Ausschlussurteil von 1994 - Rechtsnachfolge möglich - wenn ja wie?

  • Hallo,

    ich habe folgenden Fall.

    Ausschlussurteil vom 07.07.1994 - Aufgebot wegen Ausschließung des Eigentümers. Ausschlussurteil wurde auf Manfred Weimer ausgestellt. Manfred Weimer war zu 1/2 bereits Eigentümer des Grundstücks. Das Aufgebot wurde aufgrund der anderen Hälfte gemacht.

    Die Gemeinde teilte jetzt mit, dass der Grundbesitz sich jetzt im Flurbereinigungsverfahren befindet. Das Grundbuch wurde nie auf Herrn Manfred Weimer umgeschrieben. Also M. Weimer ist nur 1/2 Eigentümer und die andere Hälfte steht noch auf der alten Eigentümerin.

    Manfred Weimer ist im Jahr 2010 verstorben. Es wurde jetzt ein gemeinschaftlicher Erbschein (Kopie der Ausfertigung) vorgelegt, in welchem 2 Söhne Erbe geworden sind. Der 1 Sohn ist verstorben. Hierzu wurde auch ein Erbschein (Kopie der Ausfertigung) vorgelegt, in welche die Ehefrau und der Sohn Erbe geworden sind. Alle 3 Erben haben jetzt einen Antrag gestellt, das Ausschlussurteil auf sie umzuschreiben nach § 727 ZPO, damit das Grundbuch berichtigt werden kann. Die Ausfertigung des Ausschlussurteils wurde noch vorgelegt. Die Erbscheine wurden als beglaubigte Ablichtung nochmals eingereicht. Die Original-Ausfertigungen wurden nicht vorlegt.

    Ich frage mich jetzt, ob ich den Titel umschreiben kann bzw. wie die RNF lauten müsste. Hat diesen Fall schonmal jemand gehabt und hätte zufällig ein Muster?

  • Ich habe auch mit dem Grundbuchamt gesprochen. Das GBA meinte, dass es aufgrund der Erbscheine keine Umschreibung macht. Sie wollen eine RNF des Titels.

  • Ich sehe offen gesagt noch nicht ganz, wo denn eigentlich Dein Problem liegt.

    Wenn das GBA bereits mitteilte, dass es nicht aufgrund der Erbscheine die Änderung vornimmt und auf einer RNF besteht, was sollen die Beteiligten denn anderes machen, als bei Dir die RNF beantragen? Gegen eine Ablehnung des GBA in den Rechtszug einsteigen??

    Also würde ich, dass die vorgelegten Kopien der Erbscheine nicht zur Erteilung der RNF ausreichend sind, sondern stattdessen jeweils Ausfertigungen vorgelegt werden mögen. Angemessene Fristsetzung dazu und passt. Und wenn Dir dann Ausfertigungen vorgelegt werden, dann erteilst Du eben die RNF, egal ob das GBA hier recht hat oder nicht, um die Beteiligten nicht von Pontius zu Pilatus zu schicken. Immerhin ist die Auffassung des GBA auf den ersten Blick nicht völlig unvertretbar (möglicherweise sogar naheliegend), denn das Ausschließungsurteil beseitigt ja nur etwaige andere Berechtigte, der zweite Teil, nämlich die Eigentumsergreifung (§ 927 Abs. 2 BGB), hat wohl noch nicht stattgefunden und müsste jetzt erst durch die Erben stattfinden. Das geht für diese möglicherweise aber nur, wenn der Titel für sie noch Wirkung entfaltet, das wäre durch die RNF belegt.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Eine Umschreibung gemäß § 727 ZPO geht aber doch nur, wenn überhaupt eine Klausel gemäß § 724 ZPO erteilt wurde. Ob das bei Ausschlussurteilen der Fall war kann ich nicht sagen.


    Ein Missverständnis? Ich kann § 727 ZPO jedenfalls nicht entnehmen, dass vor der Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel bereits eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt sein muss. Was passiert denn sonst, wenn unmittelbar nach Rechtskraft eines Urteils der Kläger stirbt, bevor er sich eine erste vollstreckbare Ausfertigung hat erteilen lassen?

    Daher kann auch ohne bisherige Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung eine Rechtsnachfolgeklausel erteilt werden.


    Aber immerhin glaube ich jetzt zu verstehen, wo Dein Problem liegt. Du fragst Dich, wenn ich Dich recht verstehe, eigentlich, ob der Aufgebotsbeschluss einen vollstreckbaren Inhalt hat und Du daher überhaupt eine Vollstreckungsklausel erteilen darfst - hier eben in der Form einer Vollstreckungsklausel mit Rechtsnachfolgevermerk.

    Diese Bedenken sind im Grundsatz berechtigt, da der Aufgebotsbeschluss (damals noch: Ausschließungsurteil) als feststellender Beschluss mit Rechtskraft von alleine wirksam wird und keiner Vollstreckung bedarf. Aber: Hindert das die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung? Es soll ja tatsächlich nicht vollstreckt werden, sondern offenbar nur, gemäß der Rechtsauffassung des GBA, nachgewiesen werden, dass die jetzt betreibenden Erben tatsächlich die aneignungsberechtigten Personen sind. Das kann man, wie gesagt, im Instanzenzug gegen das GBA durchsetzen, dass das Erbe an diesem Aneignungsrecht durch entsprechenden Erbnachweis geführt werden kann oder aber "einfach" die unschädliche vollstreckbare Ausfertigung erteilen.

    Vielleicht sehe ich, das wäre möglich, das ausnahmsweise mal nicht eng genug. Daher als Kontrollfrage: Was prüfst Du denn sonst, wenn Du eine RNF erteilen sollst? Prüfst Du, ob der Dir vorgelegte Titel tatsächlich einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat oder prüfst Du nur, ob ein Titel vorliegt und ob die Voraussetzungen der Rechtsnachfolge nachgewiesen sind? Ich nehme an, dass Du prüfst, ob eine einfache oder qualifizierte Klausel zu erteilen wäre, aber beschäftigst Du Dich wirklich mit dem Inhalt des Titels und klopfst den auf Vollstreckungsfähigkeit ab?

    Falls Du eine solche intensive Prüfung vornimmst, dann wäre es tatsächlich angemessen, darauf hinzuweisen, dass nach Kommentarmeinung (z.B. Münchener Kommentar zum BGB/Kanzleiter, Rn. 8 zu § 927 BGB, dort "abtretbar", dann erst recht auch vererblich; Staudinger/Gursky, Rn. 20 zu § 927 BGB: übertragbar, verpfändbar) es nicht auf die Nachfolge im Titel, sondern auf die Nachfolge im Aneignungsrecht ankommt und diese Nachfolge nicht durch RNF auf dem rechtswirksamen Titel, sondern durch Erbschein nachzuweisen ist. Dann lehnst Du die Erteilung der RNF ab. Damit stellst Du dann die Erben vor die Wahl, ob sie Deine Entscheidung im Instanzenzug anfechten oder eine ablehnende Entscheidung des GBA im Instanzenzug bekämpfen. Irgendwann wird dann ein höheres Gericht hoffentlich eine weise Entscheidung treffen.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Eine Vollstreckungsklausel setzt voraus, dass das Urteil einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat und den hat das Ausschlussurteil definitiv nicht.

    Ich verstehe aber manchmal nicht, warum Kollegen in einem Gericht (unterstellt), solche - doch wirklich seltenen - Probleme nicht besprechen können, um die Kuh vorm Eis zu kriegen. Ich würde daher den Kollegen fragen, ob er für den ursprünglichen Antragsteller auch eine Vollstreckungsklausel verlangt hätte, welshalb dann eine nach § 727? Wenn ihn das nicht überzeugt, würde ich die Ausfertigung mit dem Vermerk versehen:

    wird Ehefrau und Sohn als Rechtsnachfolger des Manfred zur Vorlage beim Grundbuchamt erteilt. Die RNf ist nachgewiesen durch xxx. Siegel und Unterschrift.

    Eine Ausfertigung mit Rechtsnachfolgevermerk zu versehen, ist überflüssig aber nicht so falsch wie eine Vollstreckungsklausel und vielleicht ist den Beteiligten damit geholfen.

  • Staudinger/Gursky, Rn. 20 zu § 927 BGB: übertragbar, verpfändbar

    Entsprechend wird dort in Rn 29 auch keine Rechtsnachfolgeklausel erwartet: "(e) wenn sich der Erwerber des Aneignungsrechts eintragen lassen will, Nachweis der Übertragung des Aneignungsrechts (§ 20 GBO) in Form des § 29 GBO (oben 20).". An die Vererblichkeit und den § 35 GBO hat nur niemand gedacht. Ich würde mit dem Kollegen reden.

  • ...
    Ich verstehe aber manchmal nicht, warum Kollegen in einem Gericht (unterstellt), solche - doch wirklich seltenen - Probleme nicht besprechen können, um die Kuh vorm Eis zu kriegen. ...

    ...Ich würde mit dem Kollegen reden.


    Ich hatte missdeluxe so verstanden, dass sie diesen Versuch bereits unternommen hat und beim GBA auf eine gewisse Beharrlichkeit getroffen ist.

    Mir gefällt die von naja angesprochene Möglichkeit einer einfachen Rechtsnachfolgebescheinigung auf dem Titel ganz gut, um einerseits den formalen Anforderungen des GBA nachzukommen, andererseits die Antragsteller nicht ins Leere laufen zu lassen.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ich hatte missdeluxe so verstanden, dass sie diesen Versuch bereits unternommen hat und beim GBA auf eine gewisse Beharrlichkeit getroffen ist.

    Und da würde ich wissen wollen, warum. Dass die Eintragung bei Einzelrechtsübertragung keiner Rechtsnachfolgeklausel bedarf, sondern eine Abtretung in Auflassungsform, steht in nahezu allen Kommentaren. Warum dann bei der Gesamtrechtsnachfolge eine verlangen?

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