Aufhebung d. Fiskuserbrechts?

  • Hallo! :)

    Ich habe hier gleich in meiner zweiten Arbeitswoche einen tollen Fall 'geerbt' und weiß einfach nicht weiter:


    Der Erblasser ist 1989 in Ba-Wü ledig und kinderlos verstorben. Er war wohl das einzige (und uneheliche) Kind seiner Mutter, die kurz nach seiner Geburt verstarb, der Vater ist völlig unbekannt. Es gibt natürlich keine Verfügung von Todes wegen.

    Ein NL-Pfleger wurde eingeschaltet und konnte auch mit Hilfe div. Erbenermittlungsbüros keine Erben ermitteln, sodass 2006 letztendlich Fiskuserbrecht festgestellt wurde (mit entspr. Erbschein).

    Jetzt will ein Erbenermittlungsbüro einen noch lebenden Großcousin (mütterlicherseits) ausgemacht haben, welcher nun einen Erbscheinsantrag mit EV bei einem Notar gestellt hat. Als Nachweis beigelegt sind div. begl. Kopien von Sterbe-, Geburts- und Eheurkunden und einem Taufbuch. Der 'Erbe' beantragt in der not. Urkunde einen Alleinerbschein nach dem Erblasser, in dem Anschreiben des Notars an mich wird ohne weitere Angabe ein gemeinschaftlicher Erbschein beantragt (gemeinschaftlich nur mit wem, mit dem Fiskus ist ja nicht möglich? Mit den unbekannten Erben väterlicherseits?).

    Meine Kollegen meinten, einen solchen Fall gäbe es hier bislang nicht, man wisse auch nicht, wie nun zu verfahren sei; über die Suche und im Internet habe ich auch nicht viel dazu gefunden.

    Wie ist denn jetzt das weitere Vorgehen, angenommen es wurde schlüssig dargelegt, dass es wirklich der Großcousin ist und dieser an Eides statt versichert, es gäbe keine weiteren Erben?

    Ich hebe die Feststellung des Fiskalerbrechtes (irgendwie) auf, da die Erben väterlicherseits aber unbekannt sind und es kein 'anteiliges Fiskuserbrecht' gibt veranlasse ich einen Erbenaufruf zu Ausschluss der Erben der väterlichen Seite? Und danach erteile ich einen alleinigen Erbschein für den Großcousin nach dem Erblasser?

    Das wäre zumindest die (einzige) Vorgehensweise, die meine bisherige Suche ergeben hat ... :( *help*


    [Sollte eine wichtige Info in Bezug auf den SV fehlen, bitte ich um kurze Info, ich weiß hier einfach noch nicht, auf was ich alles achten muss.]


  • ... angenommen es wurde schlüssig dargelegt, dass es wirklich der Großcousin ist und dieser an Eides statt versichert, es gäbe keine weiteren Erben?

    Das muss er nicht nur schlüssig darlegen, sondern mit öffentlichen Urkunden beweisen. Ebenso den Wegfall aller anderen Verwandten auf der mütterlichen Seite. § 352 FamFG. Kann schon sein, dass ein Großcousin in der 4. Erbordnung Alleinerbe wird, wenn er der letzte Überlebende in seiner Generation ist, aber den Wegfall seiner Geschwister, Cousins, Großcousins muss er nachweisen.


    ... veranlasse ich einen Erbenaufruf zu Ausschluss der Erben der väterlichen Seite?

    Ein Erbenaufruf für die väterliche Seite hat wenig Sinn. Wenn der Erblasser (rechtlich) keinen Vater hat, dann gibt es keine väterliche Seite.

  • Wenn nachgewiesen ist (durch entsprechende Urkunden), dass dieser Großcousin tatsächlich ein Verwandter des Erblassers ist, muss die Feststellung des Fiskuserbrechts aufgehoben werden, da sie sich nachträglich als unrichtig herausgestellt hat (§ 48 Abs. 1 FamFG). Habe ich schon einmal machen müssen. Beschluss, dass der Beschluss vom ... über die Feststellung des Fiskuserbrechts aufgehoben wird, kurze Gründe, RMB.

    Die Darstellung der vollständigen Verwandtschaftsverhältnisse und Vorlage entsprechender Nachweise ist eine andere Sache, muss natürlich erfolgen.

    Der Antrag auf gemeinschaftlichen Erbschein im Anschreiben könnte evtl. nur ein Schreibfehler sein?

  • Das hilft mir beides schon mal weiter, vielen Dank!


    Dann bleibt noch das Problem mit den Urkunden.. Es geht da um die Zeit um 1900. Nach § 352 III FamFG muss der Nachweis mittels öffentlicher Urkunden erfolgen, oder, wenn die Urkunden nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten zu beschaffen wären, durch die Angabe "anderer Beweismittel".

    Eins dieser Nachweise ist ein Kichenbuch/Taufbuch von 1911. In Wikipedia habe ich dazu gefunden, dass dies wohl auch eine öffentliche Urkunde sei und in Deutschland für die Zeit vor 1876 und bei Verlust der Personenstandsregister immer noch als Nachweis dienen soll. Gilt das auch im Rahmen eines Erscheinsverfahrens? Es ist ja keine kein Nachweis im Sinne des PstG, könnte aber unter § 418 I ZPO fallen?

    Wenn ja, wäre die Verwandtschaft es Großcousins mit dem Erblasser m.E. nachgewiesen.

    Die Mutter des Erbl. und die Großmutter des 'Erben' hatten wohl aber noch drei weitere Geschwister, die alle jung und kinderlos verstorben sein sollen. Hier ist allerdings weder deren Existenz noch deren kinderloses Ableben nachgewiesen (und kann wohl auch nicht mehr nachgewiesen werden). Reicht es dennoch, dem Großcousin den beantragten Erbschein zu erteilen, oder ist das ein Zurückweisungsgrund, weil nicht bewiesen werden kann, dass er tatsächlich Alleinerbe geworden ist bzw. mit welcher Quote er erbt? (Dann müsste ich ja das Fiskuserbrecht aufheben, da ein Erbe bekannt geworden ist, könnte allerdings keinen neuen Erbschein erteilen, da die Quote unbekannt ist.)

    :gruebel::gruebel::gruebel:

  • Ab 1876 gab es in ganz Deutschland standesamtliche Personenstandsregister, die auch in aller Regel erhalten sind. Ausnahme: die Ostgebiete (Pommern, Schlesien, Ost- und Westpreußen), wo es mehr oder weniger große kriegsbedingte Verluste gibt. Wenn es also nicht gerade in den Ostgebieten ist, dann sollte es problemlos möglich sein Geburts- und Sterbeurkunden für die Onkel / Tanten des Erblassers zu beschaffen, ebenso für evtl. weitere Abkömmlinge der Großmutter des Erbprätendenten.


  • Die Mutter des Erbl. und die Großmutter des 'Erben' hatten wohl aber noch drei weitere Geschwister, die alle jung und kinderlos verstorben sein sollen. Hier ist allerdings weder deren Existenz noch deren kinderloses Ableben nachgewiesen (und kann wohl auch nicht mehr nachgewiesen werden). Reicht es dennoch, dem Großcousin den beantragten Erbschein zu erteilen, oder ist das ein Zurückweisungsgrund, weil nicht bewiesen werden kann, dass er tatsächlich Alleinerbe geworden ist bzw. mit welcher Quote er erbt? (Dann müsste ich ja das Fiskuserbrecht aufheben, da ein Erbe bekannt geworden ist, könnte allerdings keinen neuen Erbschein erteilen, da die Quote unbekannt ist.)
    :gruebel::gruebel::gruebel:

    Wenn die Auszüge aus den Taufbüchern "kirchlich" beglaubigt sind, hätte ich kein Problem mit der Anerkennung.
    Jetzt steht allerdings fest, nach wem gesucht wird und da würde ich nochmals ein Aufgebot zum Ausschluss der evtl. weiteren Miterben machen und die Daten so genau wie möglich angeben. Vielleicht finden Erbenermittler dann doch noch weitere oder sogar nähere Erben. Wenn sich niemand meldet, Alleinerbschein erteilen

  • Ich häng mich mal hier ran. Solche Fälle sind nicht alltäglich, da wir hier den Fiskus eigentlich nur bei überschuldetem Nachlass feststellen und sich sonst fast immer jemand findet...
    Sachverhalt quasi wie oben, nur dass die Akte über 20 Jahre (aber nicht lange genug...) im Keller war...
    Der Verstorbene kam aus den ehemaligen (Vorkriegs)Ostgebieten. Nun zaubert ein Erbenermittler einen Erben der vierten Ordnung aus dem Hut. Die Verwandtschaft ist durch entsprechende Urkunden soweit nachgewiesen; man glaubt gar nicht, was sich so alles in alten Kirchen- und Taufregistern findet.
    Auf der mütterlichen Seite ist allerdings mit der dritten Ordnung Schluss. Die Mutter war zwar wahrscheinlich nach den vorgelegten Unterlagen (Angaben des Verstorbenen im Lastenausgleichsverfahren) Einzelkind und die Namen der Großeltern sind bekannt, aber dann ist Ende im Gelände. Geburtsurkunden zur Mutter und Urkunden zu deren Eltern konnten nicht vorgelegt werden; Negativbescheinigungen der entsprechenden Stellen liegen vor, angeblich wurde wohl auch vor Ort ermittelt. Auf der väterlichen Seite gibt es o.g. Erben. Bei einigen Verwandten ist der Verbleib unbekannt, aber m.E. wurde hier schon sehr sauber und gründlich ermittelt und es wurden auch soweit möglich Bescheinigungen der verschiedenen Stellen vorgelegt (ggfls. mit Übersetzungen), dass keine Kinder bekannt sind. Es hat mich eh erstaunt was hier noch an Urkunden (teilweise aus dem tiefsten 19. Jahrhundert) aus den ehem. Ostgebieten vorhanden ist.
    Ich würde nun eine Aufforderung gem. § 2358 II BGB erlassen und dann, wenn sich wie zu erwarten niemand meldet, den Beschluss in dem der Fiskus festgestellt nach FGG aufheben und den beantragten Alleinerbschein erteilen.
    Meine Fragen:
    1. Habe ich was übersehen oder geht das so in Ordnung?
    2. Muss ich den Fiskus in irgendeiner Art beteiligen oder kriegt die zuständige Stelle dann einfach schnöde den Aufhebungsbeschluss bzgl. der Feststellung des Fiskuserbrechts?

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