Vor- und Nacherbfolge - Eintragung NE-Vermerk

  • Hallo,
    ich hab mal ein Problemchen zur Vor-/Nacherbfolge:

    E hinterlässt drei Kinder (Tochter A, Söhne B und C), ernennt im notariellen Testament ihre Tochter A zur nicht befreiten Vorerbin.
    Die Söhne B und C sind Nacherben, ersatzweise deren jeweilige Stämme (ohne Namensnennung der Abkömmlinge).
    Nacherbfall mit Tod der Tochter A.
    Für den Vorerbfall wird außerdem Testamentsvollstreckung angeordnet und als Testamentsvollstrecker Sohn B eingesetzt.
    Alles in meinen Augen ganz schlüssig erläutert.
    Nun stellte B unter Vorlage des Testaments und des TV-Zeugnisses je in Kopie den Antrag auf Berichtigung und Eintragung des TV-Vermerks.

    Da das NaGericht mit im Hause ist, habe ich mir die Na-Akte zu meinem Fall gezogen und mal einen Blick reingeworfen, ob denn auch alle Nacherben noch leben, da sich der TV dazu nicht im Antrag äußerte (immerhin war das Testament schon 1999 errichtet worden – eröffnet wurde es 2013 nach dem Tod der EL) und da fällt meinem müden Auge doch glatt eine Ausschlagung der Nacherbschaft durch den Sohn C ins Auge…(zur Erinnerung bzw. zur Verdeutlichung: Vorerbin A lebt noch).

    Diese Ausschlagung hat C Anfang August beim hiesigen Nachlassgericht erklärt und mitgeteilt, dass er zwei Söhne hat, die als Ersatznacherben in Frage kommen dürften. Diese wurden nun vom Nachlassgericht nunmehr angeschrieben, über den Anfall des Nacherbschaftsanwartsrechts und die Möglichkeit der Ausschlagung informiert.

    Nun meine Frage(n):
    Interessiert mich als Grundbuchrechtspfleger für die Eintragung des Nacherbvermerks das überhaupt?
    Nehmen wir mal an, ich krieg den Antrag auf Berichtigung und die Nachlassakte wird bei einem anderen Gericht geführt, dann hätte ich ja nicht reingucken können und womöglich einfach aufgrund des notariellen Testaments die Vorerbin A, den Nacherbenvermerk mit B und C und den TV-Vermerk für die Vorerbschaft eingetragen.
    Trage ich, obwohl ich durch Akteneinsicht weiß, dass der eine Nacherbe C ausgeschlagen hat, trotzdem alles aufgrund des Testaments ein? An sich hab ich als GB-Rechtspfleger andererseits ja eh nicht zu prüfen, ob die Ausschlagung wirksam ist…die Prüfung würde ja durch das Nachlassgericht im Erbscheinsverfahren erfolgen.

    Oder verlange ich in solchen Fällen immer einen Erbschein?

    Ich komm hier irgendwie gerade nicht ganz weiter und befürchte gar, dass ich mich ein wenig verrannt haben könnte. Hoffentlich kann mir jemand von euch „alten Hasen“ helfen.

    Vielen Dank im Voraus
    Efeu

    "Setz Dich, nimm dir 'n Keks, mach es Dir schön bequem ... Du Arsch!"

    Das Leben des Brian

  • Normalerweise darf eine solche "Unkenntnis" des Grundbuchamts gar nicht vorkommen, weil die Ausschlagung des Nacherbschaft schon Bestandteil der Mitteilung nach § 83 GBO hätte sein müssen bzw. die bereits erfolgte Mitteilung durch eine Nachtragsmitteilung zu ergänzen gewesen wäre. Zwar kann es vorkommen, dass das Nachlassgericht erst durch eine spätere Einreichung des Nachlassverzeichnisses vom vorhandenen Grundbesitz erfährt, so dass sich die Mitteilung an das Grundbuchamt verzögert. Aber wenn es sich um Nachlassgericht und Grundbuchamt desselben Amtsgerichts handelt, muss das Nachlassgericht schon von Anfang an mittels Grundbuchabruf vom Grundbesitz Kenntnis haben.

    Ein gutes Beispiel dafür, dass man meinem wiederholten Rat folgen sollte, vor Grundbuchberichtigung aufgrund eines Testaments stets die Nachlassakten - gleich welchen Nachlassgerichts - beizuziehen. Dies auch, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Antragsteller nur das vorlegt, was für ihn günstig ist und dass das vorgelegte Testament durch eine spätere und gesondert eröffnete letztwillige Verfügung widerrufen wurde (in diesem Fall gibt auch das Eröffnungsprotokoll keinen Aufschluss über den "Schwindel").

    Zur Sache selbst:

    Die Ausschlagung der Nacherbschaft war in jedem Falle rechtzeitig, weil die Ausschlagungsfrist erst mit Eintritt des Nacherbfalls beginnt. Die Ausschlagung konnte allerdings schon vor dem Eintritt des Nacherbfalls erfolgen (§ 2142 Abs. 1 BGB).

    Der Grund für die Ausschlagung dürfte darin zu sehen sein, dass der Ausschlagende seinen Pflichtteil geltend machen will und dass er dies nur kann, wenn er die Nacherbschaft ausschlägt (§ 2306 Abs. 2 BGB). In diesem Fall ist es aber zweifelhaft, ob die Abkömmlinge des Ausschlagenden nach dem Willen des Erblassers zu Ersatznacherben berufen sein sollen, weil dann der Stamm doppelt profitiert. Dies gilt nicht nur dann, wenn sich die Ersatznacherbfolge aus der Auslegungsregel des § 2069 BGB, sondern auch, wenn die Abkömmlinge des Nacherben ausdrücklich zu Ersatznacherben eingesetzt wurden (OLG München Rpfleger 2007, 26 = FamRZ 2007, 767).

    Die letztgenannte Frage kann nach meiner Ansicht nicht vom Grundbuchamt, sondern nur vom Nachlassgericht in einem Erbscheinsverfahren geklärt werden. Denn es ist weder bekannt, ob der Pflichtteil geltend gemacht wurde, noch lässt sich mit Sicherheit beurteilen, ob die ausdrückliche Ersatznacherbeneinsetzung in diesem Fall nach dem hypothetischen Erblasserwillen entfallen soll.

    Sicher ist eines: Man kann für die Eintragung des Nacherbenvermerks nicht nach dem Inhalt des Testaments verfahren, wenn man von Umständen Kenntnis hat, die diesem Inhalt zuwiderlaufen.

    Das erbrechtliche Ergebnis wird wahrscheinlich Folgendes sein: A ist nicht befreite Vorerbin, B ist alleiniger Nacherbe und Ersatznacherben sind seine Abkömmlinge zu gleichen Stammanteilen nach der gesetzlichen Erbfolge. Außerdem ist TV für den gesamten Nachlass angeordnet.

  • Hallo Cromwell,

    vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Ich hatte auch Bauchschmerzen, quasi sehenden Auges eine Unrichtigkeit einzutragen.
    Du bist also ebenfalls der Meinung, dass eine Eintragung des Vorerbfalls nur aufgrund Erbscheins erfolgen kann?

    Der Ausschlagungsgrund ist übrigens genau der von dir dargelegte, soweit ich das aus der Nachlassakte ersehen konnte.

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    Das Leben des Brian

    Einmal editiert, zuletzt von Efeu1984 (27. August 2014 um 16:11) aus folgendem Grund: Nachtrag

  • Ich würde einen Erbschein verlangen. Hoffentlich wird im Eifer des Gefechts um die Ersatznacherbfolgefrage dann nicht der TV-Vermerk vergessen.

    In einem Bundesland mit amtlicher Erbenermittlung würde sich das Nachlassgericht übrigens anlässlich der Ausschlagung der Nacherbschaft zu den hierdurch entstehenden Folgefragen äußern bzw. würde es die Beteiligten auffordern, sich hierzu zu äußern. Ich habe in solchen Fällen zudem immer darauf hingewiesen, dass die Grundbuchberichtigung nunmehr wohl nicht mehr ohne Erbschein möglich ist.

  • Ich hänge meine Frage zum Thema Vor- und Nacherbfolge hier mal an:

    Mir liegt ein Erbschein vor, wonach B nicht befreiter Vorerbe von A ist. Weiter heißt es: "Nacherbfolge ist angeordnet. Sie tritt ein beim Tode des Vorerben. Nacherbe ist eine noch zu gründende XY-Stiftung" :gruebel:

    Die Grundbuchberichtigung nebst Eintragung des Nacherbenvermerks nehme ich aufgrund des mir vorliegenden Erbscheins vor. Da der Vorerbe künftig zu jedweder Verfügung über den Grundbesitz die Zustimmung der Nacherbin benötigt, frage ich mich natürlich bereits jetzt, welcher Nachweis über die Nacherbenstellung dann notwendig ist. Gründungsurkunde?? Nachweis der örtl. Aufsichtsbehörde?

  • Ich bringe auch noch einen Klassiker für die Patchworkfamilie in einem notariellen Testament:

    "Wir die Eheleute setzen uns gegenseitig zu Alleinerben sein;
    wenn ich, der Ehemann vorversterbe soll meine Ehefrau wegen meines
    Grundstücks
    nicht befreite Vorerbin sein, Nacherbe soll mein Sohn sein;
    wenn ich, die Ehefrau vorversterbe soll mein Ehemann wegen meiner Eigentumswohnung nicht befreiter Vorerbe sein, Nacherbin soll meine Tochter sein"

    Ein Erbschein wird wohl erforderlich sein, wwie wie muss das Testament ausgelegt werden?


  • Ich bringe auch noch einen Klassiker für die Patchworkfamilie in einem notariellen Testament:

    "Wir die Eheleute setzen uns gegenseitig zu Alleinerben sein;
    wenn ich, der Ehemann vorversterbe soll meine Ehefrau wegen meines
    Grundstücks
    nicht befreite Vorerbin sein, Nacherbe soll mein Sohn sein;
    wenn ich, die Ehefrau vorversterbe soll mein Ehemann wegen meiner Eigentumswohnung nicht befreiter Vorerbe sein, Nacherbin soll meine Tochter sein"

    Ein Erbschein wird wohl erforderlich sein, wwie wie muss das Testament ausgelegt werden?

    Ich gehe davon aus, dass der letzte kursive Satz nicht im Testament steht, sondern Deine Frage darstellt.:D

    In der Sache führt die Lösung über § 2110 Abs. 2 BGB. Alle sonstigen Nachlassgegenstände sind dem alleinigen Vorerben vorausvermächtnisweise zugewandt (wodurch er insoweit Vollerbe wird), so dass sich die Nacherbfolge im Ergebnis auf den Grundbesitz beschränkt.

    Dazu ist im Forum aber schon ausreichend geschrieben worden.

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1058574

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post981489

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1076105

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1070751

    Zuletzt auch: Bestelmeyer Rpfleger 2016, 694, 702 f.

  • Dank an Cromwell

    Also hätte das Testament so lauten sollen:

    " Ich berufe meine Ehefrau zu meiner alleinigen Erbin; vorweg soll sie aus meinem Nachlass alle Vermögenswerte erhalten mit Ausnahme meines im Grundbuch von .... eingetragen Grundstücks.
    Ich ordne Nacherbfolge an. Nacherbe mit dem Tode der Vorerbin ist mein Sohn ....

    Ich ordne Testemntsvollstreckung an und bestimme ....... ABC zum Testamentsvollstrecker. Seine Aufgabe ist die Erfüllung des Vorausvermächtnisses"

    So wäre es für mich klar, dass kein Erbschein benötigt wird.

  • "Ich setze meine Ehefrau Altfriede Alt geb. Jung, vorgenannt, auf deren Lebenszeit zu meiner alleinigen Vorerbin ein. Von den in § 2136 BGB genannten Beschränkungen und Verpflichtungen ist sie befreit.
    Zugleich erhält meine Ehefrau Altfriede Alt geb. Jung, vorgenannt, im Wege des nicht der Nacherbfolge unterliegenden Vorausvermächtnisses (§ 2110 Abs.2 BGB) meine sämtlichen Nachlaßgegenstände, ohne Rücksicht auf Veränderungen im Bestand meines Vermögens bis zum Erbfall, mit Ausnahme [z.B.: sämtlicher Grundstücke und grundstücksgleicher Rechte]."

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Im vorliegenden Fall ist die Vorerbin allerdings nicht befreit.

    Einer Testamentsvollstreckung zur Erfüllung der Vorausvermächtniss bedarf es natürlich nicht, weil das Vorausvermächtnis beim alleinigen Vorerben unmittelbar dinglich wirkt (bezüglich der Vermächtnisgegenstände Vollerbe statt Vorerbe).

    Überflüssig zu sagen, dass der beurkundende Notar offenbar sein Handwerk nur unzureichend versteht. Ist es wirklich zu viel verlangt, sich rechtlich zutreffend und exakt auszudrücken, zumal der Auslegungsstreit bei solchen Testamenten nicht zu verachten ist?

    Auch zur etwaigen Schlusserbeneinsetzung für den nacherbschaftsfreien Nachlass schweigt das Testament. Soll der jeweilige Nacherbe gleichzeitig auch Schlusserbe sein oder soll der nacherbschaftsfreie Nachlass nicht der Bindung unterliegen.

    Murks soweit das Auge reicht.

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