Widerruf einer Vollmacht

  • Hallo alle zusammen, ersteinmal wünsche ich euch ein frohes Neues Jahr! Ich habe gleich im neuen Jahr folgendes Problem auf dem Tisch: Mir liegt eine Änderung der Teilungserklärung (Änderung der Gemeinschaftsordnung) vom September 2014 vor. Der Eigentümer, der seinerzeit die Teilung vorgenommen hat, handelt für sich und für die restlichen Eigentümer aufgrund Vollmachten, die jeweils in den einzelnen Kaufverträgen enthalten sind. Diese Vollmachten liegen hier in Ausfertigung vor und wurden unwiderruflich erteilt. Inhaltlich reichen sie zur Änderung der TE aus. der Antrag ist hier im Oktober 2014 eingegangen. Ich musste noch eine Zwischenverfügung erlassen, die bisher noch nicht erledigt wurde, so dass noch keine Eintragung erfolgt ist. Im Dezember 2014 reicht eine Eigentümerin einen formlosen Widerruf der im Kaufvertrag enthaltenen Vollmacht zu den Akten ein mit der Begründung, die Vollmacht widerspreche den §§ 308 Nr. 4 und 307 Abs. 1 BGB. Muss ich diesen Widerruf jetzt beachten? Die vor dem Widerruf vorgenommenen Rechtshandlungen des Bevollmächtigten müssten doch wirksam sein. Wie seht ihr das? Vielen Dank schon mal!

  • Wenn die Vollmacht zum Zeitpunkt der Abgabe der Eintragungsbewilligung bestand, ist ein späterer Widerruf grundsätzlich unbeachtlich (OLG Hamm, B. v. 11.05.2004, 15 W 163/04; OLG München, B. v. 22.06.2012, 34 Wx 481/11). Zudem wäre der Vollmachtswiderruf gegenüber dem Bevollmächtigten und nicht gegenüber dem GBA zu erklären, dem GBA ist lediglich der gegenüber dem Bevollmächtigten erfolgte Widerruf darzutun (OLG München, B. vom 23.11.2012, 34 Wx 319/12). Ein solcher Widerruf wäre im Übrigen auch bei einer unwiderruflich erteilten Vollmacht aus wichtigem Grund zulässig (BGH, WM 1985, 646, 647; MüKo/Schramm, § 168 BGB RN 28 mwN). Auch die Frage, ob eine Vollmacht deshalb widerrufen werden kann, weil sie gegen §§ 305-310 BGB verstößt, ist im GB-Verfahren grundsätzlich nicht zu prüfen. Otto führt dazu im Beck'schen Online-Kommentar GBO, Stand: 01.10.2014, § 29 RN 79 aus:

    „Allerdings ist der Prüfungsumfang, bedingt durch das System des Grundbuchs und die Funktion des Grundbuchamts, auch hier nach allgemeinen Grundsätzen eingeschränkt (Zimmer 2014, 338). Insbes die Prüfung Allgemeiner Geschäftsbedingungen und formularmäßig erteilter Vollmachten nach den §§ 305-310 BGB erfordert idR eine wertende Beurteilung unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände, zu der das Grundbuchamt im Eintragungsantragsverfahren grds nicht in der Lage ist. Insoweit bleibt die Inhaltskontrolle auf offensichtliche Unwirksamkeitsgründe beschränkt (BayObLG RNotZ 2003, 183; OLG München MittBayNot 2010, 129; zT anders Beck OK Hügel/Holzer § 19 Rn 16 und Rn 53 - 57)“

    Vorliegend stellt sich allerdings die Frage, ob die dem Bauträger in den einzelnen Kaufverträgen offenbar inhaltsgleich erteilten Vollmachten dem Bestimmtheitsgebot genügen. Dazu habe ich am 21.01.2010 an anderer Stelle ausgeführt, dass nach überwiegender Ansicht der teilende Eigentümer (Bauträger) eine Teilungserklärung anhand einer Vollmacht nur dann ändern kann, wenn in der Vollmacht konkret beschrieben ist, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang vorgesehen ist, die Teilungserklärung zu ändern (Armbrüster, ZMR 2005, 244/250; Kolb, MittRheinNotK 1996, 254/258; Krause, NotBZ 2002, 11/13; alle zitiert bei Böttcher „Änderungsvollmachten beim Wohnungseigentum“, ZNotP 8/2007, 298/302 Fußn. 41). Inzwischen hat das OLG München allerdings auch eine im Außenverhältnis unbeschränkt erteilte Vollmacht zur Änderung der Teilungserklärung bis zur Grenze des evidenten Vollmachtsmissbrauchs anerkannt und einen Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB verneint, wenn eine hinreichende Beschränkung im Innenverhältnis vorliegt (OLG München, B. vom 7. 11. 2012 - 34 Wx 208/12 = RNotZ 2013, 122.

    http://www.gesetze-bayern.de/jportal/portal…true#focuspoint

    Die Schriftleitung der RNotZ führt dazu aus:

    „Weiterhin führt das OLG München aus, dass die konkret vorliegende Vertragsgestaltung nicht offensichtlich gegen § 308 Nr. 4 BGB (Änderungsvorbehalt) verstoße, da eine hinreichende Beschränkung im Innenverhältnis vorliege (vgl. zu dieser Frage auch Reetz, Beck'sches Notarhandbuch, 5. Aufl. 2009, F. I. Rn. 15). Der Senat lässt dabei jedoch die Frage, ob die §§ 305 ff. BGB auf Grundbuchvollmachten überhaupt anwendbar sind, ausdrücklich offen (vgl. zu dieser Frage umfassend Basty, Der Bauträgervertrag, 7. Aufl. 2012, Rn. 200 ff.).

    Die Aufnahme einer Vollmacht zur Änderung der Teilungserklärung in einen (Bauträger-) Kaufvertrag über Wohnungs- bzw. Teileigentum in der vorliegenden Form hat sich in der Praxis eingebürgert (Rapp, Beck'sches Notarhandbuch, 5. Aufl. 2009, A III. Rn. 154). Die Entscheidung des OLG München zeigt insoweit jedoch, dass bei der Vertragsgestaltung auf eine hinreichend genaue Formulierung der Einschränkungen der nach außen unbeschränkten Vollmacht im Innenverhältnis zu achten ist. ..“

    Wenn dies in Deinem Fall beachtet wurde, sehe ich keinen Anlass, an der Verwendungsfähigkeit der Vollmacht zu zweifeln.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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