Ohne Verkehrswertgutachten keine betreuungsgerichtl. Gen. zum Verkauf

  • Hallo zusammen,

    mir liegt ein Antrag auf Erteilung einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung zu einem Immobilienverkauf vor.

    2013 wurde das Objekt in einer sog. Marktwertanalyse auf ca. 65.000 EUR geschätzt.
    2016 wird es für 9.000 EUR verkauft.

    Ich habe dem Betreuer der Miteigentümerin aufgegeben, ein aktuelles Verkehrswertgutachten vorzulegen.
    Ohne Verkehrswertgutachten kann ich die Angemessenheit des Kaufpreises nicht beurteilen.

    Der Betreuer der Eigentümerin weigert sich, ein aktuelles Verkehrswertgutachten einzuholen, weil die Betroffene vermögenslos sei.
    Die Miteigentümerin habe auch kein Geld für ein Gutachten.

    Ich nun am Überlegen, ob ich den Antrag auf Erteilung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung ablehne oder ob ich von Amts wegen ein
    Verkehrswertgutachten einholen muss....

    Hat jemand eine Idee zu dem Fall?

  • Amtsermittlungspflicht gilt hier m.E. auch, deswegen halte ich es durchaus für möglich, dass du selbst ein Gutachten in Auftrag gibst. Und als gerichtliche Auslagen kann man es nach Verkauf, wenn der Betroffene wieder vermögend ist, im Wege des Regress wieder zurück holen. Das wäre meine erste Einschätzung, bislang hatte ich aber noch nie Probleme wegen eines fehlenden Gutachtens .....

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

  • So sehe ich es auch. Ohne Gutachten genehmige ich bei Immobiliengeschäften kaum einmal. Weiter würde ich vorliegend nachfragen ob es nicht möglich war einen höheren Erlös zu erreichen, da der Marktwert und der Verkaufsbetrag doch deutlich auseinanderklaffen. Verschleudern sollte man die Immobilie nicht.

  • Was vielleicht auch eine Lösung wäre (insbesondere da der Wert der Immobilie hier wohl nicht besonders hoch ist):

    Bei vielen Gemeinden (kann jetzt aber nur für meinen Gerichtsbezirk sprechen) gibt es bei den Gemeinden einen Gutachterausschuss, der im Wege der Amtshilfe kostenlose Gutachten erstellt. Die sind natürlich nicht mit den sehr ausführlichen Gutachten eines Dipl.-Ing. vergleichbar, aber können zumindest grob den Wert bestimmen. Meine Vorgängerin hat die recht oft Verwendet und da kam es nie zu Problemen.

    https://www.gutachterausschuesse-bw.de/lgl-internet/o…_ZGG/index.html

  • Naja, aber hier ist das Problem ja die riesige Differenz zwischen den beiden Werten. Das muss nachvollziehbar geklärt werden. Da hilft wohl ein Kurzgutachten kaum. Aber vielleicht sollte zuerst der Betreuer Stellung dazu nehmen.

  • Der Betreuer ist "ganz frisch" im Amt und Berufsanfänger...

    Ich danke herzlich für's Mitdenken und habe mich entschieden, zunächst an dem Gutachterausschuss Kontakt aufzunehmen.

  • Unsere Bezis haben auch kein Problem damit, dass das GA von uns in Auftrag gegeben und bezahlt wird und dann nach Eingang des Kaufpreises im Wege des Regresses die Gutachtenkosten wieder eingezogen werden. Das würde ich aber vorher mit denen besprechen.

  • Auf die Schnelle die Zitierung hierzu aus einem Kommentar:

    "Das Familiengericht hat gemäß § 26 FamFG von Amts wegen zu ermitteln, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Genehmigung vorliegen, insbesondere, ob das Rechtsgeschäft dem Interesse des Mündels entspricht. Es erhebt die erforderlichen Beweise in geeigneter Form, ohne dabei an das Vorbringen der Beteiligten gebunden zu sein, § 29 FamFG... Im Rahmen der Sachverhaltsermittlung hat das Gericht alle vernünftigerweise erforderlichen Angaben zur Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des Rechtsgeschäfts zu ermitteln, bei Bedarf auch unter Einholung eines Sachverständigengutachtens (BGH v. 22.05.1986 - III ZR 237/84 - juris Rn. 25 - VersR 1986, 994-997; Zimmermann in: Damrau/Zimmermann, Betreuungsrecht, 4. Aufl. 2011, § 1828 Rn. 25; Saar in: Erman, § 1828 Rn. 11b). Dabei darf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht von der Einzahlung eines Vorschusses abhängig gemacht werden (vgl. OLG Hamm v. 19.07.2013 - 2 WF 95/13 - juris Rn. 26 - Rpfleger 2014, 18-20)."

    (Lafontaine in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 1828 BGB, Rn. 12)

    Rechtsgrundlage zur Abrechnung der Sachverständigenkosten ist das JVEG, vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 JVEG, § 26 FamFG, §§ 402 ff., 411 ZPO

    Zur Erhebung der notwendigen Auslagen des Gerichts (Sachverständigenkosten):

    Anlage 1, zu GNotKG
    Vorbemerkung 1.1:
    (1) In Betreuungssachen werden von dem Betroffenen Gebühren nach diesem Abschnitt nur erhoben, wenn sein Vermögen nach Abzug der Verbindlichkeiten mehr als 25 000 € beträgt; der in § 90 Abs. 2 Nr. 8 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch genannte Vermögenswert wird nicht mitgerechnet.

    Vorbemerkung 3.1:
    (2) In Betreuungssachen werden von dem Betroffenen Auslagen nur unter den in Vorbemerkung 1.1 Abs. 1 genannten Voraussetzungen erhoben. Satz 1 gilt nicht für die Auslagen 31015.

    31005 Nach dem JVEG zu zahlende Beträge .......... in voller Höhe

  • Unsere Bezis haben auch kein Problem damit, dass das GA von uns in Auftrag gegeben und bezahlt wird und dann nach Eingang des Kaufpreises im Wege des Regresses die Gutachtenkosten wieder eingezogen werden. Das würde ich aber vorher mit denen besprechen.


    Um einen Regress im eigentlichen Sinne (bei Vermögen > 2.600,- €) handelt es sich jedoch nicht, sondern um die Einziehung im Rahmen der Kostenerhebung (bei Vermögen > 25.000,- €)!

  • Auch wenn der Fall vermutlich geklärt ist, nur zur Ergänzung:

    Ich habe in einem vergleichbaren Fall auch selbst VKW-Gutachten bei einem SV in Auftrag gegeben, nachdem sich die Betreuerin nicht von der Notwendigkeit eines Gutachtens überzeugen lies.
    Sie hatte mir auch nur eine zwei Jahre alte Marktpreiseinschätzung einer Bank (bei der sie tätig ist wie ich später erfahren habe) vorgelegt.
    Habe ihr auch in mehreren Schreiben und Gesprächen versucht zu erklären, warum ich die Marktpreiseinschätzung nicht akzeptieren kann und es ihr frei gelassen selbst einen SV zu beauftragen. Nachdem dies nicht geschah, haben wir das getan und die Rechnung zunächst bezahlt und später mit der Jahresgebühr eingezogen. Differenz zw. Gutachten und Marktpreiseinschätzung am Ende 50.000€.

    Die gegen die Kostenrechnung gerichtete Beschwerde und Erinnerung hatte keinen Erfolg.


    Wie bereits zuvor geschrieben, können wir im Rahmen der Amtsermittlung und unserer sachlichen Unabhängigkeit natürlich selbst ein Gutachten in Auftrag geben. Dies "muss" uns nicht von den Beteiligten vorgelegt werden.

    Wie Uschi auch sagte, würde ich in deinem Fall aber auch nochmal nachfragen, woher die erhebliche Diskrepanz zw. Einschätzung Verkauf kommt. Das ist m.E. das noch größere Problem.. Der Betreuer sollte dir hier auch vorlegen, wie, an wen und wie lange er versuche hat die Immobilie auf dem Markt anzubieten.

  • Wieso sollte man den Bezirksrevisor fragen, bevor man in sachlicher Unabhängigkeit einen Beweisbeschluss erlässt?

    Ich frag mich auch, was der dann dazu sagen sollte...


    In diesem Zusammenhang würde mich mal interessieren, wer denn bei den anschließend geltend gemachten SV-Kosten die Landeskasse in solchen Fällen beteiligt hat und vor allem nach welchen Vorschriften die SV abgerechnet haben bzw. wie die Kosten durch das Gericht festgesetzt/festgestellt wurden?

  • Also ich habe da damals eine recht lange Einschätzung bekommen, wie zu verfahren ist.
    Und da ging es sehr viel um die ständige im Bezirk vertretene Meinung und nicht nur um wiedergegebene Paragraphen.

    Aber ihr habt schon recht: Die Beteiligung kann kein Bezirksrevisor verlangen. Aber wenn es die Kommunikation nunmal einfacher macht, weiß ich auch nicht, was dagegen sprechen soll. Daher habe ich vor Jahren mal generell dort angefragt.

  • Also ich habe da damals eine recht lange Einschätzung bekommen, wie zu verfahren ist.
    Und da ging es sehr viel um die ständige im Bezirk vertretene Meinung und nicht nur um wiedergegebene Paragraphen.

    Aber ihr habt schon recht: Die Beteiligung kann kein Bezirksrevisor verlangen. Aber wenn es die Kommunikation nunmal einfacher macht, weiß ich auch nicht, was dagegen sprechen soll. Daher habe ich vor Jahren mal generell dort angefragt.

    Das wäre mir nicht im Traum eingefallen!

    Und eine - mitunter vorkommende - unerbetene Stellungnahme hätte ich mit dem Bemerken zurückgeschickt, dass den Urheber diese Dinge überhaupt nichts angehen.

    Es ist manchmal schon fast peinlich, wie sich manche Kollegen zum Büttel des Justizfiskus degradieren.

  • Etwas OT:
    Ich kann dieses ständige "Du-hast-es-gewagt-den-Revisor-um-eine-Meinung-zu-bitten-Bashing" nicht nachvollziehen.
    Wenn Kollegen vor einem kostenrechtlichen Problem stehen und selbst nach Recherche nicht mehr weiterkommen, ist es doch vollkommen legitim, sich einen Rat bei einem Kollegen und/oder dem zuständigen Bezirksrevisor als "Kostenexperten" zu holen.

    Das hat m.E. nichts zu tun mit "Büttel des Justizfiskus" oder sonst welchen Bezeichnungen. Es ist sicherlich jedem klar, dass der Revisor primär nicht Beteiligter des Verfahrens ist. Es geht den Kollegen hier aber wohl nur darum, eine Hilfestellung oder eine weitere Meinung zu dem Fall zu bekommen und nicht zu allem was von dort kommt ja und amen zu sagen.

  • Das ist aber nun mal kein kostenrechtliches sondern ein verfahrensrechtliches Thema von Problem möchte ich hierbei gar nicht sprechen.

    Wenn man ein Gutachten will und keines bekommt, kann man einen Beweisbeschluss machen und selber eines beauftragen, hier gilt dann auf gut bayrisch wer's anschafft zahlt's auch (erstmal), da der Beweisbeschluss ohnehin nicht isoliert anfechtbar ist verbietet sich insoweit auch die Beteiligung der Staatskasse, die grdsl. auf die Fälle des § 304 FamFG zu beschränken ist.
    §§ 30 FamFG, 358 ZPO, 7, 274, 304 FamFG.

  • da der Beweisbeschluss ohnehin nicht isoliert anfechtbar ist verbietet sich insoweit auch die Beteiligung der Staatskasse

    Es ist aber nichts dagegen einzuwenden, wenn jemand mangels Erfahrung den Revisor fragt, wie das mit den Kosten abläuft.

    Problematisch ist der bei einigen Beiträgen entstehende Eindruck, dass manche Kollegen die Meinung des Bezirksrevisors für das maßgebliche Entscheidungskriterium halten. Andererseits erscheint die irrationale Reaktion einiger User, sobald der Revisor auch nur erwähnt wird, beinahe behandlungsbedürftig.

  • Da bei Betreuungen über 400 T€ hier der Präsident des LG die Betreuungen prüft und das an den BezRev delegiert hat bin ich bei dem Thema auch ein wenig allergisch, da hier bei JEDER großen Betreuung dann nebenbei auch noch die KR geprüft wird und überdies auch noch versucht wird via Weisungsbefugnis ggü. Kostenbeamten den § 9 RpflG auszuhebeln.

    Kostensachen, also alles was mit GNotKG-Vorschriften zu tun hat lege ich auch immer brav vor, bevor ich befürchte hinterher noch dreimal nacherheben zu müssen.

    Die Rpfl.-Sachen sollte man aber davon sehr strikt trennen, es gibt schon einen Grund, warum die StaKa bei der Rechtsfindung hier nicht per se beteiligt ist.

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