Satzungsänderungen von Vereinen

  • Wir haben hier seit Monaten überdurchschnittlich viele Anmeldungen von Satzungsänderungen bei Vereinen.
    Gefühlt (nicht gezählt) kann man etwa 15% sofort eintragen, der Rest muss mehr oder weniger aufwendig beanstandet werden. Fehlen Kleinigkeiten, ist das unproblematisch und leicht zu beheben.
    Was uns zunehmend belastet - zeitlich und nervlich - sind die mit den chaotischen Unterlagen:
    Aus vielen Protokollen ist der Inhalt der Satzungsänderung nicht zu entnehmen, die Formulierungen sind schwammig und unvollständig, und in der eingereichten "aktuellen Satzung" findet sich eine Vielzahl von Änderungen gegenüber der bestehenden Satzung, die gar nicht oder nicht so beschlossen wurden. Würde der Vorstand neben uns sitzen, könnte man die Mängel relativ schnell zeigen und erklären, aber da wir unsere Verfügungen nun mal schriftlich abfassen, müssen umfangreiche Zwischenverfügungen aufgesetzt werden, die von den Empfängern teilweise nicht verstanden werden. Nicht jeder Vorstand ist in der Lage, damit umzugehen und sich in Papierwelten hineinzudenken, und ich kann gut verstehen, dass sich mancher damit intellektuell oder zeitlich überfordert sieht. Aber selbst wenn alles in Ordnung ist, ist der Zeitauswand, um 20 Seiten Satzung zu vergleichen, unverhältnismäßig hoch. Der Zeitaufwand für beide Seiten steht in keinem Verhältnis zum Nutzen.
    Kurz und gut, ich bin der Meinung, das Verfahren zur Satzungsänderung von Vereinen müsste vereinfacht werden. Seit einiger Zeit beschäftigt mich dieser Gedanke, vielleicht eine Art Musterprotokoll für Vereine einzuführen, welches nur die allernötigsten Angaben enthält, und alles Übrige Vereinsordnungen zu überlassen. Das wäre grundsätzlich nach der Gesetzeslage möglich, aber keiner macht es, nein, es muss eine Satzungsänderung durchgeführt werden, damit frau zum Schützenaufmarsch eine Hose tragen darf statt eines Rocks. Das geht meiner Meinung nach zu weit, es kann nicht sein, dass wir mit sowas unsere Zeit verschwenden.
    Was sagt ihr dazu? Habt ihr Ideen?

  • Es würde schon reichen, wenn das Finanzamt sich mal etwas zurücknehmen würde. 90 % der Satzungsänderungen hier in den letzten 2 Jahren sind deren sich ständig ändernden Vorgaben geschuldet. Ansonsten sind Vereine im Pensum halt einfach sch****, weil sie sich entweder viel zu wichtig nehmen und alles im kleinsten, so kompliziert wie nur eben möglich geregelt haben müssen, oder weil sie sich nach der Ersteintragung um nichts mehr kümmern, oder weil bestimmte Vereine Querulanten nur so anzuziehen scheinen. Meiner Meinung müsste man überlegen die Gesetzeslage so zu ändern, dass nicht jeder kleine Mistverein meint sich eintragen lassen zu müssen.

  • Ich wäre dafür, dass Satzungsänderungen so wie eine Sitzung der Hauptversammlung von einem Notar "protokolliert" werden. Neue Satzung wird zusammen mit einer notariellen Bescheinigung eingereicht.
    Da die Notare für so etwas aber leider kein Geld bekommen, ist das wahrscheinlich nicht praktikabel :(
    Oder wir schaffen die Vereine ganz ab...oder wir geben sie an das Finanzamt ab. Sollen die Kollegen vom Finanzamt die Vereine doch selbst eintragen und bearbeiten. Dann können sie auch so viel an der Satzung rummeckern, wie sie wollen :D

  • Die Idee mit der Bescheinigung, wie bei der Satzungsänderung einer GmbH, fände ich auch toll.

    Meinetwegen muss das auch nicht unbedingt der Notar bescheinigen, sondern vielleicht könnte der Vorstand das in der Anmeldung zur Satzungsänderung selbst versichern (wenn diese Versicherung dann zu beurkunden wäre, wäre der Umgang mit Vereinen auch für den Notar lukrativer, nur evtl. wieder zum finanziellen Nachteil des Vereins ...). Oder der Verein pappt eine solche rein schriftliche Bescheinigung unter das neue Satzungsexemplar drunter. Das hätte evtl. auch einen Erziehungseffekt. Da sie sich dann selbst, wie bislang das AG, mit dem Text vor und nach Satzungsänderung auseinandersetzen müssen und vergleichen müssen. Evtl. geht dann der Verein in Zukunft selbst anders damit um. Ich habe hier schon mehrfach Telefonate geführt, nachdem ich bemängelt habe, dass im neuen Satzungsexemplar Paragraphen und Bestimmungen abgeändert sind, die nicht beschlossen wurden. Der Vorstand fällt dann immer aus allen Wolken: "Wie, das kann ja gar nicht sein, wir haben das doch von dem Muster von 1972 genommen, das hier lag ...".

    Ich finde, die aufwendige Prüfung steht auch außer Verhältnis. Ich mache erst seit Beginn des Jahres Registersachen und die Satzungsänderungen von Vereinen haben bislang den größten Teil meiner Registerarbeit in Anspruch genommen.

  • Richtig interessant wird es dann, wenn sich solche Vereine melden, die sich jahre- oder jahrzehntelang um nichts gekümmert haben und jetzt mit Eintragungswünschen kommen, bei denen man sich der Lage ausgesetzt sieht, die chronologische Entwicklung des Vereins zu ermitteln. Meist fehlen dann auch noch eine Menge Unterlagen und maßgebliche VS-Mitglieder sind auch nicht mehr dabei. Das macht Freude! :strecker :D

  • Hab ich grad: Gesammelte Werke ab 2012 - jährlich Satzungs- und Vorstandsänderung und zum Schluss ´die Auflösung.... Pack das mal alles in eine Anmeldung....Erst schreib ich dem Mandanten Romane, dann dem VR. Wird lustig. Weiß auch noch nicht, wie ich den Verein aufgelöst kriegen soll, wenn die alten Vorstände gar nicht mehr reagieren. :wechlach:

  • Es würde schon reichen, wenn das Finanzamt sich mal etwas zurücknehmen würde. 90 % der Satzungsänderungen hier in den letzten 2 Jahren sind deren sich ständig ändernden Vorgaben geschuldet. Ansonsten sind Vereine im Pensum halt einfach sch****, weil sie sich entweder viel zu wichtig nehmen und alles im kleinsten, so kompliziert wie nur eben möglich geregelt haben müssen, oder weil sie sich nach der Ersteintragung um nichts mehr kümmern, oder weil bestimmte Vereine Querulanten nur so anzuziehen scheinen. Meiner Meinung müsste man überlegen die Gesetzeslage so zu ändern, dass nicht jeder kleine Mistverein meint sich eintragen lassen zu müssen.

    Bezüglich der "ständig ändernden Vorgaben" hast Du Recht, aber das Finanzamt ist nur ausführendes Organ. Der Grund, warum die Satzungen geändert oder angepasst werden müssen sitzt in Berlin und nennt sich Bundestag.

    In den Anlagen zur Abgabenordnung ist eine Mustersatzung, die jeder Verein, der die Gemeinnützigkeit haben will verwenden kann; diese Mustersatzung wird auch nach jeder Änderung der Rechtslage angepasst. Leider hat aber jeder Verein eigene Ansichten, wie seine Satzung aussehen soll, welche Ämtchen es geben soll, welche Untergliederungen und vor allem, warum sie der Meinung seien, sie seien gemeinnützig. Den irgendwie sind viele Vereine der Meinung, dass man unbedingt die Gemeinnütigkeit braucht, denn immerhin erhält man ja jährlich spenden in Höhe von 100 Euro, und die zwei Personen haben nach einer Spendenquittung gefragt.

    Jeder Kassierer mit Verstand muss die Gemeinnützigkeit ablehnen, denn der Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Ertrag.

  • Dass wir irgendwelchen Einfluss auf die Finanzgesetzgebung oder-verwaltung nehmen könnten, halte ich eher für illusorisch.
    Bei uns werden hauptsächlich Fördervereine angemeldet, die die Gemeinnützigkeit sicherlich schon brauchen, um Spenden akquirieren zu können.

    Eine Bescheinigung auf der eingereichten Satzung wäre ein kleiner Schritt, enthebt uns aber auch nicht der Prüfung der eingereichten Satzung. Eine notarielle Bescheinigung können wir vergessen; die gibt es auch bei Genossenschaften nicht, weil sie ihre satzungsändernden Beschlüsse nicht notariell protokollieren lassen müssen.

    Vereine, die sich auf die Mustersatzung des Finanzamts beschränken, sind eher unproblematisch; die Satzung ist überschaubar und in meinen Augen (bis auf den Zusatz, wonach zur Änderung des Vereinszwecks die 3/4-Mehrheit reicht) gut gefasst. Vielleicht wäre es eine Möglichkeit zu bestimmen, dass entweder die Mustersatzung des Finanzamts zu verwenden ist oder sich die Satzung auf die Angaben nach §§ 57, 58 BGB und ggf. die zur Erlangung der Gemeinnützigkeit erforderlichen Bestimmungen zu beschränken hat und alles Übrige in Vereinsordnungen zu regeln ist. Diese wären für Vereine und ihre Mitglieder genauso verbindlich wie die Satzung, sie unterliegen nur nicht der registergerichtlichen Kontrolle. Und vor allem müssen wir, wenn ein § geändert wird, nicht 18 Seiten unveränderte §§ miteinander vergleichen, sondern nur 4.
    Die Zahl der Satzungsänderungen sinkt, da die Änderung der Kleiderordnung oder der Vereinsfarben nicht mehr bei uns angemeldet werden müssten.

    Es ist einfach unglaublich, was für einen Aufwand wir zur Zeit mit Vereinssachen treiben, wenn man daneben GbR’s sieht, die nirgends registriert und trotzdem quasi rechtsfähig sind. Ein Treppenwitz:mad:



  • Es ist einfach unglaublich, was für einen Aufwand wir zur Zeit mit Vereinssachen treiben, wenn man daneben GbR’s sieht, die nirgends registriert und trotzdem quasi rechtsfähig sind. Ein Treppenwitz:mad:

    :daumenrau

    Wobei die GBR, zumindest aus Grundbuchsicht, nicht unbedingt weniger Arbeit und Ärger bereitet ...

  • Ich wäre für jede Erleichterung in diesem Teilbereich dankbar!

    Was ich mir schon die Haare über diesen Satzungsänderungen gerauft habe. Da hatte ich mit Müh und Not endlich mal jede Menge an Satzungsänderungen weggearbeitet, kamen am nächsten Tag genau so viele neue Satzungsänderungen rein, ganz zu schweigen von den Antworten auf Zwischenverfügungen. Der tatsächliche Aufwand wird in der Statistik ganz klar nicht realitätsgetreu wiedergeben, also muss an irgend einer Stelle etwas verschlankt werden.

    Ich finde auch alle, bislang hier zur Ansprache gekommenen Vorschläge gut:

    • Entweder eine Bescheinigung, ähnlich der nach § 54 GmbHG oder
    • Grundsätzlich Beschränkung der Satzung auf die Muss-Vorgaben nach BGB oder
    • Vorgabe einer zwingend einzuhaltenden Mustersatzung zur Erlangung der Gemeinnützigkeit beim Finanzamt.



    Nachdem ich einen deiner (Ti) Beiträge gelesen habe, tendiere ich aktuell am Meisten zu der mittleren Variante. Man könnte auch aus der mittleren und letzten Variante eine Mischform machen, das sowie auch die dritte Variante alleine erinnert mich dann an die Ersteintragung einer UG nach Musterprotokoll. Wieso eigentlich nicht?

    Nur: ... Ich bin noch ein junger Rechtspflegel, wie stößt man einen Reformbedarf an?

  • Meine Idee, ähnlich wie im Baurecht, die Einführung zweier Verfahren:

    Vereinfachtes Verfahren, oder eine Art Kenntnisgabeverfahren:

    Veröffentlich einer Mustersatzung, durch die Justiz in Abstimmung mit den Finanzen. Bei der Verwendung dieser Mustersatzung fallen keine oder nur geringe Kosten bei Eintragung oder Änderung an, außer es wird ein abweichen von der Mustersatzung festgestellt.

    Die Alternative ist Genehmigungsverfahren:

    Wer von Mustersatzung abweicht, oder sie gar nicht verwendet kommt in das ausführlich Prüfverfahren und bezahlte volle, bzw. erhöhte Gebühren.

    So ziemlich jeden Verein kann man über den Geldbeutel zähmen.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!