Erinnerung § 766 ZPO wg. verjährter Grundschuldzinsen

  • Die Schuldnerin ( im Hintergrund agiert ein Verhinderer) hat am Terminstag Erinnerung gem. § 766 ZPO eingelegt und erhebt wegen der vom betreibenden Gläubiger seit dem 07.01.2001 geltend gemachten Grundschuldzinsen die Einrede der Verjährung. Laut BGH besteht für eine Vollstreckungsabwehrklage so lange ein Rechtsschutzbedürfnis, als der Gläubiger den Vollstreckungstitel noch in Händen hat, selbst dann, wenn der Gläubiger auf sein Recht aus dem Titel verzichtet oder zwischen ihm und dem Schuldner Einigkeit darüber besteht, dass eine Zwangsvollstreckung nicht mehr in Betracht kommt ( Beschl.v. 15.12.2011 - IX ZR 230/09 ). Zuschlagsverkündungstermin ist auf 11.03.15 bestimmt. Ich beabsichtige der Erinnerung nicht abzuhelfen mit der Begründung, dass die Erinnerung nicht begründet ist , da diese materiellen Einwendungen im Wege der Vollstreckungsabwehrklage zu erheben sind und nicht mit der Erinnerung geltend gemacht werden können.
    Ist das der richtige Weg ?
    Macht es Sinn, wenn die Gläubigerin Ihren Beitrittsantrag insoweit zurücknimmt und ich den Anordnungsbeschluss insoweit aufhebe ?
    Weitere Frage : Kann ich den Zuschlag verkünden, auch wenn noch nicht über die Erinnerung entschieden ist ?

  • Ich würde ebenfalls der Erinnerung nicht abhelfen - aus den von dir genannten Gründen. Der Schuldner hatte auch genügend Zeit, die Vollstreckungsabwehrklage einzureichen, so dass ich den Zuschlag erteilen würde. Ausnahme wäre, wenn er eine einstweilige Einstellung beim Prozessgericht erwirken sollte. Da ist der Schuldner aber am Zuge.

    Nicht verunsichern lassen und durchziehen!

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Sofern die Vollstreckung (auch) wegen des Kapitals erfolgen sollte (was ich nach dem Sachverhalt annehme), käme es auf die Zinsen ohnehin nicht an.

  • Diese Vorgehensweise der "Verhinderer" kommt mittlerweile leider richtig in Mode. Und obwohl das BGH-Urteil meiner Meinung nach absolut praxisfremd ist, bereitet es uns zunehmend Schwierigkeiten. Noch dazu wurde das Urteil des OLG Frankfurt, 24 W 2/13 vom 25.02.13, in dem ein Rechtsschutzbedürfnis in solchen Fällen verneint wurde, ebenfalls vom BGH (V ZB 35/13 vom 06.03.14) aufgehoben und zurück verwiesen.
    Es ist aber typisch, dass diese Einwände immer erst kurz vor Schluss vorgebracht werden, um dem Gläubiger gar keine Möglichkeit mehr zu geben, den Titel um die verjährten Zinsen abschreiben zu lassen. Allerdings könnte hier das Urteil des OLG München (27 U 4789/13 vom 14.05.14) helfen, das es als rechtsmissbräuchlich ansah, wenn dem Gläubiger keine angemessene Frist zur Abschreibung des Titels eingeräumt wird.
    Die ledigliche (Teil-)Rücknahme des Antrags bezüglich der verjährten Zinsen würde allerdings (leider) nichts bringen, da die Abschreibung des Titels um die verjährten Zinsen gem. BGH-Urteil wohl weiter Grundvoraussetzung ist.

  • @urmel08/15:

    Nach der aus formellen Gründen (das Beschwerdegericht hatte in seinem Beschluss keinen für das Rechtsbeschwerdegericht überprüfbaren Tatbestand aufgeführt) erfolgten Zurückverweisung durch den BGH hat das OLG Frankfurt nunmehr am 9.5.2014 wie folgt an seiner ursprünglichen Entscheidung (kein Rechtschutzbedürfnis für eine Vollstreckungsgegenklage) festgehalten:

    "Der Senat hält an der dort vertretenen Auffassung fest und erachtet die gegenteilige Meinung, die bloße Existenz eines – auch invaliden - Vollstreckungstitels reiche zur Erhebung einer Vollstreckungsgegenklage aus, für zu formalistisch.

    3Denn diese ignoriert das offensichtlich fehlende Rechtsschutzbedürfnis in Fällen wie dem vorliegenden, in dem eine Zwangsvollstreckung wegen – verjährter! – Zinsen gar nicht betrieben wurde.

    4Auf die anderweitige Ermöglichung geradezu mutwilliger Vollstreckungsgegenklagen, die eine vernünftige Partei selbst niemals erheben würde, hat der Senat bereits hingewiesen.

    5Dem trägt auch die vom Kläger bemühte Entscheidung des BGH (IX ZR 230/09) in der Weise Rechnung, dass für eine Vollstreckungsgegenklage trotz Vorliegens eines Titels ausnahmsweise kein Rechtsschutzbedürfnis besteht, „soweit eine Zwangsvollstreckung nach den Umständen des Falles unzweifelhaft nicht mehr droht.“.

    6Eine dabei etwa vom IVb. Zivilsenat des BGH (IVb ZR 52/82 Rn 18 ff. –juris-) angesprochene Lösung missbräuchlicher Vollstreckungsgegenklagen über § 93 ZPO rekurriert auf den Schutz des Gläubigers vor ungerechtfertigten Kostenfolgen, lässt dabei jedoch das – vorgreifliche - Problem des fehlenden Rechtsschutzinteresses für die Vollstreckungsgegenklage des Schuldners außen vor."

    Diese neue Entscheidung kann man den Versteigerungsverhinderern, wenn sie aus den titulierten, verjährten Zinsen Honig saugen wollen, gut entgegen halten.

    @dheim: Zuschlagen ohne Wenn und Aber, selbst wenn über die Erinnerung noch nicht entschieden sein sollte.

  • Ich würde der Erinnerung nicht abhelfen und dem Richter vorlegen, der dann mit seiner Entscheidung im selben Beschluss auch den Zuschlag erteilen muss. Dann gibt es als Rechtsmittel nur noch eine sofortige Beschwerde (steht irgendwo auch im Stöber, finde die Stelle aber nicht so schnell). Würde ich zuschlagen und dann die Erinnerung dem Richter vorlegen, laufen später 2 Beschwerdefristen. Was ist, wenn der Richter (was selten vorkommt) der Erinnerung Recht gibt oder der Schuldner gegen die Entscheidung des Richters Beschwerde einlegt und das Landgericht diesem Recht gibt ? Man kann dem Schuldner dann ja nicht sagen "Pech gehabt", die Vollstreckungsmängel sind zwar nun anerkannt, leider ist der Zuschlagsbeschluss rechtskräftig.

    Die 766er wird in letzter Zeit vor und im Termin viel eingelegt, die ganzen RM-Belehrungen sind da auch sehr förderlich. Man sollte die 766er ab Terminbestimmung vom Gesetz her ausschließen. Vorgetragene Einwendungen können im Rahmen der Zuschlagsentscheidung berücksichtigt werden oder (falls kein Zuschlag erfolgt) nach dem Termin gesondert beschieden werden. Wenn nochmal eine Anfrage zu Gesetzesvereinfachungen kommt wie 2014, werde ich die Reform der Rechtsmittel in K-Sachen anregen.

  • Ein Vollstreckungsmangel ist ein Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Ziff. 6 ZVG, der nach § 100 Abs. 3 vom Beschwerdegericht von Amts wegen zu berücksichtigen ist.

    Neben der Zuschlagsbeschwerde kann es daher keine Vollstreckungserinnerung geben und einen Zuschlag vom Richter - neee

  • Stöber Rz 2.2 zu § 95 ZVG:

    " Wird die Vollstreckungserinnerung im Termin erhoben, so wirkt sie nicht aufschiebend. Der Termin wird durchgeführt. Über die Erinnerung wird dann aus Anlass der Zuschlagsentscheidung (dann durch den Richter) entschieden".

    Ist zwar nur eine Kommentarmeinung, macht für mich Sinn, so wird aus Erinnerung und Zuschlag wieder ein Paket mit einer Möglichkeit zur sofortigen Beschwerde. Entspricht auch sinngemäß dem Gedanken aus § 101 ZVG, wo das Landgericht z.B. im Falle einer 765a-Entscheidung auch den Zuschlag erteilt, weil 765a und Zuschlag auch nicht getrennt werden dürfen.

  • Ich habe hier jetzt auch das Problem, dass zwei Tage vor dem Termin unter anderem der Einwand der Verjährung mittels § 766 ZPO eingelegtwird.

    Ich bin auch der Meinung, dass hierfür die Vollstreckungsgegenklage das richtige Rechtsmittel ist und nicht die Erinnerung. Nach Anhörung der Beteiligten werde ich dieser nicht abhelfen unddem Richter vorlegen.

    Ich habe hierzu noch eine Entscheidung gefunden:

    OLG Hamm, 23.06.2016 - 5 U 157/15

    Urmel hat hierzu noch geschrieben:

    Die ledigliche (Teil-)Rücknahme des Antrags bezüglich der verjährten Zinsen würde allerdings (leider) nichts bringen, da die Abschreibung des Titels um die verjährten Zinsen gem. BGH-Urteil wohl weiter Grundvoraussetzung ist.

    Aus welcher BGH-Entscheidung ergibt sich dies?

  • Dies ergibt sich, soweit ich auf die Schnelle finden konnte, aus etlichen BGH-Entscheidungen. Dazu gleich mehr. Ich verweise aber auf OLG Hamm, Urteil vom 23. Juni 2016 – 5 U 157/15, I-5 U 157/15. Demnach fehlt einer Vollstreckungsabwehrklage das Rechtsschutzbedürfnis, wenn eine Zwangsvollstreckung unzweifelhaft nicht mehr droht. Wann dies der Fall sei, ergebe sich aus den Umständen des Einzelfalls. Dann sei auch unschädlich, dass der Gläubiger den Titel auch hinsichtlich verjährter Zinsen in Händen halte.
    In der Entscheidung heißt es: "Wenn es - wie hier - um verjährte Grundschuldzinsen geht, ist nach Auffassung des Senats zudem bereits aufgrund des betroffenen Sachbereichs ein großzügigerer Maßstab bei der Frage des "unzweifelhaften nicht-mehr-Drohens" anzulegen: Die - strenge - Rechtsprechung des BGH zum fortbestehenden Rechtsschutzbedürfnis ist zu einer Zeit ergangen, als die Verjährung von Grundschuldzinsen erst mit Eintritt der Verwertungsreife begann. Erst im Jahr 1999 erfolgte insoweit eine Rechtsprechungsänderung, nach der es zur Verjährung der Zinsansprüche bereits vor Eintritt des Sicherungsfalles kommen konnte (BGH NJW 1999, 3705/3706). Erst nach dieser Rechtslage konnte sich damit überhaupt die Obliegenheit ergeben, gem. § 733 ZPO (ggf.: kontinuierlich) den Titel um die jeweils verjährten Zinsen anpassen zu müssen."


    In dieser Entscheidung wird folgende BGH-Rechtsprechung zitiert:
    "Grundsätzlich ist nach der Rechtsprechung des BGH das Rechtsschutzbedürfnis für eine Vollstreckungsgegenklage gem. § 767 ZPO zwar solange gegeben, wie der Gläubiger den Titel in den Händen hält (st. Rspr., vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 767 ZPO Rn. 8 m. w. N.; BGH, Urteil vom 08. Februar 1984 - IVb ZR 52/82 -, juris m. w. N.; BGH, Urteil vom 19-09-1988 - II ZR 362/87 (Stuttgart) = NJW-RR 1989, 124 m. w. N.; BGH, Urteil vom 16. Juni 1992 - XI ZR 166/91 -, juris m. w. N.; BGH, Beschluss vom 15.12.2011 - IX ZR 230/09 = BeckRS 2012, 00067)."

  • Da auf die Zinsen der Rangklasse 8 sowieso in 99% aller Fälle keine Zuteilung erfolgt habe ich mir angewöhnt nur noch aus Zinsen der Rangklasse 4 zu betreiben. Dann können mir die Versteigerungsverhinderer mit diesem Argument den Buckel herunterrutschen.

    Aber sie werden sicher bald einen neuen Winkelzug finden.

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Da auf die Zinsen der Rangklasse 8 sowieso in 99% aller Fälle keine Zuteilung erfolgt habe ich mir angewöhnt nur noch aus Zinsen der Rangklasse 4 zu betreiben.

    Sehr vernünftig. Die völlig überzogenen dinglichen Zinsen, die außerhalb des ZVG eh niemand mehr versteht,
    reichen doch locker weit in der RK 4.
    In einer Zwangsverwaltung habe ich betreibend aus Hauptsache und dinglichen Zinsen seit 2000.
    Bei 15% jährlich sind wir dann rasch bei über 225%!! Was hier der Gläubiger dachte, ist einigermaßen verdunkelt.

  • BGH vom 21.10.2016, Aktenzeichen: V ZR 230/15

    Erhebt der Schuldner während eines laufenden, aufgrund einer Sicherungsgrundschuld betriebenen Zwangsversteigerungsverfahrens eine Vollstreckungsabwehrklage, die er auf die Verjährung eines Teils der Grundschuldzinsen stützt, kann das Rechtsschutzbedürfnis ausnahmsweise zu verneinen sein. Dies setzt voraus, dass der Gläubiger nicht wegen der verjährten Zinsen vollstreckt; ferner müssen Indizien vorliegen, die in einer Gesamtwürdigung den sicheren Schluss erlauben, dass die Vollstreckungsabwehrklage ausschließlich prozesszweckfremden Zielen dient.(Rn.23)

  • Was ich an dem Problem nicht verstehe:
    Wie kann denn eine solche Klage das Versteigerungsverfahren behindern, wenn
    a. gar nicht wegen rückständiger Zinsen vollstreckt wird und was meint der BGH mit ausnahmsweise

    b. auch wegen rückständiger Zinsen vollstreckt wird, aber doch erhebliche weitere Ansprüche tituliert sind?

    Ist es nicht nur eine Zuteilungsfrage, wenn auch wegen rückständiger Zinsen vollstreckt wird?
    Den Fall, in dem auch wegen rückständiger Zinsen vollstreckt wird, bearbeite ich gerade. Die Erinnerung ist zurückgewiesen.
    Der Schuldner will aber nun klagen.

    2 Mal editiert, zuletzt von RoryG (9. Juni 2017 um 12:23)

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