• Werden bei eurem Gericht Vorkehrungen für die Minderjährigen unbegleitete Flüchtlinge getroffen, die bald in nicht geringer Zahl eintreffen dürften (wenn sie nicht schon da sind) und einen Vormund brauchen? Und hattet ihr schon Verfahren?

  • Selbstverständlich hamm wer schon Verfahren.
    Bisher hauptsächlich aber über 4 FamFG abgegebene, wenn der UMF ( nicht MUF ) hier nach Erstaufnahme in den Landkreis kommt.
    Was für Vorkehrungen sollten das denn außerdem sein ?:gruebel:
    Mit mehr Personal rechne ich - schon wegen der miesen Pebb§y-Zahlen - nicht.
    Nach aktuellen Zahlen sollen wir beim Familien- ( und beim Insolvenzgericht ) einen Deckungsgrad von 130 % haben .:eek:
    Sind offenbar also bannich überbesetzt.

  • Hier wurde aus Rationalisierungsgründen in einem gemeinsamen Gespräch der Richter und Rechtspfleger festgelegt, daß die Richter die Verfahren einheitlich bearbeiten, d. h. sie stellen das Ruhen der elterlichen Sorge fest und ordnen Amtsvormundschaft an.

    Die weitere Führung der Vormundschaft erledigt dann wieder der Rechtspfleger. Bislang gab es hier vielleicht so 8 Verfahren, das waren alles Leute, die die Bundespolizei im hiesigen Bezirk aus einem Zug genommen hat.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Zu ersten Vorkehrung haben wir schon was geschrieben und für das zweite sind wir auf Vorschläge des Jugendamtes angewiesen.
    Wenn das Jugendamt es verpennt , Alternativen für sich selbst zu gewinnen, ist es selber schuld.
    Ich unterstütze "mein" Jugendamt dabei , wo es eben geht.
    Morgen abend um 18:30 Uhr zum Beispiel bei der Gewinnung ehrenamtlicher Vormünder, wenn Du es genau wissen willst.;)

  • In unserem Ballungsgebiet schlagen nach Aussage des örtlichen Jugendamtes seit August rund 20 UMF pro Woche auf. Diese Fälle werden jetzt nach und nach an das Gericht herangetragen. Die örtlichen Vereine und Vormunde, die hier üblicherweise so was machen, dürften daher binnen kürzester Zeit bis Oberkante Unterlippe ausgelastet sein. Wir führen daher derzeit Gespräche mit Kinderschutzbund und Anwaltverein, ob weitere ehrenamtliche und/oder Berufsvormunde gewonnen werden können. Seitens unserer Verwaltung gibt es (natürlich :mad:) keine Überlegungen oder gar personelle Vorkehrungen, auch für den Fall, dass - wenn die Lage so bleibt - noch mit bis zu 400 zusätzlichen Vormundschaften allein für den Rest dieses Jahres zu rechnen ist.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Gute Ansätze habt Ihr da ( ebenfalls :)).:daumenrau
    Warum sollte die Verwaltung auch Vorkehrungen treffen ,wenn sie ( noch ) mit den Pebb§y-Durchschnittszahlen des ersten und zweiten Quartals aus 2015 rechnet ?

  • Wir dürfen hier als Justiz in Sachsen sogar noch für mindestens 2 Jahre Leute an die Zentrale Ausländerbehörde abstellen (sicher auch die anderen Ministerien). Durch Meldungen von Freiwilligen wurde die Sollzahl aber bereits erreicht, es muss niemand gezwungen werden. Aber dennoch sind die Lücken zu füllen, es ist also eher mit weniger Leuten mehr Arbeit zu leisten. Aber das trifft ja nicht nur auf die Justiz zu. Mit 670 €, die der Bund pro Flüchtling an die Länder überweist, ist es eben nicht getan, das entspricht ja gerade mal dem Bedarf eines deutschen Harz4-Empfängers. Darüberhinaus fällt erhöhter Bedarf mit entsprechenden Kosten bei der Betreuung, den Schulen und sonstigen Kindereinrichtungen, der ärztlichen Versorgung, notwendigen Dolmetschern, an Vormündern und an den Gerichten (und sicherlich noch einiges, an was ich gar nicht denke) an, ganz zu schweigen von der Ersteinrichtung der betreffenden Unterkünfte. Immerhin hat ja (nun endlich) selbst der Bundespräsident mal festgestellt, dass die Ressourcen auch in Deutschland "endlich" sind, und andere mahnen mit Recht an, dass das Flüchtlingsproblem nicht nur eines von Deutschland und einigen wenigen anderen Ländern sein sollte.

  • Seit 1.8.15 hatten wir 165 entsprechende Neueingänge. Richter macht Beschluss und ich das weitere Verfahren. Landgericht hat auch schon angefragt, welche Zahlen wir haben. Das Jugendamt oder die mitgereisten Verwandten/ Bekannten werden zum Vormund bestellt. Beim Jugendamt ist "Land unter" und uns reicht es auch schon...
    Bei vielen stellt sich auch die Frage, ob überhaupt Minderjährigkeit vorliegt, ungefähr die Hälfte ist am 1.1.99 geboren:eek:

  • Seit 1.8.15 hatten wir 165 entsprechende Neueingänge. Richter macht Beschluss und ich das weitere Verfahren. Landgericht hat auch schon angefragt, welche Zahlen wir haben. Das Jugendamt oder die mitgereisten Verwandten/ Bekannten werden zum Vormund bestellt. Beim Jugendamt ist "Land unter" und uns reicht es auch schon...
    Bei vielen stellt sich auch die Frage, ob überhaupt Minderjährigkeit vorliegt, ungefähr die Hälfte ist am 1.1.99 geboren:eek:

    Ja, so wird es hier in wenigen Wochen auch aussehen. Solange das JA Vormund ist, mag es für uns noch einigermaßen überschaubar sein, aber ich hatte auch schon eine Verpflichtung zum Vormund mit Onkel und Tante der Mündel,die kein Wort deutsch beherrschten. Dann muss man verpflichten, irgendwie einen Dolmetscher dazu bekommen (was mittlerweile auch schon ein Problem ist), dann hat man Folgeprobleme bei den Jahresberichten in den nächsten Jahren ..... Das mutiert langsam zu einer Horrorvorstellung.

  • oder die mitgereisten Verwandten/ Bekannten werden zum Vormund bestellt.

    Davon sind "meine" Richter (die ja hier eine Verbundentscheidung machen) mittlerweile auch abgerückt, da es - wie wir in der Regel immer wieder feststellen müssen - mit diesen später hinten und vorne nicht läuft, vor allem wegen der Sprachbarriere (von mangelnden rechtlichen Kenntnissen der Vormunde ganz zu schweigen).

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

    Einmal editiert, zuletzt von Noatalba (29. September 2015 um 11:45)


  • Ja, so wird es hier in wenigen Wochen auch aussehen. Solange das JA Vormund ist, mag es für uns noch einigermaßen überschaubar sein, aber ich hatte auch schon eine Verpflichtung zum Vormund mit Onkel und Tante der Mündel,die kein Wort deutsch beherrschten. .

    Jeder Verwandte ist Onkel oder Tante, unabhängig von den tatsächlichen Familienverhältnissen.

  • Ich bin auch für relativ viele UmF zuständig und habe bislang keine Schwierigkeiten mit den Vormündern aus der Verwandtschaft. Entweder sprechen die selbst ein gutes Deutsch (weil schon länger hier) oder sie bringen jemanden mit, der ausreichend Deutsch spricht. Bislang brauchte ich für keine Verpflichtung einen Dolmetscher.

    Wichtig finde ich, den Vormündern beim Zurechtfinden im deutschen Behördendschungel zu helfen. Ich habe mich informiert, wie das bei uns in der Stadt mit dem Schulbesuch aussieht (also wo es Sprachlernklassen für welches Alter gibt), wo Sprachkurse angeboten werden usw. Diese Informationen gebe ich an die Vormünder weiter, damit die Kinder möglichst umgehend die Schule besuchen. Verpflichtungstermine mache ich daher sehr kurzfristig.

    Die Vormundschaften, die nicht von Verwandten übernommen werden können, gehen bei uns an sehr engagierte Berufsvormünder.

    Die meisten Probleme lösen sich von selbst - man darf sie nur nicht dabei stören.

  • Hier wird es so gehandhabt, dass nur Verwandte Vormund werden können, wenn die Sprachkenntnisse ausreichend sind.
    Vormund werden vorzugsweise Ehrenamtler, weil sie weniger kosten und weil die Arbeit nicht mit einem Besuch im Monat erledigt ist. Es werden laufend Vormünder gesucht und geschult. Ich bin selbst ehrenamtl. Vormundin und weiss inzwischen wieviel Arbeit es ist. Sprachkurse suchen, nicht den gutgemeinten Kurs eines engagierten Bürgers mit 1 Std. die Woche, dass reicht nicht für einen Schulbesuch in absehbarer Zeit. Eine passende Schule suchen, die auch Platz hat. Arztbegleitung und Post sichten und beantworten. Begleitung zum Ausländeramt, weil alle davor zittern und Angst vor Abschiebung haben und Tage vorher schon nicht schlafen. Traumatologen mit kurzfristigen freien Terminen suchen und ggfls. auch Sprachkenntnissen.
    Umverteilung in Arnsberg beantragen, wenn das Wohnheim nicht oder unzureichend an öffentliche Verkehrsmittel angeschlossen ist. Einer meiner Mündel sollte nach der Schule 7 km durch den spätnachmittags schon dunklen Wald laufen in einer nicht immer ausländerfreundlichen Gegend. Das ging garnicht. Ärger mit der Polizei schlichten. Mündel wird am noch hellen Nachmittag am Bahnhof überfallen von 3 deutschen Jugendlichen und bekommt den Rat, sich doch zu wehren.... Kopfschüttel!!!

  • Hier wird es so gehandhabt, dass nur Verwandte Vormund werden können, wenn die Sprachkenntnisse ausreichend sind.
    Vormund werden vorzugsweise Ehrenamtler, weil sie weniger kosten und weil die Arbeit nicht mit einem Besuch im Monat erledigt ist. Es werden laufend Vormünder gesucht und geschult. Ich bin selbst ehrenamtl. Vormundin und weiss inzwischen wieviel Arbeit es ist. Sprachkurse suchen, nicht den gutgemeinten Kurs eines engagierten Bürgers mit 1 Std. die Woche, dass reicht nicht für einen Schulbesuch in absehbarer Zeit. Eine passende Schule suchen, die auch Platz hat. Arztbegleitung und Post sichten und beantworten. Begleitung zum Ausländeramt, weil alle davor zittern und Angst vor Abschiebung haben und Tage vorher schon nicht schlafen. Traumatologen mit kurzfristigen freien Terminen suchen und ggfls. auch Sprachkenntnissen.
    Umverteilung in Arnsberg beantragen, wenn das Wohnheim nicht oder unzureichend an öffentliche Verkehrsmittel angeschlossen ist. Einer meiner Mündel sollte nach der Schule 7 km durch den spätnachmittags schon dunklen Wald laufen in einer nicht immer ausländerfreundlichen Gegend. Das ging garnicht. Ärger mit der Polizei schlichten. Mündel wird am noch hellen Nachmittag am Bahnhof überfallen von 3 deutschen Jugendlichen und bekommt den Rat, sich doch zu wehren.... Kopfschüttel!!!

    Hochachtung denen gegenüber, die sowas ehrenamtlich machen. Ich kann mir nicht vorstellen, hier dafür Leute zu finden, ich selbst möchte es auch nicht machen. Da muss man nicht nur den Willen dafür haben, sondern auch eine Ader. Es wird hier schlichtweg alles beim Jugendamt hängenbleiben, das aber auch in dem selben Haus wie die Ausländerbehörde sitzt. Ausbaden müssen eben Entscheidungen der hohen Politiker immer andere, war halt schon immer so in der Geschichte.

  • Hier gibt es bislang keine Vorkehrungen, da bislang nur wenig Verfahren, ich schätze 10 oder 20. Das ändert sich, seit man nun langsam dazu kommt, mal genauer nachzuschauen, was da mit den Menschenknäueln der letzten Wochen so alles hier angekommen ist, also seit letzter Woche. Seit da ist es auch vorbei mit den eher beschaulichen Unterkünften im Rahmen der diversen Jugendhilfen, wo halt ab und an noch was frei war, sondern kommt als Wohnadresse auch "Erstaufnahmeeinrichtung Sporthalle Bayerndorf". - Aber wie sollten hier Vorkehrungen aussehen? Mir fiele höchstens ein, mit den Richtern zu klären, ob die das Ruhen der eS gleich mit feststellen. Aber was sollte ich sonst machen? Vormünder schnitzen? Personal schnitzen?

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Mal am Rande:
    Hier finden bereits die ersten Absetzbewegungen von UMF statt, weil sie es offenbar auf Inobhutnahmen in Großstädten oder andere EU-Länder abgesehen haben.
    Offensichtlich sind die Inobhutnahmestellen in der Provinz nicht hipp genug.

  • Offensichtlich sind die Inobhutnahmestellen in der Provinz nicht hipp genug.

    Wäre mir auch recht, mein Terrain ist auch reine Provinz.:) Allerdings wollen sie wohl in einer Jugendherberge in einem kleineren Ort in meinem Bezirk weitere 75 umF unterbringen (keine Ahnung, wie das dort laufen soll, da gibt es außer einem Bäcker nichts weiter und Busse fahren als Schulbus auch nur früh und nachmittags einmal).

    Von den ganzen jungen Männern, die aus Eritrea hier waren, sind, nachdem sie ihre geschenkt bekommenen (oder gar nicht geliehenen - weiß es nicht genau) Fahrräder zu Geld gemacht haben, auch nur noch geschätzte 25% da. Dafür kamen aber immer wieder neue, aus welchen Ländern auch immer (auch vom Balkan).

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