Vorzeitige RSB nach InsO n.F. bei keiner angemeldeten Forderung

  • Nach der InsO a.F. war die RSB-Erteilung mit Aufhebung des Verfahrens bei keiner Forderungsanmeldung nicht ausdrücklich geregelt. Man konnte also Kreativität walten lassen und entweder nach dem Prinzip „Augen zu“ die RSB erteilen oder mangels Deckung der Verfahrenskosten den Schuldner in die WVP schicken (in der immer noch keine Deckung der Verfahrenskosten erreicht wurde, aber die Ausgaben durch die TH-Vergütung gesteigert wurden) und nach sechs Jahren RSB erteilen.

    In Verfahren mit Antragstellung ab 01.07.2014 müssen nach § 300 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 InsO n.F. die Kosten bezahlt sein, bevor vorzeitige RSB erteilt werden kann. Man muss also an sich den Schuldner in die WVP schicken, mit dem Risiko des § 298 InsO, wenn es in der WVP zur Stundungsaufhebung kommt.

    Die ersten Verfahren dieser Art werden ja schon vorliegen oder bald auftreten.

    Bei Geringverdienern und Sozialleistungsempfängern gibt es in der Regel keine Aussicht, dass dann noch Pfändungseinnahmen auf die Verfahrenskosten vereinnahmt werden können. In vielen Fällen wird die WVP dann nur noch um ihrer selbst willen durchgeführt werden, aber am Ergebnis nichts ändern.

    Was tun?

  • Falls kein Gläubiger eine Forderung angemeldet hat, werde ich nach wie vor dem Schuldner die Restschuldbefreiung erteilen.

    Eventuell noch offene Verfahrenskosten interessieren mich nicht.
    Diese stelle ich nur bei eventueller Aussicht auf Einziehung zum Soll.

    Das RSB-Verfahren ohne den Hauch einer Chance auf Begleichung der bisherigen Kosten, geschweige denn der noch anfallenden, vor sich hindümpeln lassen, halte ich für absoluten Schwachsinn und werde mich insoweit über die Erteilungsvoraussetzung hinwegsetzen.

    Der einzig Betroffene dürfte nur die Staats-/Landeskasse vertreten durch den Bezirksrevisor sein.
    Ggf. mag dieser sich beschweren.
    Allerdings sollte er dann bedenken, dass es sich bei einem Obsiegen sehr, sehr wahrscheinlich um einen Pyrrhussieg handeln könnte.

  • In den neuen Verfahren werde ich jetzt keine vorzeitige RSB mehr erteilen. Ich meine, durch § 300 InsO ist das jetzt klar gesetzlich geregelt. Ich finde die Regelung (auch) blödsinnig, aber als guter Demokrat ;) nehme ich die Entscheidungen der Volksvertretung/des Gesetzgebers natürlich hin. Man hat sich halt anders entschieden als beispielsweise ich es gemacht hätte. Und irgendwie ist ja dann auch doch jeder zufrieden: der TH kriegt 119,00 sichere Euros pro Jahr, braucht eigentlich nix zu machen. Ich muss nix machen und kriege die jährlichen Pebbsy-Minuten. Der Schuldner muss nix machen und kriegt die RSB.

    Die Entscheidung aus Essen ist meiner Meinung nach nicht einschlägig, da sie halt vor der Gesetzesänderung erfolgte.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Und irgendwie ist ja dann auch doch jeder zufrieden: der TH kriegt 119,00 sichere Euros pro Jahr, braucht eigentlich nix zu machen. Ich muss nix machen und kriege die jährlichen Pebbsy-Minuten. Der Schuldner muss nix machen und kriegt die RSB.

    Naja, alle Beteiligten können sich auch noch viel "Spaß" mit der Kostenstundung und einem erfrischenden 298er machen... :daumenrun

  • Ich weiss zwar nicht was Du daranso lustig findest, aber für Altfälle finde ich die Entscheidung durchaus zutreffend.

    Mein IG fand die Auffassung schon aus Göttingen nicht würdig, ihr zu folgen. Hatte ich ja oben schon geschrieben. Deshalb dürfte es nicht verheißungsvoll sein, nun mit gleicher Entscheidung eines anderen Gerichts ums Eck zu kommen.

    Ich hatte den Versuchsballon ja mit Göttingen hier schon gestartet, es kam die kurze Reaktion, dass das IG der Auffassung nicht folgt. Feddisch. :)

  • Und irgendwie ist ja dann auch doch jeder zufrieden: der TH kriegt 119,00 sichere Euros pro Jahr, braucht eigentlich nix zu machen. Ich muss nix machen und kriege die jährlichen Pebbsy-Minuten. Der Schuldner muss nix machen und kriegt die RSB.

    Naja, alle Beteiligten können sich auch noch viel "Spaß" mit der Kostenstundung und einem erfrischenden 298er machen... :daumenrun


    In diesen Fällen brauch der TH ja mal nicht den "Service" bieten und jährlich die Vermögensverhältnisse abfragen. Aber stimmt schon, wenn dann natürlich trotzdem von allen abgefragt wird, kann es tatsächlich so enden. Aber auch das wusste ja der Gesetzgeber. Und wie sagt er in der Gesetzesbegründung so schön zu 298 und dem Thema Sperrfrist: " Vor diesem Hintergrund sollte dem zwar nachlässigen, aber gegenüber seinen Gläubigern redlichen Schuldner eine alsbaldige Restschuldbefreiung nicht verwehrt werden". Daran halte ich mich und wie schrieb ich hier schon oft: 298 ist tot tot tot...;)

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  • In den neuen Verfahren werde ich jetzt keine vorzeitige RSB mehr erteilen. Ich meine, durch § 300 InsO ist das jetzt klar gesetzlich geregelt. Ich finde die Regelung (auch) blödsinnig, aber als guter Demokrat ;) nehme ich die Entscheidungen der Volksvertretung/des Gesetzgebers natürlich hin. Man hat sich halt anders entschieden als beispielsweise ich es gemacht hätte. Und irgendwie ist ja dann auch doch jeder zufrieden: der TH kriegt 119,00 sichere Euros pro Jahr, braucht eigentlich nix zu machen. Ich muss nix machen und kriege die jährlichen Pebbsy-Minuten. Der Schuldner muss nix machen und kriegt die RSB.

    Die Entscheidung aus Essen ist meiner Meinung nach nicht einschlägig, da sie halt vor der Gesetzesänderung erfolgte.


    Ich hadere noch.

  • Da die Situation aufgrund der hierzu erschienenen Veröffentlichungen dem Gesetzgeber klar war, werde ich künftig (also in Verfahren nach n.F.) nicht vorzeitig erteilen, dem Verwalter schreiben, er solle mich in Ruhe lassen und mit Freude das Geld der Staatskasse zum Fenster rauswerfen. vox populi vox rindvieh

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • In diesem Zusammenhang stellt sich mir die Frage, ob ich für die Erteilung der vorzeitigen RSB, z.B. wenn keine Forderung angemeldet worden ist, auch noch einen gesonderten Antrag des Schuldners auf Erteilung der RSB benötige.

    In § 300 I InsO heißt es zwar: "Hat der Schuldner die Kosten des Verfahrens berichtigt, entscheidet das Gericht auf seinen Antrag, wenn 1. im Verfahren kein Insolvenzgläubiger eine Forderung angemeldet hat ...."

    M.E. ist der Antrag auf Erteilung der RSB, also auch der vorzeitigen RSB, durch § 287 InsO, wonach die Erteilung der RSB einen Antrag des Schuldners voraussetzt und der in der Regel immer vorliegt, gedeckt.

    Oder sehe ich dies falsch?

    Hinsichtlich der Berichtigung der Kosten sehe ich kein Problem, denn AG Göttingen sagt ja:
    "Die Berichtigung der Verfahrenskosten gem. § 300 I S. 2 InsO kann auch durch eine Stundung gem. §§ 4 a ff. InsO erfolgen, wenn kein Gläubiger eine Forderung angemeldet hat." (AG Göttingen, Beschl. v. 29.04.2015 - 71 IK 99/14)

  • In diesem Zusammenhang stellt sich mir die Frage, ob ich für die Erteilung der vorzeitigen RSB, z.B. wenn keine Forderung angemeldet worden ist, auch noch einen gesonderten Antrag des Schuldners auf Erteilung der RSB benötige.

    In § 300 I InsO heißt es zwar: "Hat der Schuldner die Kosten des Verfahrens berichtigt, entscheidet das Gericht auf seinen Antrag, wenn 1. im Verfahren kein Insolvenzgläubiger eine Forderung angemeldet hat ...."

    M.E. ist der Antrag auf Erteilung der RSB, also auch der vorzeitigen RSB, durch § 287 InsO, wonach die Erteilung der RSB einen Antrag des Schuldners voraussetzt und der in der Regel immer vorliegt, gedeckt.

    Oder sehe ich dies falsch?

    Hinsichtlich der Berichtigung der Kosten sehe ich kein Problem, denn AG Göttingen sagt ja:
    "Die Berichtigung der Verfahrenskosten gem. § 300 I S. 2 InsO kann auch durch eine Stundung gem. §§ 4 a ff. InsO erfolgen, wenn kein Gläubiger eine Forderung angemeldet hat." (AG Göttingen, Beschl. v. 29.04.2015 - 71 IK 99/14)

    Also ich meine, wenn man jetzt trotz des relativ eindeutigen Gesetzeswortlaut auch ohne Zahlung der Kosten vorzeitig RSB erteilt, kann man doch auch entgegen des relativ eindeutigen Gesetzwortlauts ohne Antrag entscheiden.

    Da Eure/Deine Auslegung in diesem Fall ja dahin geht, dass "Berichtigung der Verfahrenskosten" durch die Stundung erfolgen kann, werdet Ihr/wirst Du ja jetzt auch sicherlich in allen Stundungsfällen nach 5 Jahren die Restschuldbefreiung erteilen, oder ? Denn da gibt es ja dann kein Unterschied zwischen Ziffer 1 und 3 in § 300 InsO. Und einen Antrag braucht man dann auch nicht.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

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