Freigabe und Verkauf der Gegenstände des Unternehmens

  • Ich habe ein komisches Verfahren und komme nicht weiter.

    Es handelt sich um ein IN-Verfahren einer natürlichen Person mit einem kleinen Unternehmen.

    Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens verkauft der IV die Gegenstände des Unternehmens an die Schuldnerin und vereinbart eine Ratenzahlung.

    Kurz nach Eröffnung stellt er fest, dass die Schuldnerin selbstständig tätig ist und erklärt die Freigabe der Tätigkeit nach § 35 Abs. 2 InsO.

    Die Gläubigerversammlung genehmigt den Verkauf der Gegenstände (es war keiner erschienen).

    Im weiteren Verlauf stellt die Schuldnerin die selbstständige Tätigkeit ein und bezieht seither SGB II Leistungen.

    Die Raten aus dem Verkauf werden seither nicht mehr bedient, mittlerweile seit über zwei Jahren.

    Das Verfahren ist wegen des offenen Kaufpreis nicht abschlussreif.

    Gibt es Möglichkeiten das Verfahren dennoch abzuschließen und in die Wohlverhaltensphase zu überführen?

    Das Verfahren würde sonst ewig dauern.

  • Wenn es nur um die Kaufpreisforderung geht, dann könnte man die als unverwertbar betrachten, weil der Anspruchsgegner ja offensichtlich vermögenslos ist. Die Forderung ist damit nicht durchsetzbar. Da ist keine Masse mehr zu generieren. Das Verfahren ist abschlussreif.

    Allerdings ist das schon ein bisschen komisch alles. Wo sind denn die Gegenstände des Unternehmens jetzt? Nach Einstellung der selbstständigen Tätigkeit könnten sie wieder pfändbar geworden sein. Ist im Kaufvertrag ein Eigentumsvorbehalt vereinbart worden bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises?

    Auch nett ist ja, dass der IV mit EÖ Gegenstände des Unternehmens veräußert und danach feststellt, dass die Schuldnerin selbstständig ist?:D

  • Eine sehr sonderbare Konstellation. Nur zum Verständnis: War denn der Schuldner ununterbrochen vor Eröffnung, zum Zeitpunkt der Eröffnung und auch danach selbständig tätig und der IV wusste davon bloß nichts (wie soll das gehen?) oder war die Selbständigkeit zwischenzeitlich (zum Verkaufszeitpunkt) eingestellt? Waren die verkauften Gegenstände denn an sich gem. § 811 Nr. 5 ZPO unpfändbar bei bestehender Selbständigkeit? Und wann bzw. zu welchem Zeitpunkt erfolgte denn die Freigabe gem. § 35 Abs. 2 InsO (eventuell rückwirkend zum Eröffnungstag)? Wenn die Gegenstände an sich wegen der fortlaufenden Selbständigkeit unpfändbar waren und der IV die Freigabe erklärt hat, käme mir da auch der Gedanke des venire contra factum proprium.

  • Lt. Gutachten waren zwei Transporter vorhanden. Einer wegen einem Schaden mit geringem Wert und einer mit Getriebeschaden, jedoch auf knapp über 2.000,00 € glaubhaft geschätzt.

    Zuletzt war nur noch die BGA vorhanden.

    Im Ergebnis wurden sämtliche Gegenstände des Unternehmens veräußert.

    Der Verbleib der Gegenstände ist aus den weiteren Berichten nicht ersichtlich, wohl aber in die "neue UG", s.u. überführt.

    Der Schuldner war immer selbstständig tätig (vor EÖ, bei EÖ). Der IV wusste dies zu jedem Zeitpunkt. Die Einzelfirma des Schuldners vor Eröffnung wurde unter gesondertem Firmennamen geführt.

    Nachdem Kauf der Gegenstände teilte der Schuldner ca. einen Monat später mit am Tag nach Eröffnung eine UG angemeldet zu haben. Dieses selbstständige Gewerbe wurde sodann nach Kenntnis des IV gem. § 35 Abs. 2 InsO freigegeben. Eine Eintragung der UG im Register ist erfolgt. Diese befindet sich in Liquidation.

    An sich denke ich waren die Gegenstände eigentlich unpfändbar, der IV müsste hierzu ergänzend ausführen.


  • Nachdem Kauf der Gegenstände teilte der Schuldner ca. einen Monat später mit am Tag nach Eröffnung eine UG angemeldet zu haben. Dieses selbstständige Gewerbe wurde sodann nach Kenntnis des IV gem. § 35 Abs. 2 InsO freigegeben.

    Aber eine UG kann doch nicht nach § 35 Abs. 2 InsO freigegeben werden. 35 II erfasst doch nur die selbstständigen Tätigkeiten von natürlichen Personen.
    Wenn man tatsächlich noch versuchen will, aus BGA usw. Masse zu generieren, müsste auf jeden Fall erst mal genau aufgeklärt werden, was mit den Gegenständen passiert ist.
    Hat der Schuldner die Gegenstände gekauft und dann in die UG eingebracht? Müsste der Erlös aus der Liquidation der UG bzw. der Geschäftsanteil des Schuldners an der UG nicht als Neuerwerb in deine Masse fallen?

    Der Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises gegen den Schuldner dürfte jedenfalls wertlos und daher auszubuchen sein.

  • Also irgendwie verstehe ich den Sachverhalt immer noch nicht richtig, aber nach der Schilderung stellt er sich doch anders dar als zunächst. Wenn ich den Sachverhalt richtig kapiere, war der Schuldner als Einzelunternehmer vor Insolvenzeröffnung tätig. Nach Insolvenzeröffnung wurde dann eine UG gegründet, mit der die (gleiche?) Tätigkeit fortgeführt wurde? Aber dann wäre er gar nicht ununterbrochen selbständig gewesen. Auch wenn der Schuldner Geschäftsführer der UG ist, ist er insofern kein Selbständiger mehr. Ich verstehe dann aber nicht, warum hier eine Freigabe gem. § 35 Abs. 2 InsO erfolgte? Die Tätigkeit als GF der UG stellt keine Selbständigkeit dar, und die UG selber kann nicht gem. § 35 Abs. 2 InsO freigegeben werden. Wenn die einzelunternehmerische Tätigkeit beendet und später eine UG das fortgeführt hat, wäre die Unpfändbarkeit der im Eigentum des Schuldners stehenden Einrichtung mit Einstellung der Einzelfirma auch entfallen. Dann würde ein Verkauf durch den IV auch Sinn machen. Wobei immer noch die Frage wäre, ob bzw. weshalb ohne Eigentumsvorbehalt verkauft wurde. Ansonsten könnte man wie LdFC geschrieben hat doch prüfen, ob der IV vom Vertrag zurücktritt und verwertet. Heißt "UG gegründet" auch, dass der Schuldner Gesellschafter war?

  • Wenn ich den Sachverhalt richtig kapiere, war der Schuldner als Einzelunternehmer vor Insolvenzeröffnung tätig. Nach Insolvenzeröffnung wurde dann eine UG gegründet, mit der die (gleiche?) Tätigkeit fortgeführt wurde?

    Ja der IV hat die Gegenstände an den Schuldner verkauft. Dieser gründete sodann die UG mit der gleichen Tätigkeit.


    Wenn man tatsächlich noch versuchen will, aus BGA usw. Masse zu generieren, müsste auf jeden Fall erst mal genau aufgeklärt werden, was mit den Gegenständen passiert ist.
    Hat der Schuldner die Gegenstände gekauft und dann in die UG eingebracht? Müsste der Erlös aus der Liquidation der UG bzw. der Geschäftsanteil des Schuldners an der UG nicht als Neuerwerb in deine Masse fallen?

    Ich werde dem IV ergänzend berichten lassen, was mit den Gegenständen geschehen ist (Verkauf unter Eigentumsvorbehalt; Rücktritt KV) und was die UG damit in der Liquidation gemacht hat. Dann lässt sich die Geschichte evtl. lösen.

    Ich verstehe dann aber nicht, warum hier eine Freigabe gem. § 35 Abs. 2 InsO erfolgte?

    Die Veröffentlichung der Freigabe war eine der letzten Amtshandlungen meines Vorgängers. Was ich so aus den Beiträgen erkenne, war diese also völlig wirkungslos und unsinnig.

    Aus dem Register ist leider nur ersichtlich, dass der Schuldner Geschäftsführer war und jetzt Liquidator ist.

    Vielen Dank schon mal für die Antworten, diese haben mir weitergeholfen.

  • Die Reihenfolge zwischen Verkauf der Gegenstände und Gründung der UG muss eigentlich anders gewesen sein. Zuerst muss die UG gegründet worden sein und dann hat die UG (nicht der Schuldner) die Betriebsgegenstände aus der Masse gekauft (den Schuldner und die juristische Person UG sollte man bitte schon auseinander halten/halten können). Offene Frage wäre insoweit, mit welchen Mitteln der Schuldner die UG gründen konnte, aber vielleicht hatte er da ein wenig Unpfändbares. Die UG-Anteile für sich dürften jedenfalls in die Masse fallen.

    Dass die Führung der UG keine selbständige Tätigkeit ist, wurde oben ja schon dargestellt. Einer Freigabe bedurfte es auch nicht, denn der Schuldner ist Angestellter seiner UG, und über den Einsatz der Arbeitskraft des Schuldners kann der Verwalter bekanntlich nicht bestimmen. Aus der Tätigkeit bei der UG könnten massewirksame Gehaltsbestandteile resultieren, aber angesichts der erkennbaren finanziellen Schwäche der UG war es damit wohl nichts. Ob es sich lohnt, die UG-Anteile nun noch zu Geld zu machen, wäre eine zu klärende Frage.

    Scheint jedenfalls nicht sehr sattelfest zu sein, der Insolvenzverwalter, wenn er "die UG freigegeben hat". Aber vielleicht sollte der Threadstarter auch diesen Teil seiner Darstellung nochmals überprüfen, denn der andere Teil hat sich ja auch deutlich verändert.

    Falls der Verwalter die Betriebsgegenstände ohne übliche Sicherung (Eigentumsvorbehalt) aus der Masse weggegeben hat, wird er sich nun um deren Rückführung im Wege des Rücktritts vom Vertrag intensiv - und erfolgreich - bemühen müssen, denn sonst hätte er m.E. einen sauberen Haftungsfall produziert.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Vernehmungstermin: wo ist der kruscht verblieben

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
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    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Die Reihenfolge zwischen Verkauf der Gegenstände und Gründung der UG muss eigentlich anders gewesen sein. Zuerst muss die UG gegründet worden sein und dann hat die UG (nicht der Schuldner) die Betriebsgegenstände aus der Masse gekauft (den Schuldner und die juristische Person UG sollte man bitte schon auseinander halten/halten können). Offene Frage wäre insoweit, mit welchen Mitteln der Schuldner die UG gründen konnte, aber vielleicht hatte er da ein wenig Unpfändbares. Die UG-Anteile für sich dürften jedenfalls in die Masse fallen. Dass die Führung der UG keine selbständige Tätigkeit ist, wurde oben ja schon dargestellt. Einer Freigabe bedurfte es auch nicht, denn der Schuldner ist Angestellter seiner UG, und über den Einsatz der Arbeitskraft des Schuldners kann der Verwalter bekanntlich nicht bestimmen. Aus der Tätigkeit bei der UG könnten massewirksame Gehaltsbestandteile resultieren, aber angesichts der erkennbaren finanziellen Schwäche der UG war es damit wohl nichts. Ob es sich lohnt, die UG-Anteile nun noch zu Geld zu machen, wäre eine zu klärende Frage. Scheint jedenfalls nicht sehr sattelfest zu sein, der Insolvenzverwalter, wenn er "die UG freigegeben hat". Aber vielleicht sollte der Threadstarter auch diesen Teil seiner Darstellung nochmals überprüfen, denn der andere Teil hat sich ja auch deutlich verändert. Falls der Verwalter die Betriebsgegenstände ohne übliche Sicherung (Eigentumsvorbehalt) aus der Masse weggegeben hat, wird er sich nun um deren Rückführung im Wege des Rücktritts vom Vertrag intensiv - und erfolgreich - bemühen müssen, denn sonst hätte er m.E. einen sauberen Haftungsfall produziert. Mit freundlichen Grüßen AndreasH

    Die Tätigkeit als GF einer (z.B. Ein-Mann-UG) kann durchaus eine selbständige Tätigkeit sein. Ich bin allerdings auch etwas verwirrt, da einmal von einer Schuldnerin die Rede ist, dann von einem Schuldner, wobei das ja auch wandlungsfähig ist. Bislang vermute ich, dass der IV die Gegenstände an den Schuldner persönlich verkauft hat, der sie dann in die UG eingebracht hat. Jetzt, als Liquidator, verwertet er das vorhandene UG-Vermögen. Der Bock ist zum Gärtner geworden. Waren das wirklich 'Schrottkisten' mit Getriebeschäden? Das müsste der IV wissen und sich nicht nur auf ein Wertgutachten (womöglich unbekannter Herkunft) verlassen. Was genau wurde vertraglich mit dem IV vereinbart (s. #10)?

    Einmal editiert, zuletzt von Hasso (18. November 2016 um 13:37)

  • Ich glaube kaum, dass der IV die Gegenstände direkt an den Schuldner verkauft hat:
    -) Woher sollte der Schuldner freies Vermögen haben, mit dem er bezahlen kann? Kreditwürdig ist er nicht und der IV kann ihm zu diesem Zweck kaum etwas ausreichen.
    -) Die Gegenstände würden als Neuerwerb des Schuldners sofort wieder dem Insolvenzbeschlag unterliegen, denn dass sie davor geschützt wären, ist nicht ersichtlich. Erst nach Einbringung in das Betriebsvermögen der UG kommt ein solcher Schutz m.E. in Betracht. Da sie dem Insolvenzbeschlag unterliegen, kann der Schuldner sie nicht in die UG die einbringen, denn ihm fehlt die Verfügungsbefugnis.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Hallo, hab nun den Vertrag vorliegen. Er wurde am Tag der Insolvenzeröffnung mit der Schuldnerin geschlossen.

    Beim Kaufpreis wurde folgender Vorbehalt aufgenommen:

    Der Verkauf, die Übertragung und die Abtretung der mit diesem Vertrag verkauften, übertragenen und abgetretenen Gegenstände erfolgt unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Kaufpreiszahlung.

    Ein Eigentumsübergang hat demnach nicht stattgefunden.

  • Hallo, hab nun den Vertrag vorliegen. Er wurde am Tag der Insolvenzeröffnung mit der Schuldnerin geschlossen. Beim Kaufpreis wurde folgender Vorbehalt aufgenommen: Der Verkauf, die Übertragung und die Abtretung der mit diesem Vertrag verkauften, übertragenen und abgetretenen Gegenstände erfolgt unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Kaufpreiszahlung. Ein Eigentumsübergang hat demnach nicht stattgefunden.



    Dann ist diese Sache ja klar und der IV kann die Gegenstände jetzt, nach Geltendmachung des Sicherungsfalles, verwerten, unabhängig von der Frage, an wen verkauft wurde.

    Offen bleibt die Frage des Käufers. Du wechselst hier Deine Bezeichnungen, mal ist es "die Schuldnerin", mal "der Schuldner". Wie steht es den da?


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Offen bleibt die Frage des Käufers. Du wechselst hier Deine Bezeichnungen, mal ist es "die Schuldnerin", mal "der Schuldner". Wie steht es den da?


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH


    Es handelt sich vorliegend um eine Schuldnerin :oops:.

    Dann schreib ich mal den Insolvenzverwalter an, er möge bitte die Gegenstände verwerten oder sehr gut begründen warum diese nicht mehr verwertbar sind. Im Schlusstermin können die Gläubiger dann über den nicht verwertbaren Gegenstand entscheiden.

  • Sollte keine Rüge sein, mir ist nur deswegen nicht richtig klar geworden, ob der Kaufvertrag mit der UG oder wirklich mit der natürlichen Person "Schuldnerin" geschlossen wurde (zur Frage des juristischen Sinns unter dem Gesichtspunkt "Neuerwerb" ja schon oben).

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

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