Nutzanteil an den sogenannten Stiftsteilen

  • Hallo zusammen,

    ich habe hier eine Anfrage eines Grundstückseigentümers vorliegen. An dessen Grundstück Flst. 100 war bis in die 1980er Jahre ein "Nutzanteil an den sogenannten Stiftsteilen" gebucht (keine eigene Nummer im BV). Im Zuge einer Blattumschreibung wurde dann ohne aus den Akten ersichtlichen Grund unterlassen, den Nutzanteil mit zu übertragen, sodass auf dem neuen Blatt das Grundstück eingetragen war, der Nutzanteil jedoch nicht. Später wurde das Grundstück geteilt in Flst. 100/1 und 100/2, und Flst. 100/2 an eine dritte Person aufgelassen. In keiner der diesbezüglichen Urkunden wird der Nutzanteil irgendwie erwähnt.
    Meine Fragen hierzu:
    1) Was ist dieser Nutzanteil genau? Ich tippe mal darauf, dass es so etwas wie ein Gemeinderecht ist, habe jedoch in den mir hier vorliegenden Abhandlungen zu alten Rechten jetzt speziell zu solchen Nutzanteilen an sog. Stiftsteilen und deren Rechtsnatur nichts gefunden.
    2) Wie kriegt man den Nutzanteil wieder ins Grundbuch? Der Eigentümer erhält anscheinend nach wie vor Zahlungen aufgrund dieses Nutzanteils, also kann das ganze noch nicht gegenstandslos sein. Das einzige, was mir einfiele, wäre eine Erklärung der Gemeinde zu verlangen, zu welchem Grundstück der Nutzanteil gehört. Oder sind die für solche Nutzanteile garnicht der richtige Ansprechpartner?

    Falls jemand was hierzu weiß, bin ich für jede Anregung dankbar.

  • Von wem erhält der Eigentümer denn nach wie vor Zahlungen (von einer Stiftungsverwaltung ?) und in welchem Bundesland spielt sich das Ganze ab ?

    Falls die Eintragung den Landesteil Baden betrifft, könnte es sich um eine Buchung handeln, die früher im BV II vorgenommen wurde, s. dazu hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post611864

    Vielleicht handelt es sich aber auch um einen Herrschvermerk, bei dem die Belastung des betroffenen Grundstücks nicht mehr festzustellen ist; s. dazu hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post611248

    oder aber, das belastete Grundstück wurde ohne Rücksicht auf den Herrschvermerk als buchungsfrei ausgebucht, s. hier:

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…455#post1031455

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • So, nach längerer Funkstille hat sich der Eigentümer wieder gemeldet und mir ein Schreiben der Waldbaukörperschaft des Ortes, in dem der Fall spielt, geschickt. Anscheinend werden die Zahlungen von dieser örtlichen Waldbaukörperschaft getätigt. Neben den Geldzahlungen können die Berechtigten Holz aus den betreffenden Wäldern zu günstigeren Preisen beziehen. Diese Nutzanteile, auf denen sich die Zahlungsberechtigung gründet, bestehen seit dem 19. Jahrhundert, seien fest mit einem Grundstück verbunden und müssten normalerweise im Grundbuch vermerkt und bei jeder Umschreibung mitübertragen werden.

    Soweit die Infos, die ich mittlerweile erhalten hab. Wirklich weiter hilft mir das alles noch nicht...

  • Aus irgendwelchen älteren Unterlagen in der Grundakte lässt sich nicht entnehmen wo der Nutzanteil ursprünglich dazugehörte?

  • ... mir ein Schreiben der Waldbaukörperschaft des Ortes, in dem der Fall spielt, geschickt. Anscheinend werden die Zahlungen von dieser örtlichen Waldbaukörperschaft getätigt. Neben den Geldzahlungen können die Berechtigten Holz aus den betreffenden Wäldern zu günstigeren Preisen beziehen. Diese Nutzanteile, auf denen sich die Zahlungsberechtigung gründet, bestehen seit dem 19. Jahrhundert, seien fest mit einem Grundstück verbunden und müssten normalerweise im Grundbuch vermerkt und bei jeder Umschreibung mitübertragen werden.....

    Das scheint sich ja dann um Nutzanteile an einer altrechtlichen Waldkorporation oder Waldgenossenschaft zu handeln, wie sie Gegenstand des Urteils des OLG Bamberg (2. ZS), vom 01. 07.1976, 2 U 197/75 = OLGZ 1976, 461, waren (Leitsätze: „1. Nutzanteile an altrechtlichen Körperschaftswaldungen sind, auch wenn sie frei veräußerlich sind, als grundstücksgleiche Rechte anzusehen, deren Übertragung wie bei Grundstücken nach §§ 873, 925 BGB durch Auflassung und Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch erfolgt.2. Wird ein solcher Anteil in einem Übergabevertrag versehentlich nicht mit aufgeführt, obwohl die Beteiligten ihn auf den Anwesensübernehmer mit übertragen wollen, so erstreckt sich die Auflassung gleichwohl auf ihn“);
    Siehe:
    https://beck-online.beck.de/Dokument?vpath…nReadable=False

    Im dortigen Fall waren die Anteile nicht mit dem Besitz bestimmter Anwesen verbunden, sondern „walzend”. Ansonsten gibt es radizierte, also an ein Grundstück gebundene Nutzungsrechte (Einzelheiten siehe etwa bei Zeiser im Beck´schen Online-Kommentar, GBO, Hrsg. Hügel, Stand: 01.06.2016, Sonderbereich Alte Rechte, RN 204 ff; s.
    https://beck-online.beck.de/?vpath=bibdata….glII.gl2%2Ehtm

    Eine Darstellung der Besonderheiten in Bayern findet sich auch bei Mayer im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2012, Art. 164 EGBGB vor RN 1

    https://www.juris.de/jportal/portal…GBGB_A164.R0040

    sowie dort

    https://www.juris.de/jportal/portal…true#focuspoint

    unter den Randnummern 13, 41, 46, 48 (radizierten Nutzungsrechte), 49 (walzende Nutzungsrechte) ff, wegen der Eigentumsverhältnisse s. die Randnummern 43 ff.

    Um solche radizierte Nutzungsrechte scheint es sich in Deinem Fall zu handeln. Zur grundbuchrechtlichen Behandlung verweist Staudinger/Mayer in RN 48 auf Oberst, MittBayNot 1956, 151, 160 und BeckOK GBO/Zeiser, Sonderbereich, Q Rn 204).

    Im Übrigen kommen auch an gemeindlichen Waldflächen privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Nutzungsrechte an dem ungeteilten Gemeindevermögen in Betracht, die nach Art. 184 Satz 1 EGBGB mit dem sich aus dem früheren Recht ergebenden Inhalt und Rang bestehen geblieben sind (s. dazu OLG München, Beschluss v. 19.07.2016, 34 Wx 118/16
    http://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…N-13150?hl=true

    Das dürfte aber Deinen Fall nicht betreffen.

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