Vereinfachtes Unterhaltsverfahren - Zuständigkeit - AGG lebt in EU Mitgliedstaat

  • Hallo,

    ich habe einen Antrag auf Festsetzung von Unterhalt im vereinfachten Verfahren gegen einen in Österreich lebenden Agg.

    Ich habe die Sache nach § 28 AUG an das am OLG gelegene AG abgegeben (Land Brandenburg Gerichtsbezirk des OLG Brandenburg). Nun bekam ich die Sache zurück mit dem Vermerk, sei ein Verfahren nach § 249 FamFG und § 28 AUG sei nicht anwendbar.

    Laut § 2 AUG werden die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit angewendet... das vereinfachte Unterhaltsverfahren fällt doch darunter oder nicht??? Ausnahmen konnte ich nicht finden.

    Kennt sich jemand damit besser aus? Ich erledige diese Anträge nur vertretungsweise aufgrund langfristiger Krankheit der Sachbearbeiterin.

  • Ich hatte mir mal für mich folgende Verfügung vorbereitet:

    Geltendmachung von Unterhalt im Ausland, wenn ein Gericht im Bereich des Geltungsbereiches der EUUntVO angerufen wird, auch wenn ein (anderer) Beteiligter seinen Aufenthalt in einem Drittstaat hat


    Betrifft hier: Unterhaltsverfahren (auch vereinfachte Unterhaltsverfahren) mit einem
    Antragsgegner, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat


    Anzuwenden ist das AUG, welches am 18.6.2011 in Kraft getreten ist, das der Ausführung sämtlicher in § 1 aufgeführter Verordnungen und Übereinkommen dient. Es geht dabei grundsätzlich um die "Geltendmachung" von Unterhalt, mithin sowohl um die Erlangung eines Unterhaltstitels als auch die Vollstreckung aus einem solchen. Nach § 28 AUG besteht, wenn ein Beteiligter seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hat, eine Zuständigkeitskonzentration bei dem Amtsgericht, welches seinen Sitz am Ort des Oberlandesgerichts hat. Dies trifft auf alle Fälle nach Art. 3 Buchst. a und b der Verordnung EG Nr. 4/2009, wobei damit auch erfasst ist, dass ein Berechtigter seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem EU-Staat hat, der Verpflichtete aber in einem Drittstaat.
    Betrachtet man weiterhin noch die spezielle Vorschrift § 25 AUG, muss man zu dem Schluss kommen, dass ein anderes deutsches Familiengericht nur dann zuständig ist, wenn die Titulierung von Unterhalt im Zusammenhang mit einem Scheidungsverbundverfahren oder einem Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft steht, was ja auch sinnvoll erscheint. Im Umkehrschluss führt das zu dem Ergebnis, dass für alle anderen Unterhaltsverfahren der Weg nur über das zentralisierte Gericht gemäß § 28 AUG führt.

    Sämtliche isolierten Unterhaltsverfahren, die hier anhängig gemacht werden, wären somit an das AG Dresden abzugeben.

    Einen solchen Fall hatte ich danach aber nicht wieder.

    So sieht das auch das OLG Frankfurt/M, Beschluss vom 14.11.2013, 1 SV 22/13.

  • Sehe ich auch so. Das FamG am OLG ist zuständig. Wenn bereits eine förmliche Abgabe mit entsprechendem Beschluss erfolgt ist und sich das andere Gericht weigert, das Verfahren zu übernehmen, wird man wohl das OLG bemühen müssen, über die Zuständigkeit zu entscheiden.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Im Parallelthread https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php?81610-Vereinfachtes hatte ich geschrieben:
    "Nach der Anmerkung von Rellermeyer zur Entscheidung des EuGH (Rpfleger 2015, 286) ist § 28 AUG im vereinfachten Verfahren unanwendbar, sodass es bei der Zuständigkeit des gewöhnlich zuständigen Gerichts bleibt."

    Eine OLG-Entscheidung würde mich allerdings auch interessieren.

  • Rellermeyer verneint in seiner Anmerkung zu dem EuGH-Urteil, dass die Zuständigkeitskonzentration im vereinfachten Verfahren die effektive Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen fördere. Ich sehe das komplett anders und würde daher § 28 AUG als weiterhin anwendbar ansehen:

    Gerade die starke Schematisierung und die Tatsache, dass das vV rein schriftlich und ohne mündliche Verhandlungen ausgestaltet ist, führt m.E. dazu, dass die Gründe, die zur Entscheidung des EuGH führten (so ist es im vV weder erforderlich, die Bedürftigkeit festzustellen, noch müssen die Unterhaltsberechtigten im vV an das zuständige Gericht reisen) im vereinfachten Verfahren gerade nicht greifen.

    Dadurch führt die Zuständigkeitskonzentration gerade im vereinfachten Verfahren zu einer Erhöhung der Effektivität, weil die besondere Sachkunde bei Auslandsberührung - etwa bei Fragen der Auslandszustellung - oder weil rein organisatorische Dinge wie das Vorhandensein von übersetzten Merkblättern oder Formularen diese Effektivität im streng formal ausgestalteten vereinfachten Verfahren eher begünstigen als verringern.

    Ulf

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  • Weil das Verfahren schriftlich durchgeführt wird, gibt es unter diesem Gesichtspunkt kein Bedürfnis für eine Zuständigkeitskonzentration, sodass es bei der Zuständigkeit der dezentralen Gerichte bleiben kann.
    Besondere Sachkunde aufgrund Auslandsberührung ist aufgrund der Schematisierung des Verfahrens und der geringen "Prüfdichte" auch nicht erforderlich. Soweit es um die Auslandszustellung geht, müssen die entsprechenden Vorschriften auch in anderen Verfahren, für die es keine Zuständigkeitskonzentration gibt, angewandt werden, sodass es auf besondere Sachkunde insoweit nicht ankommen kann.
    Und dass Organisationsfragen wie fremdsprachige Formulare das Verfahren so sehr begünstigen, dass daraus ein Bedürfnis für konzentrierte Zuständigkeit hergeleitet werden kann, halte ich für zweifelhaft.
    Der EuGH hat – wie ich die Entscheidung verstehe – die Zuständigkeit der dezentralen Gerichte zum Regelfall und die Anwendung des § 28 AUG zur Ausnahme erklärt, die besonders begründet werden muss. Eine solche stichhaltige Begründung kann ich nicht erkennen.
    Auf die OLG-Entscheidung bin ich daher wirklich gespannt.

  • Aber wie bereits gepostet (s.o.):

    Eine OLG-Entscheidung haben wir ja schon, in der die Ansicht vertreten wird, dass zuständig das Amtsgericht am Sitz des Oberlandesgericht ist. Das AUG unterscheidet nunmal nicht, ob ein Verfahren ohne mündliche Verhandlung durchgeführt werden kann oder nicht.

  • Hallo, ich habe gerade einen ähnlichen Fall, in welchem der Antragsgegner in Irland lebt und bin mir nun unschlüssig, ob ich mich unter Berufung auf § 28 AUG für unzuständig erklären kann oder nicht.

    Gibt es vielleicht mittlerweile eine Entscheidung des OLG...? :)

  • Danke für die Entscheidung, die sehr erfreulich ist, weil sie meiner bisherigen Auffassung entspricht. Man sollte allerdings keinen Unterschied machen, ob es sich um ein richterliches Unterhaltsverfahren oder um ein Vereinfachtes Unterhaltsverfahren des Rechtspflegers handelt, schließlich sind entsprechend FamFG beides Familienstreitsachen, auch wenn für die eine Anwaltspflicht besteht und die andere nicht. Im VUV gibt es hingegen in der Regel keine Verhandlungstermine, sodass das Argument der örtlichen Entfernung auch nicht greift, zumal man Anträge auch hier über die Jugendämter oder auf den Rechtsantragstellen stellen kann, die dann nur an das zentral örtlich zuständige Familiengericht weiterzuleiten sind.

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