Berichtigung aufgrund Erbvertrag 1, Erbvertrag 2 oder gar Erbschein?

  • Mal wieder ein Nachlassfall, der bei mir bzgl. der GB-Berichtigung Fragen aufwirft:

    Der eingetragene und nun verstorbene Eigentümer E hat mit seiner Ehefrau F und seinem einen Sohn S1 im Jahr 2000 einen Erbvertrag geschlossen. Darin haben sich E und F wechselseitig zu unbeschränkten Erben eingesetzt und vertragsgemäß den S1 zum Schlusserben bestimmt. S1 hat die Einsetzung angenommen. Ein Rücktritt o.ä. wurde nicht vorbehalten.

    In 2013 hat S1 dann in notarieller Urkunde gegenüber E und F auf seine Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche verzichtet. Der Verzicht erstreckt sich auch auf die Abkömmlinge, gilt aber nicht für das gesetzliche Erbrecht. Erläutert wird außerdem, dass es E und F unbenommen bleibt, S1 testamentarisch zu bedenken. Auf den Erbvertrag aus 2000 wird aber mit keinem Wort eingegangen.

    Am gleichen Tag (eine URNr. später) schließen E, F und der zweite Sohn S2 einen Erbvertrag.
    Darin widerrufen E und F "vorsorglich" alle etwa vorhandenen Verfügungen von Todes wegen und setzen sich dann erneut gegenseitig zu unbeschränkten Erben ein. Schlusserbe soll aber nun - vertragsgemäß - S2 werden.
    S1 wird nicht erwähnt und auch auf den alten Erbvertrag wird nicht eingegangen.

    Für meinen ersten Erbfall ist ja klar, dass F Alleinerbin nach E geworden ist, ich habe aber Zweifel an der Wirksamkeit des zweiten Erbvertrages aus 2013. Eine ausdrückliche Aufhebung des ersten Vertrages scheint es nicht gegeben zu haben. Man könnte aber ja vielleicht den Pflichtteilsverzicht als Aufhebungsvertrag i.S.d. § 2290 BGB auslegen, da dieser ja offenbar in direktem Zusammenhang mit dem zweiten Erbvertrag geschlossen wurde. :gruebel:

    Muss ich also einen Erbschein verlangen, damit geklärt wird, ob F nun aufgrund des ersten oder des zweiten Erbvertrages Alleinerbin geworden ist?

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • S 1 ist aufgrund des Erbvertrags aus dem Jahr 2000 Alleinerbe.

    Der Verzichtsvertrag aus dem Jahr 2013 beschränkt sich ausdrücklich auf das Pflichtteilsrecht und (nur) in diesem Kontext ist auch die - rein klarstellende - Bestimmung zu verstehen, dass es den Eltern freisteht, den Sohn S 1 letztwillig zu bedenken.

    Ohne entsprechenden Erbschein kommt jedenfalls keine Eintragung der Erbfolge zugunsten von S 2 in Betracht, da die betreffende "gewagte" Auslegung angesichts des ausdrücklich beschränkten Regelungsgehalts des Verzichtsvertrags nicht ohne weitere Ermittlungen denkbar ist und deshalb dem Nachlassgericht im Erbscheinsverfahren vorbehalten bleiben muss.

  • ich glaube es geht nur um die Erbenstellung der Ehefrau. Ich fürchte die Auslegung, welcher Erbvertrag hierfür maßgeblich ist, muss der Rpfl. vornehmen. Passierenn kann ja nichts, da die Erbenstellung der Ehefrau klar ist. Ich würde einfach beide Erbverträge nennen.

  • Derzeit soll ich ja nur die Ehefrau E eintragen. Nachdem, was vorstehend gesagt wurde, kann/muss ich also aufgrund des ersten Erbvertrages eintragen. Ein Grund, einen ES zu verlangen, besteht demnach also nicht. Richtig?

    Ulf

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  • Ja, der erste Erbfall ist kein Problem.


    Dann ist doch aber auch der 2. Erbfall kein Problem. Denn die Frage, welcher Erbvertrag gilt, muss ich ja auch für die jetzt anstehende Berichtigung beantworten.

    Ulf

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  • Ja, der erste Erbfall ist kein Problem.


    Dann ist doch aber auch der 2. Erbfall kein Problem. Denn die Frage, welcher Erbvertrag gilt, muss ich ja auch für die jetzt anstehende Berichtigung beantworten.

    Da gilt dann das von Cromwell in #2 gesagte. Falls S2 als Alleinerbe eingetragen werden will, braucht's einen Erbschein.

  • Da beide Erbverträge im Hinblick auf die Alleinerbeneinsetzung des überlebenden Ehegatten identisch sind, spielt es im Ergebnis keine Rolle, ob die Erbfolge auf dem ersten, auf dem zweiten oder auf beiden Erbverträgen beruht. Interessant werden die Dinge erst beim zweiten Erbfall und es steht zu hoffen, dass das Nachlassgericht die Beteiligten auf die bestehenden Diskrepanzen hingewiesen hat.

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