Erinnerung, neuer Sachvortrag

  • Ich habe eine Beratungshilfeantrag vom 2.12 gegenüber der einreichenden Rechtsanwältin am 12.12. beanstandet und eine zweiwöchige Frist zur Ergänzung gesetzt.
    Die SE hat mir die Akte mit Fristvorlage am 23.12. vorgelegt und ich habe den Antrag zurückgewiesen, weil die Mängel nicht behoben waren.

    Jetzt legt die Rechtsanwältin dagegen Erinnerung ein, weil der Beschluss vor Ablauf der Frist ergangen ist - und hat damit leider Recht. Ich war bei der Beschlussfassung am 23.12. natürlich vom Fristablauf gemäß Vorlage ausgegangen und habe das nicht noch erst überprüft. Zumal der 23.12. mein letzter Arbeitstag war. Insofern ist die Erinnerung berechtigt.

    Fristablauf war der 24.12. Die Erinnerung wurde am 28.12. eingelegt und dabei erfolgte neuer Tatsachenvortrag, nämlich dass die Antragstellerin eine minderjährige Tochter habe, die beim Vater lebt und für die die Antragstellerin ab Dezember monatlich 100 € Unterhalt zahlt. Von einer Tochter und einer Unterhaltszahlung steht im Beratungshilfeantrag natürlich nichts. Als Nachweis der Unterhaltszahlung wird ein Dauerauftrag beginnend ab 5.1.17 vorgelegt, eingerichtet am 27.12.16.

    Ich muss den Beschluss in jedem Fall aufheben. Aber zum neuen Sachvortrag frage ich mich, ob ich das überhaupt berücksichtigen kann. Zumindest im Antrag vom 2.12. hat die Antragstellerin falsche bzw. unvollständige Angaben gemacht. Und lt. Formular hat sie die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben versichert.

    Rettet die Erde! Sie ist der einzige Planet mit Schokolade!

  • Ja, natürlich kann die Erinnerung auch auf neuen Sachvortrag gestützt werden.

    Ist die Unterhaltszahlung für das BerH-Problem erforderlich oder für die Prüfung der wirtschaftlichen Voraussetzungen?
    Bei letzterem: Auf jeden Fall berücksichtigen. Entsprechende Angaben können nachgetragen werden.

    Und eine 2-Wochen-Frist finde ich schon ziemlich frech, nebenbei erwähnt... Und das als "harter Hund".

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Ich finde eine 2-Wochen-Frist nicht frech sondern normal. :)
    Und was die Unterhaltszahlung angeht - bei Antragstellung und auch zum Zeitpunkt der Beschlussfassung wurde doch kein Unterhalt gezahlt. Also konnte der auch keine Berücksichtigung finden. Das kann man m.E. auch nicht mit einer Erinnerung heilen, wenn jetzt plötzlich behauptet wird, dass in der Zukunft Unterhalt gezahlt werden wird. Ein neuer Tatsachenvortrag ist das für mich nicht. Das sind Veränderungen, die für die Zukunft greifen, aber nicht für den bereits beschiedenen Schein.

  • Wenn Du am 12.12. beanstandest mit 2-Wochen-Frist, wie kommst Du auf Fristablauf am 24.12.? Selbst wenn Zugang bei der Anwältin am noch am 12.12. nachweisbar wäre, wäre Fristablauf am 27.12. gewesen.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Wenn Du am 12.12. beanstandest mit 2-Wochen-Frist, wie kommst Du auf Fristablauf am 24.12.? Selbst wenn Zugang bei der Anwältin am noch am 12.12. nachweisbar wäre, wäre Fristablauf am 27.12. gewesen.

    Das ist ja das "Dumm gelaufen", was schon als "falsch gelaufen" zugestanden wurde.

    Die Unterhaltszahlung muss m.E. auch nicht unbedingt zum Zeitpunkt der Antragstellung vorgelegen haben. Wenn sie zum Zeitpunkt der Entscheidung glaubhaft gemacht wurde, ist das vollkommen ausreichend - und daher auch im Erinnerungsverfahren noch zu berücksichtigen.
    Bevor wir uns darüber streiten, sollten wir uns aber darüber einig werden, ob (und wenn ja, für welche Voraussetzung) die Unterhaltszahlung bewilligungsrelevant ist.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

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  • @ beldel: 2-Wochen-Frist mag Standard sein; aber kurz vor Weihnachten ist sie für jeden Anwalt eine Zumutung. Da kann man schon mal großzügig sein.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ist die 4-Wochen-Frist für die Antragstellung kurz vor Weihnachten dann auch eine Zumutung?
    Ich setze ebenfalls Fristen von 2 Wochen, wenn es schon nicht möglich ist, vollständige Unterlagen eingereicht zu bekommen. Des Weiteren interessieren die gesetzten Fristen die hiesige Anwaltschaft ohnehin nicht. Die Beanstandung wird grundsätzlich im Zuge der Erinnerung erledigt, ganz wann es im Belieben steht.
    Und auch hier war lt. Sachverhalt der Antrag bzw. die vorgelegten Unterlagen unvollständig. ("Bitte um Ergänzung...")

    In der Sache selbst - was also die jetzt geleisteten Unterhaltszahlungen angeht - wie Patweazle. Die Entscheidung hätte noch nicht ergeben dürfen und zum jetzigen Entscheidunszeitpunkt liegen offenbar die Voraussetzungen vor.

    Einmal editiert, zuletzt von Bergbauer (12. Januar 2017 um 17:18)

  • Ist die 4-Wochen-Frist für die Antragstellung kurz vor Weihnachten dann auch eine Zumutung?

    Ja, unheimlich, aber die ist nunmal gesetzlich festgelegt, da machste nichts ;)

    Zitat


    Ich setze ebenfalls Fristen von 2 Wochen, wenn es schon nicht möglich ist, vollständige Unterlagen eingereicht zu bekommen. Des Weiteren interessieren die gesetzten Fristen die hiesige Anwaltschaft ohnehin nicht. Die Beanstandung wird grundsätzlich im Zuge der Erinnerung erledigt, ganz wann es im Belieben steht.
    Und auch hier war lt. Sachverhalt der Antrag bzw. die vorgelegten Unterlagen unvollständig. ("Bitte um Ergänzung...")


    Es kommt immer darauf an, was einzureichen ist. Bei mir ist eine 3-Wochen-Frist die Regel, wobei die aufgrund des Geschäftsganges i.d.R. zu einer Wiedervorlage nach erst vier Wochen führt.
    2 Wochen sind meiner bescheidenen Meinung nach etwas sehr kurz, wenn man bedenkt, was der Zwischenverfügung folgt:
    - Postlaufzeit
    - Posteingang beim Rechtsanwalt
    - Kenntnisnahme durch Rechtsanwalt
    - Kontaktversuch(e) mit Mandanten
    - Erinnerung des Mandanten
    - Mandant muss ggf. noch Zweitschrift beantragen
    ...
    - Postlaufzeit (zum Gericht)

    Da finde ich schon meine 3 Wochen recht knapp bemessen. Es muss ja auch möglich sein, die Beanstandung innerhalb der gesetzten Frist zu beheben.

    Zitat

    In der Sache selbst - was also die jetzt geleisteten Unterhaltszahlungen angeht - wie Patweazle. Die Entscheidung hätte noch nicht ergeben dürfen und zum jetzigen Entscheidunszeitpunkt liegen offenbar die Voraussetzungen vor.

    :daumenrau

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

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  • Yepp !:daumenrau
    Im Schriftverkehr mit Rechtsanwälten sind 3 Wochen auch meine Standardwiedervorlage.
    Ausnahmen wie z.B. Kindschaftssachen bestätigen die Regel.

  • (wohl etwas OT: Wenn ich eine normale 2-Wochen-Frist setze (die meine Standard-Frist ist, andere nach Bedarf im Einzelfall), verfüge ich eine Wiedervorlage von einem Monat; gerade wegen der Postlaufzeit AG <-> Empfänger und zurück Empfänger <-> AG ja auch, zusätzlich noch die Zeit im Haus, also SE <-> Poststelle und zurück Poststelle <-> SE, und je nach Größe des Anwaltsbüros (so denn ein RA der Empfänger ist) dort natürlich auch interne Laufzeiten. Außerdem sind das ja keine Notfristen, so dass da auch gleich noch etwas Kulanzzeit dabei ist. Bei kürzeren Wv überschneiden sich erfahrungsgemäß sonst gerne mal Erledigungserinnerung und die Erledigung, so dass da auch Aktenumlauf gespart wird. Davon haben wir auch so genug.)

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Stimmt. Diese Variante teste ich auch gerade hin und wieder. Manches verlangt aber auch eine Frist.

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  • (wohl etwas OT: Wenn ich eine normale 2-Wochen-Frist setze (die meine Standard-Frist ist, andere nach Bedarf im Einzelfall), verfüge ich eine Wiedervorlage von einem Monat;...


    Das weiß ja aber der Empfänger nicht, der ggf. unnötig unter zeitlichen Druck gesetzt wird!

    Redest du nie mit "deinen" Anwälten?
    Die Kanzleien hier im Umkreis wissen das, Privatpersonen bekommen eine längere Frist und einen Hinweis auf die Möglichkeit, bei uns anzurufen.

    Wir setzen eine 2-wöchige Frist, wenn nach einem Monat nichts kommt wird zunächst einmal erinnert und erst dann zurückgewiesen, wenn wieder nichts kommt.
    Im Beratungshilfeverfahren mit unbefristeter Erinnerung grundsätzlich auch m.E. kein Problem, da ich auch einen nach dieser Zurückweisung eingegangenen Schriftsatz als Erinnerung auslegen und dann bewilligen kann.

    Unstreitig ist natürlich zum Eingangspost, dass die Frist einfach noch nicht um war. Wer sich Fristen so knapp wieder vorlegen lässt, muss immer damit rechnen, dass es Überschneidungen gibt - es muss ja nur die Poststelle etwas hinterher hinken und etwas noch nicht einsortiert haben. Da braucht es aus rein praktischen Überlegungen einen zeitlichen Puffer.

  • (wohl etwas OT: Wenn ich eine normale 2-Wochen-Frist setze (die meine Standard-Frist ist, andere nach Bedarf im Einzelfall), verfüge ich eine Wiedervorlage von einem Monat;...


    Das weiß ja aber der Empfänger nicht, der ggf. unnötig unter zeitlichen Druck gesetzt wird!

    Und? :teufel:
    (Die Anwälte wissen das meistens. Außerdem kann man Anträge auf Fristverlängerung stellen. Da wird keiner unter Druck gesetzt.)

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  • Etwas OT zum Thema Fristsetzung:

    Bei einer hier kürzlich durchgeführten gemeinsamen Fortbildungsveranstaltung von Rechtsanwälten und Richtern stellte sich heraus, dass die Länge der Fristsetzung im Kern egal ist. Die Anwaltschaft beginnt mit ihrer Tätigkeit ohnehin nach dem ihr eigenen System der Vorfrist, die so gesetzt ist, dass sie meint die Sache noch bearbeiten zu können. Bis zum Erreichen dieser Vorfrist liegt die Akte bei ihnen nur auf WV, egal wie lange die Frist gesetzt war.

    War ein für mich überraschendes Ergebnis, mag auch nicht repräsentativ gewesen sein, machte zumindest mich aber nachdenklich im Hinblick auf die Frage, ob man von vorne herein mit längeren Fristsetzungen arbeiten soll, weil man dann nur längere Liegezeiten produziert. Und tatsächlich zeigte ein nach der Fortbildung vorgenommener Blick in die Akten, dass mittlerweile in der Mehrzahl der Fälle (d.h. deutlich mehr als die Hälfte der Fälle) ein Fristverlängerungsantrag kommt, völlig unabhängig davon, wie lange die zunächst gesetzte Frist war.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ja, letztlich gibt es drei Varianten, die mir bislang in Bezug auf meine Schreiben aufgefallen sind:

    a) Antwort nach drei Tagen, obwohl Frist von drei Wochen gesetzt

    b) auch nach drei Wochen noch keine Reaktion des RA

    c) Fristverlängerung wird kurz vor Fristablauf beantragt

  • Ja, letztlich gibt es drei Varianten, die mir bislang in Bezug auf meine Schreiben aufgefallen sind:

    a) Antwort nach drei Tagen, obwohl Frist von drei Wochen gesetzt

    b) auch nach drei Wochen noch keine Reaktion des RA

    c) Fristverlängerung wird kurz vor Fristablauf beantragt

    d) Fristverlängerung wird kurz nach Fristablauf beantragt.

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    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Hallo Zusammen, bezüglich der Frage zum neuen Sachvortrag möchte ich auf Handbuch Lissner/Dietrich/Eilzer/German/Kessel „ Beratungshilfe mit Prozess-und Verfahrenskostenhilfe“ 2.Auflage S. 162 Randnummer 261 hinweisen, danach kommt es bei einem nachträglichen Beratungshilfeantrag nicht auf die jetzige bzw. zukünftige Einkommen- und Vermögenslage an, sondern auf die, wann der Antragsteller den Rechtsanwalt aufgesucht hat.
    Meiner Meinung dürften dann zukünftige oder später erfolgende Unterhaltszahlungen dann eigentlich auch nicht berücksichtigt werden.
    Oder sehe ich das falsch?

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