Abwesenheitspflegschaft?

  • Hallo,
    ich habe hier folgenden Fall

    Grundstück wurde gekauft. Eingetragen sind mehrere Zwangssicherungshypotheken für eine Privatperson. Diese sollen mit EW gelöscht werden.

    Das Problem ist, dass die Gläubigerin nach Ägypten verzogen ist. Genaue Anschrift ist nicht bekannt.
    Die Zahlung auf die Zwangssicherungshypotheken sind wohl über deren RA erfolgt, sodass hierfür ein Nachweis vorgelegt werden kann.

    Die Frage ist nun, ob für die Löschungsbewilligung ein Abwesenheitspfleger bestellt werden muss/kann?
    Die Gläubigerin ist zwar bekannt, aber unbekannten Aufenthalts (irgendwo in Ägypten).

    Kann, sofern ein Pfleger bestellt wird, dieser die Löschung bewilligen? Bzw. kann die Genehmigung hierfür vom Betreuungsgericht erteilt werden und welche Unterlagen würdet ihr dafür verlangen?
    (Nachweise dass die Zahlungen auf die Zwangssicherungshypotheken tatsächlich erfolgt sind)

    Wie würdet ihr hier vorgehen?

  • - Was heißt mit "EW"?
    - Von welchem Rechtsanwalt redest Du? Von dem des Verkäufers oder von dem der Gläubigerin?
    Ich bin zwar kein Rechtspfleger aber ich könnte mir schon vorstellen, dass man hierfür einen Abwesenheitspfleger bestellen könnte. Die Zahlungen sind ja bestimmt über ein Bankkonto der Gläubigerin gelaufen. Dann könnte der Abwesenheitspfleger bei der Bank die Kontoauszüge der Gläubigerin anfordern und einsehen. Ich könnte mir folgenden Ablauf vorstellen:
    - Bestellung eines Abwesenheitspflegers
    - Kontoauszüge anfordern und checken
    - Wenn Kontoauszüge ok, dann Abgabe einer Löschungsbewilligung durch den Abwesenheitspfleger in der Form des § 29 GBO
    - Beantragung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung und Bestellung eines Verfahrenspflegers
    - Wenn Genehmigung rechtskräftig, Antrag ans Grundbuchamt. Löschungsantrag befindet sich bestimmt im Kaufvertrag
    (Aber wie gesagt, das sind nur Gedankengänge, ich bin schließlich kein Rechtspfleger)

  • Sehe ich wie Steinkauz:
    Das Vermögen des Abwesenden bedarf nach § 1911 BGB der Fürsorge, nicht das Vermögen des Dritten (Eigentümers). Das Vermögen des Abwesenden bedarf vorliegend nicht der Fürsorge (die der Zwangshypothek zugrundeliegende Forderung ist nach Sachverhalt ja bereits beglichen). Deshalb liegt ausschließlich ein Drittinteresse vor. Und das ist soweit ich weiß kein Fürsorgebedürfnis im Sinne des § 1911 BGB (OLG Zweibrücken, 3 W 130/85 zitiert nach juris). Die Entscheidung des BGH vom 18.04.2012 -XII ZB 6223/11- passt m.E. auf den im Sachverhalt vorgetragenen Fall nicht.

  • Man könnte höchstens argumentieren, dass der abwesende Buchgläubiger auf Zustimmung zur Löschung verklagt werden kann und sich aus einem Prozessverhältnis ein Fürsorgebedürfnis ableiten lässt.
    Setzt aber erst mal voraus, dass auf die Hypotheken vollständig bezahlt wurde.
    Daneben wär von Interesse , was denn der Anwalt mit den Zahlungseingängen für den Abwesenden gemacht hat.;)
    Irgendwohin müssen ja die Gelder geflossen sein.

    Warum gem. §§ 340, 276 FamFG nicht einen Verfahrenspfleger für den Buchgläubiger vor einer evtl. Bestellung einsetzen ?
    Schließlich sollte bei dem Ganzen die Staatskasse auch noch ihren Spaß dabei haben.

  • Sehe ich wie Steinkauz:
    Das Vermögen des Abwesenden bedarf nach § 1911 BGB der Fürsorge, nicht das Vermögen des Dritten (Eigentümers). Das Vermögen des Abwesenden bedarf vorliegend nicht der Fürsorge (die der Zwangshypothek zugrundeliegende Forderung ist nach Sachverhalt ja bereits beglichen). Deshalb liegt ausschließlich ein Drittinteresse vor. Und das ist soweit ich weiß kein Fürsorgebedürfnis im Sinne des § 1911 BGB (OLG Zweibrücken, 3 W 130/85 zitiert nach juris). Die Entscheidung des BGH vom 18.04.2012 -XII ZB 6223/11- passt m.E. auf den im Sachverhalt vorgetragenen Fall nicht.

    Bedeutet das also, dass der Verkäufer sein Grundstück nie mehr lastenfrei verkaufen könnte?

  • Danke schon mal für eure Antworten!

    Ja, EW soll Eigentumswechsel heißen :)

    Also die Zahlung soll über den RA der Gläubigerin geflossen sein. So zumindest laut Aussage der Beteiligten, hab noch nix vorliegen gehabt als Nachweis.

    Das ist ja genau die Frage mit dem Fürsorgebedürfnis... Ist es tatsächlich reines Drittinteresse des Eigentümers weil er es gelöscht haben will?
    oder ist denn nicht auch im Interesse der Gläubigerin, da sie ja sonst auf Abgabe der Löschungsbewilligung verklagt werden müsste und dann ja auch wiederum Prozesskosten hinzukämen, die so ja vermieden würden.

    Aber ich finde auch keine Rechtsprechung, die hier einschlägig wäre... :(
    bin daher für weitere Meinungen dankbar

  • Es ist im wohlverstandenen vermögensrechtlichen Interesse des Abwesenden, nicht überflüssigerweise verklagt werden zu müssen. Dass daneben natürlich auch ein - überwiegendes - Drittinteresse (des Eigentümers) vorliegt, hindert die Anordnung einer Abwesenheitspflegschaft nicht.

  • Danke schon mal für eure Antworten!

    Ja, EW soll Eigentumswechsel heißen :)

    Also die Zahlung soll über den RA der Gläubigerin geflossen sein. So zumindest laut Aussage der Beteiligten, hab noch nix vorliegen gehabt als Nachweis.

    Das ist ja genau die Frage mit dem Fürsorgebedürfnis... Ist es tatsächlich reines Drittinteresse des Eigentümers weil er es gelöscht haben will?
    oder ist denn nicht auch im Interesse der Gläubigerin, da sie ja sonst auf Abgabe der Löschungsbewilligung verklagt werden müsste und dann ja auch wiederum Prozesskosten hinzukämen, die so ja vermieden würden.

    Aber ich finde auch keine Rechtsprechung, die hier einschlägig wäre... :(
    bin daher für weitere Meinungen dankbar

    Hat der RA keinen Kontakt mehr zu seiner Mandantin? Vielleicht kann man hierüber einen Kontakt knüpfen... :gruebel:

  • Hallo ich hab auch mal eine Frage..

    habe von einer Grundstücksverwaltung einen Brief bekommen der eigentlich An die Stadt gerichtet war aber an uns weitergeleitet wurde.
    Es geht darum dass der Eigentümer einer Büroeinheit seit 2012 abgemeldet ist und nunmehr im Irak lebt.
    Eine Anschrift dort ist nicht bekannt.
    Nun sind dringende Sanierungsarbeiten an dem Gebäude notwendig und zur Abstimmung wird um die Bestellung eines Pflegers gebeten.
    Diese nehmen in dem Schreiben Bezug auf Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB wonach die Stadt zuständig wäre.
    Diese haben das aber wie gesagt an uns ans Notariat (Ba-Wü = Nachlass/Betreuungsgericht) gesendet und meine Frage ist nun ob wir einen Pfleger nach §1911 bestellen müssen oder ob ich das zurück senden kann mit Verweis auf Art 233 EGBGB (dieser spricht nur von Grundstückseigentümer, ich weiß nicht ob man das auf Wohnungseigentum übertragen kann)

  • Ich habe jetzt nur den Gesetzestext gelesen:


    Wenn es sich um den Eigentümer einer Büroeinheit handelt, hat dieser doch wohl auch einen Anteil am Gemeinschaftseigentum des Gebäudes oder ?

    Vielleicht hab ich was übersehen aber Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB spricht von einem gesetzlichen Vertreter nicht von einem Abwesenheitspfleger und erklärt Landkreis bzw. kreisfrei Stadt für zuständig. Wenn es also keine Ba-Wü Spezialität ist, bist du unzuständig!

    Einmal editiert, zuletzt von BWL'er (13. März 2015 um 22:39)

  • § 1911 Absatz 1 Satz 1 BGB:
    Ein abwesender Volljähriger, dessen Aufenthalt unbekannt ist, erhält für seine Vermögensangelegenheiten, soweit sie der Fürsorge bedürfen, einen Abwesenheitspfleger.

    Wenn die Stadt sich formell -nicht nur durch Übersendung eines unliebsamen Antrags an das Betreuungsgericht- mit entsprechender Begründung für unzuständig erklärt, wirst Du Deine Zuständigkeit prüfen müssen.

    Ich würde in diesem Fall ganz genau das Fürsorgebedürfnis unter die Lupe nehmen. Vielleicht liegt ein solches gar nicht vor, wenn z.B. die Sanierungsmaßnahme aufgrund Wohnungseigentümerbeschluss durch den WEG-Verwalter durchzuführen ist.
    Es gilt in diesem Fall, die Voraussetzungen des § 1911 BGB genau zu prüfen.

    In erster Linie würde ich aber -ggf. durch begründeten Beschluss- meine Zuständigkeit ablehnen und an die Stadt verweisen.

  • Art 230 ff betreffen ausschließl RVerh, auf die vor dem 3. 10. 90 das Recht der DDR anwendb war (BGH
    [FONT=Times New Roman,Times New Roman][FONT=Times New Roman,Times New Roman]121[/FONT][/FONT], 385, [FONT=Times New Roman,Times New Roman][FONT=Times New Roman,Times New Roman]124[/FONT][/FONT], 272, [FONT=Times New Roman,Times New Roman][FONT=Times New Roman,Times New Roman]128[/FONT][/FONT], 323, KG DtZ [FONT=Times New Roman,Times New Roman][FONT=Times New Roman,Times New Roman]96[/FONT][/FONT], 213).

    Ist das denn hier? Liegt das Grundstück nicht in Baden - Württemberg?

  • M.E. ist #12 ein klarer Fall für eine Abwesenheitspflegschaft, denn alleine die Tatsache, dass die Eigentümerin von Immobilienbesitz unbekannten Aufenthaltes ist, ist schon ausreichend. Klassiker der Abwesenheitspflegschaft.

    Die genannten Artikel des EGBGB betreffen sogenannte "herrenlose Grundstücke", die im Zusammenhang mit der ehemaligen Verstaatlichung nach der Auflösung der DDR zu regeln waren und haben mit dem in #12 genannten SV schon mangels territorialer Bezüge nichts zu tun.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

    2 Mal editiert, zuletzt von TL (16. März 2015 um 08:25)

  • Eine Abwesenheitspflegschaft würde ich nur anordnen, wenn auch Geldmittel für seine Bezahlung vorhanden sind. Wer bezahlt jetzt das Hausgeld/Steuer? Wenn keine Geldmittel vorhanden sind, dann müsste zur Bezahlung der Vergütung des Pflegers das Eigentum versilbert werden und das ist sicher nicht im Interesse des Abwesenden.

  • Bei der Abwesenheitspflegschaft ist allein das Fürsorgebedürfnis maßgeblich, hier fischt man zurzeit noch etwas im Trüben.
    Ich denke aber, dass die Sanierungsmaßnahmen beschlossen wurden und somit hohe Forderungen (einschl. des sicherlich in der Vergangenheit nicht mehr gezahlten Hausgeldes) auf den Abwesenden zukommen.
    Hier kann man schon ein Vermögensinteresse sehen und möglicherwise wird das Eigentum im Rahmen der Abwesenheitspflegschaft versilbert.

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