Kosten einer Ersatzvornahme

  • Der soeben gefundene Fall
    OVG NRW v. 4.11.2015 - 4 E 521/15 zur Rechtmäßigkeit der Erhebung der Kosten einer Ersatzvornahme (betr. Schornsteinfegerarbeiten) beim bisherigen Grundstückseigentümer, wenn die Ersatzvornahme zwischen Versteigerungstermin und Zuschlagsentscheidung erfolgt,

    bringt mir die Erinnerung an eine unlängst bei mir aufgetretene Frage.
    Da hier Kommunale sind, die sich im Verwaltungsrecht gewiss besser auskennen als ein Rechtspfleger, versuche ich mal, Licht ins Dunkel meiner Hirnwindungen zu bringen:

    Wer trägt die Kosten einer Ersatzvornahme, die vor dem Zuschlag mittels Verwaltungsakt angedroht worden ist, aber erst nach dem Zuschlag durchgeführt wird?
    Schlimmer noch: Wie ist es bei Ersatzvornahmen, die vor dem Zuschlag begonnen wurden und über die Zuschlagserteilung hinaus andauern?

    In meinem Fall war ein Haus einsturzgefährdet, die Stadt hatte dem Eigentümer die Gebäudesicherung aufgegeben und, weil er untätig blieb, mit der Ersatzvornahme begonnen. Im Versteigerungstermin wurde ich dann mit der Frage konfrontiert, wer denn nun die Kosten der Ersatzvornahme zu tragen habe. Freilich darf ich keine Rechtsberatung über verwaltungsrechtliche Fragen erteilen und halte mich daher sehr zurück, den Bietinteressenten gegenüber hier Aussagen zur Rechtslage zu treffen.

    Meine Mutmaßungen, die ich fein für mich behielt, gehen in die Richtung:
    Der Vollstreckungsschuldner wird die Kosten wohl nicht mehr tragen müssen, wenn er das Eigentum am Grundstück verliert.
    Der Erwerber in der Zwangsversteigerung ist zwar neuer Eigentümer mit Zuschlagserteilung, aber ihm gegenüber wurde die Ersatzvornahme nicht angedroht. Daher werden ihm die Kosten der Ersatzvornahme nicht aufgebürdet werden können.

  • Es kommt auf die Rechtsgrundlage an. Für NRW sehe ich das so:

    A)Ordnungsbehördenrecht
    Wird die Gemeinde im Rahmen der Gefahrenabwehr tätig (nur nach Ordnungsbehördengesetz) wird sie zunächst aussuchen, gegen wen sich ihre Maßnahme richtet. Das kann der Eigentümer, der Inhaber der tatsächlichen Gewalt (z.B. § 17 OBG NRW) oder auch "nichtverantwortliche Personen" (§ 19 OBG NRW) sein.

    Das Vollstreckungsrecht des Landes NRW regelt dann die Ersatzvornahme bei vertretbaren Handlungen (Was kann die Ordnungs-/Vollzugsbehörde tun, wenn der ausgesuchte Ordnungspflichtige seiner Verpflichtung nicht nachkommt ) und letztlich die Kostentragungspflicht ("auf Kosten des Betroffenen" - § 59 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW).
    Betroffener nach Ordnungsbehördenrecht und damit zahlungspflichtig ist derjenige, gegen den die Ordnungsbehörde die Maßnahme richtete, das kann, muss aber nicht der Eigentümer sein. Der Erstattungsanspruch ist ein rein schuldrechtlicher Anspruch, der per Bescheid gegen den Pflichtigen festgesetzt wird. Zahlt der Pflichtige nicht, können die Kosten im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung von ihm beigetrieben werden.

    Inwieweit die Vollstreckung in unbewegliches Vermögen möglich ist, richtet sich dann wieder nach ZVG und ist aus meiner Sicht völlig losgelöst von dem Ausgangsfall zu beurteilen. (Die Gemeinde könnte ggf. eine Sicherungshypothek auf einem ganz anderen Grundstück eintragen lassen).

    Fazit: Hat die Gemeinde die Ersatzvornahme für den bisherigen Eigentümer vorgenommen, bleibt dieser auch zur Erstattung der Kosten verpflichtet, wenn er das Eigentum in der Zwangsversteigerung verloren hat.

    Ob die Gemeinde noch im laufenden Zwangsversteigerungsverfahren mit öffentlich rechtlichen Forderungen dem Verfahren beitreten kann und damit eine Befriedigung aus Grundbesitz in einem Zwangsversteigerungsverfahren erlangen kann, ist aus meiner Sicht auch wieder nach ZVG zu beurteilen ( Ball zurück).

    B) Baurecht
    Etwas anderes gilt, wenn die Gemeinde nach § 179 BauGB den Eigentümer einer baulichen Anlage verpflichtet, einen Rückbau zu dulden, wenn eine Modernisierung nicht mehr vertretbar gefordert werden kann und nur noch ein Abriss in Frage kommt.

    Hier regelt § 179 Abs. 4:

    "Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 sind die Beseitigungskosten vom Eigentümer bis zur Höhe der ihm durch die Beseitigung entstehenden Vermögensvorteile zu tragen. Der Kostenerstattungsbetrag kann durch Bescheid geltend gemacht werden, sobald die bauliche Anlage ganz oder teilweise beseitigt ist. Der Betrag ruht als öffentliche Last auf dem Grundstück."

    Die aufgeworfene Frage dürfte sich hier mit dem Gesetzestext beantworten lassen. Abgestellt wird auf das Datum des Bescheides. Der Bescheid kann aber erst erlassen werden, wenn die bauliche Anlage ganz oder teilweise beseitigt ist. Da gibt es offensichtlich "Steuerungsmöglichkeiten". Die öffentliche Last kann erst bei Fälligkeit des angeforderten Betrages und mit Erlass des Bescheides entstehen.


    Hinweis: Es bestehen Bestrebungen in NRW, die Kosten grundstücksbezogener Ersatzvornahmen als öffentliche Last auszubilden. Abzustellen wäre in einem solchen Fall dann auch auf den Erlass des Bescheides mit Fälligkeitsfestsetzung.

  • Danke, das ist ja sehr spannend. Es kommt also drauf an, ob die Ersatzvornahmekosten (landesrechtlich) als öffentliche Lasten am Grundstück ausgelegt sind.
    Also kann ein Ersteher von einer solchen öffentlichen Grundstücklast nach BauGB überrascht werden.

  • Hinweis: Es bestehen Bestrebungen in NRW, die Kosten grundstücksbezogener Ersatzvornahmen als öffentliche Last auszubilden. Abzustellen wäre in einem solchen Fall dann auch auf den Erlass des Bescheides mit Fälligkeitsfestsetzung.[/QUOTE]


    Ich hänge mich hier mal dran, da nun in NRW die Kosten der Ersatzvornahme öffentliche Lasten des Grundstücks darstellen ( §59 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW).Ich kann jedoch leider keine Übergangsvorschriften finden.Wie ist es denn nun mit Kosten solcher Ersatzvornahmen vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung?Können diese nun in Rangklasse 3 beigetrieben werden ?

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