Inhaltsänderung bei Auflassungsvormerkung

  • Im Zuge einer unentgeltlichen Grundstücksübertragung von Eltern an Tochter ist eine Rückauflassungsvormerkung zur Absicherung eines Verfügungsverbots der neuen Eigentümerin eingetragen worden. Danach ist die Tochter unter anderem dann zur Rückübertragung verpflichtet, wenn sie vor dem Längstlebenden der Eltern verstirbt. Eigentumsumschreibung und Eintragung der Rückauflassungsvormerkung ist damals erfolgt.
    Diese Bedingung wird nun so abgeändert, dass die Tochter zur Rückübertragung verpflichtet ist, wenn sie vor dem Längstlebenden der Eltern verstirbt und den Grundbesitz nicht ausschließlich an leibliche Abkömmlinge vererbt oder im Wege des Vermächtnisses zugewendet hat.

    Im Ergebnis wird die Bedingung, unter der eine Rückübertragungsverpflichtung entsteht, abgemildert. Eigentümerin und Berechtigte unterschreiben die neue Vereinbarung und es wird die Eintragung im Grundbuch bewilligt. Die Unterschriften sind notariell beglaubigt.
    Ich frage mich, ob auf die Vertragsänderung § 311 b BGB anzuwenden ist. Die Rückauflassung ist noch nicht beurkundet worden.

  • Die Frage, ob Änderungen nur dann beurkundungspflichtig sind, wenn sie eine Verschärfung oder Erweiterung der bisherigen Regelungen beinhalten, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt (s. dazu Kanzleiter im Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2016, § 311 b RN 57 mwN in Fußn. 239)

    Das OLG München führt zum damaligen § 313 BGB, jetzt § 311b BGB, im Urteil vom 2. 3. 2001 - 21 U 4604/00, aus (Hervorhebung durch mich):

    „Der Vorschrift des § 313 BGB unterliegt zwar nicht nur der ursprüngliche Kaufvertrag, sondern sie gilt auch für spätere Änderungsverträge. Eine Ausnahme gilt jedoch u.a. dann, wenn durch die Änderung die Veräußerungs- oder Erwerbspflicht weder unmittelbar nochmals mittelbar verschärft oder erweitert wird (BGHZ 66, 271).“

    Ludwig führt im jurisPK-BGB, 7. Auflage 2014, Stand 01.10.2014, § 311b RN 268 aus:

    „Als Ausnahmetatbestand vom Erfordernis der Beurkundung einer vertraglichen Änderung wird unter Hinweis auf eine Entscheidung des BGH1143 das Kriterium der unmittelbaren oder mittelbaren Verschärfung oder Erweiterung der Veräußerungs- oder Erwerbspflicht genannt1144.

    1143) BGH v. 05.05.1976 - IV ZR 63/75 - BGHZ 66, 270-272.
    1144) Müller, MittRhNotK 1988, 243-254, 246; Schwarz, MittBayNot 1999, 55.

    In RN 267 führt Ludwig aus (Hervorhebung durch mich): „Die Rechtsprechung hat sich hier zum reinen „case-law“ entwickelt. In der Literatur ist gegen diese Auffassung Kritik erhoben und vorgeschlagen worden, Änderungen stets für beurkundungsbedürftig zu halten, soweit sie sich nicht als vertragliche Wiederholung von gesetzlichen Ansprüchen und Verpflichtungen darstellen oder nur aus Anlass des ursprünglichen Kaufvertrages vorgenommen wurden oder entsprechend § 139 BGB von dem Vertrag abtrennbar sind.“

    Vorliegend besteht die durch Vormerkung gesicherte Rückübertragungspflicht für die Erben der Anspruchsverpflichteten dann, wenn die Verpflichtete vor dem Längstlebenden der Eltern verstorben ist; künftig soll sie aber nur dann bestehen, wenn die Verpflichtete vor dem Längstlebenden der Eltern verstorben ist und den Grundbesitz nicht ausschließlich an leibliche Abkömmlinge vererbt oder im Wege des Vermächtnisses zugewendet hat.

    Damit tritt für die Verpflichtete keine Verschärfung, sondern eine sich zu ihren Gunsten auswirkende Einschränkung ein. Auch wird diese Änderung aus Anlass des ursprünglichen Kaufvertrages vorgenommen.

    Ich könnte mir daher vorstellen, dass eine formlose Vereinbarung ausreicht. Außerdem wird die Ansicht vertreten, dass dafür keine Eintragungsbedürftigkeit bei der Vormerkung besteht (s. die Nachweise bei Gursky im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2013, § 877 RN 359). Hintergrund ist das Urteil des BGH 5. Zivilsenat, vom 26.11.1999, V ZR 432/98, wonach die bisherige Vormerkung durch erneute Bewilligung ohne Grundbuchberichtigung und inhaltsgleiche Neueintragung wieder zur Sicherung eines neuen deckungsgleichen Anspruchs verwendet werden könne (s. dazu die Abhandlungen von Wacke, DNotZ 2000, 643 ff, Preuß, DNotZ 2011, 696 ff, Kohler, DNotZ 2011, 808 ff, ; Böttcher NJW 2013, 838, Böhringer, BWNotZ 2013, 47 ff,
    http://www.notare-wuerttemberg.de/downloads/bwnotz_02-2013.pdf
    Amann, DNotZ 2014, 178 ff).

    Wie sich unter anderem aus den Nachweisen in Fußnote 3 der vorstehend verlinkten Abhandlung von Böhringer ergibt, hat es der BGH in einer weiteren Entscheidung (Urteil v. 7.12.2007, V ZR 21/07) für zulässig erachtet, dass eine zur Sicherung eines durch Rücktritt bedingten Rückauflassungsanspruchs eingetragene Vormerkung durch Bewilligung auf weitere Rücktrittsgründe erstreckt werden kann, ohne dass es einer erneuten Eintragung einer Vormerkung bedürfe. Nach dieser Ansicht müsste nicht einmal die neue Bewilligung beim GBA eingereicht werden (s. dazu Kral im Beck'scher Online-Kommentar GBO, Hrsg. Hügel, Stand: 01.06.2016, § 44 RN 72). Auf jeden Fall wäre die Eintragungsbewilligung ausreichend. Die Frage, ob der Anspruch wirksam begründet wurde, kann das GBA nur aufgreifen, wenn mit Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass der Anspruch nicht bestehen kann (s. etwa Pfälz. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 3. 11. 2006, 3 W 188/06). Diese Möglichkeit erscheint mir angesichts der unterschiedlich beurteilten Frage zur Formbedürftigkeit der nachträglichen Vereinbarung vorliegend nicht gegeben zu sein..

    Ich würde daher den Antrag vollziehen wollen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • A veräußert 10 Grundstücke an B und es wird eine Auflassungsvormerkung eingetragen. Dann wird das Vorkaufsrecht nach Naturschutsgesetz bezüglich 2 Grundstücken ausgeübt.
    A und B heben vertraglich alle gegenseitigen Verpflichtungen bezüglich dieser beiden Grundstücke auf.
    Sie bewilligen und beantragen "diese Änderung" bei der Vormerkung einzutragen und bewilligen gleichzeitig die Löschung der Vormerkung an diesen beiden Grundstücken.
    Die Eintragung der Inhaltsänderung ist doch überflüssig?

  • Welche Inhaltsänderung? Die gesicherte Eigentumsübertragungsverpflichtung wird hinsichtlich 2 Grundstücken aufgehoben, insoweit besteht somit kein schuldrechtlicher Anspruch mehr. Die Vormerkung ist daher insoweit außerhalb des Grundbuchs erloschen wegen ihrer Akzessorietät, diesbezüglich kann sie aufgrund der dir vorliegenden Unterlagen gelöscht werden. Mehr ist nicht einzutragen, hinsichtlich der anderen 8 Grundstücke besteht der Eigentumsverschaffungsanspruch doch unverändert weiter!

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