Gutachten Grundstücksveräußerung

  • Hallo zusammen!

    Ich bin neu in der Betreuung und habe gleich eine ganz dringende Frage:
    Der Betreuer (Ehemann) möchte das Hausgrundstück der Betreuten veräußern. Ich habe ein Wertgutachten von ihm gefordert. Das sieht er aber nicht ein und sagt, er möchte eine rechtsmittelfähige Entscheidung, um sich gegen die Notwendigkeit des geforderten Wertgutachtens zu beschweren.
    Was würdet Ihr tun? Kann ich eine rechtsmittelfähige Entscheidung erlassen?
    Vielen Dank im Voraus!

  • Ich meine, dass ich zum jetzigen Zeitpunkt keine rechtsmittelfähige Entscheidung erlassen kann?! Erst die Genehmigung bzw. deren Versagung wäre rechtsmittelfähig, oder?

  • Und wie stellt sich der Betreuer dann vor, wo der objektive Wert der Immobilie herkommt? Will er selber schätzen? :gruebel:
    Ich verlange in aller Regel auch immer ein Gutachten. Entweder vom Gutachterausschuss der Stadt oder von einem ö.b.u.v. Sachverständigen.

    M.M.n. bleibt dir hier eigentlich nur den Antrag zurückzuweisen. Dann soll er dagegen (vergebens) Beschwerde einlegen.. Muss man nicht verstehen.

  • Du kannst auch einen SV bestellen, diese Entscheidung ist auch angreifbar. Man darf nicht vergessen, dass eine Versagung einer Genehmigung auch zum Nachteil des Betroffenen sein kann.
    Deshalb wäre ich vorsichtig mit der Einstellung: Wenn du kein Gutachten vorlegst, weise ich zurück.

  • M.E. ist kein Betreuer verpflichtet, ein Verkehrswertgutachten beizubringen. Zumindest ist mir keine Vorschrift bekannt, die ihn dazu verpflichten würde. Deshalb hab ich mit dem "Verlangen" so mein Problem.

    D.h. ich -das Gericht- beauftrage einen von mir ausgewählten Sachverständigen mit der Erstellung des Gutachtens. So schließe ich aus, dass mir ein "getürktes" Gutachten untergejubelt wird. Dann wird der Gutachter von mir aus der Staatskasse entschädigt und -sofern die Voraussetzungen vorliegen- die verauslagten Gutachterkosten vom Betroffenen eingezogen.

  • Man könnte einen Beweisbeschluss erlassen, meine ich. Vielleicht dazu mal die SuFu befragen...

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • So wie Voltaire mache ich das auch, aber in der Regel akzeptiere ich mir vorgelegte Gutachten, weil grundsätzlich kein Anlass besteht, an ein "getürktes" (darf man sowas sagen?:cool:) zu denken.

    Ich zitiere aus dem Duden (online):

    "Das Stichwort »getürkt« ist das Partizip zu türken.

    türken: fingieren, fälschen

    Beispiele: ein Interview türken
    getürkte Autounfälle"
    :)

  • D.h. ich -das Gericht- beauftrage einen von mir ausgewählten Sachverständigen mit der Erstellung des Gutachtens. So schließe ich aus, dass mir ein "getürktes" Gutachten untergejubelt wird. Dann wird der Gutachter von mir aus der Staatskasse entschädigt und -sofern die Voraussetzungen vorliegen- die verauslagten Gutachterkosten vom Betroffenen eingezogen.

    Stmmt auch wieder. Die Entscheing soll ja nach pflichtgemäßen Ermessen erfolgen und ohne Gutachten würde einem die Sachkenntnis nicht ausreichen.
    Daher also Sachverständiger vor Ermessensausübung.

  • Vielen Dank für die Meinungen!
    Ich denke auch, dass ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt den Gen.antrag noch nicht zurückweisen kann wg Amtsermittlungsgrundsatz. Ich werde wohl jetzt mitteilen, dass ein Beweisbeschluss rechstmittelfähig wäre. Darauf wird es hinaus laufen, da der Betreuer kein Gutachten in Auftrag geben wird.

  • Wir sind uns wohl einig, daß von dem Betreuer die Beibringung eines Gutachtens nicht verlangt werden darf. Gleichwohl käme er in der Regel billiger davon, wenn er selbst einen Gutachter beauftragt. Die Chance soll er erhalten.

    Ich sähe mich ohne Gutachten nicht einfach so in der Lage, den Wert eines bebauten Grundstückes zu ermitteln oder zu bewerten. In der Regel reichen uns da ja die Kurzgutachten der Sparkasse aus. Sollte theoretisch auch bei Grundstücken funktionieren, die mehrere hundert Kilometer vom Gericht entfernt liegen. Wenn der Betreuer aber partout nichts bringen will (und stattdessen "Zivilcourage" [= Verzicht auf Glaubhaftmachung] beim Bearbeiter einfordert), ist der Streit vorprogrammiert. Dann erscheint mir die Gutachterbeauftragung mit förmlichem Beweisbeschluß (§ 30 FamFG) der sichere Weg. Dazu Bork/Jacoby/Schwab, 2. Aufl., in Rz. 9:
    "Das Gericht sollte frühzeitig zum Strengbeweis greifen, wenn es auf die Erweisbarkeit bestimmter Einzeltatsachen ankommt und so die Möglichkeit der Beteiligten, an der Wahrheitsfindung mitzuwirken, erleichtert wird."

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Und wie stellt sich der Betreuer dann vor, wo der objektive Wert der Immobilie herkommt?...

    Die Frage ist hier ein bisschen untergegangen, halte ich aber in der Sache für wichtig zu beantworten. Denn sofern die Betreute noch (insoweit) über einen freien Willen verfügt oder mindestens beachtliche Wünsche äußern kann, könnte sie selbst entscheiden ob sie dem vom Betreuer ermittelten Wert zustimmen kann. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Ehemann bei der Ermittlung des Preises Hilfe gehabt hat - evtl. durch einen Makler oder die Bank?

    Vielleicht könnte der TS hierzu noch Sachverhalt ergänzen.

  • Die Frage Gutachten ja oder nein greift zu kurz. Zwar ist es für den RPL schön weil es ihm doch eine gewisse Sicherheit gibt, aber "Erzwingen" geht wohl kaum, vor allem dann wenn es vernünftige Gründe dagegen gibt, die wir nicht kennen.

    Warum will der Betreuer kein Gutachten erstellen lassen?

    • Die Erstellung eines Gutachtens kostet auch ein "paar" Euro und - meine Erfahrungen der letzten 30 Jahre zeigen - dass hier leider auch Unberufene Gutachten erstellen, die "kaum einen Wert haben" und noch weniger einen solchen treffend beschreiben.

    Wurde mit ihm besprochen, wie er zu seiner Einschätzung des Wertes kommt?

    • Vielleicht hat der Betreuer ja schon selbst versucht zu verkaufen, durch verschiedene Angebote den Markt sondiert und einen reellen, aktuellen Verkaufswert ermittelt. Gegebenenfalls liegen schon Schätzungen, beispielsweise von seiner Bank oder einem Makler vor - dann ist durchaus verständlich dass er nicht noch mehr Geld ausgeben will. Wir wissen es nicht.

    Um welche Summen geht es denn letztlich beim Hausgrundstück?

    • Die Relationen sollten auch nicht außen vorgelassen werden. Bei einem Grundstück für 10.000,-- Euro oder eines für 1.000.000 Euro werden sicherlich andere Maßstäbe gelten.

    Welche Gründe stehen denn hinter dem Verkauf?

    • Wird das Geld für die Betreuung benötigt - zum Verprassen? Können die Kosten für das Haus nicht mehr aufgebracht werden? Sind Schulden zu tilgen? In welcher Relation steht der Verkauf zum Gesamtvermögen?

    Letztlich hat ruki auch noch meiner Meinung nach sehr wichtiges angesprochen, den Wunsch/Willen der/des Betreuten, der geht doch leider sehr oft unter obwohl es doch gerade hierzu ein sehr schönes OLG Urteil gibt.

  • Ohne mich wiederholen zu wollen:
    Deshalb Beweisbeschluss zur Gutachteneinholung durch Betreuungsgericht. Dann wird niemand gezwungen.

    Ferner ist hinsichtlich der Entgeltlichkeit §§ 1908i Absatz 2 Satz 1, 1804 BGB zu beachten. Der Betreuer unterliegt einem Schenkungsverbot (Ausnahme: Anstandsschenkungen). Schenkungen (mit Ausnahme Anstandsschenkungen, aber was sind im Einzelfall Anstandsschenkungen) sind auch mit betreuungsgerichtlicher Genehmigung unwirksam.

    Und will ein Betreuungsgericht bei einer unwirksamen Schenkung (sei es auch nur durch einen Genehmigungsbeschluss) mitwirken?

  • Deshalb Beweisbeschluss zur Gutachteneinholung durch Betreuungsgericht.

    :daumenrau

    Die hier verschiedentlich geäußerter Ansicht, der Betreuer dürfe/könne/müsse/solle das Gutachten selbst beibringen, erscheint mir sehr von fiskalischen Erwägungen getragen. In anderen Verfahrensarten käme doch niemand ernsthaft auf die Idee, den Beteiligten vorzuschlagen, dass sie selbst das Gutachten beschaffen, damit es preiswerter wird.

  • Deshalb Beweisbeschluss zur Gutachteneinholung durch Betreuungsgericht.

    :daumenrau

    Die hier verschiedentlich geäußerter Ansicht, der Betreuer dürfe/könne/müsse/solle das Gutachten selbst beibringen, erscheint mir sehr von fiskalischen Erwägungen getragen. In anderen Verfahrensarten käme doch niemand ernsthaft auf die Idee, den Beteiligten vorzuschlagen, dass sie selbst das Gutachten beschaffen, damit es preiswerter wird.

    Blöde Frage an die Betreuungsrechtspfleger:
    Sind wir der verlängerte Arm der Landesfinanzminister?

    Würde ein Richter sich je Gedanken über die in Amtsverfahren einzuholenden Gutachten machen?

    Ich nenne den Erlass des Beweisbeschlusses Ausfluß meiner "richterlichen Unabhängigkeit".

    Kein Kostenrevisor kann mir hier in meine Entscheidung reinreden. Und genau dieses Recht nehme ich im Rahmen des von mir durchzuführenden Genehmigungsverfahrens war.

    Und ich wiederhole mich:
    Die Kosten des Gutachtens trägt in erster Linie die Staatskasse.
    Bei Vorliegen der Voraussetzungen -und diesen liegen nach Verkauf der Immobilie und Eingang des Kaufpreises beim Betreuer regelmäßig vor- sind die Gutachtenkosten als Verfahrensauslagen beim Betroffenen/Betreuer einzuholen.

    Schlussfolgerung meinerseits:
    Ich verstehe die Rechtspfleger in diesem Bereich (leider) immer weniger.:gruebel:

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