Verfahrenspflegerin rechnet gegenüber Betroffenem ab

  • Ich bin's wieder. Gerade hab ich ein paar komische Fälle... und hier komm ich nicht weiter. Vielleicht hatte jemand schonmal sowas.

    Also: Ein Elternteil des Betroffenen ist verstorben. Da die Schwester Betreuerin ist, wurde eine Verfahrenspflegerin für die Geltendmachung des Pflichtteils bestellt. Berufsmäßigkeit wurde festgestellt, zudem ist sie Anwältin.

    Dann Abgabe des Verfahrens hierher.

    Pflichtteil wurde geltend gemacht, Bericht geprüft, alles okay. Eine Vergütung wurde hier nicht beantragt.

    Nun kam die Rechnungslegung, bei der ein Posten "Überweisung Kosten Verf.pfl." mit über 2.000,- EUR vermerkt war.
    Ich hab mir mal den Beleg und die Abrechnung hierzu vorlegen lassen.

    Die VP hat mit einem Stundensatz von 110,- € abgerechnet, plus Auslagenpauschale nach 7002 VV RVG von 20,- und Ust.
    Das ist ein ganz schöner Batzen.

    Wie löse ich das jetzt?
    Eigentlich wird in diesen Fällen für gewöhnlich ein Ergänzungsbetreuer bestellt, der könnte auch nur pauschal abrechnen. Das Betreuungsgericht, welches das damals entschieden hat, hat das wohl anders gesehen (vielleicht wollte es eine Abrechnung nach RVG möglich machen, ich weiß es nicht). Dann hätte aber das Gericht festsetzen müssen.

    Ein Verfahrenspfleger darf zwar gem. §§ 277 Abs. 2 FamFG, 3 VBVG nach Stunden abrechnen, aber hier wäre höchstens ein Stundensatz von 33,50 € drin gewesen. Zeitaufwand wurde auch der Betreuerin nicht nachgewiesen (und dem Betreuungsgericht ja sowieso nicht). Und gibt es die Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG? Müsste dann nicht konsequenterweise komplett nach RVG abgerechnet werden?
    Außerdem ist ein Verfahrenspfleger immer aus der Staatskasse zu bezahlen, § 277 V FamFG. Hier hat die Verfahrenspflegerin sich ihr Geld einfach von den Beteiligten geholt.

    Was für eine Handhabe habe ich gegenüber der VP? Kann ich die Betreuerin dazu anweisen, dass sie sich die Vergütung - ggfs. mit anwaltlicher Hilfe und notwendigenfalls gerichtlich - zurück holt?

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

  • Zitat
    Zitat

    wurde eine Verfahrenspflegerin für die Geltendmachung des Pflichtteils bestellt


    Das war falsch, weil ein Ergänzungsbetreuer die Vertretung hätte übernehmen müssen.

    Zitat

    Ergänzungsbetreuer.....könnte auch nur pauschal abrechnen

    Auch falsch. Ein Ergänzungsbetreuer erhält 33,50 € je Stunde zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer, § 6 VBVG. Oder eventuell Vergütung nach RVG gemäß § 1835 Abs. 3 BGB.

    Zitat

    Die VP hat mit einem Stundensatz von 110,- € abgerechnet,

    Eine gesetzliche Grundlage ist nicht erkennbar.

    Die "Verfahrenspflegerin" ist als Ergänzungsbetreuerin vergütungsrechtlich zu behandeln. Ich würde die Betreuerin auf die falsche Rechnungsstellung hinweisen. Diese müsste gegen die VP vorgehen. Ist aber eine richtige Abrechnung nach RVG (wenn konkret möglich) tatsächlich günstiger?

  • In dem Bestellungsbeschluss ist nichts zu der möglichen Abrechnung nach RVG erwähnt. Die Verfahrenspflegerin wird aber ausdrücklich mit "Rechtsanwältin Frau ..." bezeichnet. Für die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs und der hier konkreten Prüfung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen kann man wahrscheinlich schon vertreten, dass zumindest eine Geschäftsgebühr entstanden ist, aber gerichtliche Vertretung kam hier nicht in Betracht. Wenn man die Entstehung dieser Gebühr annimmt, ist man trotzdem bei einem niedrigeren Betrag.

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

  • Die Vergütungsfrage ist zweitrangig.

    Das Hauptproblem ist, dass alle Rechtshandlungen der Verfahrenspflegerin im Zusammenhang mit der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruch unwirksam sind, weil sie materiell nicht als gesetzliche Vertreterin des Betroffenen handeln konnte.

    Es ist daher mit entsprechendem Wirkungskreis ein Ergänzungsbetreuer zu bestellen, der alle Erklärungen der Verfahrenspflegerin nachgenehmigt (ggf. mit betreuungsgerichtlicher Genehmigung). Außerdem ist natürlich die Rückzahlung der "Verfahrenspflegervergütung" in die Wege zu leiten, weil die Verfahrenspflegerin mit unzulässigem Aufgabenkreis bestellt wurde und die anwaltliche Verfahrenspflegerin dies erkennen musste. Wer so handelt wie die Verfahrenspflegerin, obwohl die zutreffende Rechtslage offen zu Tage liegt, handelt vergütungsrechtlich auf eigenes Risiko.

  • Die Vergütungsfrage ist zweitrangig.

    Das Hauptproblem ist, dass alle Rechtshandlungen der Verfahrenspflegerin im Zusammenhang mit der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruch unwirksam sind, weil sie materiell nicht als gesetzliche Vertreterin des Betroffenen handeln konnte.

    Es ist daher mit entsprechendem Wirkungskreis ein Ergänzungsbetreuer zu bestellen, der alle Erklärungen der Verfahrenspflegerin nachgenehmigt (ggf. mit betreuungsgerichtlicher Genehmigung). Außerdem ist natürlich die Rückzahlung der "Verfahrenspflegervergütung" in die Wege zu leiten, weil die Verfahrenspflegerin mit unzulässigem Aufgabenkreis bestellt wurde und die anwaltliche Verfahrenspflegerin dies erkennen musste. Wer so handelt wie die Verfahrenspflegerin, obwohl die zutreffende Rechtslage offen zu Tage liegt, handelt vergütungsrechtlich auf eigenes Risiko.

    Genau, es muss mit einem "echten" Ergänzungs-(Verhinderungs-) Betreuer nachgearbeitet werden.

    Einerseits muss eine Verfahrenspflegerin wissen, dass sie als Verfahrenspflegerin nicht direkt mit d. Betreuten abrechnen darf, andererseits steht ihr ein Vergütungsanspruch für ihre Tätigkeit zu. Das Gericht hat sich ja auch nicht mit Ruhm bekleckert und auch eine Anwältin darf darauf vertrauen, dass das zuständige Gericht weiß, was es macht. Eine Vergütung als Verfahrenspflegerin steht ihr sicher zu. Die Betreuerin muss die bezahlte Vergütung zurückfordern, die RA'in kann Vergütungsantrag als Verfahrenspflegerin beim Gericht einreichen und evtl. kommt noch Verjährung ins Spiel.

    Eigentlich hätte man die Akte so nicht übernehmen sollen. Den Mist hätte das "alte" Gericht in Ordnung bringen müssen.

  • Ja, die Verfahrenspflegervergütung als solche wird ihr wohl zustehen. Aber wenn im Bestellungsbeschluss die Feststellung fehlt, dass für die Führung der Verfahrenspflegschaft anwaltliche Kenntnisse erforderlich sind, kann sie sich die Abrechnung nach dem RVG aufgrund der einschlägigen vergütungsrechtlichen Rechtsprechung wohl ans Bein schmieren.


  • :daumenrau

  • Dann freu ich mich mal auf die Aktenvorlage. Ich war damit nämlich schonmal beim Richter, als ich die Sache zum ersten Mal in der Hand hatte, damals sah er keinen Handlungsbedarf.
    Ich denke auch, dass die Verfahrenspflegerin schon aus Gründen des Vertrauensschutz ihre Vergütung geltend machen kann (die bereits bezahlte jedoch zurückerstatten muss). Werde ich wahrscheinlich noch die Bezi beteiligen müssen.

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

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