Reisekosten erstattungsfähig?

  • KV von weit weg will Klage am 31.12. wegen Fristablaufs per Fax einreichen. Da er aber nicht der einzige ist, kommt er mit seinem Fax nicht durch (ständig besetzt). Nachdem er es mehrere Stunden versucht hat, macht er sich auf den Weg, um die Klage persönlich bei Gericht einzureichen. Sind diese RK erstattungsfähig? Ich würde sagen: ja. Die Gegenseite bestreitet dies.

  • Lief die Frist tatsächlich am 31.12. ab?
    Sofern glaubhaft gemacht hätte ich da keine haltbaren Bedenken. Der KV wollte sich eines zulässigen Übermittlungsweges bedienen, der sich als nicht gängig erwies. Gab es danach eine kostengünstigere Alternative, als die in Reaktion darauf von ihm gewählte?

    Einmal editiert, zuletzt von Little Steven (10. September 2014 um 11:32)

  • Ich würde es von den Gesamtumständen abhängig machen. Hätte u.U. die Klage schon am 30.12. eingereicht werden können ?

  • Ich würde es von den Gesamtumständen abhängig machen. Hätte u.U. die Klage schon am 30.12. eingereicht werden können ?

    Das kann keine Rolle spielen, Fristen dürfen bis zum letzten Tag (nicht letzte Minute) ausgeschöpt werden.

    zu #1. Aufstellung, wann konkret, mit Uhrzeit versucht wurde, Sendeprotokolle über Versuche liegen vor, gibt es andere Fax.Nr, auf der inet-Seite des Gerichts ersichtlich, wo man hätte versuchen können/ hat versucht, wie groß sind die RK?

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Die Frist wäre am 31.12. abgelaufen, der RA hat die Sendeprotokolle beigefügt, aus denen sich die Fehlversuche ergeben. Da ich die Akte momentan nicht habe, kann ich die Entfernung nicht angeben, es war aber eine etwas größere (mehrere 100 km).

  • Wenn es für die Einreichung der Klage auf den Ablauf des Jahres ankommt, müssen schon sehr starke besondere Umstände vorliegen, damit man die Rk des Anwaltes zum Briefkasten des Gerichts dem Unterlegenen im Sinne notwendiger Kosten auferlegt. Ich würde diesen Posten eher ablehnen. Das muss dann ggf. der Kläger selbst tragen, wenn er die kurze Frist selbst verschuldet hat.

  • Muss ein RA damit rechnen, am 31.12. aufgrund der Überlastung der Faxgeräte des Gericht nicht in der Lage zu sein, eine Klage per Fax einzureichen? Nur wenn er davon ausgehen muss, würde ich die RK ablehnen.

  • Der 3. ZS des BGH hat mit Beschluß v. 20.12.2007 - III ZB 73/07 (JurBüro 2009, 168) entschieden, daß einem Prozessbevollmächtigten nicht entgegengehalten werden, dass er mit der Faxübermittlung bis 9 Minuten vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist zugewartet hat, denn Fristen können voll ausgenutzt werden (mit Verweis auf BVerfGE 69, 381, 385). Mit der ordnungsgemäßen Nutzung eines funktionsfähigen Sendegeräts und der korrekten Eingabe der Empfängernummer ist das Erforderliche zur Fristwahrung getan, wenn so rechtzeitig mit der Faxübermittlung begonnen wird, dass unter normalen Umständen mit ihrem Abschluss bis 24.00 Uhr zu rechnen ist. Wird die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze durch Telefax durch ein Gericht eröffnet, dürfen die aus den technischen Gegebenheiten dieses Kommunikationsmittels herrührenden besonderen Risiken nicht auf die Nutzer dieses Mediums abgewälzt werden. Das gilt im Besonderen für Störungen des Empfangsgeräts im Gericht. Denn in diesem Fall liegt die entscheidende Ursache für die Fristversäumung in der Sphäre des Gerichts (BGH, Beschlüsse vom 08.04.2014 - VI ZB 1/13; vom 11.01.2011 - VIII ZB 44/10; vom 06.04.2011 - XII ZB 701/10).

    Auf der anderen Seite hat der 8. ZS des BGH mit Beschluß v. 11.01.2011 - VIII ZB 44/10 (JurBüro 2011, 223) klargestellt, daß bei der Faxübermittlung eines fristwahrenden Schriftsatzes dem Absender angezeigte Störungen des Übermittlungsvorgangs nicht vorschnell dem Empfangsgerät des Gerichts zugeschrieben werden dürfen. Vielmehr ist der Absender gehalten, den ihm erkennbar gewordenen Übermittlungsfehler bis zum Fristablauf zu beheben und zumindest weitere Übermittlungsversuche zu unternehmen, um auszuschließen, dass die Übermittlungsschwierigkeiten in seinem Bereich liegen. Bloße Zweifel an der Funktionstüchtigkeit des Empfangsgeräts des Gerichts können ihn insoweit nicht i. S. v. § 233 ZPO entlasten. Dies würde insbesondere dann gelten, wenn der Absender nicht sicher sein kann, ob die Übermittlungsschwierigkeiten darauf beruhen, dass das Empfangsgerät durch andere eingehende Sendungen belegt ist. Den Prozessbevollmächtigten trifft daher ein Verschulden, wenn er den Übermittlungsvorgang nicht rechtzeitig beginnt oder seine Übermittlungsversuche vorschnell aufgibt, weil er die für ihn nicht aufklärbare Ursache der Übermittlungsschwierigkeiten dem Empfangsgericht zuschreibt.

    Ich würde daher aufgrund des Vorgenannten die Notwendigkeit dieser Kosten grds. erst einmal nicht aufgrund des Ausnutzens der Frist oder des Jahresablaufes verneinen. Der Einzelfall gehört aber insofern noch genauer beleuchtet, inwieweit dem RA zuzumuten war, noch weitere Anwahlversuche zu starten, bis er sich auf den direkten Weg zum Gericht machen mußte, um noch rechtzeitig den Schriftsatz bei Gericht einzureichen. Und hier gilt wieder: Je weiter die Entfernung, um so größer dürfte ein entsprechend zu bemessender Zeitpuffer angebracht sein.

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
    L E O N A R D O | D A | V I N C I

  • zu Beitrag 8:

    Damit muss man nicht rechnen, insbesondere wenn am Gericht mehrere Faxgeräte existieren.

    Die (theoretische) Frage ist hier wohl eher, wieviel vergebliche Versuche über welchen Zeitraum man verlangt. Reicht es aus, dass der RA es "nur" eine halbe Stunde vergeblich versucht hat, das Fax zu versenden oder müssen dies zwei Stunden gewesen sein, er die aus kostenmäßiger Sicht zum Nachbriefkasten des weit entfernten Gerichtes fahren darf.

    Ein anderer Punkt wäre natürlich auch, inwieweit die Kosten nicht ggf. als Schadensersatz (Kosten der Rechtsverfolgung) im Rahmen einer Klageerweiterung im Zivilverfahren hätten geltend gemacht werden müssen? :gruebel:

  • Danke Bolleff. Der RA hat eine ganze Reihe von Versuchen unternommen bevor er losgefahren ist. Er musste recht früh los, weil die Entfernung groß war (mehrere hundert Kilometer). Ich tendiere zur Festsetzung.

  • Danke Bolleff. Der RA hat eine ganze Reihe von Versuchen unternommen bevor er losgefahren ist. Er musste recht früh los, weil die Entfernung groß war (mehrere hundert Kilometer). Ich tendiere zur Festsetzung.

    Das liegt ggf. auch an dem Tag, an dem die Klagefrist endete. Auf eine verfristete Klage mit Wiedereinsetzungsantrag als kostengünstigeres Mittel wird man den Kläger wohl kaum verweisen können. Eine Begrenzung der tatsächlichen Reisekosten kann dann noch über § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO erfolgen oder unter Hinweis auf einen ggf. günstigere Kurierzustellung, sofern diese möglich war.

  • An die Wiedereinsetzung als kostengünstigere Alternative dachte ich auch kurz, würde aber bei hohen Streitwerten lieber den sicheren (und ggf. langen) Weg gehen (fahren). Es wird hier wohl auch nicht gerade um 500 € Streitwert gehen.

    Wäre eigentlich möglich, die Klage an einen Kollegen vor Ort zu faxen, welcher das Fax dann zum Gericht bringt bzw. in den Nachtbriefkasten wirft?

  • An die Wiedereinsetzung als kostengünstigere Alternative dachte ich auch kurz, würde aber bei hohen Streitwerten lieber den sicheren (und ggf. langen) Weg gehen (fahren). Es wird hier wohl auch nicht gerade um 500 € Streitwert gehen.

    Wäre eigentlich möglich, die Klage an einen Kollegen vor Ort zu faxen, welcher das Fax dann zum Gericht bringt bzw. in den Nachtbriefkasten wirft?


    Hinsichtlich der Formvorschriften dürfte dem nichts entgegenstehen.

    Wieviele Rechtsanwälte man allerdings zu Silvester in ihrer Kanzlei erreicht, ist die andere Frage. ;)

  • Wäre eigentlich möglich, die Klage an einen Kollegen vor Ort zu faxen, welcher das Fax dann zum Gericht bringt bzw. in den Nachtbriefkasten wirft?


    Rein theoretisch: Wäre die Frist damit denn gewahrt? Ich ging bisher davon aus, daß die Rechtsprechung bezüglich des gefaxten Schriftsatzes immer auf das Faxgerät bei Gericht abstellt. Muß das (ausgedruckte) Fax nicht auf dem Gerichtsgerät empfangen werden?

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
    L E O N A R D O | D A | V I N C I

  • Wäre eigentlich möglich, die Klage an einen Kollegen vor Ort zu faxen, welcher das Fax dann zum Gericht bringt bzw. in den Nachtbriefkasten wirft?


    Rein theoretisch: Wäre die Frist damit denn gewahrt? Ich ging bisher davon aus, daß die Rechtsprechung bezüglich des gefaxten Schriftsatzes immer auf das Faxgerät bei Gericht abstellt. Muß das (ausgedruckte) Fax nicht auf dem Gerichtsgerät empfangen werden?

    In der Frage ging es doch nicht mehr um Fax, sondern um (rechtzeitigen) Einwurf in den Nachtbriefkasten, nachdem der RA-Kollege das Fax erhalten, ausgedruckt und überbracht hatte. ;) Bloßer Eingang des Faxes beim RA-Kollegen reicht natürlich nicht, das andere schon.

    Aber im Ausgangsfall halte ich den Kurier schon für eine mögliche Alternativlösung. M.E. sollte also vorgetragen werden, warum Kurier nicht ging (Z.B. Kurier in der Zielstadt, dem der Schriftsatz vorher zugefaxt wurde?).

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Wäre eigentlich möglich, die Klage an einen Kollegen vor Ort zu faxen, welcher das Fax dann zum Gericht bringt bzw. in den Nachtbriefkasten wirft?


    Rein theoretisch: Wäre die Frist damit denn gewahrt? Ich ging bisher davon aus, daß die Rechtsprechung bezüglich des gefaxten Schriftsatzes immer auf das Faxgerät bei Gericht abstellt. Muß das (ausgedruckte) Fax nicht auf dem Gerichtsgerät empfangen werden?

    In der Frage ging es doch nicht mehr um Fax, sondern um (rechtzeitigen) Einwurf in den Nachtbriefkasten, nachdem der RA-Kollege das Fax erhalten, ausgedruckt und überbracht hatte. ;) Bloßer Eingang des Faxes beim RA-Kollegen reicht natürlich nicht, das andere schon.

    Aber im Ausgangsfall halte ich den Kurier schon für eine mögliche Alternativlösung. M.E. sollte also vorgetragen werden, warum Kurier nicht ging (Z.B. Kurier in der Zielstadt, dem der Schriftsatz vorher zugefaxt wurde?).

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Nur mal so: Wenn der RA den Schriftsatz an den Kollegen oder eine Kurier faxt und der den dann ausdruckt, kann der Schriftsatz ja nicht mit Originalunterschrift eingeworfen werden, sondern nur als Kopie - das dürfte nicht zielführend zur Fristwahrung sein...

    Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers. (Oscar Wilde)

  • Da ist was dran... muss ich nochmal drüber nachdenken.

    zumindest bei RA-Kollegen könnte man seit dem OLG-VertretungsänderungsG das Problem natürlich durch nicht-unterzeichnetes Fax samt Untervollmacht umgehen: RA-Kollege empfängt Fax, druckt aus, unterzeichnet, wirft ein. Wirft aber natürlich Folgeprobleme auf (Haftung für Fehler im Schriftsatz? ...).

    Dann wohl doch besser Kurier ab Kanzlei des RA. Früher gab es mal den IC-Kurier (Brief wurde gegen ziemlich viel Geld dem Lokführer des nächsten IC der passenden Bahnlinie übergeben und musste dann am Bahnhof abgeholt werden. War sehr schnell. Gibt es den eigentlich noch?)

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Dann wohl doch besser Kurier ab Kanzlei des RA. Früher gab es mal den IC-Kurier (Brief wurde gegen ziemlich viel Geld dem Lokführer des nächsten IC der passenden Bahnlinie übergeben und musste dann am Bahnhof abgeholt werden. War sehr schnell. Gibt es den eigentlich noch?)

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Keine Ahnung, obs den noch gibt. Ich kann nur aus eigener Erfahrung (bzw. Fast-Erfahrung - ich habe dann dankend abgelehnt) berichten, was für horrende Summen ein Kurier kostet, der jenseits von Overnight - denn damit wäre die Frist ja auch nicht gewahrt worden - einen Schriftsatz direkt in den Fristenkasten geworfen hätte; die dafür zu zahlenden mehreren hundert (!) Euronen wären höchstwahrscheinlich nicht oder nur unwesentlich günstiger gekommen als die Fahrt des RA...

    Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers. (Oscar Wilde)

  • Ich kann nur aus eigener Erfahrung (bzw. Fast-Erfahrung - ich habe dann dankend abgelehnt) berichten, was für horrende Summen ein Kurier kostet, der jenseits von Overnight - denn damit wäre die Frist ja auch nicht gewahrt worden - einen Schriftsatz direkt in den Fristenkasten geworfen hätte; die dafür zu zahlenden mehreren hundert (!) Euronen wären höchstwahrscheinlich nicht oder nur unwesentlich günstiger gekommen als die Fahrt des RA...


    :daumenrau

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