Örtliche und sachliche Zuständigkeit, kleines Amtsgericht

  • Hallo ihr Lieben,

    wir sind hier ein kleines Amtsgericht ohne Familien-, Insolvenz- und Registerabteilung. Nun hat meine Kollegin einen Fall, in dem sie von einem Familiengericht ersucht wird, einen Ergänzungspfleger zu verpflichten. Daraus ist bei uns eine Diskussion entstanden, ob wir dafür zuständig sein können oder ob ein solches Ersuchen nur an ein anderes Familiengericht gerichtet werden kann. Eigentlich nicht, war unser Gedanke, aber wo steht's?
    Daneben stellt sich dann die Frage, woraus sich ergibt, dass wir Gewaltschutzanträge für ein Familiengericht aber sehr wohl aufnehmen müssen. Oder müssen wir das gar nicht? Oder hängt das an der Eilbedürftigkeit? Und müssten wir dann auch Anträge auf eilige Umgangsneuregelung aufnehmen, wenn da einstweilig etwas zu "übermorgen" geklärt werden muss? Das FamFG hat mir auf die Schnelle dazu nichts ausgespuckt. Ich bin nur über § 156 GVG gestolpert, der hier aber nicht hilft.
    Und wenn wir schon dabei sind: Müssten wir auch Erklärungen für das Insolvenzgericht oder Anträge für das Handelsregister hier aufnehmen oder können wir die Leute in allen Fällen guten Gewissens an das zuständige Amtsgericht verweisen?
    Wir sind leider ziemlich verunsichert und sehen möglicherweise nur den Wald vor lauter Bäumen nicht :oops:

    Wer kann uns helfen und ein wenig Licht ins Dunkel bringen? :)

    Liebste Grüße

    Lynn

  • Für InsO:

    8. Erklärungen zu Protokoll (§ 129a ZPO)
    Die Möglichkeit, Erklärungen und Anträge bei einem beliebigen Amtsgericht anzubringen, besteht im Insolvenzverfahren nicht, weil sie einem zügigen Verfahrensgang abträglich wäre.

    Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Auflage 2013, Rn. 25 zu § 4 InsO

  • ... Daraus ist bei uns eine Diskussion entstanden, ob wir dafür zuständig sein können oder ob ein solches Ersuchen nur an ein anderes Familiengericht gerichtet werden kann. Eigentlich nicht, war unser Gedanke, aber wo steht's?
    ...

    Ja, seid ihr, vgl. OLG Stuttgart, 18 AR 15/83, zumindest soweit nicht die Rechtshilfe selbst konzentriert ist.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • ... Daraus ist bei uns eine Diskussion entstanden, ob wir dafür zuständig sein können oder ob ein solches Ersuchen nur an ein anderes Familiengericht gerichtet werden kann. Eigentlich nicht, war unser Gedanke, aber wo steht's?
    ...

    Ja, seid ihr, vgl. OLG Stuttgart, 18 AR 15/83, zumindest soweit nicht die Rechtshilfe selbst konzentriert ist.


    Ebenfalls vielen Dank für die Fundstelle.

    Sinnvoll finde ich die erfolgte Entscheidung in der Praxis allerdings nicht unbedingt, da sie dazu führt, dass Rechtshilfeersuchen durch Kollegen erledigt werden, die zu den entsprechenden Rechtsgebieten sonst nie Berührung haben. Ob das so günstig ist? :gruebel:

  • In § 129a ZPO steht jedoch "Anträge und Erklärungen, deren Abgabe vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zulässig ist, können vor der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts zu Protokoll abgegeben werden".

    Viele Anträge sind jedoch nicht vor dem Urkundsbeamten der Geschäfsstelle abzugeben, sodass m.E. die übrigen Anträge nicht von jedem Amtsgericht aufgenommen werden müssen ....


  • Viele Anträge sind jedoch nicht vor dem Urkundsbeamten der Geschäfsstelle abzugeben, sodass m.E. die übrigen Anträge nicht von jedem Amtsgericht aufgenommen werden müssen ....

    Ich versuche gerade , Deine These mit § 24 RPflG in Einklang zu bringen.

  • Um mal auf das Ausgangsproblem zu kommen: Verpflichtung des Ergänzungspflegers geht nur durch ein Familiengericht - so stehts im § 1789 BGB - "..von dem Familiengericht durch Verpflichtung..." . Wenn es also an einem Gericht kein Familiengericht gibt, kann dort keine Verpflichtung erfolgen.

  • Um mal auf das Ausgangsproblem zu kommen: Verpflichtung des Ergänzungspflegers geht nur durch ein Familiengericht - so stehts im § 1789 BGB - "..von dem Familiengericht durch Verpflichtung..." . Wenn es also an einem Gericht kein Familiengericht gibt, kann dort keine Verpflichtung erfolgen.

    :daumenrau
    Hört sich gut an ; manchmal ist man aber auch betriebsblind.

  • Das BGB regelt keine eigene verfahrensrechtliche Zuständigkeit, sondern materielles Recht. Die Angabe dient lediglich der Klarstellung und folgt dem GVG.

    In der Sache ist und bleibt das FamG zuständig, das RH-gericht trifft keine eigenen materiellen Entscheidungen, sondern tritt lediglich an die Stelle des FamG. Die RH bildet keine Anhangszuständigkeit in der Sache , sondern ist eine selbständige Aufgabe ausschließlich zur Ausführung. Die Konzentration nach § 23 d GVG bezieht sich auf Sachentscheidungen, (sachl. Förderung des Verfahrens und einheitliche Rspr.). Beides ist bei RH nicht einschlägig.

    Nur soweit die RH selbst konzentriert ist, würde sie hier ausscheiden, § 157 Abs. 2 GVG.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Rechtshilfeersuchen sind auch zwischen dem Hauptgericht und einer etwaigen Zweigstelle möglich oder zwischen den funktionell selbständigen Abteilungen desselben Gerichts, wie zB des Familiengerichts zum Nachlassgericht, Betreuungsgericht, Grundbuchamt und Registergericht, ebenso im Verhältnis zwischen dem Gericht mit konzentrierter Zuständigkeit und dem Gericht, dem durch die Konzentration die Zuständigkeit entzogen wurde.

    Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Auflage 2013 Rn. 3 zu 156 GVG

  • Sollte man jedoch dem OLG Koblenz (MDR 77, 59) folgen,
    könnte man auf den Gedanken kommen, dass eine materielle Handlung, wie eine Verpflichtung in Familiensachen,
    im Falle einer Konzentration nach § 23 d GVG, nur durch das Konzentrationsgericht erfolgen kann.

  • Als ich noch an einem kleinen Gericht war, wo es keine Familien Abteilung gab, habe ich sogar Ergänzungspflegerverpflichtungen für das Gericht gemacht, was quasi "unser" Familiengericht war. Einfach aufgrund von Entfernung und Fahrzeit usw. war ein Renter (Opa des Kindes) und nicht mehr so mobil. Habe das nicht gar nicht hinterfragt sondern einfach gemacht, halt kurz die Kollegin vom FamG angerufen und gefragt, was in der Sache besonders wichtig ist, Akte und vorbereitetes Protokoll hatte ich natürlich da. Vllt wirklich mal kurz bei dem Gericht durchklingeln, von dem das Rechtshilfeersuchen kommt :)

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