Alter von Bietvollmachten

  • Aus gegebenem Anlass eine Frage in die Runde:

    Wir haben mehreren Personen eine notariell beurkundete Bietvollmacht erteilt, Gebote für eine GmbH abzugeben. Jeder Bevollmächtigte hat eine Ausfertigung erhalten, in der Urkunde ist ausdrücklich auch die Vertretungsbescheinigung durch den Notar enthalten, die Vollmacht ist aus 2015.

    Anfänglich gab es nur vereinzelt Probleme, da manche Rechtspfleger trotzdem auf die Vorlage eines begl. Handelsregisterauszuges bestanden haben. Der Hinweis auf die Vertretungsbescheinung des Notars hat dann meistens doch genügt.

    Jetzt gehen Rechtspfleger aber dazu über, die Vollmacht nicht mehr annehmen zu wollen, da sie zu alt sei.

    Ich kann das nicht nachvollziehen. Eine Vollmacht gilt doch so lange weiter, wie sie nicht widerrufen wurde. Das muss doch auch für eine Bietvollmacht gelten, oder nicht?

    Gibt es tatsächlich eine Art Verfallsdatum von Bietvollmachten?

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)


  • Ich kann das nicht nachvollziehen.


    Ich auch nicht. Wird als Begründung angeführt, die Vollmacht sei zu alt?
    Wie alt soll sie denn dann sein dürften?

    Vermutlich wird hier was bei der Herleitung der Vertretungsbefugnis bzw. Vertretungsmacht verwechselt.
    Die Vertretungsbefugnis (z.B. als GF oder Prokurist einer GmbH) wird durch beglaubigten HR-Auszug nachgewiesen, für den es in der Tat ein "Verfallsdatum" gibt.
    Hier wird jedoch mit Vollmacht geboten und die Vertretungsmacht für den Vollmachtgeber leitet sich aus der notariellen Urkunde her. Für diese gibt es kein Verfallsdatum.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Vielen Dank für die Bestätigung, dass ich nicht völlig falsch liege.

    Hier kommt als Besonderheit hinzu, dass der Geschäftsführer, der die Vollmacht erteilt wird mittlerweile anders heißt (er ist aber noch GF) und die Gesellschaft auch einen neuen Namen und einen neuen Sitz hat. Diese Änderungen sind in einer begl. Abschrift einer Notarbestätigung nach § 21 BNotO als Anlage beigefügt.

    Hätte ich vielleicht gleich dazu sagen soll, sorry.

    Aber ich meine, am Ergebnis kann das nichts ändern, die Vollmacht gilt weiter.

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • kann das auch nicht verstehen.

    Ich finde den aktuellen Registerauszug sogar falsch, wenn man nur die Vertretungsbefugnis darin prüfen will. Der Vollmachtgeber muss zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung vertretungsbefugt sein, ob er das später bleibt ist doch egal. Das bescheinigt bei dir ja scheinbar der Notar, so dass du keinen weiteren Nachweis brauchst. Ob der Vollmachtgeber danach aus der Firma ausscheidet (so hypothetisch angenommen), hat doch auf die Wirksamkeit dieser Vollmacht keine Auswirkungen. Insoweit müsste dann ein aktueller Vertreter die erteilten Vollmachten widerrufen und zurückfordern. Wer aktuell die Firma vertritt, ist doch völlig egal, weil der Erschienene sich auf die rechtsgeschäftliche Vertretung beruft, nicht auf die gesetzliche.

    Wenn die Rechtspflegerin allerdings sehen will, ob die Firma noch existiert und wie sie aktuell heißt sowie wo der Sitz ist (dazu aktueller HR-Auszug), könnte ich das im Grundsatz nachvollziehen (aber ob man das machen muss :gruebel:). Das wäre aber - so ohne tiefsinnig alle Eventualitäten durchzugehen - so ziemlich das einzige, was ich im Grundsatz bei der Vorlage des HR-Auszuges als sinnvoll ansehen würde.

  • :daumenrau

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • kann das auch nicht verstehen.

    Ich finde den aktuellen Registerauszug sogar falsch, wenn man nur die Vertretungsbefugnis darin prüfen will. Der Vollmachtgeber muss zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung vertretungsbefugt sein, ob er das später bleibt ist doch egal. Das bescheinigt bei dir ja scheinbar der Notar, so dass du keinen weiteren Nachweis brauchst. Ob der Vollmachtgeber danach aus der Firma ausscheidet (so hypothetisch angenommen), hat doch auf die Wirksamkeit dieser Vollmacht keine Auswirkungen. Insoweit müsste dann ein aktueller Vertreter die erteilten Vollmachten widerrufen und zurückfordern. Wer aktuell die Firma vertritt, ist doch völlig egal, weil der Erschienene sich auf die rechtsgeschäftliche Vertretung beruft, nicht auf die gesetzliche.

    Wenn die Rechtspflegerin allerdings sehen will, ob die Firma noch existiert und wie sie aktuell heißt sowie wo der Sitz ist (dazu aktueller HR-Auszug), könnte ich das im Grundsatz nachvollziehen (aber ob man das machen muss :gruebel:). Das wäre aber - so ohne tiefsinnig alle Eventualitäten durchzugehen - so ziemlich das einzige, was ich im Grundsatz bei der Vorlage des HR-Auszuges als sinnvoll ansehen würde.

    Wenn aber für die Firma geboten wird, muss doch schon auch unter der aktuellen Firmierung geboten werden!? Die geht ja, wenn ich das richtig verstanden hab, nicht aus der Vollmacht hervor!? Also doch wieder HR-Auszug...!?!

  • kann das auch nicht verstehen.

    Ich finde den aktuellen Registerauszug sogar falsch, wenn man nur die Vertretungsbefugnis darin prüfen will. Der Vollmachtgeber muss zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung vertretungsbefugt sein, ob er das später bleibt ist doch egal. Das bescheinigt bei dir ja scheinbar der Notar, so dass du keinen weiteren Nachweis brauchst. Ob der Vollmachtgeber danach aus der Firma ausscheidet (so hypothetisch angenommen), hat doch auf die Wirksamkeit dieser Vollmacht keine Auswirkungen. Insoweit müsste dann ein aktueller Vertreter die erteilten Vollmachten widerrufen und zurückfordern. Wer aktuell die Firma vertritt, ist doch völlig egal, weil der Erschienene sich auf die rechtsgeschäftliche Vertretung beruft, nicht auf die gesetzliche.

    Wenn die Rechtspflegerin allerdings sehen will, ob die Firma noch existiert und wie sie aktuell heißt sowie wo der Sitz ist (dazu aktueller HR-Auszug), könnte ich das im Grundsatz nachvollziehen (aber ob man das machen muss :gruebel:). Das wäre aber - so ohne tiefsinnig alle Eventualitäten durchzugehen - so ziemlich das einzige, was ich im Grundsatz bei der Vorlage des HR-Auszuges als sinnvoll ansehen würde.

    Wenn aber für die Firma geboten wird, muss doch schon auch unter der aktuellen Firmierung geboten werden!? Die geht ja, wenn ich das richtig verstanden hab, nicht aus der Vollmacht hervor!? Also doch wieder HR-Auszug...!?!

    Die aktuelle Firmierung geht aus der Vollmacht in Verbindung mit einer Notarbestätigung hervor.

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Ich gehe davon aus, dass das Problem der Rechtspfleger nicht im Alter der Vollmacht liegt, sondern im Alter des Registerauszugs.
    Ich selbst hätte auch ein gewisses Bauchweh, die Existenz einer GmbH zu bejahen, wenn mir nur (enthalten in der Vollmachtsurkunde) ein steinalter Vertretungsnachweis vorgelegt wird. Gleichwohl hält Stöber, ZVG, § 71 Rz. 2.3 die Vorlage eines Registerauszugs zum Zweck der Identitätsfeststellung für zweckmäßig, aber nicht notwendig (anders als zum Zweck des Vertretungsnachweises). Und ich höre schon Cromwell, der uns sicherlich gleich darauf hinweisen wird, dass wir bei der GbR, vertreten durch den (in Gründungsurkunde) Bevollmächtigten, ja auch an die Existenz der GbR glauben, ohne uns durch den Blick in ein Register vergewissern zu können.

  • Gute Frage. Gegenfragen: Wer würde denn erwerben, wenn der Vollmachtgeber bei Zuschlag verstorben ist?
    Wer erwirbt bei einer erloschenen GmbH? Oder einer erloschenen GbR?


    1. Bei transmortalen Vollmachten: die Erben
    2. GmbH: die Liquidationsgesellschaften.
    3. GbR: weiß ich nicht.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Gute Frage. Gegenfragen: Wer würde denn erwerben, wenn der Vollmachtgeber bei Zuschlag verstorben ist?
    Wer erwirbt bei einer erloschenen GmbH? Oder einer erloschenen GbR?


    1. Bei transmortalen Vollmachten: die Erben
    2. GmbH: die Liquidationsgesellschaften.
    3. GbR: weiß ich nicht.


    Bei erloschener GbR: Würde ich notfalls über § 179 Abs. 1 Var. 1 BGB (Erfüllungswahl) zu lösen versuchen. Wer für jemanden als Bevollmächtigter auftritt, den es nicht mehr gibt, hat eben Pech gehabt.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH


  • Ich selbst hätte auch ein gewisses Bauchweh, die Existenz einer GmbH zu bejahen, wenn mir nur (enthalten in der Vollmachtsurkunde) ein steinalter Vertretungsnachweis vorgelegt wird.

    Ich teile das Bauchweh nicht. Im Grundbuch sind ältere Vollmachten mit entsprechend älteren Vertretungsnachweisen fast Tagesgeschäft. Wenn ich da jedesmal gucken würde, ob die Firma noch im Register steht...


  • Ich selbst hätte auch ein gewisses Bauchweh, die Existenz einer GmbH zu bejahen, wenn mir nur (enthalten in der Vollmachtsurkunde) ein steinalter Vertretungsnachweis vorgelegt wird.

    Und bei einer steinalten Vollmacht einer Privatperson bedürfte es dann konsequenterweise einer Lebensbescheinigung?:gruebel:

    Wenn ich eine Vollmacht habe, nehme ich die Daten aus dieser und hinterfrage da nichts. (Prüfung der Vollmacht natürlich ganz normal.)

    Wenn mir dann aber der Bevollmächtigte mitteilt, dass die Firma geändert und der Sitz verlegt wurde, "weiß" ich ja, dass diese Daten nicht mehr stimmen und kann sie mE auch nicht mehr nutzen. Da könnte ein neuer Registerausdruck oä schon nicht schaden.

    Eine Lebensbescheinigung ist natürlich Humbug...außer es wird entsprechend erklärt, dass der Vollmachtgeber gestorben ist.
    Dann ist das Problem aber ein anderes, nämlich die Frage der Vollmacht über den Tod hinaus.

    Nachtrag: Da der Vertretungsnachweis nachweisen soll, dass die Vertretungsmacht zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung bestanden hat, nutzt ein neuer Vertretungsnachweis wenig bis nichts. Ein aktueller Registerausdruck nach GF-Wechsel ist da sogar eher schädlich.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

    Einmal editiert, zuletzt von Araya (30. November 2016 um 09:29) aus folgendem Grund: Nachtrag, übersehen:


  • Ich selbst hätte auch ein gewisses Bauchweh, die Existenz einer GmbH zu bejahen, wenn mir nur (enthalten in der Vollmachtsurkunde) ein steinalter Vertretungsnachweis vorgelegt wird.

    Ich teile das Bauchweh nicht. Im Grundbuch sind ältere Vollmachten mit entsprechend älteren Vertretungsnachweisen fast Tagesgeschäft. Wenn ich da jedesmal gucken würde, ob die Firma noch im Register steht...

    Im Grundbuch sind linke Touren von (Schein-)Erwerbern, die den Kaufpreis nicht belegen wollen, freilich mit rechtlichen Mitteln unter Kontrolle zu bringen. Dagegen hat mir der BGH ein schönes Ei ins Nest gelegt, indem er behauptet, ich als Rechtspflegerin mache mir keine Vorstellung darüber, ob der Bieter das Meistgebot auch belegen wird; dieser sei also nicht wegen vollendeten Betrugs zu verurteilen, wenn er das Grundstück ohne Zahlungswillen ersteigert, um dem Alteigentümer so lange wie möglich den Besitz zu belassen. Sollen nun auch noch Gaunereien mit Geboten für nicht mehr Existente zu einer Endlosschleife von Zwangs- und Wiederversteigerungen beitragen?


  • ...
    Sollen nun auch noch Gaunereien mit Geboten für nicht mehr Existente zu einer Endlosschleife von Zwangs- und Wiederversteigerungen beitragen?

    Das Problem verstehe ich nicht. Wie oft ist das denn bei dir schon vorgekommen? Ich mache das jetzt auch schon ein paar Jahre, das hatte ich aber exakt 0 mal.

    Wenn du Bedenken hast, dass bei einer Vollmacht die vollmachterteilende Firma nicht oder so nicht mehr existiert, gucke ins HR (auch wenn ich dagegen bin, dass wir da reingucken, ich habe da immer noch einen Beibringungsgrundsatz). Aber in welches Register willst du denn schauen, wenn es um eine natürlich Person geht? Da es hier nichts gibt und ich grundsätzlich für eine Gleichbehandlung bin, lasse ich es auch bei Firmen.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)


  • Im Grundbuch sind linke Touren von (Schein-)Erwerbern, die den Kaufpreis nicht belegen wollen, freilich mit rechtlichen Mitteln unter Kontrolle zu bringen. Dagegen hat mir der BGH ein schönes Ei ins Nest gelegt, indem er behauptet, ich als Rechtspflegerin mache mir keine Vorstellung darüber, ob der Bieter das Meistgebot auch belegen wird; dieser sei also nicht wegen vollendeten Betrugs zu verurteilen, wenn er das Grundstück ohne Zahlungswillen ersteigert, um dem Alteigentümer so lange wie möglich den Besitz zu belassen. Sollen nun auch noch Gaunereien mit Geboten für nicht mehr Existente zu einer Endlosschleife von Zwangs- und Wiederversteigerungen beitragen?

    Es scheint insoweit regionale Unterschiede zu geben.

  • Zum Ursprung zurück. Der Themenstarter schrieb am Anfang:
    "Eine Vollmacht gilt doch so lange weiter, wie sie nicht widerrufen wurde. Das muss doch auch für eine Bietvollmacht gelten, oder nicht?"

    Dem stimme ich insoweit zu, dass auch bei mir eine Ausfertigung einer Vollmacht so lange gilt, wie sie vorliegt. Allerdings verlangen wir bei älteren Vollmachten daneben einen aktuellen Handelsregisterauszug. Denn nur damit kann die aktuelle Firmierung u. ä. nachgewiesen werden.

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