Organisation und Qualitätsmanagement

  • Bei mir in der Behörde soll es ein Referat mit Aufgaben aus dem Bereich Organisation und Qualitätsmanagement geben. Was muss man sich da konkret vorstellen? Hat jemand Erfahrung in dem Bereich?

  • Das könnte ein sog. interner Organisationsberater sein.

    Sind im hiesigen Bereich z.B. bei den Generalstaatsanwaltschaften angesiedelt und machen in deren Auftrag z.B. den nachgeordneten LOStAs Vorschläge zur Organisation ihrer Staatsanwaltschaften (z.B. zur Raumaufteilung und Unterbringung der Kopierstelle, um die Wege im Haus zu verkürzen; zu Vertretungsregelungen der Staatsanwälte ...) wenn nach Auffassung der GenStA die von einem LOStA beklagte Überlastung seiner Behörde sich statistisch nicht erklären lassen soll.

    Daneben muss es auch sinnvolle Tätigkeiten geben und die betreffenden Leute durchlaufen auch Spezialschulungen, erwerben also tatsächlich Know-How, das im Einzelfall helfen kann.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Wäre es nicht sinnvoll, die eigen Verwaltung anzusprechen, was Inhalt und Ausgestaltung dieses Referats angeht? :gruebel:

    Sicher, aber ich wollte mal den Blick über den Tellerrand wagen und hören wie es woanders gehandhabt wird.

  • Die Frage ist, wie groß das Gericht ist und wieviele Referate es sonst noch gibt. Grundsätzlich kann man unter Org alles fassen, was nicht Haushalt oder Personal betrifft.

  • Ich hab das selbst schom mal erlebt: Sobald diese Orga-berater in Amt und Würden sind, kemnen sie auf einmal keine sachliche Unabhängigkeit mehr und wollen unter dem Deckmantel der Rationalisierung Einfluss auf die Arbeitsweise und die Art der Entscheidungen treffen. Hab ihm damals gesagt, dass ihn meine Arbeitsweise gar nix angeht! Dann hat er bloss blöd geschaut. Wehret den Anfängen!

  • Eine pauschale Verurteilung möchte ich hier auch nicht abgeben. Es mag durch aus welche geben, die was drauf haben und sich auch einsetzen. Meine persönlichen Erfahrungen waren da zwar leider andere, aber ich kenne ja nicht alle.

    Was ich nur grundsätzlich bedenklich finde: Der Wasserkopf an den oberen Behörden wird immer größer, da werden immer mehr Stellen ausgeschrieben, die dann aus Reihen der Basis besetzt werden. Es gibt dann immer mehr "oben", die denen "unten" dann sagen, wie sie ihre Arbeit machen sollen. Und die Basis, wo die Hauptarbeit anfällt, dünnt immer mehr aus.
    Manchmal habe ich auch den Eindruck, dass die da "oben" ihre Stellen rechtfertigen müssen und dann Projekte ersinnen, mit denen sie denen "unten" auf die Nerven gehen - Hauptsache, es läuft gerade ein Projekt unter ihrem Namen.

    Einmal habe ich es auch zu einem Orga-Berater gesagt, dass es eigentlich umgekehrt sein muss: Diese Stellen sind dafür geschaffen, uns zu dienen - wenn wir Hilfe brauchen. Da sind ihm kurz die Gesichtszüge entglitten.
    Inzwischen grüßen wir uns wieder freundlich:cool:.

  • Jenseits des Verwaltunsgbashings versuch ich für Tango&Cash mal ein paar Beispielaufgaben zusammenzufassen (immer vor dem Hintergrund der Annahme, aufgrund der Größe des Gerichts gibt es hierfür keinen eigenen Referenten).

    • Aufgaben der hausverwaltenden Dienststelle wie Bedarfsmeldung Baubedarf, Begleitung von Baumaßnahmen (aus Sicht des Nutzers)
    • Organisation von Umzügen (Abteilungen innerhalb des Gerichts, von Außenstellen, ausgelagerten Archiven, etc.)
    • Ansprechpartner für die Mitarbeiter der Altregistratur
    • Gesundheitsmanagment (einschl. Organisation aller Projekte)
    • Mitarbeit (Erstellung) der nichtrichterlichen Geschäftsverteilung
    • Statistikbeauftragter
    • Mitarbeit bei der Erstellung von Stellungnahmen zu parlamentarischen (kleinen und großen) Anfragen
    • Vorbereitung von Stellungnahmen zu allen möglichen Dingen
    • IT-Beauftragter bei Einführung aller möglicher Programme
    • Organisation (ggf. auch Durchführung) gerichtsinterner Geschäftsprüfungen
    • Fortbildung
    • Ansprechpartner psychosoziale Prozessbegleitung
    • Erstellen Gefährdungsbeurteilung (Arbeitsschutz)
    • Blitzableiter
    • etc, etc....


    Letztendlich ist der Zuschnitt des Referats immer gerichtsspezifisch. Als (ehemaliger) Org-Referent kann ich die Stelle nur empfehlen, soweit einem das "Organisieren" liegt.
    Vorteil: Sehr abwechslungs- und lehrreich. Auch in der Fachabteilung profitier ich noch viel davon.
    Nachteil: Man kann hinterher schlechter über die Verwaltung schimpfen, weil man viele Hintergründe kennt :strecker (und auch manchmal selbst an ihnen verzweifelt).

  • Das Tollste vergessen:

    • Kunst und Justiz

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Super für die Beispiele, das hilft weiter. Über Sinn oder Unsinn eines solchen Referats wollte ich nicht befinden. Wichtiger sind mir die Möglichkeiten der inhaltlichen Ausgestaltung.

    Was hat Organisation mit psychosozialer Prozessbegleitung zu tun bzw. was macht man in dem Referat in dem Zusammenhang?

  • Super für die Beispiele, das hilft weiter. Über Sinn oder Unsinn eines solchen Referats wollte ich nicht befinden. Wichtiger sind mir die Möglichkeiten der inhaltlichen Ausgestaltung.


    Also in meinem Bundesland sind die von promotor iustitiae genannten Aufgaben überwiegend in der "normalen" Verwaltung angesiedelt und nicht in einem speziellen Orga-Referat. Dafür gibt es hier eine Organisationsberatung, die im JM angesiedelt ist, für die aber auch Mitarbeiter bei den Landgerichten (teilweise) arbeiten, z.B. die Bezirksrevisoren.

    Ich hab das selbst schom mal erlebt: Sobald diese Orga-berater in Amt und Würden sind, kemnen sie auf einmal keine sachliche Unabhängigkeit mehr und wollen unter dem Deckmantel der Rationalisierung Einfluss auf die Arbeitsweise und die Art der Entscheidungen treffen. Hab ihm damals gesagt, dass ihn meine Arbeitsweise gar nix angeht! Dann hat er bloss blöd geschaut. Wehret den Anfängen!


    Nun ja ... diese Haltung ist m.E. auch nicht wirklich erstrebenswert. Hört sich (sehr deutlich) nach den drei pauschalen Totschlagargumenten "das haben wir schon immer so gemacht", "das haben wir noch nie gemacht" und "da könnte ja jeder kommen" an, mit denen man sämtliche Veränderungsprozesse ablehnen und blockieren kann. Das die Justiz heute nicht mehr so arbeiten kann wie vor 30 oder 40 Jahren ist jedoch klar. Insofern ist es verfehlt, sich unter dem Deckmantel der sachlichen Unabhängigkeit jeglicher Veränderung der Arbeitsweise zu verwehren.

    Bitte nicht falsch verstehen - die sachliche Unabhängigkeit ist der wichtigste Grundpfeiler einer unabhängigen und gerechten Justiz und kann nicht hoch genug gehängt werden. Allerdings darf und kann nicht jede persönliche Marotte als sachliche Unabhängigkeit definiert werden, die in anderen Bereichen dann zusätzlichen Arbeitsaufwand generiert.
    Kämpfe um Besitzstände, bei denen schon ein Personalwechsel auf der Geschäftsstelle als Angriff gesehen wird ("jetzt wird mir meine Geschäftsstellenbeamtin weggenommen"), sind fehl am Platze. Der Inhalt von Entscheidungen geht den Orga-Berater in der Tat nix an - die Arbeitsweise gegebenenfalls schon. Ein "wehret den Anfängen" ist nicht wirklich zielführend, vielmehr hat ein offenes (auch was das Ergebnis angeht) Gespräch selten geschadet. Man darf die eigene Arbeitsweise auch ruhig mal hinterfragen, vielleicht bringen die Orga-Berater ja sogar gute Ideen mit, die mir meine Arbeit erleichtern. Vielleicht ;). Ein blöd schauender Orga-Berater, dem ich mal so richtig meine Meinung gegeigt habe, hilft mir auf jeden Fall nicht weiter.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Ich gebe dir vollumfänglich recht mit dem, was du schreibst. Aber dieser eine Satz...

    Das die Justiz heute nicht mehr so arbeiten kann wie vor 30 oder 40 Jahren ist jedoch klar.

    wird zwar gebetsmühlenartig von vielen Leuten wiederholt, aber warum das so ist, konnte mir noch niemand sagen. Wenn wir hier unsere internen Arbeitsabläufe ändern, dann nur, weil das jemand von außen gerne so hätte (Stichwort: elektronischer Zugang, Datenbankgrundbuch etc.). Einen Sinn für die Justiz hat das in der Regel nicht.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Dem möchte ich im Grundsatz zustimmen. An der Falllösungstechnik, z.B. des Streitrichters, hat sich in den letzten 30-40 Jahren nichts geändert:

    -) Anspruchsgrundlage prüfen
    -) streitigen/unstreitigen Sachverhalt ordnen
    -) zum entscheidungserheblichen streitigen Sachverhalt die erforderlichen Beweise erheben
    -) entscheiden
    -) schriftlich begründen

    Geändert haben sich die Rahmenbedingungen. Man kommt wegen Online-Zugang viel leichter an Rechtsprechung und Literatur, deswegen wird mehr zitiert und als Textbaustein eingefügt ...
    Der eigentliche Prozess, nämlich Lesen, verarbeiten, prüfen, entscheiden ist aber unverändert. Allenfalls das Lesen ist wegen der umfangreicheren Zitate länger geworden - oder selektiver, wenn man sich dazu entscheidet, diese Zitate erst mal auszublenden.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ich gebe dir vollumfänglich recht mit dem, was du schreibst. Aber dieser eine Satz...

    Das die Justiz heute nicht mehr so arbeiten kann wie vor 30 oder 40 Jahren ist jedoch klar.

    wird zwar gebetsmühlenartig von vielen Leuten wiederholt, aber warum das so ist, konnte mir noch niemand sagen. Wenn wir hier unsere internen Arbeitsabläufe ändern, dann nur, weil das jemand von außen gerne so hätte (Stichwort: elektronischer Zugang, Datenbankgrundbuch etc.). Einen Sinn für die Justiz hat das in der Regel nicht.

    Klar kommt das von außen, denn die Justiz wird ja auch für "Außen" gemacht, sie ist kein Selbstzweck. Grad am Grundbuch sieht man das sehr gut.

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