Anspruchsbegründung wie gestalten?

  • Hallo ihr Lieben,

    ich brauch mal wieder einen kleinen Schubs :)

    Folgender Fall:

    Mahnbescheid gegen Schuldner erlassen. Schuldner zahlt Hauptforderung. Vollstreckungsbescheid gegen Schuldner beantragt wegen des Zinsen und Kosten. Nachdem uns die vollstreckbare Ausfertigung des Titels vorlag, haben wir Vollstreckung eingeleitet. Der Schuldner hat Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid eingelegt. Die Sache ist nun beim Streitgericht. In der Zwischenzeit war die Vollstreckung erfolgreich und der Schuldner hat alles gezahlt.

    Wir sollen nun eine Anspruchsbegründung verfassen.

    Ein solcher Fall ist uns bisher nicht untergekommen. Wie sollten jetzt unsere Anträge aussehen.

    Erklären wir den Rechtsstreit für in der Hauptsache erledigt? Mit dem Antrag dem Schuldner die Kosten des weiteren Verfahrens aufzuerlegen? Wäre das richtig?

    Es würde sich wohl nicht einfach verlaufen und ad acta gelegt wenn wir darauf nicht reagieren, weil sie die Sache ja letztlich irgendwie "erledigt" hat oder ?

    Für Hilfe wäre ich dankbar

    Herzliche Grüße

    Krümel 22

  • Ich schreibe immer:

    In Sachen

    ......

    gegen

    ......


    beantragen wir wie folgt:



    1. Die Hauptsache des Mahnverfahrens nebst Kosten und Zinsen wird vollständig für erledigt erklärt.



    1. Der Beklagte trägt die weiteren Kosten des Verfahrens.



    1. Das Urteil ist – gegebenenfalls gegen Sicherheitsleistung – vorläufig vollstreckbar.


    Dann führe ich aus, aufgrund welcher Forderung ich das Mahnverfahren eingeleitet habe, dass Zahlung zwischenzeitlich aufgrund eingeleiteter ZV-Maßnahmen erfolgt ist und der Beklagte die Kosten des streitigen Verfahrens zu tragen hat, da Zahlung nach Rechtshängigkeit erfolgt ist.

    Einmal editiert, zuletzt von Bounty71 (23. April 2015 um 10:35) aus folgendem Grund: Schreibfehler

  • Okay, das ist gut zu wissen. Ich hatte gehofft, man kommt dran vorbei :)

    Aber dann werd ich mich mal an die Arbeit machen :) Vielen Dank für die Hilfe

  • So einfach ist das nicht. Der Antragsgegner hat Teil-Widerspruch eingelegt. Dieser erledigt sich doch nicht, nur weil die Vollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Titel erfolgreich war.

  • Sorry, war Komplett-Widerspruch.

    Ändert aber nichts an der Tatsache, dass nicht einfach der Rechtsstreit für erledigt erklärt werden kann, wenn die Zahlung auf Grund Vollstreckung erfolgte.

  • Die Hauptforderung ist doch nicht mehr rechtshängig. Der Schuldner hat Einspruch gegen den VB erhoben, der nur noch wegen Zinsen und Kosten ergangen ist.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Es erfolgte die Vollstreckung der Zinsen und Kosten - genau gegen diese Ansprüche hat der Antragsgegner Einspruch eingelegt. :confused:

  • Die Hauptforderung ist doch nicht mehr rechtshängig. Der Schuldner hat Einspruch gegen den VB erhoben, der nur noch wegen Zinsen und Kosten ergangen ist.

    Richtig, aber wegen dieser Zinsen und Kosten ist dann VB ergangen und diese Zinsen und Kosten sind dann vollstreckt worden. Gemäß Antrag soll aber die Erledigung der Hautsache einschließlich Zinsen und Kosten festgestellt werden. Da habe ich schon Verständnis für die Auffassung von Liesel, dass dies für Zinsen und Kosten - anders als für die ehemalige Hauptsache - kein Fall der Erledigung ist.
    Tatsächlich war die ehemalige Nebenforderung (Zinsen und Kosten) im Zeitpunkt des Erlasses des VB zur Hauptsache mutiert, da die zugehörige Hauptsache nicht mehr Gegenstand des Verfahrens war, denn der VB war ja bereits nur noch wegen Zinsen und Kosten beantragt worden (nach Zahlung der ursprünglichen Hauptsache).

    Mir sind aber zunächst die Abläufe noch nicht ganz klar: Wie kommt es zur Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des VB bevor die Einspruchsfrist abgelaufen ist? Oder war dazwischen ein Ablauf der Einspruchsfrist und eine erfolgreiche Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die versäumte Einspruchsfrist?
    Dazu hätte dann allerdings auch eine Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem VB gehört, so dass es zur weiteren Vollstreckung gar nicht gekommen wäre.


    In der Sache meine ich, dass der o.g. umfassende Antrag auf Feststellung der Erledigung in der hier relevanten abgestuften Situation eher nicht zielführend ist, aus mehreren Gründen:

    a) Da der VB nur über Zinsen und Kosten erging, ist die ehemalige Hauptsache tatsächlich gar nicht mehr Streitgegenstand des Rechtsstreits. Ein Antrag auf Feststellung der Hauptsache (d.h. der ehemaligen Hauptsache) bewegt sich daher außerhalb des Streitgegenstandes und würde somit eine Klageerweiterung darstellen. Der Antrag wäre wohl auszulegen als Feststellung, dass der Kläger den vom Beklagten ausbezahlten Hauptsachebetrag behalten darf (rechtlicher Hinweis des Gerichts gemäß § 139 ZPO auf diese Auslegung m.E. erforderlich). Insoweit würde es an einem Rechtsschutzbedürfnis fehlen, da der Beklagte nicht einmal bestreitet, dass der Kläger diesen Betrag behalten darf, er hat schließlich nur Einspruch gegen den VB betreffend Zinsen und Kosten eingelegt.

    b) Soweit Zinsen und Kosten auf der Grundlage des VB vollstreckt wurden, handelt es sich wohl nicht um eine Erledigung der Hauptsache, da eine Vollstreckung erfolgt ist und keine Rechtshandlung des Beklagten.


    Ich würde daher als Antrag für das Klageverfahren folgendes vorschlagen:

    I. Es wird festgestellt, dass die Vollstreckung des Klägers betreffend Zinsen und Kosten zu Recht erfolgt ist.
    II. Der Beklagte trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits ...


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Jetzt bin ich richtig verwirrt. Ich mach das bestimmt seit 15 Jahren so und bin immer davon ausgegangen, dass es richtig ist, weil bislang nie etwas gegenteiliges vom Gericht gekommen ist. Vielleicht sind´s beim AG München auch sehr großzügig :D.

  • Es wurde ein VB hinsichtlich Zinsen und Kosten erlassen und zugestellt. Zur Vollstreckung aus einem VB ist keine "vollstreckbare Ausfertigung" notwendig, die es i.Ü. auch nicht gibt. Der VB ist sofort vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller vollstreckt den kompletten Anspruch aus dem VB.

    Da der Antragsgegner - wohl auch innerhalb der Rechtsmittelfrist - Einspruch eingelegt hat, muss m. E. jetzt die Anspruchsbegründung hinischtlich der Zinsen und Kosten des Mahnverfahrens erfolgen. Selbst wenn der Ausgleich dieser Forderungen über die ZV bereits erfolgt ist, gibt es immer noch keinen rechtskräftigen Titel hierüber.

  • Es wurde ein VB hinsichtlich Zinsen und Kosten erlassen und zugestellt. Zur Vollstreckung aus einem VB ist keine "vollstreckbare Ausfertigung" notwendig, die es i.Ü. auch nicht gibt. Der VB ist sofort vorläufig
    vollstreckbar. Der Antragsteller vollstreckt den kompletten Anspruch aus dem VB. ...

    Danke, das hatte ich übersehen, hätte § 700 ZPO eben nochmals nachlesen sollen.

    ...Da der Antragsgegner - wohl auch innerhalb der Rechtsmittelfrist - Einspruch eingelegt hat, muss m. E. jetzt die Anspruchsbegründung hinischtlich der Zinsen und Kosten des Mahnverfahrens erfolgen. Selbst wenn der Ausgleich dieser Forderungen über die ZV bereits erfolgt ist, gibt es immer noch keinen rechtskräftigen Titel hierüber.

    Inhaltlich muss die Berechtigung über Zinsen und Kosten dargelegt werden, da gebe ich Dir recht. Formal können aber Zinsen und Kosten nicht mehr verlangt werden, weil diese ja bereits vollstreckt wurden. Daher mein Vorschlag zur Formulierung des Antrags.

    Ist es denn üblich, aus einem VB vor Ablauf der Einspruchsfrist bereits zu vollstrecken? Ich dachte wegen § 717 Abs. 2 ZPO wird das nicht gemacht?


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Jetzt bin ich richtig verwirrt. Ich mach das bestimmt seit 15 Jahren so und bin immer davon ausgegangen, dass es richtig ist, weil bislang nie etwas gegenteiliges vom Gericht gekommen ist. Vielleicht sind´s beim AG München auch sehr großzügig :D.

    Dein oben vorgeschlagener Antrag ist immer dann richtig, wenn nach VB alles freiwillig bezahlt wurde. Die Besonderheit liegt hier (1) in dem inhaltlich reduzierten VB und (2) der Vollstreckung statt Zahlung.
    Und dass man beim AG etwas großzügiger sein muss, liegt wegen der Vielzahl der dort zu bearbeitenden Sachen m.E. nahe.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Es müßte beantragt werden, dass der VB aufrecht erhalten bleibt und der Antragsgegner die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen hat.

    Ich vollstrecke grundsätzlich nicht aus einem noch nicht rechtskräftigen VB.

  • Es müßte beantragt werden, dass der VB aufrecht erhalten bleibt und der Antragsgegner die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen hat.

    Ich vollstrecke grundsätzlich nicht aus einem noch nicht rechtskräftigen VB.


    Der VB kann m.E. nicht aufrechterhalten bleiben, denn der VB hat die Zinsen und Kosten als vollstreckbare Forderung tituliert. Würde der VB aufrechterhalten bleiben, dann könnte aus diesem (weiterhin) vollstreckt werden, obwohl die Vollstreckung bereits zur vollständigen Befriedigung insoweit geführt hat und der VB daher inhaltlich verbraucht ist. Deswegen hatte Bounty71 oben ja auch die naheliegende Idee, dazu eine Erledigung der Hauptsache zu erklären.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Der VB dürfte sich nach erfolgreicher Vollstreckung nicht mehr im Besitz des Antragstellers befinden. Insoweit scheidet eine (weitere) Vollstreckung aus.

  • Mag sein, ändert aber nichts an der Sachlage. Ich tue mich schon schwer dabei, etwas aufrechterhalten lassen, was ich nicht mehr besitze/besitzen darf.

    Sachfrage des durchzuführenden Rechtsstreits ist die Frage, ob der Kläger das durch Vollstreckung erlangte Geld behalten darf oder nicht. Dann sollte der Klageantrag auch so formuliert sein, dass er diese Frage löst - und nicht irgendwelche vorgelagerten Fragen. Es gibt keinen Rechtssatz, wonach der Gläubiger das Geld nur behalten darf, wenn der VB als Titel aufrechterhalten wird. Vielmehr ist die Frage, ob der VB zu Recht bestanden hat oder nicht, für die jetzt eingetretene Situation m.E. nur noch eine Vorfrage, die inzident gelöst werden kann.

    Ich bilde mal das umgekehrte Beispiel: Der Schuldner verlangt das vollstreckte Geld zurück. Sein Antrag müsste dann nicht lauten "Aufhebung des Vollstreckungsbescheids", sondern Rückzahlung des Geldes. Die Aufhebung des Vollstreckungsbescheids ist nur Vorfrage dazu und würde ihm keinen vollstreckbaren Titel zur Rückzahlung bescheren.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH


    Nachtrag:
    Im römischen Recht gab es sog. "actiones". Das war im Kern ein numerus clausus von zugelassenen Klageformen, die sich auf bestimmte Ziele richteten. Wenn man ein Ziel erreichen wollte, dann musste man zu der Klageform greifen, die dem tatsächlichen Ziel am nächsten kam, auch wenn das so erreichbare Klageziel nicht vollständig zu dem gepasst hat, was man wirklich wollte. Es ging eben nichts anderes. Das moderne deutsche Recht ist hier wesentlich flexibler. Man überlegt sich, was man eigentlich erreichen will und formuliert dann seinen Antrag so, dass man dieses Ziel punktgenau erreicht. Dem hiesigen Kläger kann es völlig egal sein, ob der VB ehemals zu Recht erging oder nicht. Alles was jetzt noch für ihn zählt ist, ob er das Geld behalten darf oder nicht. Also formuliert er seinen Klageantrag so, dass dieses Ziel punktgenau erreicht wird. Er könnte daher, statt meines obigen Vorschlags, auch beantragen festzustellen, dass er das vollstreckte Geld behalten darf.
    Wenn er stattdessen beantragt den VB aufrecht zu erhalten, dann verhält er sich so, als wären wir im römischen Aktionenrecht. Die Klage auf Aufrechterhaltung des VB ist anerkannt, sie kommt dem Ziel nahe, also muss dies beantragt werden. Dem ist allerdings tatsächlich nicht so.

    2. Nachtrag:
    Nachdem ich nun eine Nacht darüber geschlafen habe, möchte ich noch ergänzen:
    Wenn ich nur die Wahl zwischen "VB wird aufrecht erhalten" und "die Hauptsache des VB (=Zinsen und Kosten) ist erledigt" hätte, würde ich mich sogar für die Erledigung entscheiden. Nach der weitesten Definition einer Erledigung kann auch die nicht durch ein Verhalten des schuldners getragene Zahlung infolge Vollstreckung darunter fallen - insofern korrigiere ich mich und halte nun auch eine modifizierte Fassung von Deines Antrags, Bounty71, für vertretbar. wenn sie sich auf die Feststellung der Erledigung des Volllstreckungsbescheids beschränkt (d.h. ohne die vorherige Hauptsache des Mahnverfahrens, da sich insoweit, wie oben dargestellt, der Schuldner ja gar nicht wehrt).

    Trotzdem würde ich die o.g. Version "darf behalten" (o.ä.) vorziehen, denn sie beinhaltet, dass auch nach der Vollstreckung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung kein Anspruch des Schuldners auf Rückgewähr gegenden Kläger entstanden ist.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    2 Mal editiert, zuletzt von AndreasH (24. April 2015 um 07:22) aus folgendem Grund: Nachtrag und 2. Nachtrag

  • Hallo ihr Lieben,

    ich brauch mal wieder einen kleinen Schubs :)

    Folgender Fall:

    Mahnbescheid gegen Schuldner erlassen. Schuldner zahlt Hauptforderung. Vollstreckungsbescheid gegen Schuldner beantragt wegen des Zinsen und Kosten. Nachdem uns die vollstreckbare Ausfertigung des Titels vorlag, haben wir Vollstreckung eingeleitet. Der Schuldner hat Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid eingelegt. Die Sache ist nun beim Streitgericht. In der Zwischenzeit war die Vollstreckung erfolgreich und der Schuldner hat alles gezahlt.

    Wir sollen nun eine Anspruchsbegründung verfassen.


    wenn Hauptforderung ohne VB und der Rest mit VB gezahlt wurde, welchen Anspruch solltest du haben den du begründen sollst?
    die Sache ist doch nur beim Prozessgericht weil Einspruch gegen den VB vorliegt
    wie einige schrieben (Bounty71) würde ich dem Antragsgegner nur noch die restlichen (streitigen) Kosten auferlegen lassen?

    Und Einspruch legen die immer ein :)
    Weil im VB auch die Hauptforderung drinsteht, auch wenn sie bezahlt ist. Es ist lediglich am Ende des VB vermerkt: der Schuldner hat am XX.XX.XXXX soundso viel Euro gezahlt. Das beachtet das Vollstreckungsorgan, sehen die Schuldner aber meistens nicht und wundern sich wieso VB ergeht. Vollkommen normal...
    Und es war auch kein Teil VB, weil es ein normaler VB war. Und daher auch kein Teil-Einspruch sondern Einspruch.
    Einen Widerspruch hat es laut TE nie gegeben.

  • @Endgegner: Wenn die Zahlung freiwillig erfolgt wäre, würde ich das ebenso sehen.

    Hier erfolgte allerdings die Zahlung auf Grund Vollstreckung.

    Vielleicht hinterläßt Krümel22 ja mal eine Rückmeldung. Die korrekte Verfahrensweise würde mich schon interessieren.

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