Erfahrungsstufen Richter

  • Hallo,

    angenommen, man hat mehrere Jahre als Rechtspfleger gearbeitet und wird später als Richter eingestellt: Inwieweit werden im Rahmen der Erfahrungsstufen die bisherigen Dienstjahre als Rechtspfleger berücksichtigt?

    Kann man da länderübergreifend (mir ist bekannt, dass die maßgeblichen Regelungen Landesrecht sind - vielleicht gibt es ja aber Schnittmengen) allgemeingültige Aussagen treffen?

    Danke!

    Gruß
    DD

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



  • Ich fürchte, dass es für eine Anrechnung schlecht aussieht.

    Ich selbst komme aus RLP und § 30 Abs. 1 LBesG regelt hier die anrechenbaren Zeiten. Anwendbar wäre alleine die Nr. 2, allerdings dürfte aus beamtenrechtlicher Sicht der Richter (= "Beamter" des höheren Dienstes) nicht mit dem Rechtspfleger (= Beamter des gehobenen Dienstes) vergleichbar sein. Rechtsprechung ist mir zu dem Thema keine bekannt, ich kann mir aber nicht vorstellen, dass die abstrakt-funktionalen Ämter vergleichbar sind. Vergleichbar könnte z.B. der Einsatz als Beamter im höheren Dienst in einem anderen Bundesland sein.

    Ich wünsche Dir viel Erfolg, vielleicht wird ja ein Teil der Zeit angerechnet. Aber sei nicht böse, wenn nicht.

  • Hallo Manfred,

    danke für deine Antwort!

    Könnte nicht § 30 Abs. 1 S. 2 LBG-RLP einschlägig sein: "Weitere hauptberufliche Zeiten, die nicht Voraussetzung für den Erwerb der Laufbahnbefähigung sind, können ganz oder teilweise anerkannt werden, soweit sie für die Verwendung der Beamtin oder des Beamten förderlich sind."

    Wobei es mit dem "förderlich" als unbestimmten Rechtsbegriff natürlich auch so eine Sache ist...

    Gruß
    DD

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



  • Jüngst hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Tätigkeit als Flugbegleiter keine förderlichen Erfahrungen vermittle:
    BVerwG, Urt. v. 22.09.2016, Az. 2 C 29.15. Dort heißt es, anrechenbare Erfahrungen müssen einen Bezug zum Richterberuf aufweisen.

  • Tja, das mit der Förderlichkeit ist so eine Sache. Ich kann mir bei einer wohlwollenden Verwaltung vorstellen, dass die einen Teil der Verwendung als Rechtspfleger anrechnet. Allerdings dürfte ein Rechtsanspruch daraus nicht herzuleiten sein.

  • Mir wurde die volle Dienstzeit, die ich als Justizbeschäftigter (kein Beamter) verbracht habe, auf die Erfahrungsstufe als Rechtspfleger angerechnet (in NRW).

    Ist vielleicht nicht ganz mit der Anrechnung Rechtspfleger - Richter vergleichbar, aber ich halte eine positive Entscheidung zur Anrechnung nicht für unwahrscheinlich.

  • Danke für die Antworten!

    Aus der von 15. Meridian zitierten Entscheidung kann man m.E. schon Honig saugen:

    "Vielmehr muss die berufliche Vortätigkeit gerade diejenigen Fähigkeiten und Eigenschaften gefördert haben, die für den Richterberuf neben der fachlichen Kompetenz von maßgebender Bedeutung sind. Hierzu zählt insbesondere die Fähigkeit, in Konfliktsituationen die divergierenden Interessen mehrerer Beteiligter auch in komplexen Lebensverhältnissen zu erfassen, zu einem Ausgleich zu bringen und ggf. hierüber auch zu entscheiden. Der Richter muss ferner die sozialen Folgen seines Handelns berücksichtigen. Andererseits muss er aber auch die erforderliche Konflikt- und Entschlussfähigkeit besitzen. Für eine (mögliche) Tätigkeit im Spruchkörper muss er über Teamfähigkeit verfügen und eine kollegiale Beratungskultur pflegen. [..] Die Anwendung des § 38a Abs. 1 Nr. 3 Alt. 2 BBesG Bln ist aber nicht auf den "klassischen" juristischen Berufen nahestehende Vortätigkeiten wie etwa die als zertifizierter Mediator und die hierfür vorgeschriebene Ausbildung beschränkt. In Betracht kommen vielmehr auch Vortätigkeiten in Berufen wie etwa dem des Lehrers, des Psychologen oder Seelsorgers und auch solche Tätigkeiten aus dem karitativen oder dem pflegerischen-sozialen Bereich, die keine universitäre Ausbildung voraussetzen und bei denen der persönliche Umgang mit anderen Menschen nicht nur auf eine bestimmte soziale Funktion begrenzt ist."

    Ich finde, unter Berücksichtigung der aufgestellten Kriterien lässt sich schon eine Förderlichkeit herleiten.

    Gruß
    DD

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



  • In Sachsen werden alle Vordienstzeiten bei dem selben oder anderen Dienstherren angerechnet.

    § 28 I Nr. 1 SächsBesG:


    Bei der Zuordnung zu einer Stufe nach § 27 Abs. 1 Satz 3 werden folgende Zeiten angerechnet:


    Zeiten einer hauptberuflichen Tätigkeit, die nicht Voraussetzung für den Zugang zu der Laufbahn sind, im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn oder im Dienst von öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften und ihren Verbänden,

    In der Praxis vor allem bedeutsam für die recht zahlreichen (ehemaligen) Soldaten.

    Die von Dir zitierten "weiteren" Zeiten sind erst ein § 28 II SächsBesG geregelt...

    Einmal editiert, zuletzt von promotor iustitiae (2. Januar 2017 um 13:12) aus folgendem Grund: Nachtrag

  • Ich glaube, § 30 I Nr. 1 LBesG RP dürfte einschlägig sein...


    Auf den ersten Blick liest sich das zwar so, ich bin mir da aber nicht sicher. Ein Extrembeispiel: Ein Wachtmeister studiert Jura und wird als Richter übernommen. Sind seine Dienstzeiten als verbeamteter Wachtmeister für die Erfahrungsstufen des Richters verwertbar?

    Ich habe mir zwar jetzt nicht die Mühe gemacht, nach der Gesetzesbegründung zum LBesG zu suchen; ich gehe aber davon aus, dass hier die Zeiten als gleichwertiger (Kirchen-)Beamter gemeint sind ("... im Dienst von öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften und ihren Verbänden").

  • Ich glaube, § 30 I Nr. 1 LBesG RP dürfte einschlägig sein...


    Auf den ersten Blick liest sich das zwar so, ich bin mir da aber nicht sicher. Ein Extrembeispiel: Ein Wachtmeister studiert Jura und wird als Richter übernommen. Sind seine Dienstzeiten als verbeamteter Wachtmeister für die Erfahrungsstufen des Richters verwertbar?

    Naja, ein kleiner Unterschied besteht ja schon, wenn man vorher als Rechtspfleger tätig war. Die in #7 genannten Fähigkeiten muss ein Rechtspfleger schließlich auch beherrschen: Sachverhalt erfassen und darüber entscheiden, Teamfähigkeit... Eine Förderlichkeit ist daher nicht ganz zu verneinen.

  • Ich glaube, § 30 I Nr. 1 LBesG RP dürfte einschlägig sein...


    Auf den ersten Blick liest sich das zwar so, ich bin mir da aber nicht sicher. Ein Extrembeispiel: Ein Wachtmeister studiert Jura und wird als Richter übernommen. Sind seine Dienstzeiten als verbeamteter Wachtmeister für die Erfahrungsstufen des Richters verwertbar?

    Ich habe mir zwar jetzt nicht die Mühe gemacht, nach der Gesetzesbegründung zum LBesG zu suchen; ich gehe aber davon aus, dass hier die Zeiten als gleichwertiger (Kirchen-)Beamter gemeint sind ("... im Dienst von öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften und ihren Verbänden").

    Das steht nirgends und ich würde das da auch nicht reininterpretieren. Hier geht es schlicht und einfach um Vordienstzeiten (welcher Art auch immer) im Öffentlichen Dienst. Als in Sachsen von Alters- auf Erfahrungstuefen umgestellt wurde, kamen die dollsten Sachen zur Anrechnung.

    Das Erfahrungsstufenmodell kann aus meiner Sicht zu ungerechteren Ergebnissen führen, als das vorherige Altersstufenmodell.

  • Ich glaube, § 30 I Nr. 1 LBesG RP dürfte einschlägig sein...


    Auf den ersten Blick liest sich das zwar so, ich bin mir da aber nicht sicher. Ein Extrembeispiel: Ein Wachtmeister studiert Jura und wird als Richter übernommen. Sind seine Dienstzeiten als verbeamteter Wachtmeister für die Erfahrungsstufen des Richters verwertbar?

    Ich habe mir zwar jetzt nicht die Mühe gemacht, nach der Gesetzesbegründung zum LBesG zu suchen; ich gehe aber davon aus, dass hier die Zeiten als gleichwertiger (Kirchen-)Beamter gemeint sind ("... im Dienst von öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften und ihren Verbänden").

    Das steht nirgends und ich würde das da auch nicht reininterpretieren. Hier geht es schlicht und einfach um Vordienstzeiten (welcher Art auch immer) im Öffentlichen Dienst. Als in Sachsen von Alters- auf Erfahrungstuefen umgestellt wurde, kamen die dollsten Sachen zur Anrechnung.

    Das Erfahrungsstufenmodell kann aus meiner Sicht zu ungerechteren Ergebnissen führen, als das vorherige Altersstufenmodell.

    Natürlich steht das nirgendwo, allerdings bezieht sich die Nr. 1 des § 30 I LBesG RLP nur auf öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften und ihre Verbände (siehe oben in rot - Zitat aus der Nr. 1). Hier muss der Beamte beschäftigt sein, deshalb von mir auch als (Kirchen-)Beamter bezeichnet. Und Rechtspfleger werden dort ja wohl nicht beschäftigt - mir ist zumindest kein Fall bekannt. Es bleibt also nur die Nr. 2 übrig.

  • Wenn man mal die Tätigkeit der anderen Volljuristen (insbesindere in justiznahen Tätigkeiten wie Anwälten etc.) ausblendet: Wer soll denn noch richter-ähnlichere Tätigkeit haben als der Rechtspfleger? Ich würde daher spontan für eine Berücksichtigung plädieren.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ich lese die Nummer 1 als Aufzählung - gerade vor dem Hintergrund der Formulierung von Nr. 2. :confused:
    Oder warum soll sich die Anrechnung ohne Gleichwertigkeitsprüfung nur bei Beamten in öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften zutreffen? :gruebel:


    Im Zweifel einfach die zuständige Bezügestelle anrufen und mal fragen - die wären ja auch für die Festsetzung zuständig.

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