Kostenzahlung aus der Landeskasse oder nicht?

  • Folgender Fall:
    Betroffener ist beteiligt an einer Erbengemeinschaft. Testamentsvollstreckung ist angeordnet. Ein Behindertentestament liegt vor, um das Sozialamt vom Erbe außen vor zu halten. Aus diesem Nachlass wurde nun ein Haus verkauft. Der auf den Betroffenen entfallene Teil beträgt knapp 40.000 €. Im Testament selber gibt es eine Regelung die besagt, dass der Testamentsvollstrecker pro Jahr immer nur 2500 EUR an den Betroffenen ausschütten darf und das auch nur für genau abgegrenzte Anforderungsfälle (Geldzuschuss für Bekleidung, Urlaub u.a.).
    Jetzt hat die Kostenbeamtin eine Kostenrechnung aufgestellt und die Kosten eingezogen. Hiergegen hat der Betreuer Erinnerung eingelegt und mitgeteilt, dass der Betroffene immer nur pro Jahr knapp 1700 € im Schnitt auf dem Konto hat (er erhält Eingliederungshilfe). Die Vorlage beim Bezi brachte als Fazit nur den Hinweis, dass der Erinnerung nicht abzuhelfen sei, da von dem Gesamtbetrag des Erbes auszugehen ist und dieses nun einmal 40.000 € beträgt. Die Kostenrechnung wäre also zu Recht aufgestellt.
    Fragen:
    a) Wer entscheidet über die Erinnerung? Muss ich das u.U. als Rechtspfleger machen oder ist das Richtersache? Seht Ihr das genauso wie der Bezi?

    b) Es wird hinsichtlich der Betreuervergütung vom Berufsbetreuer immer angegeben, dass der Betroffene nicht vermögend ist. Das halte ich eigentlich auch für richtig. Der Schonbetrag wird durch den klar geregelten Geldzufluss nie überschritten. Ich hätte ja eigentlich auch ggf. einen Regress der Landeskasse zu prüfen und ggf. einen Rückforderungsbeschluss zu fertigen. Ich hatte davon Abstand genommen, da ich keinen Vermögenszuwachs erkennen kann. Ich bin jetzt aber durch die vom Bezirksrevisor vorgebrachten Einwendungen in Bezug auf die Gerichtskostenrechnung etwas unruhig. Sind Gerichtskosten und Betreuervergütung verschiedene Paar Schuhe?

    Für eine Einschätzung und Tipps wäre ich dankbar.

  • Man kann damit argumentieren, dass ja der Anspruch auf den Anteil aus dem Hausverkauf einen Vermögenswert darstellt. Ich schätze, dass das die Argumentation des Bezi sein dürfte.
    Das führt auch dazu, dass Regress zu nehmen ist. Entweder ist der Betroffene vermögend oder nicht. Da ist nicht zwischen Kosten und Betreuervergütung zu unterscheiden.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Der Bezirksrevisor folgt wohl der Entscheidung des OLG Hamm, Beschluss vom 18. August 2015 – I-15 Wx 203/15 –. Danach ist der Erbanteil im Rahmen der Kostenberechnung zu berücksichtigen.

    Trenne dich nie von deinen Illusionen und Träumen. Wenn sie verschwunden sind wirst du weiter existieren, aber aufgehört haben zu leben.

    (Mark Twain)

    Spendenaufruf

  • Erst einmal besten Dank! Was ich nur nicht verstehe, bei der bindenden Anordnung durch den Erblasser kommt der Betroffene ja an kein Geld außer, wenn der Zweck der testamentarischen Anordnung entspricht. Wenn ich nun feststelle, dass der Betroffene in Regress zu nehmen ist und hier einen Betrag zur Rückzahlung festsetze, wie kommt dann das Gericht an sein Geld? Zur Begleichung von Schulden wird der Testamentsvollstrecker sicherlich kein Geld herausrücken. Anderseits verfügt aber der Betroffene über kein nennenswertes Vermögen neben seinem Bezug von Eingliederungshilfe. Hier sind wie schon beschrieben im Schnitt immer nur 1700 € im Pott.
    Wie läuft das denn praktisch?
    Irgendwie stehe ich auf dem Schlauch. Muss ich den aus der Landeskasse verauslagten Betrag in Raten wieder einziehen? Wie macht Ihr das? Das Urteil vom OLG Hamm wurde vom Bezi in der Tat zitiert.

  • Die Berechnung der Gerichtskosten und der Regress wegen der Betreuervergütung sind getrennt zu betrachten.

    Hinsichtlich der Gerichtskosten ist der Betroffene vermögend, weil das GNotKG lediglich das selbst bewohnte Eigenheim schützt und alles andere als Vermögen anzusetzen ist. Auf die Einsetzbarkeit des Vermögens kommt es dabei nicht an. Wie die Justizkasse dann zu ihrem Geld kommt, ist nicht dein Problem.

    Anders verhält es sich beim Regress. Aktuell nicht einsetzbares Vermögen findet keine Berücksichtigung, Regress kommt hier also nicht in Betracht, da anzusetzendes Vermögen < 2.600,- €.

  • ... und wie soll die Entscheidung des OLG dann noch mit § 2214 BGB (Gläubiger des Erben, die nicht zu den Nachlassgläubigern gehören, können sich nicht an die der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegenden Nachlassgegenstände halten.) als übereinstimmend verstanden werden?

    Irgendwie ist die Entscheidung für mich unverständlich, wenn man Testamentsvollstreckung als Erblasserwillen zulässt.

    Oder nach Kostenrecht Vermögen, nur bei der Vollstreckung kein Vermögen?

  • Genau so soll es sein. Kostenrechtlich ist er vermögend. Wenn die Kasse dann das Geld eintreiben will, soll er sich vollstreckungsrechtlich dagegen wehren.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • ... und wie soll die Entscheidung des OLG dann noch mit § 2214 BGB (Gläubiger des Erben, die nicht zu den Nachlassgläubigern gehören, können sich nicht an die der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegenden Nachlassgegenstände halten.) als übereinstimmend verstanden werden?

    Irgendwie ist die Entscheidung für mich unverständlich, wenn man Testamentsvollstreckung als Erblasserwillen zulässt.

    Oder nach Kostenrecht Vermögen, nur bei der Vollstreckung kein Vermögen?


    Einen Widerspruch zu § 2214 BGB sehe ich nicht.

    Es geht ja nicht darum, dass der TV die Jahresgebühr (200,- €) aus dem von ihm verwalteten Nachlassvermögen zahlen soll, sondern dieses wird einfach rechnerisch entsprechend des Erbteils als Vermögen des Betroffenen berücksichtigt. Die Zahlung der Gebühr wird der Betreuer dann natürlich vom Girokonto veranlassen.

  • Der Betreuer muss zur Begleichung der Schuld eigentlich das gesamte seiner Verwaltung unterliegende Vermögen des Betroffenen einsetzen. Der Schonvermögensfreibetrag zieht hier nicht. Dieser ist nur bei der Prüfung vermögend oder mittellos zu berücksichtigen.

  • Der Betreuer muss zur Begleichung der Schuld eigentlich das gesamte seiner Verwaltung unterliegende Vermögen des Betroffenen einsetzen. Der Schonvermögensfreibetrag zieht hier nicht. Dieser ist nur bei der Prüfung vermögend oder mittellos zu berücksichtigen.


    :gruebel: Hinsichtlich der Gerichtskosten gilt natürlich nicht der Schonbetrag für die Betreuervergütung (2.600,- €), sondern die weit höhere Grenze von 25.000,- €.

  • Hab hier auch den Fall, dass die Betroffene ihre Mutter beerbte. Für ihre Hälfte besteht befreite Nacherbschaft - das Vermögen darf im Stamm angegriffen werden - sowie Testamentsvollstreckung durch ihren Sohn (der auch Nacherbe und Miterbe zu 1/2 ist), Betreuer ist der Ehemann.
    Der hat mir mitgeteilt, dass der Sohn als TV ein Konto eröffnet hat und von diesem die Kosten für die Mutter verwaltet. Das durch die Erbschaft erworbene Vermögen beträgt etwas über 100.000,- EUR, also würden - nach der oben diskutierten Meinung - Gerichtskosten anfallen. Aber was ist mit der Aufwandspauschale? Bekommt der Betreuer die aus der StaKa?

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

  • Ach verdammt, klar meine ich Vorerbschaft :oops: wird Zeit fürs Wochenende.

    Nunja, in einzelnen Testamenten habe ich gelesen, dass der TV nur zu besonderen Anlässen und für bestimmte Aktivitäten etwas ausbezahlen darf (üblicherweise eben, um vor dem Zugriff des Sozialamtes zu schützen). Diese Einschränkung gibt es hier nicht, der Nacherbe soll nur bekommen, was beim Eintritt der Nacherbfolge noch von der Erbschaft übrig bleibt.

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

  • Vielen Dank, das hilft mir auf jeden Fall sehr weiter. Die Begründung des BGH führt jedoch dann in meinem Fall dazu, dass die Pauschale doch gegen die Betroffene festzusetzen sein wird. Denn an konkreten Verwaltungsanordnungen des EL fehlt es gerade. Das liegt wohl daran, dass die Betroffene nach Auskunft des Betreuers garkeine Sozialleistungen bezieht. Auf jeden Fall gibt es keine Einschränkungen hinsichtlich der Verwendung, also wird alles einzusetzen sein.

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

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