Konsequenz wenn der tatsächliche Ausfall niedriger ist als der geschätzte Ausfall?

  • Hallo!

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieses sicherlich nicht seltene Problem noch nicht besprochen wurde, kann in der Forensuche hierzu aber nichts finden:

    Wir wurden im Jahr 2012 vom Insolvenzverwalter im Hinblick auf die Schlussverteilung -wie so häufig- aufgefordert, unseren tatsächlichen Aufall zu schätzen. Es lief da seit einem Jahr die Zwangsversteigerung über unser Beleihungsobjekt. Unsere bis dahin für den Ausfall festgestellte Forderung wurde dann um den von uns geschätzten Versteigerungserlös reduziert, mit dem geringeren Betrag "nachträglich ohne Beschränkung für den Ausfall festgestellt" und so in die Insolvenztabelle aufgenommen. In der Schlussverteilung erhielten wir eine sehr geringe Quote. Restschuldbefreiung wird angestrebt und die Wohlverhaltensperiode läuft.

    Ende letzten Jahres wurde das Beleihungsobjekt mit einem höheren Erlös als erwartet versteigert. Hierüber haben wir nun den Insolvenzverwalter zu informieren. Welche Konsequenzen hat dies:

    Müssen wir jetzt einen Teil der in der Schlussverteilung erhaltenen Quote wieder auskehren?
    Oder müssen wir sogar den Erlösanteil, der den von uns seinerzeit geschätzten Versteigerungserlös übersteigt, an die Insolvenzmasse auskehren? :gruebel:

  • Augenblicklich nichts, solange der vormalige IV nicht die NTV anregt. Es kann der Übererlös aus der Versteigerung verlangt werden. Hierzu müsste es eine BGH Entscheidung geben.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Danke, aber das BGH-Urteil trifft nicht auf den Fall zu. In dem Urteil erhält ein Insolvenzgläubiger unerwartet einen derart hohen Erlös aus einer Sicherheitenverwertung, dass er heriaus seine Forderung vollumfänglich zurückführen kann. Es bleibt sodann noch ein tatsächlicher Übererlös und das Urteil klärt lediglich, dass dieser Übererlös im Rahmen einer Nachtragsverteilung den Insolvenzgläubigern und nicht der Schuldnerin zufließt.

    Wir haben aber keinen tatsächlichen Übererlös, sondern zunächst nur einen höheren Ausfall geschätzt, als wir nun letztlich haben. Mit einem Großteil unserer Forderung fallen wir noch immer aus. Auch für so einen Fall müsste es doch mittlerweile eine BGH-Entscheidung geben. :confused:

  • Wenn ich das recht verstehe, dann fallt Ihr immer noch teilweise aus, ihr habt lediglich eine Quote auf eine höhere Orderung erhalten, als Eure Forderung jetzt tatsächlich war. Meiner Meinung nach müsst Ihr den Quotenanteil zurückführen, den ihr zuviel bekommen habt. Dieser Quotenanteil wäre dann Gegenstand einer Nachtragsverteilung, an der Ihr allerdings auch wieder (mit einer Forderung in Höhe Eures tatsächlichen Ausfalls) beteiligt seid.

    Einen Grund für die Rückführung des (übrigen) Mehrerlöses im Übrigen sehe ich nicht, denn insoweit hat sich an Eurer Stellung als dinglich bevorrechtigter Gläubiger ja nichts geändert.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Wir haben aber keinen tatsächlichen Übererlös, sondern zunächst nur einen höheren Ausfall geschätzt, als wir nun letztlich haben. Mit einem Großteil unserer Forderung fallen wir noch immer aus. Auch für so einen Fall müsste es doch mittlerweile eine BGH-Entscheidung geben. :confused:

    Das ist nicht richtig, man mag intern schätzen, extern verzichtet man aber auf das Absonderungrecht in entsprechender Höhe, so § 190 InsO. Dies bedeutet im Endeffekt, dass der Verwalter einen Anspruch auf löschungsfähige Quittung hat.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Einen Grund für die Rückführung des (übrigen) Mehrerlöses im Übrigen sehe ich nicht, denn insoweit hat sich an Eurer Stellung als dinglich bevorrechtigter Gläubiger ja nichts geändert.

    Doch, weil man auf seine Rechte aus § 52 InsO verzichtet hat, siehe IX ZB 61/09.

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  • Zu keinem Zeitpunkt haben wir auf den Sicherungszweck oder das Absonderungsrecht verzichtet.

    Wir erklärten: "Wir rechnen mit einem Versteigerungserlös von EUR... und reduzieren hiermit unsere angemeldete Forderung um diesen Betrag." "Den Betrag des erwarteten Erlöses bitten wir weiterhin zum Ausfall festzustellen".

    Der Insolvenzverwalter hat dies nicht beanstandet.

  • Das dürfte dann ein konkludenter Verzicht sein, mit dem Ziel, dass die ausgefallene Forderung bei der Verteilung mit zu berücksichtigen ist, vergl. Uhlenbruck § 190 Rn. 6 (die dort zitierte Entscheidung des OLG Hamm finde ich allerdings nicht). Richtig und konsequent wäre es durch den Verwalter gewesen, sich eine Löschungsbewilligung geben zu lassen.

    Aber noch ein mal zurück: gibt es denn unter vorrangiger Berücksichtigung der Zinsen nach IE überhaupt einen Übererlös?

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Die Berechnung der laufenden Zinsen seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zum Tag der Verwertung der Absonderungsrechte gemäß BGH-Urteil IX ZR 83/10 schöpft nicht annähernd den Erlösanteil aus, mit dem unsere seinerzeitige Schätzung übertroffen wurde.

    Ich denke aber nicht, dass man unsere Erklärung als konkludenten Verzicht auslegen kann. Der Insolvenzverwalter hätte hier nachfassen müssen, um damit bei einem Prozeß zu bestehen.

    Da eine solche Schätzung im laufenden ZV-Verfahren häufig von Insolvenzverwaltern verlangt wird und Erlöse in der Versteigerung nicht selten unerwartet hoch ausfallen, muss sich doch dazu ein Urteil finden könne, wenn die Schätzung des Gläubigers tatsächlich so weitreichende Konsequenzen hat.

  • Da eine solche Schätzung im laufenden ZV-Verfahren häufig von Insolvenzverwaltern verlangt wird und Erlöse in der Versteigerung nicht selten unerwartet hoch ausfallen, muss sich doch dazu ein Urteil finden könne, wenn die Schätzung des Gläubigers tatsächlich so weitreichende Konsequenzen hat.


    Die gängige Kommentierung geht davon aus, dass lediglich bei einer Abschlagsverteilung der mutmaßliche Ausfall mitgeteilt werden muss.

    Für die Schlussverteilung gilt: Ausfallbezifferung oder Verzicht. Und bei dem Verzicht muss man halt als Gläubiger schätzen, die Wortwahl ist unglücklich, einschätzen ist besser, was aus der Verwertung am Ende rauskommt und entsprechend so seinen Verzicht ansetzen.

    Hierzu ganz schön dargestellt im HamKo, Vor 49 - 52, Rn. 23, welcher ausführt, dass ein eventueller Übererlös der Masse gebührt.

    Fraglich ist, ob der Verwalter hätte nachfassen müssen. Das was gewollt war, nämlich die Teilhabe an der Verteilung, dürfte unstrittig sein. Für meinen Teil hätte ich mich mit so einer Aussage eines Gläubigers nicht begnügt, sondern hätte entsprechende Löschungsbewilligung abgefordert. Da haben viele dann keine Lust mehr...

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Einen Grund für die Rückführung des (übrigen) Mehrerlöses im Übrigen sehe ich nicht, denn insoweit hat sich an Eurer Stellung als dinglich bevorrechtigter Gläubiger ja nichts geändert.

    Doch, weil man auf seine Rechte aus § 52 InsO verzichtet hat, siehe IX ZB 61/09.


    Nachgelesen und für zutreffend befunden. :oops:

    Danke, was dazu gelernt.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH


    (und zum OLG Hamm bei Uhlenbruck: Beschluss vom 01.06.1994 - 15 W 123/93, z.B. Beck-RS 2006, 11522)

  • hm, die Zinsen ab Eröffnung des Verfahrens würde ich aber gegenrechnen, da ihr die ja i.d.R. nicht im Insolvenzverfahren habt geltend machen können.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

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