Recht erloschen? Amtslöschung?

  • Ich habe folgende Eintragung:

    Zitat

    Auf das Grundstück wird vom Blatt 551 dieses Grundbuchs als Last des zugeschriebenen Trennstücks von Nr. 1003 zu Nr. 736 a hierher übertragen:
    a) Der Aktiengesellschaft Sächsische Werke Dresden,
    b) dem jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Blatt 196 des Grundbuchs für XXXX
    steht unter den Bestimmungen der Eintragungsbewilligung das Recht zu, über das Flurstück-Nr. 1003 elektrische Starkstromleitungen zu führen und zu unterhalten, zu diesem Zwecke die Grundstücke zu betreten und die für Herstellung, Betrieb und Unterhaltung erforderlichen Arbeiten auf diesen vorzunehmen, eingetragen am 26.02.1926; hierher mitübertragen am 30.11.1942; a und b im Gleichrang (Gr.Akt. BL. 80b Blatt 551), das Grundstück Blatt 551 bleibt mitbelastet; (Gr.Akt. BL. 186b Blatt 551) und bei Neufassung der Abteilung hier vermerkt am 01.09.2000.

    Die bpD (a) bekomme ich weg, durch Bescheinigung der Landesdirektion gem. § 9 Abs. 7 GBBerG. Nun habe ich aber noch die Grunddienstbarkeit (b). Das herrschende Grundstück ist 9 km (Luftlinie) entfernt und die heutigen Grundstückseigentümer betreiben kein Kraftwerk mehr. Die Starkstromleitung inkl. Kraftwerk gibt es nicht mehr und in den angrenzenden Grundbüchern des dienenden Grundstücks ist die Dienstbarkeit auch nicht mehr eingetragen. Ich könnte jetzt die Eigentümer anschreiben und bitten der Löschung innerhalb meines Bodenordnungsverfahrens zuzustimmen, befürchte aber, dass ich den Zustimmungen nachrennen muss. Am Ende könnte meine Mühe umsonst sein, weil einer nicht unterschreibt.

    Ich würde daher das Rechts gem. § 49 FlurbG aufheben ohne die Berechtigten anzuhören, weil ich der Meinung bin, dass das Recht erloschen ist. Im Bodenordnungsplan (der öffentlich bekannt gemacht wird) sollte aber begründet sein, warum das Recht aufgehoben wird. Ich habe mich ein wenig zum Thema Amtslöschung gem. §§ 84 ff GBO belesen (insb. https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…4chlicher-Grund und https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…standslosigkeit). Wenn ich alles richtig verstanden habe, kommt ein Amtslöschung in Betracht, bei

    • Gegenstandlosigkeit
    • Vorteilswegfall
    • wenn die Ausübung dauerhaft/endgültig und objektiv ausgeschlossen ist
    • wenn tatsächliche und rechtliche Grundlagen sich geändert haben
    • wenn die Vorteilhaftigkeit und Nützlichkeit für das herrschende Grundstück objektiv nicht mehr gegeben ist.

    Aus meiner Sicht würde alles für eine Amtslöschung sprechen. Es ist objektiv unrealistisch, dass die jetzigen herrschenden Eigentümer wieder ein Kraftwerk und Starkstromleitungen betreiben werden. Wegen der unterbrochenen dinglichen Sicherung ist der Vorteil für das herrschende Grundstück weggefallen. Lt. Flächennutzungsplan liegt das herrschende Grundstück in einem Überschwemmungsgebiet. Die jetzigen Eigentümer (Privateigentümer und Mietverwaltungsgesellschaft) dürfte sicher auch nicht die Zulassung für ein Energieversorgungsunternehmen für Starkstrom bekommen.

    Seid Ihr auch der Meinung, dass die Grunddienstbarkeit erloschen ist und würdet Ihr bei einem solchen Fall von Amtswegen löschen?

    Einmal editiert, zuletzt von ISpeech (5. Januar 2017 um 11:02) aus folgendem Grund: Wort vergessen

  • Ob und inwieweit Du bei Deinem Flurbereinugungsverfahren auf irgendwelche Zustimmungen oder Anhörungen verzichtest, ist mir als GBA herzlich egal, wenn dann das formgerechte Ersuchen eingeht. (Nachdem der Beschluss über den Eintritt des neuen Rechtszustands unanfechtbar geworden ist.)
    Das wird dann einfach vollzogen.

    Als GBA würd ich das Recht aber weder von Amts wegen noch auf Antrag ohne Bewilligung der Berechtigten löschen.
    Das Nachweis des Wegfalls des Vorteils für das herrschende Grundstück ist praktisch kaum mehr formgerecht möglich, immerhin steht dem jew. Eigt ein Recht zu, das langt als Vorteil, egal wie sinnig oder unsinnig das Recht ist.

  • ... Das Nachweis des Wegfalls des Vorteils für das herrschende Grundstück ist praktisch kaum mehr formgerecht möglich, immerhin steht dem jew. Eigt ein Recht zu, das langt als Vorteil, egal wie sinnig oder unsinnig das Recht ist.


    Man kann natürlich versuchen, die Zustimmung im Prozessrechtsweg zu erstreiten. Und die Schilderung des Threadstarters unterstellt, würde ich hierfür die Chancen als durchaus gegeben einschätzen.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ich auch nicht ;), aber ich kann das Recht nur verschwinden lassen, wenn es gem. § 49 FlurbG " ... der Zweck der Flurbereinigung erfordert, ..." und entbehrlich ist. Ein Zweck ist gem. § 37 Abs. 1 letzter Satz "Die rechtlichen Verhältnisse ordnen". Wenn ich nun zum Schluss kommen könnte (deswegen hier die Threaderstellung), dass das Recht erloschen (= entbehrliches Recht) ist und auch ein Rechtspfleger eine Amtslöschung vornehmen würde, dann könnte ich es leicht begründen. Wenn Du (Leviathan) nun aber schreibst, dass die bloße Grundbucheintragung ausreicht, dass es ein Recht ist und nur aufgrund der Grundbucheintragung ein Vorteil für das herrschende Grundstück besteht, könnte ich das Recht nach FlurbG nicht löschen. AndreasH: Als FlurbG-Behörde kann ich sicher den Prozessrechtsweg nicht bestreiten. Deine Auffassung, dass die Chancen hoch sind, gefällt mir. Wenn ich, genauso wie ein Tatrichter, die Erlöschung begründen kann, dann würde ich die Grunddienstbarkeit im Bodenordnungsplan aufheben lassen.

  • Natürlich kannst auch die Auffassung vertreten, dass das Recht obsolet ist.

    Die Berechtigten sind ja wohl Teilnehmer? Dann ist ihnen der Plan eh bekannt zugeben und sie können Ihre Einwendungen im Flurbereinigungsverfahren vorbringen, § 59 FlurbG.
    Ob man sich dann für die Flurbereinigungsakten noch eine formlose "Bewilligung" beschafft oder, ob eine solche entberlich ist weiß ich natürlich nicht.
    Aber das Flurbereinigungsverfahren geht nach dem FlurbG und da gibt's eben keinen § 29 GBO auf das Ersuchen der Behörde ist der neue Rechtszustand einzutragen, da kann man dann schon auch mal kostengünstig was nebenher eintragen lassen, was durchaus auch legitim und legal ist um z.B. widerspenstigen Teilnehmern das ganze Verfahren ein wenig schmackhafter zu machen.

  • Nein, die Berechtigten sind "nur" Nebenbeteiligte gem. § 10 Nr. 2 d FlurbG. Angehört werden nach § 57 FlurbG nur die Teilnehmer und auch nur die Teilnehmer erhalten einen Auszug aus dem Flurbereinigungsplan gem. § 59 Abs. 3 FlurbG. Die Bekanntgabe des Flurbereinigungsplanes erfolgt öffentlich und damit bekommen die Berechtigten theoretisch Einsicht in den Plan und sind auch widerspruchsberechtigt.

    Für mich stellt sich einzig die Frage, ob das Recht erloschen ist oder noch besteht. Daher meine Frage, ob Ihr als Rechtspfleger eine Amtslöschung nach den §§ 84 ff GBO machen würdet. Gibt es evtl. ein Urteil oder Abhandlung, wo steht, wann die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass ein eingetragenes Recht erloschen ist? Du schreibst, das Recht besteht, weil es eingetragen ist. Nach dieser Auffassung würde es den Fall der Amtslöschung aber nie geben.:gruebel:

  • Vorteilswegfall

    Wenn, dann wäre das der Hebel, mit dem ich ansetzen würde. Nach Sachvortrag wird das Kraftwerk offenbar auf Dauer nicht mehr betrieben. Wofür auch spräche, dass die Leitungsdienstbarkeiten an den anderen Grundstücken aufgrund einer Löschungsbewilligung des Eigentümers des herrschenden Grundstücks gelöscht wurden. Ein Rechtsprechungsnachweis zum § 1019 BGB: OLG München vom 28. Oktober 2011; 34 Wx 19/11.

  • Na, ja....Aufgabe einer Brauerei ist da schon was anderes, aber so ein Kleinkraftwerk, eine PV-Anlage, ein Miniwindpark ist ja schnell mal aufgebaut heutzutage :gruebel:

  • Na, ja....Aufgabe einer Brauerei ist da schon was anderes, aber so ein Kleinkraftwerk, eine PV-Anlage, ein Miniwindpark ist ja schnell mal aufgebaut heutzutage :gruebel:

    Das mag ja sein, aber was nützt dem Kraftwerksbetreiber EINE einzelne Grunddienstbarkeit an einem 9 km Luftlinie entfernten Grundstück?

    Übrigens: hilft das?

  • Das Brauereiurteil finde ich passend (Danke 45), Zitate:

    Zitat

    Soll die Grunddienstbarkeit einem Gewerbebetrieb dienen, so wird als Voraussetzung verlangt, dass das herrschende Grundstück für dieses Gewerbe besonders eingerichtet ist oder zumindest eingerichtet werden soll und diese Einrichtung auf Dauer eine Gewähr für die Beibehaltung des Betriebs bildet

    Zitat

    Allerdings reicht nicht jede abstrakte Möglichkeit, sondern es genügen nur solche Vorteile, mit denen nach objektiven Anhaltspunkten bei einem normalen und regelmäßigen Verlauf der Dinge gerechnet werden kann.

    Zitat

    Nach dem vom Grundbuchamt festgestellten Veränderungen waren die Voraussetzungen an dem ehemals dienenden Grundstück auch bei weiter Auslegung (vgl. BGHZ 44, 171/174) nicht mehr gegeben.

    Und ehrlich gesagt, kann man schneller eine Brauerrei wieder eröffnen als ein Kraftwerk.

    @Wegerechtler:
    §6 GBBergG bezieht sich leider nur auf persönliche Dienstbarkeiten und nicht auf Grunddienstbarkeiten. Danke aber trotzdem, damit konnte ich mir den Paragraphen wieder in Gedächtnis holen.

    @Leviathan
    Aufgrund der Topographie ist die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien auch ausgeschlossen, außer Wasserkraft. Aber das ist extrem abwägig. Es ist auch abwägig, dass man heute die gleich Stromtrasse wie damals verwendet. Es bedarf ja schon einer Bewilligung, wenn der Maststandort oder die Masthöhe leicht geändert wird. Selbst wenn der Schutzstreifen sich nur um wenige m² vergrößert, gehen die Leitungsinhaber mit dem Eigentümer zum Notar.

  • Ich habe folgende Eintragung:

    Zitat

    Auf das Grundstück wird vom Blatt 551 dieses Grundbuchs als Last des zugeschriebenen Trennstücks von Nr. 1003 zu Nr. 736 a hierher übertragen:
    a) Der Aktiengesellschaft Sächsische Werke Dresden,
    b) dem jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Blatt 196 des Grundbuchs für XXXX
    steht unter den Bestimmungen der Eintragungsbewilligung das Recht zu, über das Flurstück-Nr. 1003 elektrische Starkstromleitungen zu führen und zu unterhalten, zu diesem Zwecke die Grundstücke zu betreten und die für Herstellung, Betrieb und Unterhaltung erforderlichen Arbeiten auf diesen vorzunehmen, eingetragen am 26.02.1926; hierher mitübertragen am 30.11.1942; a und b im Gleichrang (Gr.Akt. BL. 80b Blatt 551), das Grundstück Blatt 551 bleibt mitbelastet; (Gr.Akt. BL. 186b Blatt 551) und bei Neufassung der Abteilung hier vermerkt am 01.09.2000.

    (...)

    Vielleicht ergeben sich auch weitere Anhaltspunkte, ob das Recht noch besteht, aus der Bewilligung. Wurde diese schon eingesehen?

    (Ich habe z. B. schon Bewilligungen gesehen, die sich ausdrücklich auf die Nutzung vorhandener Anlagen beziehen. Ist die Anlage nicht mehr da, wäre das evtl. auch ein Argument dafür, im Rahmen der Flurbereinigung die Entbehrlichkeit der Eintragung des Rechts festzustellen.)

  • Ja, siehe edit by Kai: bitte keine Aktenbestandteile ins Forum hochladen.

    Aus der Bewilligung kann ich nicht entnehmen, dass nur die damals vorhandenen Anlagen die dingliche Sicherung umfassen.

  • Die ASW sind nach meiner Erinnerung gegen 1947 in Liquidation gegangen, nachdem ihre Betriebe bereits 1946 in sowjetisches Eigentum übergegangen waren.

  • Für die Grunddienstbarkeit aber ohne Belang (b). Für die bpD (a) habe ich ja § 9 Abs. 7 GBBerG.

    Hier Abt. I des herrschenden Grundbuchs zur Kenntnis:

    edit by Kai: bitte keine Aktenbestandteile ins Forum hochladen.

  • Für die Grunddienstbarkeit aber ohne Belang (b).

    Ich hatte an die Möglichkeit einer Nachtragsliquidation gedacht.:gruebel:

    Steht der Herrschvermerk im GB der ASW?

    Vielleicht kannst du Honig aus dem Beitrag von Schmelzer "Die Grunddienstbarkeit und die beschränkte persönliche Dienstbarkeit, Grundsätze, neue Entwicklungen und neue Rechtsprechung" aus dem BWNotZ 4/2007 ziehen?

  • Hmmm, entweder habe ich oder du einen Denkfehler. :gruebel: Bei einer Grunddienstbarkeit kann es doch keine Nachtragsliquidation geben. Das herrschende Grundstück ist vorhanden und die heutigen Eigentümer dieser Grundstücke sind die Berechtigten. Die ASW hat damit nichts mehr zu tun, sie oder eine Nachfolgeorganisation ist nicht mehr der Berechtigte. Ich kann mir auch keine Löschungsbewilligung von der Landesdirektion gem. GBBerG für diese Grunddienstbarkeit holen, auch nicht von einem Nachtragsliquidator.

    Herrschvermerk habe ich nicht geprüft, dürfte aber auch nicht von Belang (schon wieder das Wort ;)) sein. Ein Herrschvermerk ist kein Recht und nimmt nicht am öffentlichen Glaube teil. Außerdem sollte (§ 9 Abs. 3 GBO) bei der Grunddienstbarkeit vermerkt sein, wenn ein Herrschvermerk eingetragen ist.

    Die Abhandlung in der BWNotZ 4/2007 ist gut und bestätigt eigentlich meine Auffassung, dass die Grunddienstbarkeit erloschen ist.

    Wir haben gerade intern vereinbart, dass wir die Grunddienstbarkeit wegen Entbehrlichkeit im Flurbereinigungsplan aufheben, mit der Begründung, dass die Dienstbarkeit bereits erloschen ist. Ich werde das ebenso bei der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zugunsten der ASW machen, anstatt bei der Landesdirektion die Löschungsbewilligung zu holen.

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