Versäumnisurteil nach Widerspruch gegen Mahnbescheid

  • Wir haben hier ein Problem mit einem Versäumnisurteil als europäischer Vollstreckungstitel.
    Mahnbescheid wurde erlassen, dann Widerspruch des Antragsgegners, Abgabe an das Prozessgericht und sodann Versäumnisurteil, nachdem für die Beklagte niemand erschienen ist.
    Nach Art. 3 Abs. 1 der VO EG Nr. 805/2004 muss die Forderung unbestritten sein.
    Da die Beklagte gegen den Mahnbescheid Widerspruch eingelegt hatte, kommt wohl nur Buchstabe c) in Betracht.
    Es kommt daher darauf an, ob das Nichterscheinen im Termin nach deutschem Recht als stillschweigendes Zugeständnis gilt.
    Wie seht Ihr das? Habe immer gelernt, dass "Schweigen im Rechtsverkehr" nichts bedeutet. Und gegen ein VU ist ja bei uns stets noch der Einspruch möglich.
    Oder stehe ich gerade auf dem Schlauch?

    Falls Ziffer c) in Betracht kommt, müssten wir noch prüfen, ob die Beklagte "Verbraucherin" ist. Damit sind aber sicherlich nur Privatpersonen gemeint, richtig?


  • Es kommt daher darauf an, ob das Nichterscheinen im Termin nach deutschem Recht als stillschweigendes Zugeständnis gilt.
    Wie seht Ihr das? Habe immer gelernt, dass "Schweigen im Rechtsverkehr" nichts bedeutet.

    § 138 III ZPO.

    Zitat


    Falls Ziffer c) in Betracht kommt, müssten wir noch prüfen, ob die Beklagte "Verbraucherin" ist. Damit sind aber sicherlich nur Privatpersonen gemeint, richtig?

    § 13 BGB.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Und vielleicht zur grundlegenden Ergänzung: Schweigen im Rechtsverkehr betrifft die Frage, ob durch Schweigen Willenserklärungen abgegeben werden oder nicht. Regelmäßig ist das nicht der Fall, es sei denn z.B., man befindet sich in einer Sonderverbindung, die eine Äußerungspflicht statuiert. Wenn z.B. bei laufenden Kontovertrag die Bank die AGB ändert. Hier ist Schweigen ausnahmsweise Zustimmung.

    Davon zu trennen ist die Frage, welche Auswirkungen Schweigen im Prozessrecht hat.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Die Gläubigerpartei hat die Wahl zwischen der Bestätigung des Versäumnisurteils als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen und der Erteilung einer Bescheinigung gem. Formblatt I EuGVVO (Brüssel Ia-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 1215/2012).
    In beiden Fällen bedarf es nicht der Vollstreckbarerklärung;
    aus dem Versäumnisurteil kann daher unmittelbar im EU-Ausland vollstreckt werden.

    Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info im Justizportal NRW entnommen werden:
    Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen:
    https://www.justiz.nrw/BS/rechtimausl…zv/1/euvtvo.pdf

    Brüssel Ia-Verordnung:
    https://www.justiz.nrw/BS/rechtimausl…zv/1/eugvvo.pdf

    2 Mal editiert, zuletzt von rolli (24. März 2018 um 23:52)

  • Soweit es sich um einen Altfall handelt (Stichtag: 10.01.2015) gilt folgendes:

    Ist der Mahnbescheid vor dem 10.01.2015 bei dem Mahngericht eingegangen, handelt es sich um einen Altfall.

    Dann gilt die Brüssel Ia-Verordnung nicht.

    In Altfällen hat die Gläubigerpartei die Wahl zwischen der Bestätigung des Versäumnisurteils als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen und der Erteilung einer Bescheinigung (Formblatt V Brüssel I-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 44/2001).

    Die Bescheinigung (Formblatt V Brüssel I-Verordnung) wird für das Vollstreckbarerklärungsverfahren im Vollstreckungsmitgliedstaat benötigt.
    Einzelheiten zur Brüssel I-Verordnung können der entsprechenden Info im Justizportal NRW entnommen werden:
    https://www.justiz.nrw/BS/rechtimausl…uessel-I-vo.pdf

    3 Mal editiert, zuletzt von rolli (24. März 2018 um 23:53)

  • Mit der Einlegung des Widerspruchs gegen den Mahnbescheid gilt die Forderung nach der EU-Verordnung Nr. 805/2004 als bestritten.
    Da das Versäumnisurteil jedoch aufgrund der Säumnis der Beklagten im Gerichtstermin erlassen worden ist (Beklagte ist zum Gerichtstermin trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen), kann das Versäumnisurteil als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigt werden (Forderung gilt nunmehr aufgrund der Säumnis der Beklagten im Gerichtstermin insoweit als unbestrittene Forderung im Sinne der EU-Verordnung Nr. 805/2004).

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