Sozialgerichtsbarkeit: § 59 Abs. 2 RVG - welches Verfahrensrecht?

  • Folgendes Problem (zwar noch fiktiv aber nicht undenkbar in nächster Zeit)

    PKH-Bewilligung unter Beiordnung des RA X am 01.09.2013.
    RA X wird aus der Staatskasse (Betragsrahmengebühren) vergütet. Beklagter hat laut Kostengrundentscheidung die Kosten des Verfahrens zu tragen.
    Übergang der Ansprüche des RA X auf die Staatskasse gemäß § 59 RVG. Kosten wurden dem Prozessgegner zum Soll gestellt. Der Prozessgegner legt Rechtsmittel gegen den Kostenansatz des Kostenbeamten ein. Den Verweis auf § 66 GKG in § 59 Abs. 2 RVG gibt es seit dem 2.KostRMoG zum 01.08.2013 nicht mehr. Stellt sich die Frage, welches Verfahrensrecht nunmehr Anwendung findet...:gruebel: § 66 GKG analog?

    Was meint ihr?

  • ...§ 66 GKG analog?...


    Die analoge Anwendung der Vorschrift setzt ja erst einmal voraus, dass es für den Sachverhalt keine Rechtsnorm gibt. Nun wurde mit dem 2. KostRModG zwar der direkte Bezug zu § 66 GKG gestrichen. Ein Grund ist wohl darin zu sehen, dass es neben dem GKG inzwischen auch ein FamGKG gibt. Ergo dachte sich der Gesetzgeber, warum soll in Familiensachen umständlich auf § 66 GKG zurückgegriffen werden, wo es doch mit § 57 FamGKG eine ähnlich schöne Vorschrift gibt. Und über den § 59 Abs. 2 Satz 1 RVG sollte die Lücke durch den Wegfall von Satz 4 wieder geschlossen sein. Fertig!

    Sozialgerichtsbarkeit? Was ist das denn? Da fallen auch Kosten an? - So oder so ähnlich würde der Gesetzgeber auf die Ausgangsfrage reagieren.

    Über § 59 Abs. 2 Satz 1 RVG gelangst Du zu §§ 183 bis 197b SGG, das sind die Vorschriften über die Kosten des sozialgerichtlichen Verfahrens. Nur wenn Du dort nicht fündig wirst, kannst Du zu § 59 Abs. 2 RVG zurückkehren und überlegen, ob der Gesetzgeber den Satz 4 im Bewusstsein gestrichen hat, für die Sozialgerichtsbarkeit eine derartige rechtliche Lücke zu hinterlassen. Nur dann käme nämlich eine analoge Anwendung des § 66 GKG in Betracht. Du würdest in der Sozialgerichtsbarkeit also so tun, als gäbe es den Satz 4 noch.

  • Hier mal ein Abriss meiner Überlegungen, vielleicht springt ja jemand in die Diskussion mit ein:

    Die Möglichkeiten zur Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen den Kostenansatz des Kostenbeamten richten sich gemäß § 59 Abs. 2 RVG nach den Verfahrensvorschriften über die Kosten des gerichtlichen Verfahrens entsprechend. Da das gerichtliche Verfahren gemäß §§ 183, 184 SGG geführt wird, fragt sich, welches Verfahrensrecht nunmehr Anwendung findet.

    Der Gesetzgeber hat mit Einführung des 2.KostRMoG zum 01.08.2013 den § 59 Abs. 2 Satz 4 RVG ersatzlos gestrichen. Eine Überleitungsvorschrift für die sog. Altfälle lässt sich für die Einlegung der Rechtsbehelfe dem Gesetz nicht entnehmen. In Annahme durch Verweis auf die entsprechenden Kostengesetze der einzelnen gerichtlichen Verfahren, alle damit erfasst zu haben, hat der Gesetzgeber offensichtlich die gerichtskostenfreien Verfahren in der Sozialgerichtsbarkeit übersehen (vgl. BT-Drucks 17/11471). Mangels anderweitiger Intensionslage des Gesetzgebers dürfte für den Rechtsbehelf der Erinnerung gegen den Kostenansatz des Kostenbeamten weiterhin § 66 GKG entsprechend anzuwenden sein.

    Soweit mittlerweile die Auffassung vertreten wird, es wären die Vorschriften nach dem Kostenrecht des SGG für die Geltendmachung des Anspruchs nach § 59 RVG sowie deren Rechtsbehelfe anzuwenden sein (LSG NRW, Beschluss vom 09.02.2015 L 9 AL 321/14 B), ist der aufgestellte Kostenansatz durch den Kostenbeamten insgesamt zu hinterfragen.

    Soweit das Kostenrecht des SGG tatsächlich Anwendung findet, hat nach § 59 RVG den Kostenansatz dann der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle im Sinne von § 4 SGG aufzustellen, weil das SGG bei Verfahren nach §§ 183, 184 SGG einen Kostenbeamten nach der KostVfg insoweit nicht kennt und auch nicht notwendig erscheint, da die Aufstellung des Kostenansatzes dann keinen Justizverwaltungsakt mehr darstellt, sondern Gerichtsakt des im Gesetz genannten Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ist, denn nur dann ist der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle auch zuständig (a.M. BSG, Beschluss vom 19.10.1990 – 11 S 9/90 – zitiert nach juris). Dies gewährleistet allerdings die Verweisungsvorschrift nach § 59 Abs. 2 RVG in das SGG nicht, weil insoweit keine Kosten des jeweils betreffenden Verfahrens für diese nach § 184 ff. SGG anfallen können, sondern lediglich Pauschgebühren in Form eines turnusmäßig durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle aufzustellendes Gesamtverzeichnis. Soweit hier die Rede von einem Justizverwaltungsakt ist, betrifft dieser lediglich die Feststellung innerhalb eines durch die Gerichtsleitung vorgegebenen Zeitraums zur Erhebung der Gebührenschuld. Keinesfalls aber ist die Pauschgebühr explizit an das betreffende gerichtliche Verfahren gekoppelt, sodass auch m.E. eine sinngemäße Anwendung der Vorschriften zum SGG nach
    § 59 Abs. 2 RVG nicht gegeben ist. Vielmehr war es die Intention des Gesetzgebers, im Allgemeinen eine Regelung für alle Gerichtsbarkeiten zu schaffen, die kostenrechtliche Struktur in Ausfluss als eigenständigen Justizverwaltungsakt zur Geltendmachung des übergegangenen Anspruchs der Landeskasse gegenüber dem Erstattungspflichtigen zu erreichen, sodass nach den jeweils geltenden Landesvorschriften – hier nach der KostVfg - der Kostenbeamte des jeweils zuständigen Gerichts mit den Aufgaben betraut ist. Wenn und soweit der Kostenbeamte für die Aufstellung des Kostenansatzes zuständig ist, ist die Anwendung der Rechtsbehelfe aus § 66 GKG analog nicht mehr zu beanstanden, weil offensichtlich eine planwidrige Regelungslücke des Gesetzgebers für den Fall eines eingelegten Rechtsbehelfs gegen den Kostenansatz des Kostenbeamten vorliegt.

    Ergo, die Annahme es sei der UdG für die Geltendmachung des gesetzlichen Forderungsübergangs auf die Landeskasse nach § 59 RVG zuständig, halte ich für schlichtweg falsch.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!