Nachlasspflegschaft hier, Erblasser mit letztem Aufenthalt in Polen

  • Hallo zusammen,

    ich habe mal eine praktische Frage.

    Wir haben hier zwei verstorbene Eheleute, deutscher Ehemann mit gewöhnlichem Aufenthalt in unserm Bezirk ist vorverstorben mit 1/2-Anteil Grundbesitz. Erben haben sich trotz Aufforderung nicht gemeldet. Dessen nachverstorbene Ehefrau ist Erbin zu 1/2 und ebenfalls mit 1/2-Anteil im Grundbuch eingetragen. Nachlasspflegschaften sind in beiden Nachlassverfahren angeordnet. Wie sich nun durch Erklärungen in Ausschlagungen ergibt, hatte die Erblasserin ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Polen. Dort sind bei einem polnischen Gericht auch bereits Ausschlagungserklärungen eingegangen. Wie würdet ihr nun praktisch vorgehen? Zuständig für das Nachlassverfahren der nachverstorbenen Erblasserin wäre ja das polnische Gericht. Verfahren durch Beschluss mit polnischer Übersetzung einfach abgeben? Oder vorher Kontakt aufnehmen und gemeinsame Verfahrensweise absprechen? Die Nachlasspflegschaft nach dem vorverstorbenen Ehemann läuft ja hier weiter.

  • Ja schon klar. Dennoch sollte doch das zuständige Gericht in Polen über das Verfahren hier Bescheid wissen. Wie würdet ihr das praktisch handhaben? Ausschlagungserklärungen in unserer Akte, z.B.. Kopie zur Akte nehmen und Original nach Polen? Letztendlich müsste Polen doch Herr des Verfahrens sein.

  • Dort sind bei einem polnischen Gericht auch bereits Ausschlagungserklärungen eingegangen.

    Schau mal im Allgemeinen hier nach. Soweit das polnische Gericht ein Fürsorgebedürfnis für den Nachlass in Polen erkennt, wird es wohl selbst handeln. Ggf. würde ich vielleicht überlegen, den Beschluss zur Anordnung einer Nachlasspflegschaft nach § 344 Abs. 4 FamFG ins Polnische übersetzt dorthin zu übersenden. Mehr oder weniger würde ich wohl nicht veranlassen.

    Was ist denn mit dem Grundstück, wird es verkauft werden können?

  • Dort sind bei einem polnischen Gericht auch bereits Ausschlagungserklärungen eingegangen.

    Schau mal im Allgemeinen hier nach. Soweit das polnische Gericht ein Fürsorgebedürfnis für den Nachlass in Polen erkennt, wird es wohl selbst handeln. Ggf. würde ich vielleicht überlegen, den Beschluss zur Anordnung einer Nachlasspflegschaft nach § 344 Abs. 4 FamFG ins Polnische übersetzt dorthin zu übersenden. Mehr oder weniger würde ich wohl nicht veranlassen.

    Was ist denn mit dem Grundstück, wird es verkauft werden können?

    Ich würde mir eher überlegen, diese NP aufzuheben, weil hier wohl kein Bedürfnis (mehr) besteht.

  • Bei einem Nachlassgrundstück kann man, glaube ich, in der Regel vom vorhandenen Sicherungsbedarf ausgehen. Art. 19 ErbRVO und § 344 Abs. 4 FamFG ermöglichen die Bestellung eines Nachlasspflegers auch für die Erben der poln. Ehefrau. Selbst wenn das polnische Nachlassgericht bereit wäre, die deutsche Immobilie zu sichern, wovon ich nicht ausgehe, könnte ein in Polen bestellter Nachlasspfleger nur für die Erben der Ehefrau handeln. Für die Sicherung des Nachlasses des Ehemannes bleibt das deutsche Gericht (ausschließlich) zuständig. Außerdem würde in der Praxis kein Nachlassgericht in Polen die Veräußerung einer Immobilie in Deutschland genehmigen.

  • Ich habe nirgends geschrieben, dass ich die NP bezügl. des Ehemann aufheben würde, hier besteht die Zuständigkeit und ein Bedürfnis. Bezügl. der nachverstorbenen Ehefrau ist die Zuständigkeit beim polnischen Gericht und hier würde ich die bestehende NP aufheben.

  • Für die Sicherung des Nachlasses nach dem deutschen Ehemann bleibt auf jeden Fall das deutsche Nachlassgericht zuständig. Wenn man bei der Sicherung des Nachlasses der Ehefrau (die nach 17. August 2015 verstorben ist, oder?) auf das poln. Nachlassgericht wartet und nicht nach Art. 19 ErbRVO handelt, wird die Handlungsfähigkeit des deutschen Nachlasspflegers schwerwiegend beeinträchtigt. Denn der deutsche Nachlasspfleger ist bei der Sicherung der Immobilie auf die Mitwirkung der Erben der Ehefrau angewiesen.
    Rein praktisch gesehen, kann man die Bestellung eines Nachlasspflegers für eine deutsche Immobilie durch ein poln. Nachlassgericht vergessen. Selbst wenn man so etwas durchkriegen würde (z.B. auf Antrag des deutschen Nachlasspflegers, der gleichzeitig einen geeigneten Kandidaten vorschlagen müsste), führ es nur zu Problemen, wie die erwähnte nachlassgerichtliche Genehmigung des Verkaufs.
    Die Nachlasssicherung von Polen aus wäre ein Todeskuss für den deutschen Nachlasspfleger. Solch eine Nachlasspflegschaft wird man auch schwierig beenden können.
    Was mir als mögliche Lösung durch den Kopf geht, ist die Bestellung eines Nachlasspflegers nach der Ehefrau durch das deutsche Nachlassgericht ggf. auf Antrag des deutschen Nachlasspflegers ggf. nach Mitteilung des festgestellten Sicherungsbedarfs an das poln. Nachlassgericht und Mitteilung, dass das deutsche Nachlassgericht die Nachlasssicherung nach Art. 19 ErbRVO übernimmt, wenn keine nachlasssichernde Tätigkeit nach Art. 4 ErbRVO zu erwarten ist (am besten mit einer höfflich formulierten Fristsetzung, denn eine Stellungnahme würde ich nicht erwarten).

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