leitsatz LAG München NJW-RR 1987, 956).

    Aus diesem Grund werden in der Regel die bereits auf das Land übergegangenen Ansprüche an die Kindesmutter zur Geltendmachung im gerichtlichen Verfahren abgetreten und sodann wieder auf das Land rückabgetreten. In diesen Fällen kann deshalb m.E. die Rechtsnachfolge nur auf die Abtretungsurkunde in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Form gestützt werden (§ 727 Abs. 1 ZPO).

    Gruß
    Peter

  • Aus diesem Grund werden in der Regel die bereits auf das Land übergegangenen Ansprüche an die Kindesmutter zur Geltendmachung im gerichtlichen Verfahren abgetreten und sodann wieder auf das Land rückabgetreten. In diesen Fällen kann deshalb m.E. die Rechtsnachfolge nur auf die Abtretungsurkunde in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Form gestützt werden (§ 727 Abs. 1 ZPO).


    Also besteht ja doch grundsätzlich die Möglichkeit, eine RNF-Klausel für die UVK auch für die titulierten Rückstände, welche vor Rechtshängigkeit bestanden, zu erteilen!

    Lediglich die Nachweise sind andere als bzgl. der nach Rechtshängigkeit nach § 7 UVG übergegangenen Unterhaltsrenten.

    Entsprechende Nachweise sind daher m.E. ggf. nachzufordern.

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.


  • Also besteht ja doch grundsätzlich die Möglichkeit, eine RNF-Klausel für die UVK auch für die titulierten Rückstände, welche vor Rechtshängigkeit bestanden, zu erteilen!

    Lediglich die Nachweise sind andere als bzgl. der nach Rechtshängigkeit nach § 7 UVG übergegangenen Unterhaltsrenten.

    Entsprechende Nachweise sind daher m.E. ggf. nachzufordern.

    Ja, aber eben nur dann, wenn vor Rechtshängigkeit der Klage die bereits auf das Land übergegangenen Forderungen zur Geltendmachung im gerichtlichen Verfahren an das Kind (bzw. die Kindesmutter als Prozessstandschafterin) rückabgetreten wurden und die Unterhaltsansprüche danach (oder ggfs. im Wege einer Vorausabtretung) wieder an das Kind rück-rückabgetreten wurden.

    Dafür habe ich hier aber keine Anhaltspunkte und halte es auch für unwahrscheinlich, da wohl keiner mit einem Zeitabstand von fast zwei Jahren zwischen Anhängigkeit der Klage und Rechtshängigkeit gerechnet hat.

    Gruß
    Peter

  • Es mag unwahrscheinlich sein, dennoch würde ich die Nachweise zunächst anfordern. Ob der Antragsteller sie dann erbringen kann, ist seine Sache.

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Bzgl. des Abtretungsnachweises: Hast Du Dir die schon mal vorlegen lassen , (auch in anderen Fällen als in diesem konkreten)? Ich meine mich zu erinnern, dass das immer nur Schreiben waren, die zwar die Kindesmutter unterschrieben hat, es dann aber an der Form scheiterte, weil das Jugendamt insoweit nicht beurkunden kann und natürlich nie eine notarielle Unterschriftsbeglaubigung erfolgte. Oder habe ich etwas vergessen?


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