Antrag auf Vermögensauskunft durch Neugläubiger

  • Hallo,

    ich hatte diese Frage bereits im Zwangsvollstreckungsforum gestellt und jetzt erst gemerkt, dass für die Entscheidung ja das Insolvenzgericht zuständig ist:oops:

    Daher wiederhole ich sie hier noch mal:

    Wie sieht es denn aus, wenn ein Neugläubiger während des eröffneten Insolvenzverfahrens einen Antrag auf Abgabe der Vermögensauskunft stellt? § 89 Inso gilt ja für diesen nicht und somit ist auch das Urteil des BGH v. 24.5.2012, IX ZB 275/10, nicht einschlägig.
    Ist der (Insolvenz)Schuldner zur Abgabe verpflichtet?

  • Das ganze Problem wird so nicht in den Kommentierungen erwähnt. Dort wird pauschal gesagt, die Vermögensauskunft ist unzulässig.

    Ich meine, schon aus der Logik der Sache heraus muss die eV - zumindest eingeschränkt - zulässig sein. Denn wie soll sonst ein Neugläubiger Kenntnis davon erlangen, ob und wenn ja welches insolvenzfreie Vermögen beim Schuldner vorhanden ist ? Insofern muss das zumindest für diesen Bereich möglich sein.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Rein logisch hätte ich auch gesagt, dass es möglich sein muss. Ich habe aber eine AG-Entscheidung vorliegen, die es ablehnt. Begründung dort nur lapidar: § 89 InsO soll das insolvenzbefangene Vermögen vor Gläubigerzugriffen schützen. Ob Insolvenz- oder Neugläubiger wird in dieser Entscheidung gar nicht näher beleuchtet, da dies angeblich nicht relevant sei...:confused:

  • Wenn man sich stur an das Gesetz hält, dann ist gemäß § 89 Abs. 1 InsO die Vermögensauskunft für Neugläubiger zulässig.

    Kannst Du bitte mal das Aktenzeichen der AG-Entscheidung mitteilen.

    Wir hatten hier am ZenVOG das gleiche Problem.

    Ich kenne eine Entscheidung, die auch Neugläubigern die Vollstreckung untersagt: KG, Beschl. v. 6. 7. 2005 -2 AR 85/05

  • Die Entscheidung ist ja auch irgendwie daneben.... Ist doch conchita, ob Insolvenz- oder Neugläubiger. Es gilt, den Schuldner dringend zu schützen... oder so ähnlich. Mannohmann....

  • Wenn man sich stur an das Gesetz hält, dann ist gemäß § 89 Abs. 1 InsO die Vermögensauskunft für Neugläubiger zulässig.

    Kannst Du bitte mal das Aktenzeichen der AG-Entscheidung mitteilen.

    Wir hatten hier am ZenVOG das gleiche Problem.

    Ich kenne eine Entscheidung, die auch Neugläubigern die Vollstreckung untersagt: KG, Beschl. v. 6. 7. 2005 -2 AR 85/05

    Gut, wenn man natürlich den Entscheidungen folgt, die generell auch dei Vollstreckung der Neugläubiger für unzulässig halten, ist dann ja die Abweisung einer Vermögensauskunft nur konsequent. Bloß dann dürfte auch kein (weiteres) Insolvenzverfahren über das insolvenzfreie Vermögen möglich sein. Und genau das läßt der BGH ja zu.

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  • Gut, wenn man natürlich den Entscheidungen folgt, die generell auch dei Vollstreckung der Neugläubiger für unzulässig halten, ist dann ja die Abweisung einer Vermögensauskunft nur konsequent.

    Ich möchte denen aber gar nicht folgen. Weil sie falsch sind. :(


  • Gut, wenn man natürlich den Entscheidungen folgt, die generell auch dei Vollstreckung der Neugläubiger für unzulässig halten, ist dann ja die Abweisung einer Vermögensauskunft nur konsequent.

    Ich möchte denen aber gar nicht folgen. Weil sie falsch sind. :(


    Aber es gibt sie und manche folgen denen halt nur zu gern, weil man sich dann eigene Überlegungen sparen kann.

    "Meine" Entscheidung ist erst vom Mai 2014 und wurde durch eine Richterin am Insolvenzgericht Landshut getroffen.

  • Das steht da selbstverständlich nicht so deutlich drin. Aber letztlich läuft´s doch drauf raus: Der arme Schuldner ist doch schon "in Insolvenz", warum sollen da die doofen Neugläubiger noch vollstrecken dürfen.

  • Weil er vielleicht insolvenzfreies Vermögen hat, beispielsweise durch die Negativerklärung des § 35 II InsO.

    Ja, ja, ich weiß, dürfte ja eigentlich nicht sein, da wenn unter dem Strich was herauskommt, hätte der IV die Negativerklärung nicht abgeben sollen.

    Wenn man es so sieht, dann ist der Antrag 'türlich unzulässig, weil per Definition nichts dasein kann.

    Weil nicht sein kann, was nicht sein darf oder es so ist, weil es so sein muss.:cool:

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ich muss das mal vorbuddeln, da ich einen aktuellen Fall habe und nicht so recht weiterkomme...

    Der Schuldner hat Widerspruch gegen die Eintragungsanordnung eingelegt. Der Gläubiger ist nachweislich Neugläubiger. Der Schuldner wendet sich jetzt gegen die Eintragungsanordnung, weil er in Insolvenz ist und ihn keine Verpflichtung zur Abgabe der Vermögensauskunft treffe und § 89 InsO gelte. Er zitiert auch das KG, dem ich nicht so ganz folgen mag. Wenn es dem Neugläubiger gestattet ist in (insolvenzfreies) Vermögen zu vollstrecken, dann muss er sich ja hierzu auch entsprechende Informationen im Rahmen der Vermögensauskunft holen können. Ich habe hier nur eine Entscheidung des AG Göttingen vom 02.10.2007, 71 IN 227/03, die meiner Auffassung ist.
    Hat jemand noch etwas Aktuelleres bei der Hand?

    Und dann noch mal eine Zuständigkeitsfrage, weil mich § 89 Abs. 3 InsO verunsichert. Für den Widerspruch gegen die Eintragungsanordnung bin ich als Vollstreckungsgericht zuständig? So meine Auffassung. Es wird sich ja gegen die Eintragungsanordnung und nicht gegen die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung gewandt in meinem Verfahren.

  • a) Für den "Normal-Neugläubiger" dürfte das Vollstreckungsverbot des § 89 I InsO während des laufenden Insolvenzverfahrens gleichermaßen gelten, VAK wäre daher unzulässig und Widerspruch gegen die EAO begründet. Anderes gilt wohl für den "Unterhalts-Neugläubiger" und den "Delikts-Neugläubiger".

    IMO: Zusammenschau aus BGH, IX ZB 16/06 mit BGH, IX ZB 275/10


    b) § 89 III InsO meint wohl nur die "klassische" Erinnerung, allerdings war gesetzgeberischer Beweggrund die Sachnähe des IG für diese Spezialzuständigkeit, weshalb es ggf. nicht völlig abwegig erscheint, sie auch beim EAO-Widerspruch anzuwenden; würde ich pers. aber nicht tun.

    Einmal editiert, zuletzt von zsesar (23. August 2017 um 17:28)

  • Danke zsesar. Die BGH-Entscheidungen kannte ich, aber sie geben nichts her für die Neugläubiger. § 89 I ZPO gilt ja zunächst einmal für Insolvenzgläubiger. § 89 II ZPO sagt dann was generelles zum Arbeitseinkommen. Von der Involvenzmasse ist auch grds alles pfändbare erfasst nach §§ 35, 36 Inso. Aber der Schuldner kann ja auch insolvenzfreies Vermögen haben - wenn auch nicht viel, die Menge/Höhe ist aber irrelevant (der Otto-Normal-Schuldner ist ja auch nicht unbedingt doll betucht). Und ein Neugläubiger kann in das insolvenzfreie Vermögen vollstrecken. Hierzu muss er sich ja, wie gesagt, auch Infos holen können über die Vermögensauskunft. Ob es gewollt ist, dass ein Insolvenzverfahren quasi die komplette ZV gegen den Schuldner lahm legt, vermag ich zu bezweifeln. Dann hätte es einer Einteilung der Gläubiger im Insolvenzverfahren und Regelungen zur Insolvenzmasse nicht bedurft. :gruebel:
    Aber wahrscheinlich kann man es so oder so mit guten Argumenten sehen. Deswegen hier meine Nachfrage nach neueren Entscheidungen zur Problematik.

    Das mit § 89 III InsO sehe ich übrigens auch so. Soll dann ggf. das Rechtsmittelgericht sagen, ich sei nicht zuständig. :strecker

  • (...) Die BGH-Entscheidungen kannte ich, aber sie geben nichts her für die Neugläubiger. (...) Denke, doch.
    Und ein Neugläubiger kann in das insolvenzfreie Vermögen vollstrecken. (...) Meine, grundsätzlich nein, nur die beiden oben erwähnten.

    s.o.

  • (...) Die BGH-Entscheidungen kannte ich, aber sie geben nichts her für die Neugläubiger. (...) Denke, doch.
    Und ein Neugläubiger kann in das insolvenzfreie Vermögen vollstrecken. (...) Meine, grundsätzlich nein, nur die beiden oben erwähnten.

    s.o.

    Neugläubiger haben Zugriff auf das insolvenzfreie Vermögen, auch wenn hier i. d. R. nur aus der Masse freigegebene Gegenstände in Betracht kommen. Das Vollstreckungsverbot gilt insofern nicht (vgl. Kayser/Thole, Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 8. Aufl. 2016, § 89 Vollstreckungsverbot, Rn. 14). Eigentlich dürften sie doch dann auch die Vermögensauskunft abnehmen lassen. Problematisch ist dann doch allenfalls, ob sich die Vermögensauskunft auf das insolvenzfreie Vermögen beschränken muss oder ob sie vollständig abzugeben ist unter Hinweis, dass dieses und jenes der Insolvenz unterliegt. Der Gläubiger kann da allerdings auch selbst schauen.

  • Mit dem 89 werde ich wohl einfach nicht warm, ich sollte mich dazu besser eigenen postings enthalten, hihi.

    Könnte dann die VAK ggf. recht kurz aussehen: "Insolvenzfreies Vermögen ist nicht vorhanden; die Richtigkeit dieser Angabe versichere ich an Eides statt."

  • Mit dem 89 werde ich wohl einfach nicht warm, ich sollte mich dazu besser eigenen postings enthalten, hihi.

    Könnte dann die VAK ggf. recht kurz aussehen: "Insolvenzfreies Vermögen ist nicht vorhanden; die Richtigkeit dieser Angabe versichere ich an Eides statt."

    Ich weiß, was du mit dem § 89 Inso meinst. Er ist an der Stelle gerade echt nicht schön. Deswegen suche ich ja nach Denkansätzen. Ich tendiere zwar nach wie vor dazu, dass die ZV zulässig sein muss (wenn auch die VAK natürlich "lustig" aussehen dürfte - du beschreibst das schon ganz schön), aber ich lasse mich gerne auch von etwas anderem überzeugen. Wie gesagt, man wird da wohl in alle Richtigungen argumentieren können... Soll es eben dann das Beschwerdegericht entscheiden (das es sich manchmal richtig einfach macht und die Entscheidung dann leider auch nicht zufriedendstellend ist...)

  • Mit dem 89 werde ich wohl einfach nicht warm, ich sollte mich dazu besser eigenen postings enthalten, hihi. (...)

    Ich weiß, was du mit dem § 89 Inso meinst. Er ist an der Stelle gerade echt nicht schön. (...)

    Danke für dein Verständnis, das ist lieb. :)

    Wie signifikant hat sich denn der Gläubiger zum Schuldner-Widerspruch eingelassen ?
    Lass' mich raten: gar nicht. :D

  • Stellt Euch mal vor, der Schuldner hat ein Gewerbe. Das wird vom InsoVerwalter freigegeben. Ihr bestellt beim Schuldner etwas und der sackt Eure Kohle ein, liefert aber nicht. Ihr beantragt einen Vollstreckungsbescheid und übergebt diesen dem GVZ. Der soll mal losgehen, und im Geschäft was pfänden. Und dann sagt der Euch, nee ist nicht, § 89 InsO, Ihr dürft nicht vollstrecken. Ihr seid Neugläubiger. Ihr dürft weder was aus dem freigegeben Geschäft pfänden, noch dürft Ihr überhaupt wissen, was der in seinem Geschäft so alles hat. Kann das richtig sein?

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

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