PKH für einzelne Streitgenossen in sozialgerichtlichen Verfahren

  • Die 164. Kammer SG Berlin legt in ihrem Bechluss vom 04.11.2014 in S 164 SF 4905/14 E die Auffassung der Kostenkammern des SG dar, die von der des LSG Chemnitz (Beschluss vom 31.03.2010, L 6 AS 99/10 B KO) abweicht.

    M.E. übersieht die Kammer dabei, dass die Landeskasse neben dem begrenzten Anspruch aus § 59 RVG gegen den unterlegenen Gegner ggf. für einen Teilbetrag einen Ausgleichsanspruch gegen die Streitgenossen hat, denen PKH nicht bewilligt worden ist. Wenn letzterer ggf. auch mühsam zu realisieren ist, so geht es m.E. jedoch zu weit, die in § 7 Abs. 2 RVG normierten Wahlfreiheit des beigeordneten Anwaltes zu beschränken. Derartiges erforderte/bedürfte aus meiner Sicht schon einer eindeutigen gesetzlichen Grundlage.

  • Halte die Entscheidung ebenso für wenig überzeugend, da bereits die Vergütungs-AV bereits eine Antwort darauf gibt:

    2.4.2 Der mit der Festsetzung der Vergütung befasste UdG hat Streitgenossen der Partei, die von dem
    dieser Partei beigeordneten Rechtsanwalt als Wahlanwalt vertreten werden, zur Zahlung des auf sie entfallenden Anteils an der aus der Staatskasse gezahlten Vergütung aufzufordern, soweit dies nicht aus besonderen Gründen, z. B. wegen feststehender Zahlungsunfähigkeit, untunlich erscheint.
    2.4.3 Die Zahlungsaufforderung an die ausgleichspflichtigen Streitgenossen kann nicht auf § 59 RVG gestützt werden und darf daher nicht in der Form einer Gerichtskostenrechnung ergehen. Wird nicht freiwillig gezahlt, so sind die Vorgänge dem unmittelbar vorgesetzten Präsidenten vorzulegen, der ggf. die Klageerhebung veranlasst.
    2.4.4 Wenn Streitgenossen der Partei, der Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe bewilligt ist, vorhanden sind, ist in der Festsetzung der Vergütung zu vermerken, ob und für welche Streitgenossen der Partei der beigeordnete Rechtsanwalt zugleich Wahlanwalt gewesen ist und ob ein Ausgleichsanspruch der Staatskasse gegen diese Streitgenossen geltend gemacht oder aus welchen Gründen davon abgesehen worden ist.

    So nehmen wir mal die Entscheidung auseinander:

    PKH für alle drei Streitgenossen bewilligt.

    Der Antrag auf Vergütungsfestsetzung gegen die Landeskasse lautete für zwei Streitgenossen (warum nicht für 3 :gruebel:), m.E. bereits schon fehlerhaft.

    Rechnen wir den Anspruch der Landeskasse gegenüber der erstattungspflichtigen Partei aus (nur Verfahrensgebühr anhand der Feststellung des Sozialgerichts):

    vv 3102 (Mittelgebühr) 170,-
    vv 1008 ( 3 Auftraggeber = 60%) 102,-
    Anspruch 272,-

    erstattungspflichtige Partei trägt Kosten der Streitgenossen zu 1 und 2

    2/3 des Gesamtanspruches - 1/3 der Erhöhungsgebühr (Kostengrundentscheidung schließt Streitgenossen 3 nicht ein)

    2/3 von 272,- = 181,33
    1/3 von 102,- = 34,-
    181,33 - 34,- = 147,33 Erstattungsanspruch gegen erstattungspflichtigen Gegner

    Rechnen wir den schuldrechtlichen Anspruch der Landeskasse gegenüber dem erstattungspflichtigen Streitgenossen aus (nur Verfahrensgebühr anhand der Feststellung des Sozialgerichts):

    (Festsetzungsbetrag – Erstattungsanspruch § 59 RVG) : Anzahl der Streitgenossen = schuldrechtlicher Anspruch der Landeskasse

    (272 - 147,33): 3 = 41,56 schuldrechtlicher Anspruch gegenüber dem Streitgenossen

    [bei der m.E. fehlerhaften Festsetzung der UdG mit nur 30% Erhöhung

    (221-147,33): 3 = 24,56]

  • Habe die Entscheidung noch einmal gelesen.
    Wenn ich sie richtig verstanden habe, vertritt das Gericht danach doch die Auffassung,
    dass
    a) die Landeskasse die PKH-Vergütug zu zahlen hat, die allein für die Streitgenossen mit PKH angefallen wäre,
    b) über § 59 RVG ein erstattungspflichtiger Gegner nur kopfteilig in Anspruch zu nehmen ist.

    Diese Sichtweise teile ich.
    Worin der von dem SG erwähnte Unterschied zwischen der Auffassung des SG zu der Auffassung des LSG bestehen sollte, erschließt sich mir allerdings nicht.


  • Worin der von dem SG erwähnte Unterschied zwischen der Auffassung des SG zu der Auffassung des LSG bestehen sollte, erschließt sich mir allerdings nicht.

    So verstehe ich es:

    Das SG sagt: Wird von mehreren Streitgenossen nur einem Teil PKH bewilligt, so besteht ein Vergütungsanspruch des beigeordneten RA gegen die Landeskasse nur in entsprechender Kopfteilhöhe (Beispiel: 2 Kläger, einer mit PKH; VG 3102 + 1008 = 390,00 EUR : 2 = 195,00 EUR).

    Das LSG sagt: Wird von mehreren Streitgenossen nur einem Teil PKH bewilligt, dann ist die Vergütung des beigeordneten RA gegen die Landeskasse so zu berechnen, als hätte er von Anfang an nur diese Streitgenossen vertreten (Beispiel: 2 Kläger, einer mit PKH; VG 3102 = 300 EUR).


  • Worin der von dem SG erwähnte Unterschied zwischen der Auffassung des SG zu der Auffassung des LSG bestehen sollte, erschließt sich mir allerdings nicht.

    So verstehe ich es:

    Das SG sagt: Wird von mehreren Streitgenossen nur einem Teil PKH bewilligt, so besteht ein Vergütungsanspruch des beigeordneten RA gegen die Landeskasse nur in entsprechender Kopfteilhöhe (Beispiel: 2 Kläger, einer mit PKH; VG 3102 + 1008 = 390,00 EUR : 2 = 195,00 EUR).

    Das LSG sagt: Wird von mehreren Streitgenossen nur einem Teil PKH bewilligt, dann ist die Vergütung des beigeordneten RA gegen die Landeskasse so zu berechnen, als hätte er von Anfang an nur diese Streitgenossen vertreten (Beispiel: 2 Kläger, einer mit PKH; VG 3102 = 300 EUR).

    Die Aussage des SG habe ich dahingehend verstanden, dass der Anwalt zwar die VG 3102 voll aus der Landeskasse erstattet verlangen könnte, jedoch die Landeskasse bei der Übergangsberechnung nach § 59 RVG nur kopfteilig 1/2 von VG 3102+1008 von dem Gegner einfordern kann. Der Beschluss ist allerdings schwer zu lesen und evtl. habe ich ja die entscheidende Stelle überlesen. Vielleicht weiß audideus Rat.

  • Das passt aber nicht, weil der Kopfteil des Streitgenossen 3 nach der Kostengrundentscheidung gerade nicht, auch nicht zum Teil erstattungspflichtig ist. Nach dieser Berechnung fällt der nicht übergegangne Erstattungsanspruch der Landeskasse nach § 59 RVG zwar niedriger aus, als nach meiner Berechnung, de facto wäre sie dennoch in der Gesamtschau - weil ich danach ja nichts mehr vom erstattungspflichtigen Streitgenossen fordern kann - benachteiligt.

  • Das passt aber nicht, weil der Kopfteil des Streitgenossen 3 nach der Kostengrundentscheidung gerade nicht, auch nicht zum Teil erstattungspflichtig ist.

    Hierzu sagt der Beschluss aber doch recht deutlich (Rn 17):

    "Für das sozialgerichtliche Verfahren, in dem Rahmengebühren entstehen, ist daher ist wie folgt zu verfahren: In einem ersten Schritt sind die angefallenen Gesamtkosten für die anwaltliche Vertretung aller Beteiligten zu ermitteln. Diese Summe wird durch die Anzahl der Beteiligten dividiert (Kopfteilprinzip). Der zu erstattende Betrag wird nun entsprechend der Kostengrundentscheidung ermittelt."

    So will es das Gericht nach meinem Verständnis auch für das Festsetzungsverfahren nach § 55 Abs.1 RVG gelten lassen.

  • Ich sag ja, dass die Entscheidung nicht überzeugend ist.

    Nehmen wir an, der dritte Streitgenosse hätte keine PKH bewilligt bekommen, würde dieser Nutznieser der ausgezahlten Vergütung aus der Staatskasse bei dieser Berechnung nach Kopfteilen sein. Schließlich ist sein "Kopfteil" bei der Berechnung des erstattungspflichtigen Anspruchs aus § 59 RVG ja bereits mit einberechnet, der völlig der Kostengrundentscheidung zuwider läuft.

  • Das verstehe ich gerade nicht. Der Rechtsanwalt hat drei Mandanten vertreten, davon zwei auf Prozesskostenhilfebasis. Dann erhält er 2/3 seine Vergütung gemäß §§ 45 ff. RVG aus der Landeskasse und 1/3 vom Nicht-PKH-Mandanten.

    Eine entsprechende Kostengrundentscheidung ("Bekl. trägt Kosten d. Kl. zu 2/3" oder "Bekl. trägt Kosten d. Kl. zu 2. und 3.") würde dann doch auch nur dazu führen, dass sich die Landeskasse die 2/3 der anwaltlichen Vergütung, welche sie an den Rechtsanwalt ausgezahlt hat, wiederholt.

  • Und was machst Du mit dem "Kopfanteil" des Streitgenossen, dem nicht PKH bewilligt worden ist? Dieser ist im Innenverhältnis gegenüber den anderen Streitgenossen auch über die 2/3 ausgleichspflichtig, mithin anteilig gegenüber der Landeskasse nach Auszahlung der Vergütung des Rechtsanwalts. Das anteilige Kopfteilverhältnis des nicht PKH-Streitgenossen, die in den 2/3 Gesamtsanspruch auch mit drinstecken, kann doch der erstattungspflichtige Gegner aufgrund Kostengrundentscheidung ("nur die Kosten der PKH-Streitgenossen") gerade nicht mitbezahlen und führe mithin zwangsläufig zur Benachteiligung der Landeskasse (siehe Rechnung "schuldrechtlicher Anspruch" in #2). So einfach kommt mir der Streitgenosse, dem PKH nicht bewilligt wurde, jedenfalls nicht weg.

  • Das LSG in Chemnitz hat seine Ansicht inzwischen geändert - Beschluss vom 09.09.2014 – L 8 AS 1192/12 B KO):
    Der Senat hat entschieden, dass in Konstellationen, in denen der Anwalt mehrere Streitgenossen vertritt, von denen lediglich einem Teil unbeschränkt Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, dem Anwalt gegen die Staatskasse dem Grunde nach Anspruch auf Vergütung für die Vertretung der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Streitgenossen zusteht. Der Vergütungsanspruch ist weder auf den Erhöhungsbetrag nach Nr. 1008 VV RVG noch eine Quote entsprechend der Gesamtzahl der Vertretenen beschränkt.
    Der Beiordnungsbeschluss des Prozessgerichts ist Grundlage des Vergütungsfestsetzungsverfahrens und bestimmt den Umfang der Vergütungsanspruchs, ohne dass im Vergütungsfestsetzungsverfahren eine Abänderungsbefugnis des zur Festsetzung berufenen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (vgl. § 55 Abs. 1 und 2 RVG) besteht. Aus diesem Grund kann auch keine Quotelung des Vergütungsanspruchs erfolgen, die berücksichtigt, dass nur einem Teil der Kläger PKH bewilligt worden ist.
    Ein (vermeintliches) Gerechtigkeitsdefizit in Gestalt einer unerwünschten finanziellen Entlastung der nicht bedürftigen Partei zu Lasten der Staatskasse ändert hieran nichts. Abgesehen davon, dass dieser Gedanke im Falle einer PKH-Ablehnung nicht trägt, ist es der Staatskasse unbenommen, beim nicht bedürftigen Streitgenossen Regress zu nehmen. Auf welche Weise diese erfolgt (Übergang gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG oder Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 2 BGB analog) war nicht Gegenstand der Entscheidung.

  • Das LSG in Chemnitz hat seine Ansicht inzwischen geändert - Beschluss vom 09.09.2014 – L 8 AS 1192/12 B KO):
    Der Senat hat entschieden, dass in Konstellationen, in denen der Anwalt mehrere Streitgenossen vertritt, von denen lediglich einem Teil unbeschränkt Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, dem Anwalt gegen die Staatskasse dem Grunde nach Anspruch auf Vergütung für die Vertretung der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Streitgenossen zusteht. Der Vergütungsanspruch ist weder auf den Erhöhungsbetrag nach Nr. 1008 VV RVG noch eine Quote entsprechend der Gesamtzahl der Vertretenen beschränkt.
    Der Beiordnungsbeschluss des Prozessgerichts ist Grundlage des Vergütungsfestsetzungsverfahrens und bestimmt den Umfang der Vergütungsanspruchs, ohne dass im Vergütungsfestsetzungsverfahren eine Abänderungsbefugnis des zur Festsetzung berufenen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (vgl. § 55 Abs. 1 und 2 RVG) besteht. Aus diesem Grund kann auch keine Quotelung des Vergütungsanspruchs erfolgen, die berücksichtigt, dass nur einem Teil der Kläger PKH bewilligt worden ist.
    Ein (vermeintliches) Gerechtigkeitsdefizit in Gestalt einer unerwünschten finanziellen Entlastung der nicht bedürftigen Partei zu Lasten der Staatskasse ändert hieran nichts. Abgesehen davon, dass dieser Gedanke im Falle einer PKH-Ablehnung nicht trägt, ist es der Staatskasse unbenommen, beim nicht bedürftigen Streitgenossen Regress zu nehmen. Auf welche Weise diese erfolgt (Übergang gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG oder Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 2 BGB analog) war nicht Gegenstand der Entscheidung.

    Dem kann ich nur beipflichten.

  • Das LSG in Chemnitz hat seine Ansicht inzwischen geändert - Beschluss vom 09.09.2014 – L 8 AS 1192/12 B KO):
    Der Senat hat entschieden, dass in Konstellationen, in denen der Anwalt mehrere Streitgenossen vertritt, von denen lediglich einem Teil unbeschränkt Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, dem Anwalt gegen die Staatskasse dem Grunde nach Anspruch auf Vergütung für die Vertretung der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Streitgenossen zusteht. Der Vergütungsanspruch ist weder auf den Erhöhungsbetrag nach Nr. 1008 VV RVG noch eine Quote entsprechend der Gesamtzahl der Vertretenen beschränkt.
    Der Beiordnungsbeschluss des Prozessgerichts ist Grundlage des Vergütungsfestsetzungsverfahrens und bestimmt den Umfang der Vergütungsanspruchs, ohne dass im Vergütungsfestsetzungsverfahren eine Abänderungsbefugnis des zur Festsetzung berufenen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (vgl. § 55 Abs. 1 und 2 RVG) besteht. Aus diesem Grund kann auch keine Quotelung des Vergütungsanspruchs erfolgen, die berücksichtigt, dass nur einem Teil der Kläger PKH bewilligt worden ist.
    Ein (vermeintliches) Gerechtigkeitsdefizit in Gestalt einer unerwünschten finanziellen Entlastung der nicht bedürftigen Partei zu Lasten der Staatskasse ändert hieran nichts. Abgesehen davon, dass dieser Gedanke im Falle einer PKH-Ablehnung nicht trägt, ist es der Staatskasse unbenommen, beim nicht bedürftigen Streitgenossen Regress zu nehmen. Auf welche Weise diese erfolgt (Übergang gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG oder Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 2 BGB analog) war nicht Gegenstand der Entscheidung.

    Dem kann ich nur beipflichten.

    Ich auch.

    and the night is full of hunters
    (The Beauty of Gemina - Hunters)

  • so auch schon das LSG Bayern mit Beschluss vom 31.07.2013 - L 15 SF 5-13 B.

    Das beantwortet jedoch immer noch nicht die Frage, wie hoch zum einen der Erstattungsanspruch nach § 59 RVG gegenüber des erstattungspflichtigen Prozessgegners aus der Kostengrundentscheidung ist und noch viel weniger, welchen erstattungsfähigen Anspruch die Landeskasse gegenüber dem Streitgenossen hat, dem nicht PKH bewilligt wurde.

    Hierzu ein Auszug der Entscheidung:

    "Der Senat ist der Meinung, dass als "Partei" im Sinn von § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG auch der vom beigeordneten Anwalt mitvertretene nicht bedürftige Streitgenosse angesehen werden sollte, auch wenn im Prozesskostenhilferecht mit "Partei" ansonsten nur die bedürftige Partei gemeint ist. Es dürfte nichts dagegen sprechen, den Begriff "Partei" hier abweichend zu interpretieren. Hinzu kommt, dass die Legalzession des § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG nicht speziell auf Forderungen gegen die bedürftige Partei zugeschnitten ist. Vielmehr werden auch Ansprüche gegen ersatzpflichtige Gegner erfasst. Damit kommt zum Ausdruck, dass die Staatskasse generell von Zahlungen oder Zahlungsverpflichtungen anderer Personen auf die Wahlanwaltsvergütung profitieren soll. Der Senat sieht keine Rechtfertigung, warum der nicht bedürftige Streitgenosse anders als der ersatzpflichtige Gegner behandelt werden soll; denn auch er schuldet (auf der Grundlage von § 7 Abs. 2 RVG) Zahlungen auf die Wahlanwaltsvergütung. Müller-Rabe (in: Gerold/Schmidt, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 19. Auflage 2010, § 59 Rn. 33) kommt zum gleichen Ergebnis. Allerdings lehnt er die Legalzession nach § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG ab und plädiert dafür, die Staatskasse müsse gegen den nicht bedürftigen Streitgenossen den Ausgleichsanspruch nach § 426 BGB geltend machen. Dabei ist jedoch unklar, auf welchem Weg die Staatskasse den Anspruch nach § 426 BGB erwerben soll; denn sie schuldet die Vergütung nach §§ 45 ff. RVG nicht als Gesamtschuldnerin. In Konsequenz dessen tritt Dürbeck (a.a.O.) für eine analoge Anwendung von § 426 Abs. 2 BGB ein. Nach Ansicht des Senats wäre es jedoch kohärenter, die Legalzession mittels der dargestellten Auslegung des Begriffs "Partei" auf § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG zu stützen. Auf diese Weise ließe sich der Übergang der Forderung dem Grunde nach systemnäher und ohne Analogie beigründen. Lediglich zum Umfang des Forderungsübergangs müsste § 426 Abs. 2 BGB in Analogie aktiviert werden; denn der Forderungsübergang sollte nur insoweit stattfinden, als der nicht bedürftige Streitgenosse, hier StrG 2, im Innenverhältnis mit dem bedürftigen Streitgenossen zur Tragung der Anwaltskosten verpflichtet ist. Zugleich muss dem Anwalt so viel an "Forderungsresten" erhalten bleiben, dass er gegen den nicht bedürftigen Streitgenossen den Teil der Wahlanwaltsvergütung (auf der Grundlage von § 7 Abs. 2 RVG) realisieren kann, um den diese die Vergütung nach §§ 45 ff. RVG übersteigt; das gebietet § 59 Abs. 1 Satz 2 RVG. Wie man es auch dogmatisch begründet: Die Staatskasse kann grundsätzlich beim nicht bedürftigen Streitgenossen, also bei StrG 2, außerhalb des Verfahrens nach §§ 45 ff. RVG Regress nehmen. Die Einzelheiten dieses Forderungsübergangs sind kompliziert und sollen an dieser Stelle nicht weiter erörtert werden."

  • so auch schon das LSG Bayern mit Beschluss vom 31.07.2013 - L 15 SF 5-13 B.

    Das beantwortet jedoch immer noch nicht die Frage, wie hoch zum einen der Erstattungsanspruch nach § 59 RVG gegenüber des erstattungspflichtigen Prozessgegners aus der Kostengrundentscheidung ist und noch viel weniger, welchen erstattungsfähigen Anspruch die Landeskasse gegenüber dem Streitgenossen hat, dem nicht PKH bewilligt wurde.

    Hierzu ein Auszug der Entscheidung:

    "Der Senat ist der Meinung, dass als "Partei" im Sinn von § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG auch der vom beigeordneten Anwalt mitvertretene nicht bedürftige Streitgenosse angesehen werden sollte, auch wenn im Prozesskostenhilferecht mit "Partei" ansonsten nur die bedürftige Partei gemeint ist. Es dürfte nichts dagegen sprechen, den Begriff "Partei" hier abweichend zu interpretieren. Hinzu kommt, dass die Legalzession des § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG nicht speziell auf Forderungen gegen die bedürftige Partei zugeschnitten ist. Vielmehr werden auch Ansprüche gegen ersatzpflichtige Gegner erfasst. Damit kommt zum Ausdruck, dass die Staatskasse generell von Zahlungen oder Zahlungsverpflichtungen anderer Personen auf die Wahlanwaltsvergütung profitieren soll. Der Senat sieht keine Rechtfertigung, warum der nicht bedürftige Streitgenosse anders als der ersatzpflichtige Gegner behandelt werden soll; denn auch er schuldet (auf der Grundlage von § 7 Abs. 2 RVG) Zahlungen auf die Wahlanwaltsvergütung. Müller-Rabe (in: Gerold/Schmidt, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 19. Auflage 2010, § 59 Rn. 33) kommt zum gleichen Ergebnis. Allerdings lehnt er die Legalzession nach § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG ab und plädiert dafür, die Staatskasse müsse gegen den nicht bedürftigen Streitgenossen den Ausgleichsanspruch nach § 426 BGB geltend machen. Dabei ist jedoch unklar, auf welchem Weg die Staatskasse den Anspruch nach § 426 BGB erwerben soll; denn sie schuldet die Vergütung nach §§ 45 ff. RVG nicht als Gesamtschuldnerin. In Konsequenz dessen tritt Dürbeck (a.a.O.) für eine analoge Anwendung von § 426 Abs. 2 BGB ein. Nach Ansicht des Senats wäre es jedoch kohärenter, die Legalzession mittels der dargestellten Auslegung des Begriffs "Partei" auf § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG zu stützen. Auf diese Weise ließe sich der Übergang der Forderung dem Grunde nach systemnäher und ohne Analogie beigründen. Lediglich zum Umfang des Forderungsübergangs müsste § 426 Abs. 2 BGB in Analogie aktiviert werden; denn der Forderungsübergang sollte nur insoweit stattfinden, als der nicht bedürftige Streitgenosse, hier StrG 2, im Innenverhältnis mit dem bedürftigen Streitgenossen zur Tragung der Anwaltskosten verpflichtet ist. Zugleich muss dem Anwalt so viel an "Forderungsresten" erhalten bleiben, dass er gegen den nicht bedürftigen Streitgenossen den Teil der Wahlanwaltsvergütung (auf der Grundlage von § 7 Abs. 2 RVG) realisieren kann, um den diese die Vergütung nach §§ 45 ff. RVG übersteigt; das gebietet § 59 Abs. 1 Satz 2 RVG. Wie man es auch dogmatisch begründet: Die Staatskasse kann grundsätzlich beim nicht bedürftigen Streitgenossen, also bei StrG 2, außerhalb des Verfahrens nach §§ 45 ff. RVG Regress nehmen. Die Einzelheiten dieses Forderungsübergangs sind kompliziert und sollen an dieser Stelle nicht weiter erörtert werden."

    M.E.:
    Nach Zahlung aus der Landeskasse § 59 RVG gegen unterlegenen Gegner in Höhe des kopfteiligen Anteils der obsiegenden PKH-Parteien an der Gesamtvergütung ihres Anwaltes.
    Nach Zahlung aus der Landeskasse § 426 BGB gegen Streitgenossen ohne PKH in Höhe des aus der Landeskasse gezahlten Betrages, der über den kopfteiligen Anteil der PKH-Parteien an der Gesamtvergütung ihres Anwaltes hinausgeht. Von einer Einforderung wird man ggf. absehen, wenn für den Streitgenossen die Voraussetzungen des § 10 KostVfg vorliegen.

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