§ 1640 BGB und § 1642 BGB?

  • Liebe Kollegen,

    ich habe hier folgenden Fall vorliegen:

    Kindesmutter stirbt. Das minderjährige Kind erbt ca. 90.000,-- € (§ 1640 BGB).

    Sorgerecht erhält der Kindesvater.

    Das Kind ist bereits 17 Jahre alt.

    Der Kindesvater entnimmt aus dem Vermögen des Kindes 17.000,-- € zur Abzahlung seines Kredits.

    Er legte zur Begründung dieser Entnahme aus dem Vermögen des Kindes dar, dass er durch den Zuzug seiner Tochter
    die monatlichen Ausgaben gestiegen sind und bei weiterem Vorhandensein des Kredits seine Liquidität
    nicht mehr gewährleistet wäre.

    Würdet Ihr hierauf etwas veranlassen?


    Euer Löwe!


  • Wie wäre es mit der Anhörung des Kindes?
    Aus dem Vermögen des Kindes Gelder zur Abgeltung eigener Verbindlichkeiten entnehmen, ist m. M. nach nicht möglich.
    Erhöhte Ausgaben oder nicht.
    Er bekommt doch jetzt auch das Kindergeld :teufel:

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

  • Wie ist das ganze ans Tageslicht gekommen; wann wird das Kind volljährig?

    Ich würde das Verfahren einleiten, Vater und Kind anhören und (protokolliert) auf die Rechtslage hinweisen, abwägen - ob die (ausreichend wahrscheinliche) Gefahr der weiteren Geldentnahme für die Zukunft besteht -, idealer Weise ein notarielles Schuldanerkenntnis hinsichtlich der bereits entnommenen Gelder bewirken und soweit keine Gefahr für die Zukunft besteht, das Ganze wieder zu machen.

  • Jawohl; schon um dem Kind klar zu machen, was dessen Vater für ein Schluri ist.
    Im übrigen steht der Vatter auch in der Haftung gegenüber dem Kind.

  • Die Frage ist nur, was man unter "handeln" versteht.

    Meine Erfahrungen in solchen ähnlichen Fällen sehen eher wie folgt aus: Gerichtsvollzieher teilt mit, dass Kindesmutter auf den Namen des Kindes wohl für sich etwas bestellt hat und Vollstreckungstitel gegen das minderjährige Kind vorliegt. Auch hier ergibt sich ja ständig die Frage, was soll man tun. Auf Aufforderungen des Gerichts, die Summe zu zahlen oder eine Ratenzahlungsvereinbarung abzuschließen und sofort mit der Abzahlung zu beginnen oder gegenüber dem Gläubiger gegen sich umzuschulden, wird nicht reagiert. Da helfen auch keine Drohungen, dass man eine Anzeige an die Sta oder das JA macht, Zwangsgelder festsetzt oder letztlich gar die Vermögenssorge entzieht. Zwangsgelder lassen sich bei solchen Leuten sowieso nicht beitreiben und was würde der Entzug der Vermögenssorge bringen, denn das Kind ist ja sowieso schon in den Brunnen gefallen, der Schaden irreparabel entstanden. Die Sta stellt solche Verfahren (Anzeige wegen Betrugs) in der Regel wegen Geringfügigkeit ein. Das JA ist derzeit wohl mit anderen Dingen völlig ausgelastet und kann insoweit in der Regel auch nichts bewirken. Ähnlich verhält es sich doch, wenn wir Zwangsgelder in anderen Sachen verhängen und vollstrecken müssen, so etwa im VA-Verfahren zur Durchsetzung der Mitwirkung bei der Ermittlung der Rentenanwartschaften. Auch dort gehen 80% aller Zahlungsaufforderungen und Beitreibungsversuche ins Leere. Die Schuldner wissen doch genau, dass sie gar nichts befürchten müssen, wenn sie nichts haben.
    So sieht doch die Realtität auf Basis unserer Gesetze aus.

    Jetzt bei dem Kind, das kurz vor der Volljährigkeit steht, noch viel einzuleiten, verspricht in der Tat nicht viel. Und dennoch sollte man es als Alibi eben tun, ich würde ein solchen Kind sogar mal zu mir laden, um diesem die Situation zu erläutern. Vielleicht ist es ja auch einverstanden mit dem was der Vater getan hat. Das Kind ist zwar formal noch nicht voll geschäftsfähig, aber einsichtig genug, um den Sachverhalt zu verstehen. Bei einem zu genehmigenden Rechtsgeschäft, bei dem sich der Sachverhalt nicht völlig eindeutig darstellt, würde man doch jetzt auch das Kind irgendwie anhören. Wichtig ist in diesem konkreten Fall erst mal die Aufklärung des Kindes, denn ob letztlich bereits jetzt ein bestellter Pfleger gegen den Vater rechtliche Maßnahmen zur Geltendmachung der Forderung gegen den Vater geltend macht oder ob dies in 3 Monate der 18-jährige selbst tut, ist sicherlich nicht so entscheidend. Was man allerdings tun kann, ist, das verbliebene Geld beispielsweise durch den Erlass eine eAO vor dem Vater sicherzustellen, denn man weiß ja nie, ob er sich daran nochmal vergreift.

  • Da es sich ja um ein vermögendes Kind handelt, wird man schnell einen geeigneten Anwalt finden, der im Wege der einstweiligen Anordnung die Vermögenssorge übernimmt. Die Zeit reicht für ihn locker, den Vater mit einer Rückforderung in Verzug zu setzen. Ob der Mj später einmal davon Gebrauch machen wird, wird er entscheiden, wenn er seinen Lebensort und -weg nach Volljährigkeit gefunden hat. Bis zur Hauptsache ist dann Vj eingetreten.

  • Ich habe zu einer ähnlichen Problematik (Vater entnimmt Vermögen) auch noch eine Frage.


    Die Mutter ist gestorben, das Kind war Alleinerbe. In der Akte befindt sich ein Nachlasswertverzeichnis, aus dem sich 15.000 Euro Bargeld, 5000 Euro Beiträge aus Lebensversicherungen und sonstige Vermögensgegenstände ergeben (wobei ich bei letzteren vermute, dass diese nicht zu Geld gemacht wurden, da es sich hier um ein Auto sowie Einrichtung im Wert von etwa 3000 bzw 1000 Euro handelt).

    Der Vater hatte seinerzeit alles für den Sohn angelegt, auf einem Girokonto ca. 7300 und einmal 17.900.

    Nun habe ich, als ich die Abteilung übernommen habe, den Vater gebeten, einen aktuellen Finanzstatus einzureichen, dies hat er inzwischen auch gemacht. Von den 7300 sind noch 700 Euro und von den 17.900 noch 3000 Euro übrig. Der Vater teilte mir mit, er habe von dem Geld den Umzug in eine größere Wohnung bezahlt, sowie Möbel für Küche, Schlafzimmer, Kinderzimmer und Wohnzimmer gekauft. Außerdem habe er einen Schrebergarten gepachtet, da der Sohn bei seiner Mutter auch einen Garten hatte und sich dies nun im Andenken an seine Mutter gewünscht habe. Der Sohn sei mit allen Ausgaben einverstanden gewesen.


    Was würdet ihr hier machen? Ich bin der Meinung, dass das Kinderzimmer wohl gerechtfertigt ist, wenn ich großzügig bin von mir aus auch der Schrebergarten, aber ich sehe hier keine Notwendigkeit, weshalb der Vater hier auf Kosten des Vermögens des Kindes (welches sich zu einem Großteil aus dem ererbten Vermögen zusammensetzt) eine neue Wohnung nimmt und diese für sich schön einrichtet...

    Grundsätzlich haben Kollegen in der Vergangenheit bei solchen Fällen wohl den Vater aufgefodert, die Beträge zurückzuzahlen an das Kind, andere haben sich die Belege sämtlicher Käufe einreichen lassen und die Akte bis zur Volljährigkeit des Kindes verfristet und dem Kind anschließend den Sachverhalt mitgeteilt und dem Kind die Entscheidung überlassen, ob es damit einverstanden ist...

    Ich bin aber nun absolut nicht sicher, was ich hier machen soll.

    :confused::confused:


    Danke im Voraus :)
    Nala

  • M.E. gibt es hier genug Gründe, wie in #3 vorzugehen.
    Letztendlich hat sich der Vater sich selbst etwas geschenkt, was über § 1641 BGB hinausgeht.
    Die Einschätzung zum Kinderzimmer teile ich mit Dir !


    Sprich dann Einleitung §1666?


    Ach so grundsätzlich noch zur Ergäzung: Ich hatte überlegt sowohl Vater und Kind mal zu laden und mit denen (getrennt) über den Sachverhalt zu sprechen. Das Kind wohnt aber inzwischen 250 km weit weg.

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