Gebührenpflichtige Negativauskunft

  • Man könnte bei der Entscheidung des LG Koblenz denken, dass hier mitgelesen wurde :D. Auf jeden Fall haut es ja in die Kerbe, was die Kostenreferenten der jeweiligen Mysterien der Länder wohl im März u.a. -hoffentlich- ausgiebig diskutierten. Ich gehe davon aus, dass wohl die Überzeugung reifen wird, einen eigenen gerichtlichen Kostentatbestand für solche Negativauskünfte bundeseinheitlich für die jeweilige Verfahrensart zu begründen. Alles andere wäre für mich nur noch Augenwischerei, vgl. das auch in #67 Gesagte.

  • Das OLG Koblenz befasste sich auf die weitere Beschwerde hin am 06.03.2017 nochmals damit (14 W 60/17) und kam abermals zu dem Schluss, dass für eine solche Negativ-auskunft keine Gebühr zu erheben ist.
    Frei von mir aus den Gründen wieder gegeben:
    Es läge kein Justizverwaltungsakt vor, sondern ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit im Sinne der §§ 13, 357 FamFG, sodass das GNotKG zur Anwendung kommt. Der Gesetzgeber habe die Möglichkeit, eine Auskunftsgebühr für derlei Ersuchen vorzusehen. Mit der Abgrenzung zu einer Justizverwaltungsangelegenheit habe man sich bereits in der Begründung vom 22.06.16 auseinander gesetzt.


    :blumen:

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
    L E O N A R D O | D A | V I N C I

  • Da fragt man sich ja ernsthaft, was die Kostenreferenten bei der diesjährigen Veranstaltung in Magdeburg so ausgeklüngelt haben, dass der kalte Kaffee anscheinend wohl wieder heiß aufgesetzt wurde. Konnte man sich ernsthaft nicht dafür durchringen, einen eigenen Kostentatbestand dafür zu begründen, ich kann es jedenfalls nicht nachvollziehen...

  • AZ 5563/0025

    Es ergebe sich aus der amtlichen Anmerkung (BT-Drucksache 17/11471, S. 309)

    OLG Koblenz (14 W 295/16) sei nicht auf BW übertragbar, da dort eine Verweisung auf das Landesjustizkostengesetz von RP betroffen gewesen und schon aus diesem Grunde nicht für BW anwendbar sei.

    Entspricht somit wohl dem Erlass des Nds. MJ hat vom 14.12.2016 (s. #59).

  • Ich zitiere mal aus dem Protokoll der Kostenreferenten der jeweiligen LJMV und des BMJV vom März 2017 in Magdeburg:

    Nr. 6. lit. b) Erhebung von Gebühren für schriftliche Auskünfte aus dem Eigentümerverzeichnis des Grundbuchamts sowie für sonstige Bescheinigungen und schriftliche Auskünfte der Justizverwaltung und der Gerichte aus Akten und Büchern einschließlich Negativauskünften (Nr. 1401 KV-JVKostG und andere Kostengesetze)

    SL und TH möchten erreichen, dass in allen Gerichtskostengesetzen eine Gebühr für die Auskunftserteilung an Dritte vorgesehen wird.

    Das BMJV verweist auf den Grundsatz, dass der allgemeine Geschäftsaufwand des Gerichts mit den Gebühren abgegolten sei. Insbesondere im Grundbuchbereich werde kein Handlungsbedarf gesehen. Für den Justizverwaltungsbereich sei ein Gebührentatbestand vorhanden. Ein Regelungsbedürfnis werde skeptisch gesehen.
    SH bezieht sich auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, wonach die Erteilung einer Auskunft an Dritte eine Angelegenheit der Justizverwaltung sei. Die Zuweisung in § 13 FamFG, wonach über Akteneinsichtsgesuche das Gericht bzw. der Vorsitzende entscheide, sei lediglich eine funktionelle Zuständigkeitsregelung. Das BMJV äußert, im Grundbuchbereich seien Rechtsbehelfsregelungen in der GBO enthalten; problematisch sei der Nachlassbereich.

    ST nimmt auf einen dortigen Erlass Bezug, wonach Nr. 1401 KV-JVKostG zur Anwendung gebracht werde. Es werde die Auffassung vertreten, § 357 FamFG oder 13 FamFG beträfen Akte der Rechtsprechung. ST spricht sich
    für die Einführung entsprechender Kostentatbestände aus.
    Die Problematik stelle sich z. B. auch für Anfragen, ob ein Betreuungsverfahren anhängig oder das Insolvenzverfahren eröffnet sei. In ZPO-Verfahren im Bereich des
    GKG seien Anfragen Dritter wohl als Verwaltungssachen anzusehen.

    NI stellt klar, dass es aus seiner Sicht bei dem Vorschlag der Länder nicht darum gehe, Mehreinnahmen zu generieren, sondern durch Wegfall der bestehenden schwierigen Abgrenzungsfragen die Rechtsanwendung für die
    Praxis spürbar zu erleichtern. Der Auffassung von NI treten weitere 12 Länder bei. SL und TH werden einen entsprechenden Vorstoß prüfen.

    Fazit: Wenn es doch angeblich nicht ums Geld geht, ist es um so mehr unverständlich, dass solche Erlasse aus den Landesjustizverwaltungen der jeweiligen Länder kommen, wenn man anscheinend selbst von dieser Praxis gar nicht überzeugt ist.

  • Warum wird nicht dieses ganze Gebühren-Klein-Klein ersatzlos gestrichen? Der Aufwand dieser Gebühren steht in keinem Verhältnis zum Ertrag. Zudem wird der Aufwand für die Auskunftserteilung mit der elektronischen Akte noch einmal viel geringer, wenn das alles richtig implementiert wird.

  • Aus dem Beschluss des OLG Hamm: "Auch wenn die kostentechnische Ungleichbehandlung von Erteilung von Ausfertigungen von Erbschein oder Testament und Negativauskunft tatsächlich kaum plausibel nachzuvollziehen ist, kann das bei Anwendung der nach Auffassung des Senats geltenden Vorschriften nicht zu einer anderen Entscheidung führen. Die weitere Beschwerde des Antragstellers hat daher keinen Erfolg."

    Da hat wohl jemand in der Grundrechtsvorlesung geschlafen. Der Verstoß gegen den Gleichheitssatz wird nicht erkannt und demzufolge unterbleibt die dann konsequenterweise erforderliche Vorlage nach Art. 100 GG.

    @ Elfi: Ist der Beschluss des OLG Düsseldorf veröffentlich?

  • Warum wird nicht dieses ganze Gebühren-Klein-Klein ersatzlos gestrichen? Der Aufwand dieser Gebühren steht in keinem Verhältnis zum Ertrag. Zudem wird der Aufwand für die Auskunftserteilung mit der elektronischen Akte noch einmal viel geringer, wenn das alles richtig implementiert wird.

    ...weil es m.E. auch keinen Kostentatbestand hierfür gibt, wogegen sich die Kostenreferenten der Länder wohl auch nicht mehr erwehren. Es ist m.E. auch entgegen des OLG Hamm darin keine kostentechnische Ungleichbehandlung zu sehen, wenn ich für eine Negativauskunft nichts bezahlen muss. Es ist schlichtweg der Justizgewährungsanspruch eines jeden Berechtigten, Auskünfte über ein - wenn auch nicht- bestehendes Verfahen zu verlangen.

  • Anders herum: Die Ungleichbehandlung des OLG Hamm liegt darin, dass die Negativauskunft (nach deren Auffassung) etwas kostet, die positve Auskunft aber nichts.

    Edit: Das OLG Hamm hat dazu aber sinngemäß gesagt: "Das können wir auch nicht ändern." (ggf. weil die Richter in der Grundrechtsvorlesung geschlafen oder gefehlt haben.)

  • ...
    Edit: Das OLG Hamm hat dazu aber sinngemäß gesagt: "Das können wir auch nicht ändern." (ggf. weil die Richter in der Grundrechtsvorlesung geschlafen oder gefehlt haben.)


    Was natürlich voraussetzen würde, dass die Ungleichbehandlung so schweres Gewicht hat, dass sie als verfassungswidriges Unrecht nicht hinzunehmen ist. Nur dann kommt eine Richtervorlage nach Art. 100 GG überhaupt in Betracht. An der Schwere dieses Unrechts mag man angesichts der absoluten Höhe dieser Gebührenbelastung doch mit guten Gründen zweifeln. Und dann ist die Aussage der Richter des OLG Hamm - wie immer man sachlich zu deren Entscheidung stehen mag (mir gefällt die entgegengesetzte Linie auch besser) - richtig und unbedenklich und nur Ausdruck der in der Verfassung verankerten Gewaltenteilung.

    Ich erinnere mich dunkel an einen Satz eines Verfassungsrechtlers im Studium, der damals auf entsprechende Fragen aus dem Auditorium sinngemäß sagte: Man soll die Grundrechte nicht zur Beseitigung jeder scheinbaren Ungerechtigkeit strapazieren, weil man sonst die Verfassung zur kleinen Münze macht.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH


  • Was natürlich voraussetzen würde, dass die Ungleichbehandlung so schweres Gewicht hat, dass sie als verfassungswidriges Unrecht nicht hinzunehmen ist.

    Das ist allerdings keine Anforderung, die sich aus dem Grundgesetz ergeben würde.

    Dass das BVerfG solche Verfassungsbeschwerden nicht annimmt, ist eine andere Geschichte. Aber ich habe hier schon einmal wegen einer "Kostengeschichte" erfolgreich eine Verfassungsbeschwerde zu einem Landesverfassungsgericht erhoben: http://blog.erbrecht-papenmeier.de/2014/12/willku…mtsgericht.html

    Bei der Richtervorlage gibt es kein Annahmeverfahren. Da müsste das BVerfG entscheiden.

  • Richtig ist, dass es kein Annahmeverfahren gibt. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass das BVerfG in der Sache entscheiden muss. Es weist nämlich durchaus eine Richtervorlage als unzulässig zurück (siehe z.B. 1 BvL 8/03), wenn das vorlegende Gericht sich nicht hinreichend mit der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung auseinandergesetzt hat. Und die enthält eben auch die Frage der Schwere des Eingriffs.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

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